Oberlandesgericht München:
Urteil vom 4. August 2010
Aktenzeichen: 15 U 4975/08
(OLG München: Urteil v. 04.08.2010, Az.: 15 U 4975/08)
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten werden das Endurteil des Landgerichts München I vom 22.08.2008, Az.: 25 O 21680/07, und das Versäumnisurteil des Senats vom 16.09.2009 dahin abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 31.089,83 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 29.11.2007 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und die weitergehende Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Ersatz von Prozesskosten in Höhe von 31.089,83 € aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts München I vom 10.08.2007 im Verfahren 25 O 16489/05, in dem den dortigen Klägerinnen zu gleichen Teilen Kosten in Höhe von 62.179,65 € festgesetzt wurden, u.a. mit der Begründung, die Beklagte, handelnd durch Rechtsanwalt E. (nachfolgend: E.) hätte beim Landgericht München I unter dem Aktenzeichen 25 O 16489/05 einen Rechtsstreit namens der Klägerin über Schadensersatz in Höhe von 5.222.846,57 € gegen Klaus G. geführt, ohne hierfür durch die Klägerin beauftragt gewesen zu sein.
Die Beklagte vertrat in dem Verfahren 25 O 16489/05 auch die Firma H. AG (nachfolgend: H.), der im streitgegenständlichen Verfahren von der Klägerin der Streit verkündet wurde. Der jetzige Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Klägerin war vom 1.10.2001 bis 31.7.2002 Vorstandsmitglied von H. und die Klägerin war unter ihrer früheren Bezeichnung €H. Services GmbH€ ein 100%iges Tochterunternehmen der Streitverkündeten, die mit Eintragung vom 28.07.2005 in die jetzige Klägerin umfirmierte und den Sitz nach Augsburg verlegte mit einer Änderung der ursprünglichen HRB ...23 beim Amtsgericht München in die Registernummer HRB ...21 beim Amtsgericht Augsburg. Mit Wirkung vom 1.10.2004 hatte der Geschäftsführer der Klägerin die damals noch unter dem Namen H. Service GmbH firmierende Klägerin von der Firma H. erworben.
Die Beklagte beantragte beim Amtsgericht Coburg - Mahngericht - den Erlass eines Mahnbescheids, wonach der dortige Beklagte G. u.a. an die dortigen Anspruchsstellerinnen 5.222.846,57 € zahlen sollte. Der Mahnbescheid wurde dem Beklagten G. am 11.03.2005 zugestellt, G. legte gegen den Mahnbescheid Widerspruch ein. Mit Schriftsatz vom 30.03.2006, eingegangen beim Landgericht München I am gleichen Tag, begründete die Beklagte die Ansprüche und stellte in dem Verfahren 25 O 16498/05 folgende Anträge, wobei die dortige Klägerin zu 2) die hiesige Klägerin und die H. AG die Klägerin zu 1) war:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerinnen zu 1) und 2) als Gesamtgläubigerinnen 5.222.846,57 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8% über dem Basiszinssatz seit dem 20.4.2002 - Zug um Zug gegen Abtretung der der Klägerin zu 1) aus dem Verkauf des Kommanditanteils an der update Unternehmensberatung für Programmierung und Datenverarbeitung GmbH & Co. KG mit Vertrag des Notars Arno M. U., München, URNr. ...59 U/20001 vom 18.10.2001 zustehenden Rechte und Ansprüche und hierauf vereinnahmter Zahlungen - zu bezahlen.
2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin zu 1) 766.937,82 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8% über dem Basiszinssatz seit dem 20.4.2002 - Zug um Zug gegen Abtretung der der Kläger zu 1) aus der Neuregelung des der update Unternehmensberatung für Programmierung und Datenverarbeitung GmbH & Co. KG mit Vertrag vom 26.01.2000 gewährten Darlehens in Höhe von 1.500.000 DM mit Vertrag des Notars Arno M. U., München, URNr. ...59 U/2001 vom 18.10.2001 zustehenden Rechte und Ansprüche und hierauf vereinnahmter Zahlungen - zu bezahlen.
Die Klage wurde von der Beklagten wie folgt begründet (Bl. 18 ff. der beigezogenen Akte 25 O 16489/05 des Landgerichts München I):
1. Erwerb der Geschäftsanteile an der Firma update Unternehmensberatung für Programmierung und Datenverarbeitung GmbH mit notariellem Kaufvertrag vom 13.1.2000
Der Beklagte (G.) hat in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Firma H Verwaltung GmbH, diese handelnd als geschäftsführende Gesellschafterin der H. GmbH & Co. Beteiligung KG mit Urkunde des Notars Arno M. U., URNr. ...18 U/2000 vom 13.1.2000 sämtliche Geschäftsanteile an der Firma update Unternehmensberatung für Programmierung und Datenverarbeitung GmbH zu einem Kaufpreis von 10.215.000,00 DM - dies entspricht der im Antrag zu I. bezeichneten Summe von 5.222.846,57 € - erworben. Vertragsbestandteil war gemäß II. § 1 Ziff. 3 auch, dass die mit den veräußerten Geschäftsanteilen verbundenen Gewinnrechte dem Käufer zustehen. Tatsächlich war das erworbene Unternehmen wertlos: die Ertragserwartungen erfüllten sich nie.
Beweis: ...
2. Eingetretener Schaden
Der Schaden der Klägerinnen zu 1) und 2) und der H. GmbH & Co Beteiligung KG liegt bereits in der vermögensgefährdenden Eingehung der Verpflichtung zur Zahlung eines Kaufpreises in Höhe von 10.215.000,00 DM gemäß II. § 3 Ziff. 1, erst recht aber in der Erfüllung, da sich die von den Verkäufern bekannt gegebenen Ertragserwartungen nicht verwirklicht haben, was bei einer üblichen €Due-Diligence€-Prüfung wegen fehlender Plausibilität der Planung ohne weiteres erkennbar gewesen wäre. Für den Kaufpreis von 10.215.000,00 DM hat die H. GmbH & Co. Beteiligung KG lediglich ein ertragsloses Unternehmen erhalten. Im Abfluss der Mitte liegt deshalb ein Schaden in dieser Höhe.
3. Rückabwicklungsvertrag vom 18.10.2001
Am 18.10.2001 haben die H. GmbH und Co Beteiligung KG, die CP Beratungs-, Dienstleistungs- und Beteiligungsgesellschaft mbH, die Klägerin zu 1) sowie die H. EDV - Systemintegration Verwaltungs GmbH und die AS-update GmbH Anwendungssysteme vor dem Notar Arno M. U. mit der URNr. ...59 U/2001 zur Rückabwicklung des Vertrages vom 13.1.2000 einen Vertrag über Verkauf und Übertragung einer Kommanditbeteiligung (Unternehmenskauf) beschlossen, in dem die H. GmbH & Co. Beteiligung KG ihre Kommanditbeteiligung an der im Handelsregister des Amtsgerichts Bayreuth unter HRA ...90 eingetragenen update Unternehmensberatung für Programmierung und Datenverarbeitung GmbH & Co. KG mit dem Sitz in K. in Höhe von 500.000 DM zu einem Kaufpreis von 5.800.000 DM an die CP Beratungs-, Dienstleistungs- und Beteiligungsgesellschaft mbH verkauft hat. Wegen der Einzelheiten der getroffenen Vereinbarungen nehmen wir Bezug auf die Regelungen im Unternehmenskaufvertrag vom 18.10.2001, insbesondere in Ziffer II. des Vertrages.
...
Mit Schriftsatz vom 8.6.06 (Bl. 32/50 der Akte 25 O 16498/05) erwidert der dortige Beklagte:
Unrichtig ist die Behauptung der Klägerinnen, das erworbene Unternehmen sei wertlos gewesen. Zu dieser auf Seite 4 der Klageschrift aufgestellten Behauptung setzen sich die Klägerinnen sodann auf der darauffolgenden Seite auch umgehend in Widerspruch, indem sie vortragen, eben jenes angeblich wertlose Unternehmen sei später zu einem Kaufpreis von 5.800.000 DM (2.965.492,91 €) wieder verkauft worden.
