Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 26. Juni 2015
Aktenzeichen: 6 U 154/14

(OLG Köln: Urteil v. 26.06.2015, Az.: 6 U 154/14)

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 3. September 2014 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 84 O 52/14 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Dieses Urteil und das genannte Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

(anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gemäß § 540 Abs. 1 ZPO)

I.

Die Klägerin betreibt die in Deutschland ansässigen, als "Apple Store" bezeichneten Einzelhandelsgeschäfte, in denen Produkte der "Apple"-Gruppe angeboten werden. Die Beklagte hält Nutzungsrechte an Marken, die ursprünglich dem Unternehmen "Agfa" zugeordnet waren. "Agfa" war über Jahrzehnte hinweg in Europa eines der führenden Unternehmen im Bereich Fotografie und genießt heute noch entsprechende Bekanntheit. Im Jahre 1964 übernahm Agfa die belgische Firma Gevaert und firmierte anschließend als Agfa-Gevaert. Im Jahre 2004 trennte sich Agfa-Gevaert von der Fotosparte und gründete die AgfaPhoto GmbH, wobei das Markenportfolio an die Beklagte lizenziert wurde, die nunmehr auf exklusiver Basis die Marke AgfaPhoto benutzen durfte. Im Jahre 2005 meldete die AgfaPhoto GmbH Insolvenz an. Die Beklagte ist eine Holding-Gesellschaft. Sie selbst stellt weder Produkte her noch vertreibt sie Produkte, sondern vergibt Sublizenzen für einzelne Produkte und Produktgruppen an bestimmte Hersteller, die sodann für die Herstellung und den Vertrieb der Produkte verantwortlich sind, wobei die Beklagte unter anderem Richtlinien für ein einheitliches Design vorgibt.

Die Beklagte ist Inhaberin der nachstehend wiedergegebenen nationalen Bildmarke DE 305 18 789, die am 2. 6. 2005 mit Priorität vom 31. 3. 2005 eingetragen wurde:

Sie beansprucht Schutz für folgende Waren:

Klasse(n) Nizza 01:

Chemische Erzeugnisse für fotografische Zwecke, wie Papier, Folien und unbelichtete fotografische Filme und Behandlungsmittel für Filme und Papiere; Folien

Klasse(n) Nizza 09:

Apparate und Instrumente für fotografische Zwecke sowie Einzelteile und Zubehör davon, insbesondere Fotolaborgeräte, einschließlich Film- oder Papierentwicklungsgeräte, Belichtungsgeräte, Filmbearbeitungsgeräte, Computer, Scanner, Anzeigeeinrichtungen, Eingabevorrichtungen und dazugehörige Software; analoge und digitale Kameras und dazugehörige Software, Batterien und Speichermedien; Apparate und/oder Software zum Aufnehmen, Verwalten, Behandeln, Kommunizieren, Anzeigen, Aufnehmen, Speichern und Drucken von Bildern oder dazugehörigen Daten, einschließlich Computern, Scannern, Anzeigeeinrichtungen, Eingabevorrichtungen und Softwarepaketen; belichtete fotografische Filme und Diapositive

Klasse(n) Nizza 16:

Fotografien, Ausdrucke, Fotoalben

Klasse(n) Nizza 17:

technische Folien

Klasse(n) Nizza 40:

Filmentwicklung und Reproduktion von Bildern und Diapositiven; Erzeugen von Papierbildern, von fotografischen Negativfilmen, von Diapositiven oder von digitalen Medien; Bearbeitung von Fotoaufträgen; Reproduktion von Fotos; Verkleinern und Vergrößern von Bildausdrucken; elektronische Bildverbesserung.

Die streitgegenständliche Marke wird auf den von der Beklagten vorgelegten Produkten, Lichtbildern, Werbeunterlagen und sonstigen Benutzungsnachweisen nicht in Alleinstellung verwendet, sondern stets gemeinsam mit der - als Wortmarke eingetragenen - Bezeichnung "AGFAPHOTO", und zwar in folgender, beispielhaft wiedergegebener Form:

