Bundespatentgericht:
Beschluss vom 31. Mai 2000
Aktenzeichen: 29 W (pat) 87/99

(BPatG: Beschluss v. 31.05.2000, Az.: 29 W (pat) 87/99)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die für die Waren und Dienstleistungen

"Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung"

eingetragene Wort-Bildmarke Nr. 397 35 394 siehe Abb. 1 am Endeist Widerspruch eingelegt worden aus der farbig eingetragenen prioritätsälteren Marke Nr. 2 906 245 siehe Abb. 2 am Endedie für die Dienstleistungen

"Mit Programmen versehene maschinenlesbare Datenträger, Telekommunikation"

im Markenregister eingetragen ist.

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluß vom 3 März 1999 den Widerspruch zurückgewiesen, weil keine Gefahr von Verwechslungen der jüngeren Marke mit den älteren Marken bestehe. Die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen seien zwar hochgradig ähnlich, was Verwechslungen begünstige. Jedoch unterscheide sich die jüngere Marke von der älteren Marke aufgrund der deutlich abweichenden graphischen Ausgestaltung im Gesamteindruck. Das in beiden Marken enthaltene Wort "LOGO" könne eine Verwechslungsgefahr nicht begründen, denn dieser Markenbestandteil sei in Bezug auf die geschützten Waren und Dienstleistungen nicht unterscheidungskräftig und darum ungeeignet, den Gesamteindruck der angegriffenen oder der Widerspruchsmarke zu prägen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Bei beiden Marken sei das Wort "LOGO" der einzige kennzeichnungskräftige Bestandteil, an dem sich der Verkehr orientieren werde. Dem Wort "LOGO" fehle wegen seiner Vieldeutigkeit nicht die Kennzeichnungskraft, was besonders bei der angegriffenen Marke deutlich werde, wo der Bestandteil "WARE" durch das vorangestellte Wortelement konkretisiert werde. Der Bildbestandteil der jüngeren Marke stelle einen Computer-Bildschirm und eine Computertastatur dar, die lediglich auf die Dienstleistungen hinwiesen und keine Kennzeichnungskraft hätten. Die graphische Gestaltung der Widerspruchsmarke bestehe lediglich aus üblichen Hintergrundelementen. Der Verkehr verwende ohnehin bei der Benennung der Marke nur die Wörter. Selbst wenn geringe Teile des Verkehrs die Unterschiede der Marken bemerkten, würden diese in der jüngeren Marke die Abwandlung der Widerspruchsmarke und damit einen Hinweis auf die Widersprechende sehen.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Marke 397 35 394 wegen des Widerspruchs aus der Marke 2 906 245 zu löschen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat sich im Verfahren vor dem Bundespatentgericht weder geäußert noch Anträge gestellt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, in der Sache bleibt sie jedoch ohne Erfolg. Auch nach Auffassung des Senats besteht zwischen den Marken nicht die Gefahr von Verwechslungen (§ 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs 2 Nr 2 MarkenG).

Nach der Auslegung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. B der Markenrechtsrichtlinie durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH GRUR Int. 1998, 56, 57 - Sabèl/Puma), die für die Auslegung der in Umsetzung dieser Richtlinienbestimmung erlassenen Vorschrift des § 9 Abs.2 Nr. 2 MarkenG von maßgeblicher Bedeutung ist, ist die Frage der Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Zu den dabei maßgebenden Umständen gehören insbesondere der Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke, die gedankliche Verbindung, die das jüngere Zeichen zu ihr hervorrufen kann, sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den Marken und zwischen den damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen (vgl. Markenrechtsrichtlinie, 10. Erwägungsgrund). Bei der umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der Marken auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese hervorrufen, wobei insbesondere die dominierenden und die sie unterscheidenden Elemente zu berücksichtigen sind. Hierbei kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher der jeweils in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen wirkt (vgl. BGH 1996, 198 "Springende Raubkatze"; BGHZ 131, 122, 124 f. "Innovadiclophont"). Schließlich impliziert die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen. So kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR Int. 1998, 875, 876 f. "Canon"; GRUR 1999, 731 "Canon II; GRUR 1999, 995, 997 "HONKA"). Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend die Gefahr von Verwechslungen nicht gegeben.