...
Die Beklagte trug in diesem Verfahren weiter vor (S. 5 Schriftsatz vom 23.10.06, Bl. 68 der beigezogenen Akte des Landgericht München I):
Gemäß § 1 Ziffer 3 des Kaufvertrages sollten die mit den veräußerten Geschäftsanteilen verbundenen Gewinnrechte dem Käufer zustehen. Diese Unternehmensgruppe war weitgehend wertlos und wäre bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten nie gekauft worden.
S. 6 des gleichen Schriftsatzes:
Die Kanzlei Dr. Siegfried Z. hat - anders als der Beklagte glauben machen möchte - keine umfassende Due Diligence-Prüfung der update-Unternehmensgruppe durchgeführt, weil sie hierzu vom Beklagten keinen Auftrag hatte. Vielmehr hat der Beklagte u.a. die Prüfung der Werthaltigkeit der zu erwerbenden Geschäftsanteile ausdrücklich aus dem Prüfungsauftrag ausgenommen und dies ist keineswegs üblich. Außerdem hat er in dem Gespräch mit Herrn Wirtschaftsprüfer Ed. immer wieder betont, dass der Wert der update-Unternehmensgruppe nicht geprüft werden müsse und dürfe; hier habe er Einigkeit erzielt und brauche keine Prüfung (die das Verhandlungsergebnis nicht bestätigt hätte). Der Auftrag der Klägerin zu 1) an die Kanzlei Dr. Siegfried Z. bestand ausweislich des bereits als Anlage B 4 vorgelegten schriftlichen Auftrages in der Durchführung eines Financial Due Diligence review über die zu erwerbenden Unternehmen der Update-Unternehmensgruppe...
S. 15 dieses Schriftsatzes:
Die Ausführungen des Beklagten zur Schadensentstehung gehen fehl. Wie der Beklagte zutreffend vorträgt, ist der entstandene Schaden nach der Differenzhypothese zu ermitteln, wozu das Vermögen des Geschädigten vor und nach dem schädigenden Ereignis miteinander zu vergleichen sind. Der Schaden besteht in der Differenz zwischen zwei Güterlagen: der tatsächlich durch das Schadensereignis geschaffenen und der unter Ausschaltung dieses Ereignisses gedachten.
Dieser Vergleich ergibt den geltend gemachten Schaden in Höhe des für die Beteiligung gezahlten Kaufpreises, da der Kaufvertrag bei einer vor dem Kauf durchgeführten Wertermittlung des Kaufgegenstandes nicht geschlossen worden wäre. Der Schaden wird nicht dadurch verringert, dass der Kaufvertrag fast zwei Jahre später rückabgewickelt werden konnte. Denn der Schaden liegt im Verlust der Verfügungsbefugnis über den Kaufpreis. Die Klägerinnen haben deshalb Anspruch auf Ersatz des aufgewandten Kaufpreises Zug um Zug gegen Abtretung der pflichtwidrig erworbenen Anteile, an deren Stelle der Kaufpreisanspruch getreten ist.
Am 26.02.2007 erteilte das Landgericht München I im Vorverfahren 25 O 16498/05 u.a. folgende Hinweise:
€4. Die Klägerinnen trifft vorliegend die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass durch den Beklagten in dessen Pflichtenkreis als Vorstand bzw. Geschäftsführer ein Schaden erwachsen ist, während es Sache des Beklagten ist, darzulegen und ggfls. zu beweisen, dass er seinen Sorgfaltspflichten nachgekommen ist, dass ihn kein Verschulden trifft bzw. der Schaden auch bei Erfüllung der Sorgfaltspflichten entstanden wäre (BGH NJW 2003, 358).
...
7. Die Entstehung eines mit der Klage Ziff. I geltend gemachten Schadens setzt voraus, dass die erworbene update Unternehmensberatung für Programmierung und Datenverarbeitung GmbH & Co. KG bei ihrem Erwerb tatsächlich nicht den Wert des vereinbarten Kaufpreises hatte. Hierfür kommt es auf den Zeitpunkt des Erwerbs (13.1.2000), nicht auf den Zeitpunkt des Wiederverkaufs an. Es fehlt bislang ein Vortrag der Klägerinnen dahingehend, welchen Wert das erworbene Unternehmen in diesem Zeitpunkt gehabt haben soll und in welcher Höhe ein Schaden entstanden ist. Hierfür kann nicht ohne Weiteres der beim Wiederverkauf erzielte Erlös zu Grunde gelegt werden, gegebenenfalls bedarf es insoweit auch der Anpassung des Klageantrags. Insbesondere ist kein Antrag auf Zahlung Zug um Zug gegen Abtretung ... vereinnahmter Zahlungen möglich (Klageantrag Ziff. I).€
Zugleich erließ das Landgericht München I in diesem Verfahren eine Verfügung nachfolgenden Inhalts, die den Parteien mit dem vorgenannten Hinweis zugestellt wurde (Bl. 147 des Vorverfahrens):
Gem. § 273 werden folgende Zeugen zum Termin vom 16.05.2007, 14.00 Uhr, Sitzungssaal 219, Justizpalast, geladen
- Zeuge Sebastian Ed..., Bl. 36
Beweisthema: Prüfungsumfang der due-diligence-Prüfung zum Erwerb der update Unternehmensberatung für Programmierung und Datenverarbeitung GmbH, Wert dieses Unternehmens im Zeitpunkt des Erwerbs
- Zeuge Bernd C., Bl. 35
Beweisthema: Wert der update Unternehmensberatung für Programmierung und Datenverarbeitung GmbH im Zeitpunkt des Erwerbs durch die H.GmbH & Co. Beteiligung KG
Mit Schriftsatz vom 23.04.2007, Bl. 177 des Vorverfahrens, trägt die Beklagte für die Klägerinnen vor;
Die Auffassung der Kammer in Ziff. (7) und (8) des Hinweisbeschlusses vom 26.02.2007 trifft aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht zu.
Wegen der weiteren Ausführungen wird auf S. 7 f. des Schriftsatzes vom 23.04.2007, Bl. 177 f. des Vorverfahrens Bezug genommen
Mit Schriftsatz vom 15.05.2007 (Bl. 184/185 des Vorverfahrens) teilte die Beklagte dem Gericht mit, dass das Mandat niedergelegt worden sei. Am 16.05.2007 erging gegen die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung am 16.05.2007 ein Teil-End- und Teil-Versäumnisurteil mit folgendem Inhalt (Bl. 203/210 der Akte des Vorverfahrens):
€1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweiligen vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar."
Hilfsweise begründet die Klägerin ihre Ansprüche gegen die Beklagte auch damit, dass die Beklagte bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage hätte unschwer erkennen können, dass der Klägerin der gegen Grünewald geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zugestanden hätte. Dementsprechend sei die Beklagte nicht in der Lage gewesen, selbst nach Hinweis des Gerichts den Klageantrag zu 1 schlüssig darzulegen. Bei sorgsamer Vorbereitung der Klage hätte der Beklagten auffallen müssen, dass der von ihr formulierte Klageantrag zu 1 der Klageschrift vom 30.3.2006 unzulässig gewesen sei. Der von der Beklagten in 1 der Klagebegründung verfolgte Klageanspruch sei bereits verjährt gewesen. Das Teil-Versäumnisurteile des Landgerichts München I vom 16.5.2007 beruhe auch darauf, dass die Beklagte es noch nicht einmal für notwendig erachtet hätte, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass sie den Termin für die Klägerin nicht hätte wahrnehmen wollen.