Die Klägerin hat die Beklagte auf Löschung der oben wiedergegebenen Marke wegen Verfalls in Anspruch genommen. Eine Benutzungsrecherche habe ergeben, dass die Beklagte die Marke für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen in der eingetragenen Form in Deutschland nicht rechtserhaltend benutzt habe, jedenfalls nicht in einem ununterbrochenen Zeitraum von fünf Jahren seit ihrer Eintragung.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die vollständige Löschung der deutschen Bildmarke DE 305 18 789 einzuwilligen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, die streitgegenständliche Marke sei in dem maßgeblichen Fünfjahreszeitraum vor Klageerhebung sehr wohl rechtserhaltend benutzt worden. Sie habe einer Vielzahl von Unternehmen, welche sie auf Seite 3 ff. ihrer Klageerwiderung (Bl. 26 ff. d. A.) im Einzelnen aufgelistet hat, Lizenzen zur Benutzung der Marke für einzelne von dieser erfassten Waren oder Dienstleistungen eingeräumt. Die Lizenznehmer würden unter der angegriffenen Marke Fotokameras, Videokameras, Imager, digitale Bilderrahmen, Foto Printer, TV-Geräte, DVD-Player, DVD-Recorder, Portable Reader Player, Fotofilme, Filme mit Linse (Einwegkameras), Speicherkarten, Batterien, Fotobücher, CD- und DVD-Rohlinge, VHS, Laser Toner, Inkjet Patronen, Reinigungssets für Kameras und Displays und Fotopapier vermarkten. Über diese Vertriebshandlungen hinaus würden ihre Lizenznehmer ihre Produkte mit der angefochtenen Marke regelmäßig gemeinsam auf Messen ausstellen.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, es sei zwar zweifelhaft, ob die Klägerin die Voraussetzungen der Löschung ausreichend substantiiert vorgetragen habe. Dies habe allerdings nicht zur Unschlüssigkeit der Klage geführt, da sich die Frage der rechtserhaltenden Benutzung anhand des Vortrags der Beklagten abschließend beurteilen lasse. Danach habe die Beklagte die streitgegenständliche Marke nicht in rechtserhaltender Weise benutzt. Das Zeichen werde ausschließlich in Kombination mit der Wortmarke "AGFAPHOTO" verwendet; hierin sehe der Verkehr ein aus zwei Teilen bestehendes zusammengesetztes Zeichen. Dies stelle aber keine rechtserhaltende Benutzung der streitgegenständlichen Marke dar, da ihr kennzeichnender Charakter in der Kombination verändert werde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Beklagte weiter das Ziel der Klageabweisung. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere trägt sie vor, sie habe die streitgegenständliche Marke und die Wortmarke nur "nebeneinander" verwendet. Der Verkehr werde daher die streitgegenständliche Marke als Zweitmarke verstehen, vor allem, weil ihm die Bezeichnung "AGFAPHOTO" als Unternehmensbezeichnung bekannt sei. Aber selbst, wenn man § 26 Abs. 3 MarkenG für anwendbar erachte, verändere der Zusatz "AGFAPHOTO" den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht. Im Übrigen sei zu beachten, dass alle Waren, für die sie eine Benutzung der Marke vorgetragen habe, dem gleichen Bereich angehören würden, nämlich dem der Fotografie.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils samt des ihm zugrundeliegenden Verfahrens zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

II.

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das auf den Verfall der streitgegenständliche Marke gestützte Löschungsbegehren der Klägerin ist gemäß §§ 55 Abs. 1, 49 Abs. 1 MarkenG begründet, da die Beklagte eine rechtserhaltende Benutzung des Zeichens innerhalb von fünf Jahren nach Eintragung der Marke (§ 49 Abs. 1 S. 1 MarkenG) gemäß § 26 Abs. 1, 3 S. 1 MarkenG nicht dargelegt hat.

1. Grundsätzlich trägt der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen des von ihm geltend gemachten Löschungsanspruchs wegen Verfalls. Sofern er keine genaue Kenntnis von ihm nicht zugänglichen Benutzungshandlungen und keine zumutbare Möglichkeiten hat, den Benutzungssachverhalt von sich aus aufzuklären, trifft den Markeninhaber, der insoweit unschwer Aufklärung leisten kann und dem nähere Angaben zumutbar sind, allerdings eine sekundäre Darlegungslast (BGH, GRUR 2009, 60 Tz. 19 - LOTTOCARD; GRUR 2012, 1261 Tz. 11 - Orion; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Auflage, § 55 Rn. 12; Hacker, in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Auflage 2015, § 55 Rn. 12). In diesem Fall obliegt es dem verklagten Markeninhaber, substantiiert - gegebenenfalls unter Vorlage aussagekräftiger Unterlagen - vorzutragen, welche Benutzungshandlungen erfolgt sind (Senat, AfP 2013, 507 = juris Tz. 9 - DER SUPER SAMSTAG; OLG München, GRUR-RR 2008, 300 - ODDSET Die Sportwette). Sollte dies - was im vorliegenden Fall im Einzelnen zu prüfen wäre - erfolgt sein, bleibt es bei der Beweislast der Klägerin. Das Bestreiten einzelner, konkret vorgetragener Benutzungshandlungen "mit Nichtwissen" hilft der Klägerin daher nicht; sie müsste den entsprechenden Vortrag der Beklagten zumindest substantiiert bestreiten (Hacker a. a. O.)