Zwar können die Marken den angesprochenen Verkehrskreisen iVm sehr ähnlichen, relativ alltäglichen Waren und Dienstleistungen begegnen, die sich größtenteils auch an breite Verkehrskreise wenden, was Verwechslungen begünstigt (vgl. Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 5. Aufl., § 9 Rn 14). Allerdings handelt es sich bei dem Wort "LOGO", das allein als kollisionsbegründend in Betracht kommt, um einen schutzunfähigen oder jedenfalls äußerst kennzeichnungsschwachen Markenbestandteil. Dieses Wort hat zum einen die Bedeutung von "Kürzel von Firmenkennzeichnungen von Rundfunk- und Fernsehanstalten, Produkten u. ä." und zum anderen die Bedeutung "logisch, selbstverständlich, einverstanden" (Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl.; Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Bertelsmann Lexikon Verlag 1997, jeweils Stichwort "Logo" und "logo"). In der ersten Bedeutung ist dieses Wort geeignet, auf die Eigenschaften der Waren bzw. Dienstleistungen der sich gegenüberstehenden Marken hinzuweisen, da die bespielten Datenträger Logos zum Gegenstand haben oder sie enthalten können und dies auch Thema für die Telekommunikationsdienstleistungen sein kann. In der zweiten Bedeutung wirkt das Wort als Werbeschlagwort (vgl. etwa 33 W (pat) 34/97 "ÖKO€ LOGO!" und 28 W (pat) 190/97 "LOGO"). Es kann hier aber dahingestellt bleiben, ob sich der Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus diesen Gründen auf die graphische Ausgestaltung beschränkt. Jedenfalls lassen diese Umstände den Schluß auf eine Kennzeichnungsschwäche der Marke in ihrer Gesamtheit und - sofern aus dem Wortbestandteil isoliert Rechte abgeleitet werden sollen - auf einen äußerst geringen Schutzumfang dieses Bestandteils zu (vgl. dazu BGH GRUR 67, 246, 251 "Vitapur"; GRUR 1999, 733, 734 "LION DRIVER"; GRUR 1999, 241, 243 "Lions"; Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 5. Aufl., § 9 Rn. 121, 122), so daß schon ein relativ geringer Abstand ausreicht, um Verwechslungen zu verhindern. Diesen erforderlichen Abstand hält die jüngere Marke jedenfalls ein.