Wegen der weiteren Feststellungen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils, S. 3 ff., Bezug genommen (soweit das Landgericht in seinem Tatbestand auf das Verfahren 25 O 16489/05 Bezug nimmt und den dortigen Beklagten als €Gr. € bezeichnet, handelt es sich um eine Fehlbezeichnung, wie sich aus der Anspruchsbegründung und den weiteren Schriftsätzen im Verfahren 25 O 16489/05 ergibt).
Das Landgericht verurteilte die Beklagte mit der Begründung, dass die Klagepartei für die Nichterteilung der Prozessvollmacht nach allgemeinen Grundsätzen die Beweislast trage und der Beklagten, die durch ihr Tätigwerden sich einer Vollmacht der Klägerin berühmt hätte, eine sekundäre Darlegungslast obliege, der sie zunächst schriftsätzlich nur sehr eingeschränkt nachgekommen sei, aber dann in der mündlichen Verhandlung im Rahmen der Anhörung des E. als Partei ausgefüllt hätte, aber aufgrund der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts feststehe, dass die Klage durch E. ohne eine entsprechende Vollmachtserteilung durch die Klägerin in ihrem Namen vor dem Landgericht München I geführt worden sei, dies hätte dem mutmaßlichen Willen der Klägerin widersprochen. Die Beklagte hätte keine schriftliche Vollmacht vorlegen können, aufgrund der Angaben des Zeugen R . in der mündlichen Verhandlung sprächen weitere gewichtige Anhaltspunkte für das Fehlen einer entsprechenden Vollmacht, dieser Zeuge - an dessen Glaubwürdigkeit sich trotz seiner persönlichen Verbundenheit zu dem Geschäftsführer der Klägerin keine Zweifel ergeben hätten - hätte nachvollziehbar dargelegt, dass eine aufgrund schon des erheblichen Streitwertes mit hohen Kostenrisiken belastete gerichtliche Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen nicht ohne eine vorherige ausdrückliche Anweisung der Firma H. hätte erfolgen sollen. Er hätte auch nachvollziehbar dargelegt, dass sein Handeln, nachdem er sowohl für die Firma H. als auch für die Klägerin tätig hätte werden können, sich auf ein Tätigwerden für die Firma H. bezogen hätte, da die Klägerin zumindest in der damaligen Zeit über keine nennenswerten Finanzmittel verfügt hätte und auch nicht werbend tätig gewesen sei, sondern als Vorrats-GmbH fungiert hätte. Gegen einen erteilten Klagerhebungsauftrag spreche schon, dass, nachdem gegen G.persönlich in zwei Schreiben Ansprüche geltend gemacht worden seien, eine so erhebliche Zeit vergangen sei, bis zunächst ein Mahnverfahren durchgeführt und wieder nach längerer Zeit eine Klageschrift eingereicht worden sei. Entscheidend sei aber der Umstand, dass selbst unter Berücksichtigung der Angaben des Rechtsanwalts E. dieser selbst sein Tätigwerden im Wesentlichen auf Anweisungen aus einer Aufsichtsratssitzung der Firma H. im März 2002 zurückführe. Die Auftragserteilung sei durch den Aufsichtsrat der Firma H. und gerade nicht durch den damaligen Geschäftsführer der Klägerin erfolgt. Selbst wenn dieser bei der Aufsichtsratssitzung dabei gewesen sein sollte, ergäbe sich nicht automatisch daraus, dass dieser bei einer Sitzung eines anderen Entscheidungsgremiums auch konkludent Aufträge einer von ihm ebenfalls vertreten juristische Person miterteilt hätte. Aus dem Aufsichtsratsbeschluss (Anlage B 2, vorgelegt von der Beklagten in diesem Verfahren nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 1.8.08, Bl. 81/83 der Akte) ergebe sich ausdrücklich, dass in einer Aufsichtsratssitzung vom 25.07.2001 auch aus Sicht des Aufsichtsgremiums der H. gesonderte Bevollmächtigungen hätten erfolgen sollen. Bereits zum Zeitpunkt des Mahnverfahrens hätte die Klägerin den Eigentümer gewechselt und kurz darauf auch den Namen und den Geschäftssitz. Das Verhalten der Beklagten sei auch schuldhaft, auch wenn ursprünglich die Klägerin eine Tochtergesellschaft der Firma H. gewesen und dies auf Seiten der Beklagten bekannt gewesen sei, gebiete die anwaltliche Sorgfalt, sicherzustellen, dass beide juristische Personen ausdrücklich eine entsprechende Prozessvollmacht erteilen. Spätestens zu dem Zeitpunkt, in dem vom Mahnbescheid zur Klage übergegangen worden sei, sei auf Seiten der Beklagten auch die Namens- und Sitzänderung bei der Klägerin bekannt gewesen. Ein Mitverschulden der Klägerin läge nicht vor, es hätte keine Veranlassung bestanden, gegen Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Verfahren 25 O 16489/05, auch soweit sie fehlerhaft gewesen seien, vorzugehen. Zwar sei ein eventuelles Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Klägerin dieser auch zuzurechnen, ein anderes prozessuales Verhalten in dem Verfahren 25 O 16489/05 hätte aber nicht dem Interesse der Klägerin entsprochen.
Die Beklagte greift dieses Urteil mit der Begründung an, das Erstgericht gehe davon aus, dass es aufgrund der Beweisaufnahme davon überzeugt sei, dass die Beklagte Ansprüche gegen den Beklagten in dem Verfahren 25 O 16489/05, Klaus G., vorprozessual ohne Vollmacht geltend gemacht hätte, dem stehe aber diametral entgegen, dass der Zeuge R. in der mündlichen Verhandlung erklärt habe:
€Wir - d.h. Vorstand und Aufsichtsrat der H. AG- haben im Jahr 2001 oder 2002, ich war auf jeden Fall als das anfing schon bei der H.AG, der Rechtsanwaltskanzlei B., G. & Partner einen Auftrag gegeben, die Umstände im Zusammenhang mit der Fa. update und evtl. Ansprüchen gegen den ehemaligen Vorstand G. zu prüfen.€
Zwar habe sich der Zeuge R. als ehemaliger Vorstand der H. und früherer Geschäftsführer der Klägerin zunächst nicht an eine Besprechung vom 21.05.2001 erinnern können, ebensowenig an eine Besprechung im Juni 2001 und könne sich auch nicht an die Funktion von Herrn Zi. erinnern, den er im Rahmen seiner Vernehmung als externen Unternehmensberater bezeichnet hätte, tatsächlich hätte es sich aber um ein Aufsichtsratsmitglied der H. gehandelt. Tatsächlich hätte der Aufsichtsrat der H. am 25.7.2001 folgende Beschlüsse (Anlage B 2) gefasst:
€(1) Ansprüche jedweder Art gegen den früheren Vorstandsvorsitzenden Klaus G. aus und/oder im Zusammenhang mit dem Erwerb sämtlicher Geschäftsanteile der update GmbH in Urkunde des Notars Arno M. U. vom 13.1.2000 URNr. ...18 U/2000 sowie der Gewährung eines Darlehens in Höhe von DM 1.500.000,00 an die Firma update GmbH am 25./26.01.2000, insbesondere Auskunfts- und Schadensersatzansprüchen werden durch die H. AG und/oder ihrer Tochtergesellschaften geltend gemacht.