In der zitierten Entscheidung des Senats "DER SUPER SAMSTAG" konnte die dortige Klägerin die Verwendung der dort angegriffenen Wortmarke durch Recherchen in gängigen Internet-Suchmaschinen oder durch gezielte Kontrolle des Fernsehprogramms der Beklagten unschwer selber überprüfen. Solche Möglichkeiten haben der hiesigen Klägerin im Hinblick auf die streitgegenständliche Bildmarke nicht oder nur sehr eingeschränkt zur Verfügung gestanden. Die Beklagte konnte dagegen ohne weiteres - wie sie es auch getan hat - durch Vorlage von Lizenzverträgen und entsprechenden Abrechnungen die Verwendung ihrer Marke belegen. Die vom Landgericht geäußerten Bedenken hinsichtlich der Schlüssigkeit der Klage teilt der Senat daher nicht.

2. Unstreitig hat die Beklagte die streitgegenständliche Marke ausschließlich in der oben eingeblendeten Zusammenstellung mit ihrer Wortmarke "AGFAPHOTO" verwendet, wobei klarstellend darauf hinzuweisen ist, dass der graue Rahmen um die Zusammenstellung darstellungstechnisch bedingt ist; tatsächlich sind die Zeichen jeweils ohne Umrahmung auf der Produktverpackung angebracht. Diese Form der Verwendung stellt jedoch keine rechtserhaltende Benutzung dar, da die streitgegenständliche Marke dem Verkehr nur als Bestandteil eines zusammengesetzten Zeichens entgegentritt, in dem die Kennzeichnungskraft der Marke gegenüber der eingetragenen Form erheblich verändert wird.

Werden zusammen mit einer eingetragenen Marke weitere Angaben oder Zeichen verwendet, können sie für die Frage der rechtserhaltenden Benutzung Bedeutung erlangen, soweit sie aus Sicht der beteiligten Verkehrskreise eine direkte Verbindung mit der Marke eingehen. Eine solche Verbindung kann insbesondere durch die räumliche Nähe zu der Marke deutlich werden (Ströbele, in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl. 2015, § 26 Rn. 156; vgl. BGH, GRUR 2010, 729 Tz. 18 - MIXI). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt es in der Regel nahe, dass der Verkehr bei Kennzeichnung einer Ware mit zwei Zeichen darin ein aus zwei Teilen bestehendes zusammengesetztes Zeichen erblickt (BGH, GRUR 2007, 592 Tz. 13 - bodo Blue Night; GRUR 2009, 766 Tz. 51 - Stofffähnchen; GRUR 2013, 840 Tz. 20 - PROTI II; MarkenR 2015, 244 = juris Tz. 15 - PINAR).

Denkbar ist allerdings auch, dass der Verkehr in der Kennzeichnung keinen einheitlichen Herkunftshinweis, sondern zwei voneinander zu unterscheidende Zeichen sieht. Da zur rechtserhaltenden Benutzung einer Marke auch deren Verwendung als Zweitmarke ausreicht, muss diese Möglichkeit in die Betrachtung miteinbezogen werden. Der Verkehr ist vielfach an die Verwendung von Zweitkennzeichen gewöhnt. Die Verwendung mehrerer Marken zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung stellt eine weit verbreitete, wirtschaftlich sinnvolle Praxis dar. Insbesondere ist es üblich, neben einem auf das Unternehmen hinweisenden Hauptzeichen weitere Marken zur Identifizierung der speziellen einzelnen Artikel einzusetzen. In solchen Fällen können sowohl die Haupt- als auch die Zweitmarke auf die betriebliche Herkunft hinweisen mit der Folge, dass beide für sich genommen rechtserhaltend benutzt werden (BGH, GRUR 2007, 592 Tz. 13 f. - bodo Blue Night, m. w. N.)

