Landgericht Dortmund:
Urteil vom 13. März 2007
Aktenzeichen: 19 O 49/06

(LG Dortmund: Urteil v. 13.03.2007, Az.: 19 O 49/06)

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €

- ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten - oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, insgesamt jedoch mindestens zwei Jahre, wobei die Ordnungshaft an dem Geschäftsführer der Beklagten zu vollstrecken ist,

zu unterlassen,

im Wettbewerb handelnd für Möbel, Einrichtungsgegenstände, Haushaltswaren und Zubehörartikel mit Preisnachlässen und/oder Preisreduzierungen und/oder Rabatten zu werben, wobei von diesen Preisnachlässen, Preisreduzierungen und/oder Rabatten Waren ausgenommen werden mit der Formulierung

„ausgenommen Prospektware“

und/oder

„ausgenommen A -Tiefpreise“.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 189,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.01.2007 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,00 €.

Tatbestand

Der Kläger macht Unterlassungsansprüche gegen die Beklagte nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb geltend in seiner Funktion als Verein im Sinne von § 8 Abs. 3 Ziffer 2 UWG.

Die Beklagte warb im Jahr 2006 mit Prospekten und Zeitungsannoncen unter anderem in den M am 27.10.2006 mit der Gewährung von Rabatten in unterschiedlicher Höhe. Von diesen Preisnachlässen wurden seitens der Beklagten u. a. folgende Ausnahmen per Sternchenzusatz und Auflösung des Sternchenzusatzes im Kleingedruckten gemacht:

"... ausgenommen Prospektware ..."

und

A -Tiefpreise".

Wegen der Einzelheiten wird auf die seitens des Klägers in Anlage zur Klageschrift überreichten Prospekte und die Zeitungsanzeige in Kopie verwiesen.

Der Kläger meint, diese Werbung sei wettbewerbswidrig, da sie intransparent im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG und irreführend im Sinne des § 5 Abs. 1 UWG sei. Er ist der Ansicht, bei Preisnachlässen müsse klar und deutlich angegeben werden, auf welche Waren sich der Nachlass beziehe und welche Warengruppen ausgenommen seien. Der Verbraucher müsse wissen, welche Bedingungen im Einzelnen gelten sollten. Diese Voraussetzungen seien betreffend die Ausnahme "Prospektware" nicht gegeben, da dieser Begriff nicht allgemein gebräuchlich und mehrdeutig sei. Das gelte insbesondere, weil, wie unstreitig zwischen den Parteien, die Beklagte regelmäßig verschiedene Prospekte gleichzeitig im Umlauf habe. Es sei bezüglich der Werbung mittels Zeitungsanzeige nicht klar, was mit Prospektware gemeint sei und auf welche Prospekte sich diese Ausnahme beziehe, da der Verbraucher in der Regel keinen Zugriff auf die gerade in Umlauf befindlichen Prospekte der Beklagten habe.

Für die Ausnahme "A -Tiefpreise" gelte, dass es nicht ausreiche, dass die Waren mit "A -Tiefpreise" im Ladenlokal der Beklagten als solche deutlich gekennzeichnet seien. Es werde dem Transparenzgebot nämlich nicht gerecht, wenn der Verbraucher um einen Prospekt oder eine Anzeige richtig verstehen zu können und die entsprechenden Preisnachlässe zuordnen zu können, sich zunächst in das Ladenlokal des Werbenden begeben müsse, um dort festzustellen, welche Waren von den Preisreduzierungen ausgenommen seien.

Der Kläger mahnte die Beklagte ab mit Anschreiben vom 03.08.2006 unter Beifügung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Wegen des Inhalts im Einzelnen wird auf die Anlage 7 zur Klageschrift verwiesen.

Die Beklagte reagierte mit Anwaltsschreiben vom 14.08.2006 und lehnte die Abgabe einer entsprechenden Unterlassungserklärung ab. Wegen des Inhalts im Einzelnen wird auf die Anlage 8 zur Klageschrift verwiesen.

Der Kläger verlangt nunmehr Unterlassung in Bezug auf die betreffende Werbung der Beklagten sowie Zahlung der für seine Aufwendungen durch das Abmahnschreiben entstandenen Kosten, die er mit 176,64 € netto, also 189,00 € brutto berechnet. Wegen der Berechnung im Einzelnen wird auf die Ausführungen in der Klageschrift verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei eines für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €

- ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten - oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, insgesamt jedoch mindestens zwei Jahre, zu unterlassen,

im Wettbewerb handelnd für Möbel, Einrichtungsgegenstände, Haushaltswaren und Zubehörartikel mit Preisnachlässen und/oder Preisreduzierungen und/oder Rabatten zu werben, wobei von diesen Preisnachlässen, Preisreduzierungen und/oder Rabatten Waren ausgenommen werden mit der Formulierung

"ausgenommen Prospektware"

und/oder

"ausgenommen A -Tiefpreise".