(1) Mit der Geltendmachung wird Rechtsanwalt Franz E., beauftragt. Herr Stefan Zi. wird ermächtigt, Herrn Rechtsanwalt E. im Namen des Aufsichtsrates für die H. AG zu bevollmächtigen. Die Bevollmächtigung für Tochtergesellschaften erfolgt durch die jeweils zuständigen Organmitglieder.€
Dass Erstgericht komme angesichts dieser Beweislage und der eindeutigen Aussage des Zeugen R. ohne irgend eine weitere Darlegung zu dem - widersprüchlichen - Ergebnis, dass die Klägerin die Beklagte auch vorprozessual nicht beauftragt und bevollmächtigt hätte. Das Erstgericht hätte sich nicht mit Fragen der Glaubwürdigkeit des Zeugen R. auseinander gesetzt, der unter anderem den Aufsichtsrat, Herrn Zi., der ihn selbst zum Vorstand der H. bestellt hätte, in seiner Erinnerung für einen externen Unternehmensberater gehalten habe. Das Erstgericht setzte sich weiterhin in keiner Weise mit der Frage auseinander, wie der frühere Vorstand der H., der Zeuge R., der zugleich Geschäftsführer der Klägerin gewesen wäre, den Aufsichtsratsbeschluss vom 25.7.2001 hätte verstehen dürfen, wenn er dann in Ausführung desselben mit Herrn Rechtsanwalt E. über die Geltendmachung von Ansprüchen gegen Herrn G. unstreitig korrespondiere. Es sei jedenfalls bei dem Vorstand einer Aktiengesellschaft zu unterstellen, dass ihm angesichts des konkreten Aufsichtsratsbeschlusses bewusst sei, dass er insoweit nicht für die AG - dies tue der Aufsichtsrat - sondern für die von ihm als alleinigen Geschäftsführer vertretene Tochtergesellschaft handele. Weiter setzte sich das Erstgericht nicht mit der Frage auseinander, inwieweit der Zeuge ein Eigeninteresse am Ausgang des Prozesses gehabt hätte, zum einen sei er verantwortlicher Geschäftsführer der Beklagten, zum anderen sei er auch heute, wie es Anlage B 1 deutlich mache, in Geschäftsbeziehungen mit der Beklagten (richtig wohl: Klägerin) als deren Berater/Angestellter. Weiterhin hätten - entgegen der Aussage des Zeugen - der Klägerin durchaus Mittel zur Verfügung gestanden, die die Prozesskosten hätten abdecken können, da die Klägerin aus der Abwicklung des €update Geschäfts€ im Herbst 2001 einen Betrag in Höhe von 5,8 Mio. DM erhalten hätte. Weiter ergebe sich aus dem Urteil nicht, weshalb der Beklagten bekannt gewesen sein soll, dass die Klägerin nicht mehr zum H.-Konzern gehört haben sollte. Schließlich treffe die Klägerin ein Mitverschulden, da der jetzige Geschäftsführer der Klägerin ca. 11 Wochen Zeit gehabt habe, bei der Beklagten oder dem Gericht nachzufragen, was es mit dem Termin auf sich gehabt hätte. Außerdem habe die Einlegung einer Berufung nahe gelegen, ein Nichtigkeitsverfahren hätte durchgeführt werden können. Die Kostenentscheidung des Landgerichts sei falsch gewesen, durch Einlegung eines Rechtsmittels hätte dies korrigiert werden können. Wegen des weiteren Vorbringens in der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 23. Dezember 2008, Bl. 119/128 der Akte, verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 14.4.2010, Bl. 225/231 der Akte, nach Hinweis des Senats, dass die Klägerin ihren Ansprüchen auch weitere Pflichtverletzungen hilfsweise zugrundelegt, trägt die Beklagte weiter vor, dass keine Verjährung der im Vorverfahren gegen G.geltend gemachten Schadensersatzansprüche vorgelegen hätte, die Klage sei auch nicht unschlüssig gewesen, was sich bereits aus Sicht des Erstgerichts aus der Beweisaufnahme der mündlichen Verhandlung vom 16.5.2007 ergeben hätte, über eine unschlüssige Klage wäre nicht Beweis zu erheben gewesen. Insbesondere verkenne das Landgericht München I im Rahmen seiner rechtlichen Würdigung die Beweislastregeln des § 93 II AktG und § 43 II GmbHG. Ungeachtet des abweichenden Wortlauts von § 43 II GmbHG werde übereinstimmend vertreten, dass hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast die gleichen Verteilungsmaßstäbe gelten wie im Rahmen des § 93 II AktG. Habe die Gesellschaft dargelegt und Beweis angeboten dafür, dass eine Pflichtverletzung vorliegt, die adäquat kausal zu einem Schaden geführt haben könnte, so obliege es dem beklagten Geschäftsführer zu beweisen, dass keine Pflichtverletzung vorgelegen hätte und dass ein Schaden nicht bzw. auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten in gleicher Weise eingetreten wäre. Die Beklagte hätte desweiteren dargelegt und Beweis angeboten dafür, dass der dortige Beklagte ohne vollständige und ordnungsgemäße due Diligence Prüfung ein im Übrigen wertloses Unternehmen erworben hätte. In der Eingehung der Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises und der Zahlung einerseits und der Darlegung andererseits, dass dem eine nicht werthaltige oder nicht vollständig werthaltige Gegenleistung gegenüberstehe, habe die Beklagte hinreichend einen möglichen adäquaten kausalen Schaden aus dieser Pflichtverletzung dargelegt. Die Beklagte habe das Mandat kurz vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung aus wichtigem Grund niedergelegt.
In der mündlichen Verhandlung am 16.09.2009 erging gegen die Beklagte als Berufungsführerin ein Versäumnisurteil, auf das Protokoll, Bl. 152/155 der Akte, wird Bezug genommen.
Mit ihrem Einspruch vom 12.10.2009, Bl. 160/162 der Akte, gegen das Versäumnisurteil des Senats vom 16.09.2009 verkündete die Beklagte dem früheren und jetzigen Klägervertreter den Streit.
Die Beklagte beantragt,
mit Aufhebung des Urteils des Landgerichts München I, Aktenzeichen 25 O 21680/07, vom 22. August 2008 die Klage abzuweisen und das Versäumnisurteil vom 16.09.2009 aufzuheben.
Die Klägerin beantragt,
das Versäumnisurteil vom 16.9.2009 aufrecht zu erhalten.
Die Klägerin hält das Urteil für richtig, ein Mitverschulden ihrerseits liege nicht vor, die Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss hätte vorausgesetzt, dass eine Änderung der Kostengrundentscheidung hätte erfolgen müssen. Da gemäß § 99 I ZPO die Anfechtung der Kostengrundentscheidung unzulässig sei, wenn nicht gleichzeitig gegen die Entscheidung der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt werde, hätte die Beschwerde zu keinem anderen Ergebnis geführt. Wegen des weiteren Vortrags in der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 08.07.2009, Bl. 138/148 der Akte verwiesen.
Mit Verfügung vom 19.11.2009, Bl. 169 der Akte, wurde die Beklagte darauf hingewiesen, dass nach wie vor ein Vortrag fehlen dürfte, wer entsprechend dem letzten Satz der Anlage B 2 in seiner Eigenschaft als zuständiges Organmitglied der Klägerin (Tochtergesellschaft) die Beklagte bevollmächtigt hat.
Am 11.12.2009 erließ der Senat einen Hinweisbeschluss, in dem die Beklagte darauf hingewiesen wurde, dass der Senat ihrem bisherigen Vortrag nicht entnehmen könne, welches Verhalten des Zeugen Ruppert in der Aufsichtsratssitzung den Rückschluss hätte zulassen sollen, die Beklagte sei auch von der Tochtergesellschaft (rsp. der Klägerin in diesem Verfahren) beauftragt worden, Ansprüche gegen G. geltend zu machen. Wegen des weiteren Inhalts wird auf den Beschluss, Blatt 176/177 der Akte, Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 11.03.2010, Bl. 213/214 der Akte, wies der Senat darauf hin, dass die Klägerin in ihrer Klageschrift ihre Ansprüche - hilfsweise - auch auf weitere Pflichtverletzungen der Beklagten gestützt hatte, der Beklagten wurde Frist gesetzt zur Stellungnahme zur Hilfsbegründung der Klägerin bis 8.4.2010.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 20.01.2010, Bl. 192/199 der Akte, 01.06.2010, Bl. 235/247 der Akte, sowie auf die Schriftsätze der Beklagten vom 12.10.2009, Bl. 160/162 der Akte, 12.11.2009, Bl. 163/168 der Akte, 04.12.2009, Bl. 173/175 der Akte, 13.01.2010, Bl. 185/189 der Akte und 14.04.2010, Bl. 225/231 der Akte, Bezug genommen.
