Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. Januar 2003
Aktenzeichen: 26 W (pat) 31/00

(BPatG: Beschluss v. 29.01.2003, Az.: 26 W (pat) 31/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Gegen die ua für die Waren

"Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen"

unter der Nummer 395 39 469 eingetragene Wort-Bild-Markesiehe Abb. 1 am Endeist Widerspruch erhoben worden aus der Marke 1 035 360 TRAFFIC, die für die Waren

"Bekleidungsstücke, Stiefel, Schuhe und Hausschuhe"

eingetragen ist. Der Widerspruch richtet sich - wie sich aus seiner Begründung ergibt - nur gegen die oben genannten Waren.

Die Markenstelle für Klasse 39 hat diesem Widerspruch im beantragten Umfang stattgegeben und die teilweise Löschung der angegriffenen Marke für diese Waren angeordnet. Weil damit gerechnet werden müsse, daß weite Teile des angesprochenen Publikums die angegriffene Marke mit ihrem Wortbestandteil "TRAFFIC" benennen würden, seien die sich gegenüberstehenden Marken in klanglicher Hinsicht identisch. Zudem bestehe eine Warengleichheit hinsichtlich der Waren "Bekleidungsstücke, Schuhwaren" der angegriffenen Marke. Die darüber hinaus beanspruchten "Kopfbedeckungen" der angegriffenen Marke lägen in einem markenrechtlich relevanten Ähnlichkeitsbereich, da diese Warengruppe in zunehmendem Maße auch von Bekleidungsherstellern produziert bzw vertrieben werde. Daß die der angegriffenen Marke zugrundeliegenden "Bekleidungsstücke" lediglich für die eigenen Mitarbeiter der Anmelderin bestimmt seien, spiele markenrechtlich keine Rolle. Der genaue Ähnlichkeitsbereich der Ware "Kopfbedeckungen" brauche nicht ermittelt zu werden, da wegen der klanglichen Identität der Vergleichsmarken ohnehin bereits eine geringe Ähnlichkeit der Waren ausreiche, um insgesamt eine Verwechslungsgefahr zu begründen.

Hiergegen wendet sich die Inhaberin der jüngeren Marke mit der Beschwerde. Die Eintragung ihrer Marke für die Waren "Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" beziehe sich ausschließlich auf den Sport- und Funktionsbereich für Fahrräder, Motorräder, Motorroller, Mofas etc, also nicht auf Mode-/Freizeitbekleidung, die von der Widersprechenden hergestellt oder vertrieben werde.

Die Inhaberin der Widerspruchsmarke hat sich im Verfahren vor dem Bundespatentgericht nicht geäußert.

II.

Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin ist unbegründet. Zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke besteht in dem von der Markenstelle festgestellten Umfang die Gefahr klanglicher Verwechslungen gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Die miteinander zu vergleichenden Waren sind im Umfang der Waren "Bekleidungsstücke, Schuhwaren" gleich, im übrigen ähnlich (vgl auch Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 12. Aufl, S 198, Stichwort "Kopfbedeckungen"). Dabei spielt es für die Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren keine rechtlich entscheidende Rolle, daß die Inhaberin der jüngeren Marke ihre "Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" entweder als Berufskleidung für ihre Mitarbeiter oder für den Sport- und Funktionsbereich konzipiert hat. Denn zum einen ist für die Prüfung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr im Widerspruchsverfahren ausschließlich das registrierte Warenverzeichnis maßgebend, das Einschränkungen irgendwelcher Art nicht enthält, zum anderen vermöchten auch derartige Funktionsbestimmungen den Ähnlichkeitsbereich der betroffenen Waren nicht entscheidend zu verändern und könnten deshalb deren Ähnlichkeit mit den Waren der Widerspruchsmarke nicht aufheben. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke liegt mangels anderer Anhaltspunkte im mittleren Bereich. Weder für eine Schwächung noch für eine Stärkung dieser Kennzeichnungskraft liegen Anhaltspunkte vor. Dies hat zur Folge, daß an den von der jüngeren Marke einzuhaltenden Abstand in jeder maßgeblichen Richtung mittlere bis strenge Anforderungen zu stellen sind, um die Gefahr von Verwechslungen verneinen zu können. Je näher sich nämlich die Waren stehen, desto größer ist die Gefahr von Markenverwechslungen (und umgekehrt), da die Systematik des Markenrechts eine gegenseitige Wechselwirkung von Marken- und Warenähnlichkeit bedingt (BGH Mitt 1995, 107 - Oxygenol II; GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND; BlPMZ 1999, 112, 114 - LIBERO). Diesen Anforderungen wird die jüngere Marke aber nicht gerecht, weil die Marken in ihrem prägenden Bestandteil übereinstimmen.

Dabei ist für die Beurteilung der Ähnlichkeit von Marken auf deren jeweiligen Gesamteindruck abzustellen (EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma; BGH Mitt 2000, 65 - RAUSCH/ ELFI RAUCH). Dennoch ist unter Umständen einem einzelnen Zeichenbestandteil eine besondere, das Gesamtzeichen prägende Kennzeichnungskraft beizumessen, wenn ihm in einer kombinierten Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommt und er deshalb geeignet ist, die Erinnerung an das Gesamtzeichen wachzurufen, während die weiteren Elemente der Marke demgegenüber eine lediglich untergeordnete Bedeutung haben (BGH aaO - RAUSCH/ELFI RAUCH).

Nach diesen Grundsätzen wird sich der Verkehr bei der angegriffenen Wort-Bild-Marke in der Regel am Wortbestandteil orientieren. Grundsätzlich mißt nämlich der Verkehr bei einem Zusammentreffen von Wort- und Bildbestandteilen dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform eine prägende Bedeutung zu (Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdnr 194). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nur dann, wenn das Bild durch seinen Umfang und seine kennzeichnende Wirkung die Marke derart beherrscht, daß das Wort kaum mehr beachtet wird. Im vorliegenden Fall ist jedoch der Bildbestandteil nicht so dominierend, daß er das Wort vollständig in den Hintergrund drängen würde. Vielmehr ist dieses nach Größe und Stellung im Gesamtzeichen sofort und deutlich erkennbar und bietet sich zudem als einziger Wortbestandteil in der Gesamtmarke für eine Benennung geradezu an.

Stellt man danach den Wortbestandteil der angegriffenen Marke der Widerspruchsmarke gegenüber, so ist wegen der Übereinstimmung eine klangliche Verwechslungsgefahr zu bejahen.

Gründe: dafür, einer Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Billigkeitsgründen aufzuerlegen (§ 71 Abs 1 MarkenG), sind nicht ersichtlich.

Albert Reker Eder Bb Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/26W(pat)31-00.1.3.gif






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Az: 26 W (pat) 31/00


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