Bei der Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr ist stets vom Gesamteindruck der Marken auszugehen (st. Rspr. BGH BlPMZ 1997, 28 "Foot-Joy"; Mitt. 1996, 285 f. "Sali-Toft"; GRUR 1999, 241, 243 "Lions"). Weichen - wie im vorliegenden Fall wegen der stark unterschiedlichen graphischen Ausgestaltung und des zusätzlichen Wortbestandteils "WARE" in der angegriffenen Marke - die Marken in ihrer Gesamtheit betrachtet voneinander ab, so kann trotzdem eine Verwechslungsgefahr bestehen, wenn übereinstimmende oder ähnliche Markenbestandteile den Gesamteindruck der Kombinationsmarken prägen (vgl. BGH GRUR 1996, 198, 199 "Springende Raubkatze"; GRUR 1996, 406 "Juwel"; GRUR 1999, 733, 735 "LION DRIVER"; MarkenR 2000, 20, 21 "RAUSCH/ELFI RAUCH"). Dies ist bei dem Bestandteil "LOGO" der angegriffenen Marke, der mit dem graphisch ausgestalteten Wort der Widerspruchsmarke klanglich und begrifflich identisch ist, nicht der Fall, denn das Wort "LOGO" prägt nicht den Gesamteindruck der angegriffenen Marke. Zwar bedient sich der Verkehr bei mündlicher Benennung von Wort-Bildmarken in aller Regel des Wortbestandteils als kürzester und einfachster Bezeichnung (vgl. BGH GRUR 1999, 733, 735 "LION DRIVER"; BGH GRUR 1996, 198, 199 "Springende Raubkatze"). Allerdings ist es im vorliegenden Fall fraglich, ob dem unübersehbar großen, originellen Bildelement der angegriffenen Marke für den Gesamteindruck überhaupt keine Bedeutung zukommt. Jedenfalls sind die Wörter "LOGO" und "WARE", die in gleicher Schriftart und Schriftgröße in engem räumlichen Zusammenhang - zum Teil auch graphisch verbunden - angeordnet sind, gleichwertig. Erstens ist - wie oben bereits in Verbindung mit dem Schutzumfang der Widerspruchsmarke ausgeführt - "LOGO" in Alleinstellung für die Waren und Dienstleistungen der Marke beschreibend bzw. kommt jedenfalls einer beschreibenden Angabe äußerst nahe oder kann als Werbeschlagwort ohne Kennzeichnungskraft angesehen werden, so daß dieses Wort in Alleinstellung für sehr große Teile der angesprochenen mehr oder weniger fachkundigen Abnehmerkreise nicht als eigenständige Kennzeichnung wirkt. Zweitens bildet "LOGO" zusammen mit dem Wort "WARE" einen für die angesprochenen Abnehmer von Computerprogrammen leicht erkennbaren Gesamtbegriff, was auch durch die graphische Ausgestaltung betont wird. Wie dem Verkehr bekannt ist, gibt es viele entsprechend gebildete Wörter, die eine bestimmte "ware" bezeichnen, so z. B. "hardware, shareware, Firmware, Freeware, Expireware, brainware". Es liegt darum nahe, auch in den Wörtern "LOGO WARE" eine entsprechende Begriffsbildung zu sehen, die erkennen läßt, daß Gegenstand der gekennzeichneten Dienstleistungen Software zur Gestaltung von Logos ist. Der Markenbestandteil "LOGO" allein wird deshalb nicht als prägend angesehen werden. Somit treten im vorliegenden Fall die anderen Bestandteile der jüngeren Marke nicht so stark in den Hintergrund, daß sie für den Verkehr an Bedeutung verlieren und zum Gesamteindruck nichts beitragen würden (vgl. dazu BGH MarkenR 2000, 20, 22 "RAUSCH/ELFI RAUCH"). Unmittelbare Verwechslungen der jüngeren mit der älteren Marke sind somit ausgeschlossen.

Es ist auch nicht damit zu rechnen, daß die jüngere Marke mit der Widerspruchsmarke gedanklich in Verbindung gebracht wird, denn es fehlt an einem gemeinsamen eigenständigen Stammbestandteil mit Hinweischarakter auf den Betrieb der Widersprechenden (vgl. Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 5. Aufl., § 9 Rn 180, 182, 186). Wegen der Kennzeichnungsschwäche des allein als kollisionsbegründend in Betracht kommenden Bestandteils "LOGO" und des Vorliegens eines zusammenhängenden Begriffs in der angegriffenen Marke, der außerdem ebenfalls eine beschreibenden Angabe darstellt oder einer solchen zumindest sehr nahe kommt, liegt der Schluß ferne, daß die beiden Marken Bestandteile einer Serie von Kennzeichnungen der Widersprechenden mit dem Wort "LOGO" als Stammbestandteil seien oder daß es sich bei der Anmelderin und der Widersprechenden um wirtschaftlich oder organisatorisch in Zusammenhang stehende Unternehmen handele (vgl. dazu Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 5. Aufl., § 9 Rn 186, 191, 197).

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG besteht keine Veranlassung.

Meinhardt Dr. Vogel von Falckenstein Guth He Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/29W(pat)87-99.1.3.gif Abb. 2 http://agora/bpatgkollision/docs/29W(pat)87-99.2.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 31.05.2000
Az: 29 W (pat) 87/99


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