Der Senat hat am 16.09.2009, 03.03.2010 und 16.06.2010 mündlich verhandelt, insoweit wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 16.09.2009, Bl. 152/155 der Akte, 03.03.2010, Bl. 208/212 der Akte und 16.06.2010, Bl. 248/260 der Akte, Bezug genommen.
Gem. Beschluss im Termin am 03.03.2010 (Bl. 211 der Akte) wurde im Termin am 16.06.2010 Christian R. zum Thema Beauftragung der Rechtsanwälte B., G. und Partner durch den Zeugen mit der Wahrnehmung von Ansprüchen gegen Klaus G. als Zeuge einvernommen; ebf. gem. Beschluss im Termin am 03.03.2010 wurden die Zeugen Stefan Zi., Martin Sch. und Axel Sa. zur Echtheit der Unterschrift des Zeugen Zi. unter dem Protokoll eines Aufsichtsratsbeschlusses vom 25.07.2001 der H.AG sowie zur Tatsache der Fassung eines derartigen Beschlusses an diesem Tag durch die Zeugen vernommen, auch insoweit wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2010 Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist nur in geringem Umfang hinsichtlich der erstinstanzlich zuerkannten außergerichtlichen Kosten begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 31.089,83 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 29.11.2007 zu, da der Beklagten im Zusammenhang mit der Beratung der Klägerin eine Pflichtverletzung insoweit zur Last zu legen ist, als sie eine unschlüssige Klage erhoben hat und der Klägerin deshalb nutzlose Prozesskosten entstanden sind.
A. Pflichtverletzung
1. Allerdings geht der Senat - entgegen der Ansicht des Landgerichts - davon aus, dass der Anspruch der Klägerin nicht aus einem fehlerhaften Verhalten von Rechtsanwalt E. insoweit abzuleiten ist, als er Klage ohne Beauftragung erhoben hat.
65Der Senat teilt zunächst die Auffassung des Landgerichts, wonach der Kläger beweisen muss, dass der Beklagte ohne Auftrag geklagt hat. Den Haftungsgrund, den objektiven Tatbestand der positiven Vertragsverletzung, jetzt § 280 I 1 BGB, hat der Anspruchsteller voll zu beweisen (BGH, Urteil vom 25.03.1999, IX ZR 283/97, juris Rz. 7).
Aufgrund der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme bestehen erhebliche Zweifel daran, ob der vernommene Zeuge R. sich an die damalige über einen längeren Zeitraum andauernde Verhandlungssituation hat richtig erinnern können.
Es ist nicht auszuschließen, dass der Zeuge R. sich - auch im Hinblick auf den mittlerweile langen Zeitraum - darüber irrt, Rechtsanwalt E. - als ehemaliger Geschäftsführer der Klägerin - tatsächlich einen Auftrag erteilt zu haben. Seine Aussage in erster Instanz, er hätte sowohl für H. als auch für die Klägerin als deren früherer Geschäftsführer handeln können und zum damaligen Zeitpunkt hätte sich sein Handeln auf ein Tätigwerden für die AG, die H., bezogen, ist zumindest deshalb problematisch, als er als Vorstand der AG nicht berechtigt war, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob Maßnahmen gegen einen ehemaligen Vorstand getroffen werden, wie sich aus § 112 AktG ergibt, der auch für Maßnahmen gegen ehemalige Vorstandsmitglieder gilt, zuständig war insoweit der Aufsichtsrat.
Schließlich ist auch nicht recht nachvollziehbar, dass er sich nicht hat daran erinnern können, von wann bis wann er in welcher Funktion bei der H. Firma war und ob es nur eine oder mehrere GmbH - Töchter gegeben hätte. Deshalb ist es durchaus möglich, dass er sich auch nicht mehr daran erinnern kann, dass er den beklagten Rechtsanwalt E. tatsächlich einen Auftrag zur Erhebung der Klage gegeben hat.
Auch der Umstand, dass der Zeuge sich bei seiner Aussage vor dem Landgericht München I nicht hat daran erinnern können, dass der Zeuge Stefan Zi. im Aufsichtsrat der H. AG saß, spricht dafür, dass das Erinnerungsvermögen des Zeugen zumindest als sprunghaft zu bezeichnen ist. Seine Erklärung vor dem Senat, Zi. hätte in der Zeit, als er bei der H. war, verschiedene Funktionen ausgeübt, vom Vertriebsberater, Headhunter, Vertriebsleiter bis zum Aussichtsrat, erklärt nicht, warum er sich nicht an die Funktion von Zi. als Aufsichtsrat hat erinnern können.
Auch die Erklärung des Zeugen, eine Klage hätte die Klägerin finanziell nicht tragen können, weil finanzielle Mittel nicht vorgelegen hätten, weil die GmbH zum dargelegten Zeitpunkt kein operatives Geschäft durchgeführt hätte, ist insoweit nicht nachvollziehbar, als durch den Verkauf beziehungsweise der Rückabwicklung des Update-Unternehmenskaufes immerhin 5.800.000 DM geflossen sind; eine Erklärung dafür konnte der Zeuge nicht angeben.
Zudem hat der Zeuge seine Angaben in erster Instanz in seiner Vernehmung vor dem Berufungsgericht erheblich relativiert. Auf die Frage, ob er einem Prüfungsauftrag erteilt hätte, erklärte er:
€Dann sage ich jetzt, das weiß ich nicht mehr, ich werde hier festgenagelt. Ich weiß nicht mehr, ob ich Herrn E. einen Klärungsauftrag erteilt habe.€
...
Weiter äußerte sich der Zeuge wie folgt:
€Ich sage jetzt, dass ich mich nicht daran erinnere, dass ich zu Erfolgschancen etwas gehört habe. Möglicherweise habe ich zu Herrn G.auch etwas anderes als zu Erfolgschancen gehört, kann mich aber nicht erinnern.€
Der Senat verkennt nicht, dass der Zeuge insbesondere seine zuletzt zurückhaltende Aussage auch unter dem insistierenden Druck des Beklagtenvertreters tätigte, dennoch ist der Gesamteindruck des Senats von dem Zeugen ein solcher, der es nicht gestattet, die Behauptung der insoweit beweisbelasteten Klägerin, Rechtsanwalt E. wäre nicht beauftragt worden, Klage zu erheben, als bewiesen anzusehen.
Der Umstand, dass keine Vollmacht vorliegt, ist nicht entscheidend, da die Vollmacht allenfalls ein Indiz für eine (vorherige) Beauftragung sein kann, diese ist aber nicht Voraussetzung für eine aufgrund Klageauftrags erfolgte Klageerhebung.
Schließlich ist im Rahmen der Beweiswürdigung auch zu berücksichtigen, dass E. in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht München I am 02.07.2008 angehört worden ist und eine Beauftragung bestätigt hat (S. 11 des Protokolls, Bl. 76 der Akte), wobei auch hier nicht verkannt wird, dass E. ein erhebliches Interesse am Ausgang des Verfahrens hat.
Schließlich hat die vor dem Senat durchgeführte Beweisaufnahme auch ergeben, dass der von der Beklagten als Anlage B 2 vorgelegte Aufsichtsratsbeschluss vom 25.07.2001 authentisch ist und der entsprechende Beschluss auch inhaltlich vom Aufsichtsrat gefasst worden ist.