Anders als in dem Sachverhalt, der der zuletzt zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrundelag, lässt sich allerdings für den hier in Rede stehenden Markt der fotografischen Produkte keine Gewohnheit feststellen, dass diese Produkte mit einer Hauptmarke, die auf das Unternehmen hinweist, und einer Zweitmarke für eine bestimmte Produktkategorie gekennzeichnet werden. Eine solche Gewohnheit ist weder dem Senat bekannt noch ist sie von der Beklagten vorgetragen worden. Ausschlaggebend ist, dass im vorliegenden Fall die Beklagte die Zeichenkombination für sämtliche von ihr lizenzierten Produkte eingesetzt hat. Eine Differenzierung nach verschiedenen Produktkategorien lässt sich gerade nicht feststellen.

Zutreffend ist, dass der Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung weiter ausgeführt hat, die Verwendung einer Zweitmarke werde dann deutlich, wenn es sich bei einem der beiden Zeichen um den dem Verkehr bekannten Namen des Unternehmens handele (BGH, GRUR 2007, 592 Tz. 14 - bodo Blue Night). Diese Ausführungen können aber nur vor dem Hintergrund der dort unstreitigen Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem Markt der Duftwässer verstanden werden. Sie lassen sich nicht auf den Fall übertragen, dass ein bekanntes Unternehmenskennzeichen stets in Kombination mit einem grafischen Gestaltungselement verwendet wird, wenn auf dem betreffenden Markt die Verwendung von Zweitmarken nicht generell üblich ist.

Auch die konkrete Ausgestaltung der Zeichenkombination spricht dafür, dass sie vom Verkehr als ein aus zwei Bestandteilen zusammengesetztes Zeichen wahrgenommen wird. Der räumliche Abstand zwischen der streitgegenständlichen Marke und dem Wortzeichen ist nur gering; trennende Elemente wie eine gesonderte Kennzeichnung mit dem "R im Kreis" ® oder andere Zeichen (vgl. BGH, GRUR 2013, 840 Tz. 35 - PROTI II; GRUR 2014, 662 Tz. 24 f. - Probiotik) fehlen. Die Verbindung zwischen den beiden Zeichenbestandteilen wird weiter dadurch verstärkt, dass das Grau des Wortbestandteils "PHOTO" die Grautöne des äußeren Randes der streitgegenständlichen Marke aufnimmt.

Die Beklagte weist zwar zutreffend darauf hin, dass kein Erfahrungssatz besteht, wonach der Verkehr Wort- und Bildelemente, die ihm in Form eines Emblems entgegentreten, stets als einheitliches Zeichen wahrnimmt (BGH, GRUR 2013, 725 Tz. 24 - Duff Beer). Auch diese Entscheidung betraf allerdings einen Markt, bei dem der Verkehr daran gewöhnt ist, dass ihm die Marken je nach Produktkategorien (Biersorten) in unterschiedlichen grafischen Gestaltungen entgegentraten (a. a. O. Tz. 23). Für einen Fall wie den vorliegenden, in dem die Marke stets in gleicher Weise zusammen mit einem anderen Zeichenbestandteil verwendet wird, lässt sich dieser Entscheidung daher nichts entnehmen.

Auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs "Specsavers" führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Dort hat der Europäische Gerichtshof ausgeführt, die Überlagerung einer Marke, die aus einem wortlosen Logo besteht, durch ein Wortzeichen verändere die Form, in der die Marke eingetragen worden war, da es sich nicht um ein "schlichtes Nebeneinanderstellen" handele (GRUR 2013, 922 Tz. 20 - Specsavers). Hieraus möchte die Beklagte den Schluss ziehen, dass beim "Nebeneinanderstellen" von Zeichen ohne grafische Überlagerung nie eine Veränderung der Eintragungsform angenommen werden könne. Der dort zu beurteilende Sachverhalt gab dem Europäischen Gerichtshof allerdings keinen Anlass, sich mit der Kombination zweier Marken ohne grafische Überlagerung zu befassen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass in der englischen und französischen Fassung des Urteils der Ausdruck "juxtaposition" verwendet wird ("dans la mesure où il ne s€agit pas d€une simple juxtaposition", "in so far as it is not a mere juxtaposition", abgerufen über curia.europa.eu). In beiden Sprachen bedeutet der Ausdruck "Gegenüberstellung, Nebeneinanderstellung" und zwar insbesondere in dem Sinn, dass zwei Elemente ohne verbindenden Zusatz zusammen- oder gegenübergestellt werden. "Father mother" ist in diesem Sinn eine "juxtaposition", "father and mother" nicht (en.wiktionary.org/wiki/juxtaposition, www.cnrtl.fr/definition/academie8/juxtaposer, beide abgerufen am 7. Mai 2015). Die deutsche Formulierung "schlichtes Nebeneinanderstellen" ist daher in dem Sinn zu verstehen, dass damit ein unverbundenes Nebeneinanderstehen der Zeichen gemeint ist. Es ist vorliegend gerade die Frage, ob die hier in Rede stehende Kombination der Bildmarke mit einem Wortbestandteil nur ein "schlichtes Nebeneinanderstellen" ist oder in der Verkehrsanschauung als ein zusammengesetztes Zeichen wahrgenommen wird.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es sich bei der streitgegenständlichen Marke um eine sehr einfache grafische Gestaltung handelt. Sie besteht lediglich aus einem roten Kreis, der von einem in changierenden Grautönen gehaltenen Ring umgeben ist. Hinzu kommt, dass jedenfalls Teile des angesprochenen Verkehrs - zu dem auch Mitglieder des erkennenden Senats gehören - das Zeichen als Darstellung eines Kameraauslösers verstehen werden, der jedenfalls bei einem Teil der früher von der Fa. Agfa vertriebenen Produkte - Kompakt- und Pocketkameras - entsprechend als großer roter Knopf gestaltet war. Auch wenn dem streitgegenständlichen Zeichen als eingetragener Marke nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden kann, so kann ihm vor diesem Hintergrund eine originär nur unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zugesprochen werden. Trifft ein solches Element mit einem kennzeichnungskräftigen Wortbestandteil zusammen, so wird es der angesprochene Verkehr lediglich als zusätzliches grafisches Ausgestaltungselement eines einheitlichen Zeichens ansehen und nicht als selbständigen Herkunftshinweis, vor allem dann, wenn es ihm - wie im Streitfall - immer in der Kombination mit dem Wortbestandteil und nie isoliert entgegentritt.

3. Die Benutzung der streitgegenständlichen Marke in der Form, wie sie seitens der Beklagten vorgetragen worden ist, hat ihren kennzeichnenden Charakter verändert. Die Benutzung in der abweichenden Form war daher nicht rechtserhaltend möglich (§ 26 Abs. 3 S. 1 MarkenG).

Wird die Marke in einer von der Eintragung abweichenden Form benutzt, liegt eine rechtserhaltende Benutzung nach § 26 Abs. 3 S. 1 MarkenG nur vor, wenn die Abweichung den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändert. Eine solche Veränderung des kennzeichnenden Charakters ist dann zu verneinen, wenn der Verkehr das abweichend benutzte Zeichen gerade bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach noch mit der eingetragenen Marke gleichsetzt, in der benutzten Form mithin noch dieselbe Marke sieht (BGH, GRUR 2013, 68 Tz. 14 - Castell/VIN CASTEL; GRUR 2013, 840 Tz. 20 - PROTI II).

Im vorliegenden Fall hat die Hinzufügung des Wortbestandteils "AGFAPHOTO" zu einer Veränderung der Kennzeichnungskraft geführt. Dies folgt bereits daraus, dass sich der Verkehr bei Marken, die aus Wort- und Bildelementen bestehen, in der Regel eher am Wortbestandteil orientieren wird, der die einfachste Form ist, um die unter der Marke angebotene Ware zu bezeichnen (BGH, GRUR 2013, 68 Tz. 16 - Castell/VIN CASTEL). Anders als bei der eingetragenen Marke liegt es daher bei dem zusammengesetzten Zeichen nahe, die so gekennzeichneten Waren mit "AGFAPHOTO" oder "Agfa" zu bezeichnen. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund der unstreitigen hohen Bekanntheit des Namens "Agfa" auf dem Fotografiesektor. Die Zufügung eines unterscheidungskräftigen Wortbestandteils führt aber zu einer Veränderung des kennzeichnenden Charakters der Marke (BGH, GRUR 2009, 772 Tz. 45 - Augsburger Puppenkiste).