Er beantragt weiter,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 189,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die seitens des Klägers gerügte Werbung verstoße weder gegen § 4 noch gegen § 5 UWG. Sie meint, die Ausnahmen von den entsprechenden Preisreduzierungen seien hinreichend transparent und deutlich. Hinsichtlich der Ausnahme "A -Tiefpreise" meint sie, es sei ausreichend, dass der Verbraucher in ihren Ladenlokalen ohne weiteres feststellen könne, welche Waren von der Reduzierung ausgenommen seien, da diese mit deutlichen Schildern mit der Aufschrift A -Tiefpreise im Ladenlokal ausgestellt seien.

Hinsichtlich der Ausnahme "Prospektware" ist sie der Ansicht, es handele sich um einen üblichen und häufig verwendeten Begriff. Es handele sich dabei nämlich um solche Ware, die in den/dem aktuellen Prospekt (eN) der Beklagten beworben wird/werden, und zwar - soweit ersichtlich - bereits unter weitestgehender Preissenkung. Diese Möbelstücke sollten dann nicht noch einmal im Preis reduziert werden.

Gründe

Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.

Der Kläger hat Anspruch auf Unterlassung gemäß §§ 3, 4 Nr. 4, 8 UWG.

Der Kläger ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktivlegitimiert.

Ihm steht ein Anspruch auf Unterlassung gemäß § 8 in Verbindung mit § 4 Nr. 4 UWG im beantragten Umfang zu, da die betroffene Werbung intransparent und unklar im Sinne von § 4 Nr. 4 UWG ist. Für die im Rahmen der betroffenen Preisreduzierungen getätigte Ausnahme "A -Tiefpreise" gilt, dass diese Ausnahme von gewährten Preisreduzierungen für den Verbraucher nicht hinreichend klar und deutlich zum Ausdruck bringt, auf welche Waren sie sich beziehen soll. Aus den Werbeprospekten oder der Werbeanzeige heraus ist unstreitig nicht erkennbar, auf welche Waren sich die Ausnahme bezieht. Dem Verbraucher erschließt sich die Aufklärung dieser Ausnahme vielmehr erst, wenn er sich in entsprechende Geschäftslokale der Beklagten begibt, in welchen die entsprechenden Waren mit Preisschildern mit dem Zusatz "A -Tiefpreise" ausgewiesen sind. Eine solche Aufklärung des Kunden erst im Ladenlokal der Beklagten kommt aber zu spät. Der Kunde muss bereits bei Kenntnisnahme von der betroffenen Werbung wissen, auf welche Waren sich Ausnahmen von Preisreduzierungen beziehen. Der Anlockeffekt einer solchen Rabattaktion verlangt es nämlich, dass den Kunden schon vor Betreten des Geschäftslokals klar gemacht wird, welchen Umfang die Rabattaktion hat, d. h. also auch, welche Waren von der beworbenen Rabattaktion ausgenommen sind, (vgl. OLG Hamm, 4 U 143/06 Urteil vom 16.11.2006).

Hinsichtlich der getätigten Ausnahme "Prospektware" ist für den betroffenen Kunden ebenfalls unklar, welche Waren von den Preisreduzierungen ausgenommen sein sollen. Das gilt insbesondere, als die Beklagte offensichtlich diese Ausnahme nicht nur auf den Prospekt beschränken will, mit welchem sie entsprechende Preisreduzierungen ankündigt, sondern Ausnahmen auch für Waren bestehen sollen, die in anderen, gleichzeitig oder in der kürzeren Vergangenheit herausgegebenen Prospekten reduziert wurden. Insbesondere gilt diese Unklarheit allerdings für die Fälle, in welchen mit Zeitungsanzeigen auf Preisnachlässe mit den gerügten Ausnahmen hingewiesen wird. Beim Lesen der Zeitungsanzeige muss dem Verbrauch gar kein Prospekt der Beklagten vorliegen, so dass er keinerlei Aufklärungsmöglichkeit hinsichtlich der getätigten Ausnahmen hat.

Da dem Verbraucher hinsichtlich der Ausnahme "Prospektware" auch nicht hinreichend deutlich gemacht wird, ob sich diese Ausnahmen nur auf den vorliegenden Prospekt oder aber auch auf andere Prospekte der Beklagten bezieht, ist dem Transparenz- und Klarheitengebot des § 4 Nr. 4 UWG schon nicht hinreichend Genüge getan, so dass diese getätigte Ausnahme von der Rabattaktion ebenfalls wettbewerbswidrig ist.

Das ergibt sich auch aus dem Umstand, dass beim Lesen der Anzeigen der Beklagten mit den bezeichneten Ausnahmen von den Preisreduzierungen gar nicht mehr deutlich wird, auf welche Waren überhaupt noch Rabatte gewährt werden.

Danach war die Beklagte zur Unterlassung der gerügten Werbung entsprechend dem Tenor zu verurteilen.

Der Kläger hat weiterhin Anspruch auf Zahlung seiner Abmahnkosten, die er mit 189,00 € brutto entsprechend § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG angemessen und nachvollziehbar berechnet hat.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 BGB.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.






LG Dortmund:
Urteil v. 13.03.2007
Az: 19 O 49/06


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