2. Verjährung
Entgegen dem Vortrag der Klägerin haftet die Beklagte nicht schon deswegen, weil sie eine verjährte Forderung geltend gemacht hat.
a) Der notarielle Kaufvertrag über den Kauf des Unternehmens wurde am 13.1.2000 geschlossen. Der Anspruch aus § 93 II AktG wäre deshalb gemäß § 93 VI AktG mit Ablauf des 13.1.2005 verjährt. An diesem Tag wurde der Mahnbescheidsantrag beim zuständigen Amtsgericht Coburg eingereicht.
b) Die Verjährung wird gemäß § 204 Nr. 3 BGB durch die Zustellung des Mahnbescheids gehemmt. Erfolgt die Zustellung demnächst, wirkt sie auf den Zeitpunkt des Eingangs des Antrags beim Mahngericht zurück, § 167 ZPO.
c) Die Zustellung des Mahnantrages erfolgte am 11.3.2005.
d) Trotz des Zeitablaufs zwischen Eingang des Antrags beim Mahngericht und dem Zeitpunkt der Zustellung des Mahnantrages an den Beklagten G. erfolgte die Zustellung demnächst im Sinne von § 167 ZPO, da die Verzögerung nicht die Beklagte zu vertreten hatte. Wie sich aus der beigezogenen Akte ergibt, wurde die Akte an Rechtspfleger M. vorgelegt, der am 23.2.09 ein Schreiben an Rechtsanwalt E. veranlasste, in dem mitgeteilt wird, dass die geltend gemachten Ansprüche in Zeile 36 unvollständig bezeichnet gewesen seien (Bl. 9 des Vorverfahrens = Anlage BK 7). Auf Hinweis der Beklagten vom 7.3.2005 (Anlage BK 7) wurde der Mahnbescheid ohne weitere Änderung erlassen.
e) Der Beklagte G. legte gegen den Mahnbescheid Widerspruch ein, der beim Mahngericht am 17.03.2005 einging.
f) Mit Schriftsatz vom 7.4.2005 beantragte die Beklagte die Abgabe des Verfahrens an das Landgericht München I, Blatt 14 der Beiakte.
g) Mit Schreiben vom 28.09.2005 forderte die Geschäftsstelle des Landgerichts München I die Beklagte auf, den Anspruch zu begründen.
h) Gem. § 204 II 1 BGB endet die Hemmung sechs Monate nach der anderweitigen Beendigung des Verfahrens, wobei an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung des Gerichts tritt, § 204 II 2 BGB. Entscheidender Zeitpunkt ist das Wirksamwerden der Handlung, handelt es sich um eine gerichtliche Verfügung, kommt es auf deren Zugang an (Palandt/Ellenberger, BGB, 69. Aufl. 2010, § 204 Rz. 49 mwN). Die maßgebliche gerichtliche Verfügung ist im konkreten Fall die unter g) an die Beklagte gerichtete Aufforderung der Begründung des Anspruchs. Diese ist der Beklagten am 30.9.2005 zugegangen, was sich aus dem von der Beklagten im Termin am 16.06.2010 vorgelegten Original der Verfügung des Landgerichts München I vom 28.09.2005 ergibt (Eingangsstempel bei der Beklagten: 30.09.05; Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2010).
i) Die Klage wurde mit Schriftsatz vom 30.03.2006 erhoben, sie ging am gleichen Tag beim Landgericht München I ein, war also rechtzeitig innerhalb der 6-Monats-Frist des § 204 III 2 BGB.
903. Der Klägerin stehen gegen die Beklagte Ansprüche aus fehlerhafter anwaltlicher Beratung aus dem Gesichtspunkt zu, dass sie vor dem Landgericht München I im Verfahren 25 O 14698/05 eine unschlüssige Klage erhoben hat, da sie den der Klägerin entstandenen Schaden nicht schlüssig vorgetragen hat.
a) Die Klage ist schlüssig, wenn ihr Tatsachenvortrag, seine Richtigkeit unterstellt, geeignet ist, den Klageantrag sachlich zu rechtfertigen (Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl. 2010, vor § 253, Rz. 23), wenn die Tatsachen in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, die geltend gemachten Rechte als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen (Thomas/Putzo/Reichold, Vorbem § 253 Rz. 38 mwN).
(1) Die Klägerin machte in diesem Verfahren gegen den Beklagten G. einen Anspruch aus § 93 II 1 AktG, wonach Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet sind, geltend.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Schadensberechnung ist bei einem Vermögensschaden grundsätzlich der Zeitpunkt der Schadensfeststellung. Zu vergleichen sind die realen und hypothetischen Vermögenslagen der AG selbst (vgl. Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Aufl. 2010, Band 2/1, § 93 Rz. 60).
Danach ist - wie im allgemeinen Schadensrecht anerkannt - der Schaden nach der sog. Differenztheorie zu bemessen, von dem die Beklagte in ihren Schriftsätzen im Verfahren 25 O 14698/05 (z.B. Schriftsatz vom 23.10.2006, S. 15, Bl. 78) im Ansatz selbst ausgeht.
In diesem Fall errechnet sich der Schaden wie folgt: wie stand die Klägerin vor dem schädigenden Ereignis (10.215.000 DM Guthaben) und nach diesem Ereignis (10.215.000 DM weniger, aber Erhalt des gekauften Unternehmens als Kaufgegenstand).
Für die Berechnung des Schadens ist also letztlich maßgebend, welchen Wertzuwachs das Vermögen der Klägerin im Vorverfahren durch den Erhalt des gekauften Unternehmens erfuhr. Die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Wert des gekauften Unternehmens, wobei dieser nicht unbedingt mit dem Kaufpreis übereinstimmen muss, der im Rückabwicklungsvertrag zugrunde gelegt wurde, kann als Schaden geltend gemacht werden.
Ein rechtlich erheblicher Vortrag der Beklagten dazu fehlt, weshalb die Klage insoweit unschlüssig ist.
(2) Eine Rückzahlung des Kaufpreises - wie es die Beklagte ihrer Schadensbetrachtungsweise zugrundelegt - für die Unternehmensgruppe konnte die Klägerin nur von ihrem ursprünglichen Vertragspartner verlangen (wenn die übrigen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen). Im konkreten Fall machte die Beklagte für die Klägerin jedoch Schadenersatzansprüche gem. § 93 II 1 AktG gegen den Beklagten G. geltend, der nicht Vertragspartner der Klägerin beim Kauf des Unternehmens war, sondern diese als Vorstand bei dem Kaufvertrag vertrat, § 78 I 1 AktG. In diesem Fall kann nicht ohne Weiteres der gezahlte Kaufpreis als Schaden geltend gemacht werden, da er den erhaltenen Kaufgegenstand unberücksichtigt lässt.
Auch die Differenz zwischen ursprünglichem Kaufpreis und dem erzielten Rückabwicklungskaufpreis muss nicht unbedingt den Schaden darstellen, da, was das Landgericht München I im Verfahren 25 O 16489/05 zu Recht feststellt, zwischen Kauf und Verkauf des Unternehmens nahezu zwei Jahre liegen, so dass ein Verlust auch auf anderen Gründen hat beruhen können, dies zeigt schon der in diesem Zeitraum deutlich gefallene Deutsche Aktienindex DAX, der über 50% (zwischen Hoch [17.03.2000, 8.064,97 Punkte] und Tief [21.09.2001, 3.787,23 Punkte]) einbüßte.
Der Hinweis der Beklagten, der Wert des Unternehmens sei €Null€ gewesen, ist schon deshalb unschlüssig, da gleichzeitig vorgetragen wird, die Unternehmensgruppe sei mit über 5 Mill. DM weiterverkauft worden, dies lässt sich mit der Beurteilung des Wertes des Unternehmens mit € Null€ nicht vereinbaren, zumindest fehlt ein Vortrag dazu, warum trotz dieses Verkaufs mit dem entsprechenden Erlös der Wert gleich €Null€ gewesen sein soll. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Unternehmensgruppe keinerlei Sachwerte oder Rechte besitzt, dies wird zumindest von der Beklagten nicht behauptet. Wenn aber ein Unternehmen, das wertlos sein soll, mit 5.800.000 DM verkauft wird, so liegt darin ein offener Widerspruch, der im konkreten Fall die Klage unschlüssig werden lässt.