Auch aus der Entscheidung des EuGH "Specsavers" folgt nichts anderes. Der Europäische Gerichtshof hat dort ausgesprochen, dass Art. 15 Abs. 1 und 51 Abs. 1 lit. a Verordnung Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke dahin auszulegen sind, dass die Voraussetzung einer "ernsthaften Benutzung" im Sinne dieser Bestimmungen erfüllt sein kann, wenn eine Gemeinschaftsbildmarke nur in Verbindung mit einer Gemeinschaftswortmarke benutzt wird. "Jedoch dürfen die Unterschiede zwischen der Form, in der die Marke benutzt wird, und der Form, in der sie eingetragen wurde, nicht die Unterscheidungskraft der Marke, wie sie eingetragen wurde, verändern" (EuGH, GRUR 2013, 922 Tz. 31 - Specsavers). Entscheidend ist mithin auch bei einer richtlinienkonformen Anwendung des § 26 Abs. 3 S. 1 MarkenG, ob die Unterschiede sich auf die Unterscheidungskraft der eingetragenen Marke auswirken, was beispielsweise bei der Zufügung grafischer Elemente verzierenden Charakters nicht der Fall ist. Wird eine Bildmarke ohne Wortbestandteil nicht als eigenständiges Zeichen, sondern nur als Bestandteil einer zusammengesetzten Marke wahrgenommen, so verfügen Bildmarke und zusammengesetztes Zeichen über eine unterschiedliche Unterscheidungskraft, und zwar selbst dann, wenn die Bildmarke eine selbständig kennzeichnende Stellung in dem zusammengesetzten Zeichen hat (Büscher, GRUR 2015, 305, 308 f.) Soweit die Beklagte darauf verwiesen hat, der Europäische Gerichtshof habe in der Überlagerung einer einfachen grafischen Gestaltung durch die Unternehmensbezeichnung "SpecSavers" keine Veränderung des kennzeichnenden Charakters der eingetragenen Bildmarke gesehen, so trifft dies nicht zu: Der Europäische Gerichtshof hat die Frage vielmehr offengelassen und dem nationalen Gericht die Antwort überlassen, ob die Voraussetzungen einer rechtserhaltenden Benutzung des Bildzeichens vorlagen (a. a. O. Tz. 24).

Im vorliegenden Fall hat sich die Kennzeichnungskraft der streitgegenständlichen Marke durch die Hinzufügung des Wortbestandteils geändert. Wie oben bereits ausgeführt, hat das streitgegenständliche Zeichen aufgrund seiner einfachen grafischen Ausgestaltung allenfalls unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft. Demgegenüber kommt der Wortmarke der Beklagten "AGFAPHOTO" aufgrund der unstreitig festgestellten und auch dem Senat geläufigen hohen Bekanntheit des Unternehmens "Agfa" auf dem Fotografiesektor eine gesteigerte Kennzeichnungskraft zu. Dies folgt im Übrigen auch aus dem von der Beklagten vorgelegten Artikel (Anlage B 1, Bl. 31 ff. Anlagenheft I), in dem ausgeführt wird, dass die Beklagte mit ihrer Geschäftspolitik gerade auf dieser nach wie vor vorhandenen Bekanntheit und Wertschätzung des Namens "Agfa" aufbauen möchte. Selbst wenn man daher der streitgegenständlichen Marke durchschnittliche Unterscheidungskraft zugestehen würde, würde ihre Kennzeichnungskraft durch die Kombination mit dem bei dem angesprochenen Verkehr nach wie vor sehr bekannten Bestandteil "Agfa" erheblich gesteigert. Daher liegen auch unter Berücksichtigung der "Specsavers"-Entscheidung die Voraussetzungen einer rechtserhaltende Benutzung nicht vor.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Bei der Festsetzung der Sicherheitsleistung war zu berücksichtigen - was das Landgericht übersehen hat -, dass sich die Klage auf Einwilligung in die Löschung richtet, so dass die Vollstreckung nach § 894 ZPO erfolgt (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, § 55 Rn. 21). In den Fällen des § 894 ZPO gilt die Willenserklärung erst mit Rechtskraft des Urteils als abgegeben, so dass ein solches Urteil - mit Ausnahme der hier nicht einschlägigen Fälle des § 895 ZPO - nur wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar ist (Zöller/Stöber, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 894 Rn. 4)

Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung weder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab noch hat die Sache über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 ZPO). Es handelt sich lediglich um die Anwendung der in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs herausgearbeiteten Grundsätze auf einen konkreten Einzelfall.






OLG Köln:
Urteil v. 26.06.2015
Az: 6 U 154/14


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