(3) Der Vortrag der Beklagten in ihrem Schriftsätzen vom 14.04.2010, Bl. 235/241 der Akte, und vom 27.07.2010 ist ebenfalls nicht geeignet, eine andere Entscheidung herbeizuführen.
Wie bereits dargelegt, besteht der Schaden nicht allein durch den Abfluss der Mittel für den Kaufpreis.
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die später erfolgte Rückübertragung nicht auf Basis freier Preisverhandlungen, sondern darauf zurückzuführen gewesen sei, dass die Anfechtung des Kaufvertrages und die Geltendmachung diverser Ansprüche gegen die Verkäufer erklärt worden sei, obwohl auch hier ein Vermögenszu- bzw. -rückfluss durch Veräußerung des erworbenen Kaufgegenstands erfolgt, der den Schaden mindert bzw. zumindest mindern kann.
Ein relevanter Vortrag erfolgte auch nicht auf den Hinweis des Landgerichts München I vom 26.02.2007, Bl. 149 des Vorverfahrens. Der Senat vermag der Meinung der Beklagten, die Verfügung und der Hinweis des Gerichts sei in sich widersprüchlich, nicht zu folgen.
Beweispflichtig für die Entstehung eines Schadens waren im Vorverfahren die Klägerinnen.
Der Umstand, dass die vom Gericht geladenen Zeugen auch zum Beweisthema des Wertes des Unternehmens gehört werden sollten, entlastet nicht die Beklagte, ihrerseits den für sie relevanten Sachverhalt zur Höhe des Schadens vorzutragen und unter Beweis zu stellen. Zudem ergibt sich aus dem im Hinweis aufgeführten Beweisthema nicht, welchen Wert das Unternehmen zum relevanten Zeitpunkt tatsächlich gehabt haben soll. Die Einvernahme der Zeugen C.erfolgte erkennbar auf den Beweisantrag des Beklagten G., der diesen Zeugen zum Beweis dafür anbot, dass das Unternehmen einen Wert von 9.750.000 DM gehabt hatte (Antrag S. 4 des Schriftsatzes vom 08.06.2006, Bl. 35 des Vorverfahrens), um damit nachzuweisen, dass er beim Kauf des Unternehmens keine Pflichtverletzung begangen hätte, damit war Gegenstand dieses Beweisthemas auch nicht ein evtl. bei der Klägerin vorliegender Schaden. Der Beklagte G. war für die Behauptung, sein Verhalten sei nicht pflichtwidrig gewesen, beweispflichtig und die Beweiserhebung betraf auch zusätzlich den Klageantrag zu II., wonach die Klägerin zu 1) (H. AG) Schadensersatz vom dortigen Beklagten Grünewald wegen fehlerhafter Ausreichung eines Darlehens in Höhe von 1.500.000 DM verlangte. Die Beweiserhebung erfolgte deshalb erkennbar nicht auf eine (unter Beweis gestellte) Behauptung der jetzigen Klägerin und dortigen Klägerin zu 2).
Dieser Beweisantrag hätte auch diametral zum Vortrag der Klägerinnen gestanden, das Unternehmen hätte einen Wert gleich €Null€ gehabt bzw. sei wertlos gewesen, wobei der Begriff wertlos nicht geeignet ist, einen Wert zu bestimmen. Die Klägerinnen hätten sich dieses Beweisangebot insoweit zu eigen machen können, als sie diese Zeugen zum Beweis ihrer Behauptungen hätten anbieten können, was jedoch nicht erfolgt ist, so dass sich der Beklagte nach Ansicht des Senats nicht darauf berufen kann, er hätte nichts unternehmen müssen, da ja das Landgericht zum Wert des Unternehmens ohnehin Beweis erhebt.
Dass das Landgericht die Zeugen dann auch einvernommen hat, wobei der Zeuge Ed. als Steuerberater der Klägerin zu 1) von seinem Zeugnisverweigerungsrecht gem. § 383 I Nr. 6 ZPO Gebrauch gemacht hat, da er von seiner Verschwiegenheitspflicht nicht entbunden wurde, entlastet die Beklagte ebenfalls nicht, da die Zeugen eben nicht zum Beweisthema Umfang und Höhe des Schadens gehört wurden, der Zeuge Eder sollte zudem dazu gehört werden, ob eine due diligence Prüfung vorgenommen wurde.
Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich bei dem Versäumnisurteil des Landgerichts München I insgesamt nicht um ein solches im Sinne von § 330 ZPO, da ein Antrag der Beklagtenpartei auf Erlass eines Versäumnisurteils nur hilfsweise, im Hauptantrag aber Klageabweisungsantrag, gestellt wurde (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.5.2007 im Verfahren 25 O 16489/05, S. 9, Bl. 201 der Akte), sondern um ein unechtes Versäumnisurteil bzw. streitiges (Teil-)Endurteil, da die Klage gegen die nicht erschienenen und auch nicht vertretenen Klägerinnen bzgl. Ziff. 1 der Klageschrift als unbegründet - weil unschlüssig (vgl. Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 31. Aufl. 2010, § 330 Rz. 12 mwN) - abgewiesen wurde, nachdem zuvor durch Hinweis Gelegenheit gegeben wurde, sich zur Unschlüssigkeit des Vortrags zum Schaden zu äußern. Bereits der einleitende Satz in den Entscheidungsgründen weist darauf hin, dass die Klage bzgl. des Antrags 1), Zahlung von 5.222.846,57 €, unschlüssig war. Weiter wird ausgeführt, dass - auch nach entsprechendem gerichtlichem Hinweis - der durch den Erwerb der streitgegenständlichen Geschäftsanteile entstandene Schaden nicht schlüssig dargelegt worden sei. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe im Teil-End- und Teil-Versäumnisurteil, S. 5 ff., Bezug genommen
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist es auch nicht ausreichend, vorzutragen, dass, wie in ihrem Schriftsatz vom 23.04.07 (S. 7, Bl. 177 des Vorverfahrens) nach Hinweis des Landgerichts vom 26.02.07 behauptet wurde, das Unternehmen wertlos gewesen sei. Auch diese Aussage steht diametral zu den weiteren Angaben der Beklagten in den Schriftsätzen, wonach das Unternehmen zwischenzeitlich für 5.800.000 DM verkauft worden sei bzw. der Vertrag mit dieser Summe rückabgewickelt wurde. Weiteren Vortrag zum Schaden enthält dieser Schriftsatz nicht.
Zwar mag es sein, dass ein Schaden vorliegen kann, wenn das Gesellschaftsvermögen mit einer Forderung belastet wird, ohne dass eine adäquate Gegenleistung besteht, die Beklagte trug jedoch in ihrer Klageschrift und auch in den folgenden Schriftsätzen für die Klägerinnen jeweils konträr vor, einerseits soll das Unternehmen wertlos gewesen sein, andererseits wurde bei der Rückabwicklung ein Kaufpreis von 5.800.000 DM erreicht, dies lässt sich mit der Behauptung, das Unternehmen sei wertlos gewesen, nicht vereinbaren, so dass der Vortrag der Klägerinnen insoweit unschlüssig war.
Der Vortrag der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 27.07.2010, in diesem Verfahren sei nicht über die Schlüssigkeit der Ausgangsklage zu entscheiden, sondern ob ihr eine Pflichtverletzung anzulasten sei, ist nicht so recht nachvollziehbar, da es gerade als Pflichtverletzung angesehen wird, dass eine unschlüssige Klage erhoben wird und dies von der Klägerin in ihrer Klageschrift auch (hilfsweise) als Begründung für ihren Schadensersatzanspruch vorgetragen wird.
Nur ergänzend sei angemerkt, dass im Vorverfahren 25 O 16489/05 auch keine tatsächlichen Grundlagen für die Schätzung eines Mindestschadens vorgetragen waren.
(4) Entgegen der Ansicht der Beklagten verkannte das Landgericht München I auch nicht die Beweislastregeln.
Im Prozess gegen den Geschäftsführer auf Schadensersatz nach § 43 II GmbHG ist die Darlegungs- und Beweislast der Gesellschaft entsprechend § 93 II 2 AktG erleichtert (Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, GmbH-Gesetz, 16. Aufl. 2004, § 43 Rz. 31).
Eine GmbH trifft im Rechtsstreit um Schadensersatzansprüche gegen ihre Geschäftsführer gemäß § 43 II GmbHG - entsprechend den Grundsätzen zu §§ 93 II AktG, 34 II GenG - die Darlegungs- und Beweislast nur dafür, dass und inwieweit ihr durch ein Verhalten des Geschäftsführers in dessen Pflichtenkreis ein Schaden erwachsen ist, wobei ihr die Erleichterungen des § 287 ZPO zugute kommen können. Hingegen hat der Geschäftsführer darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass er seinen Sorgfaltspflichten gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG nachgekommen ist oder ihn kein Verschulden trifft, oder dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre (BGH, Urteil vom 04.11.2002, II ZR 224/00, Leitsatz).
Diese Rechtsprechung wird fortgesetzt durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18.2.2008, II ZR 62/07.
Die Darlegungs- und Beweislast für die Entstehung eines Schadens und dessen Höhe traf somit im konkreten Fall die Klägerin.
b) Die Erhebung einer unschlüssigen Klage ist - als Pflichtverletzung - gleichzusetzen mit der Erhebung einer von Anfang an offensichtlich unbegründeten Klage (vgl. dazu OLG Köln, Urteil vom 29.6.1993, 9 U 27/92, juris Rz. 10; Münchner Kommentar/Grundmann, BGB, 5. Aufl., § 276 Rz. 135, OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.12.1971, 8 U 57/71, VersR 1973, 424).
B. Verschulden
Für die Beklagte war auch erkennbar, dass ihre Klage, soweit sie den Vortrag bzgl. des Schadens der Klägerinnen betraf, unschlüssig war. Das Landgericht hat in seinem Hinweis vom 26.02.2007 unter Ziff. 7 explizit darauf hingewiesen, dass es an einem Vortrag der Klägerinnen dahingehend fehle, welchen Wert das erworbene Unternehmen in diesem Zeitpunkt gehabt haben soll und in welcher Höhe ein Schaden entstanden sein soll. Damit wird dokumentiert, dass es die Klage bis zu diesem Zeitpunkt für unschlüssig hält.
Wenn die Beklagte als Vertreterin der Klägerinnen dazu in ihrem Schriftsatz vom 23.04.2007, Ziff. (5), S. 7, Bl. 177 der Akte, meint, diese Auffassung treffe aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht zu, so liegt das Risiko, dass sie mit dieser ihrer Auffassung nicht richtig liegt, in ihrem Bereich. Die Voraussetzungen eines weiteren Hinweises (vgl. dazu Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 139 Rz. 14a mwN) lagen nicht vor, zudem hat die Beklagte auch nicht um einen ergänzenden Hinweis gebeten.
Im Übrigen trägt die Beklagte auch jetzt nicht vor, wie sie bei Berücksichtigung ihres gesamten Vortrags die Klage auf Zahlung von 5.222.846,57 € hätte schlüssig begründen können.
C. Schaden
125Durch die Erhebung der unschlüssigen Klage sind der Klägerin unnötige Prozesskosten in Höhe von 31.089,83 € entstanden.
D. Kausalität
127Die Pflichtverletzung ist auch kausal für den bei der Klägerin entstandenen Schaden, wäre diese Klage nicht erhoben worden, wäre der Klägerin der Schaden nicht entstanden.
Dass die Klage - auf welche Weise auch immer - noch in prozessual sicherer Weise hätte schlüssig gemacht werden können, wird von der Beklagten nicht substantiiert vorgetragen.
E. Mitverschulden
Die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes hängt von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist, § 254 I BGB. Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Geschädigten darauf beschränkt, dass er es unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu lindern, § 254 II BGB.
1. Soweit die Beklagte der Klägerin vorwirft, sie hätte das Versäumnisurteil rechtskräftig werden lassen, ist auszuführen, dass dieses Unterlassen nicht kausal für den Schaden dem Grunde nach war, da dies voraussetzen würde, dass ein Schaden hätte schlüssig dargestellt werden können, was indes von der Beklagten nicht behauptet wird.
Insoweit, als die Kostengrundentscheidung fehlerhaft gewesen ist, war gegen das Urteil kein Einspruch zulässig, da es sich um ein unechtes Versäumnisurteil handelte, soweit der Anspruch der Klägerin in dem Teil-End- und Teil-Versäumnisurteil abgewiesen wurde (s.o. S. 26). Eine Berufung hätte nicht allein mit dem Ziel eingelegt werden können, die Kostengrundentscheidung zu korrigieren, die Kosten hätten deshalb dadurch nicht ermäßigt werden können; zudem hätte allenfalls eine Korrektur um € 3.108,99 bei unstreitigen Kosten von € 62.179,65 und Berichtigung der Quote dahin, dass die Klägerin €nur€ 45% statt 50% aufgrund ihrer geringeren Beteiligung am Vorverfahren zu tragen hat, erfolgen können, welche durch die für das Berufungsverfahren aufzuwendenden Kosten aufgezehrt worden wären.
2. Der Klägerin kann auch nicht angelastet werden, dass sie sich nicht gegen weitere Beschlüsse des Landgerichts München I gewehrt hat.
a) Eine Anfechtung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 10.08.2007 hätte nicht dazu geführt, dass die Kostengrundentscheidung (des Teil-End- und Teil-Versäumnisurteils vom 16.5.07) geändert wird.
b) Auch eine Anfechtung des Berichtigungsbeschlusses vom 31.03.2008 war der Klägerin nach Aktenlage nicht möglich. Aus dem Vortrag der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 07.04.2008 im Verfahren 25 O 16489/05 (dort Bl. 308/309 der Akte) ergibt sich. dass dieser Beschluss der Beklagten zugestellt wurde, das Empfangsbekenntnis und der Beschluss vom 31.03.2008 wurden in Verkennung von § 87 I ZPO an das Landgericht zurückgesandt. Es ist nicht ersichtlich, dass der Klägerin dieser Beschluss in sonstiger Weise so rechtzeitig zur Kenntnis gelangt ist, dass diese noch hätte Beschwerde einlegen können.
Selbst wenn man in der Nichteinlegung der Beschwerde ein Mitverschulden sehen sollte, tritt dieses angesichts des überwiegenden Verschuldens der Beklagten, die diesen Beschluss unter Missachtung von § 87 I ZPO erkennbar nicht der Klägerin direkt zuleitete, völlig zurück.
F. Der Klägerin stehen Zinsen ab Rechtshängigkeit zu, die Klage wurde der Beklagten am 28.11.2007 zugestellt, so dass Zinsen ab 29.11.2007 zuzusprechen sind, §§ 291, 288 I 2 BGB.
G. Außergerichtliche Kosten in Höhe von 1.099 € können der Klägerin nicht zugesprochen werden, es ist keine Anspruchsgrundlage für dieses Begehren ersichtlich. Es fehlt an einem Vortrag der Klägerin dazu, dass sie außergerichtlich beauftragt worden ist, Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte wegen Erhebung einer unschlüssigen Klage geltend zu machen. Aus Anlage K 4 ergibt sich lediglich, dass die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte hinsichtlich einer angeblichen Klageerhebung ohne Auftrag in Anspruch nehmen wollten.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 I 1, 92 II Nr. 1 ZPO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert. Die in diesem Verfahren erörterten Rechtsfragen sind höchstrichterlich geklärt.
OLG München:
Urteil v. 04.08.2010
Az: 15 U 4975/08
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/24a4d995a678/OLG-Muenchen_Urteil_vom_4-August-2010_Az_15-U-4975-08