Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Mai 2004
Aktenzeichen: 30 W (pat) 18/03

(BPatG: Beschluss v. 17.05.2004, Az.: 30 W (pat) 18/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 17. Juni 1999 und 23. Oktober 2002 aufgehoben, soweit darin der Widerspruch aus der Marke 2 025 491 bezüglich der Waren "Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel" zurückgewiesen worden ist.

Insoweit wird wegen der Gefahr von Verwechslungen mit der Marke 2 025 491 die Löschung der Marke 395 45 898 angeordnet.

Gründe

I.

In das Markenregister eingetragen ist unter 395 45 898 das Zeichensiehe Abb. 1 am Endeunter anderem für die Waren

"Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel".

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der rangälteren, seit 1992 für die Waren

"Seifen; Parfümerien, Eau de Cologne, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, insbesondere Schaum- und Duschbäder, chemische Haarpflegemittel, nichtmedizinische Zahncremes"

eingetragenen Marke 2025491 Vision, die im Jahre 2001 verlängert worden ist.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt, es bestehe keine Verwechslungsgefahr, da das angegriffene Zeichen als Einheit aufgenommen und verstanden werde. Die sich gegenüberstehenden Zeichen würden auch nicht gedanklich in Verbindung gebracht werden, da "Vision" nur äußerst schwach kennzeichnungskräftig sei.

Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt und in der Folge ihren Widerspruch auf die Waren der Klasse 3 beschränkt. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt, innerhalb der angegriffenen Marke habe der Bestandteil "VISIONS" eine zentrale, schon durch den größeren Schriftgrad gegenüber dem Element "LICHTENSTEIN" hervorgehobene Stellung. Zudem handele es sich bei letzterem um eine geographische, freihaltungsbedürftige Herkunftsangabe. Die jüngere Marke werde daher in beachtlichem Umfang mit "Visions" benannt werden. Unabhängig davon bestehe auch die Gefahr, daß die sich gegenüberstehenden Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden.

Die Widersprechende beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Markeninhaberin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht zur Sache geäußert und auch keinen Sachantrag gestellt.

II.

Auf die zulässige Beschwerde ist die Löschung der im Beschlußtenor genannten Waren der Klasse 3 anzuordnen. In diesem Umfang besteht Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Ausgehend von der Registerlage und der im Beschwerdeverfahren erfolgten Beschränkung des Widerspruchs auf die Waren der Klasse 3 stehen sich identische oder jedenfalls sehr ähnliche Produkte gegenüber.

Der Senat hat eine noch durchschnittliche Kennzeichnungskraft und damit einen noch normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke zugrundegelegt. Zwar steht "Vision" im Deutschen für "übernatürliche Erscheinung, Traumbild, in jemandes Vorstellung besonders von der Zukunft entworfenes Bild" (Duden, Das Fremdwörterbuch, 6. Aufl.), im Englischen auch für "Sehkraft, Sehfeld" (Duden- Oxford, Großwörterbuch Englisch, 1990). Ein beschreibender Anklang steht jedoch zumindest für die noch gegenständlichen Ware der Klasse 3 nicht im Vordergrund (vgl. BPatG, PAVIS PROMA, Kliems, 26 W (pat) 95/99 - VISION).

Der unter diesen Umständen gebotene besonders deutliche Abstand wird von der angegriffenen Marke nicht eingehalten.

Der Gesamteindruck der angegriffenen Marke wird im wesentlichen durch den Bestandteil "VISIONS" bestimmt, neben dem der weitere Wortbestandteil "Lichtenstein" sowie die graphischen Elemente in den Hintergrund treten.

Bei der Beurteilung des Gesamteindrucks eines aus mehreren Bestandteilen bestehenden Zeichens ist der Erfahrungssatz heranzuziehen, daß sich der Verkehr bei Wort-/Bildzeichen wie der angegriffenen Marke eher am Wortbestandteil zu orientieren pflegt, weil dieser in der Regel für die Verkehrsteilnehmer die einfachste Form ist, um die unter der Marke angebotene Waren zu bezeichnen (BGH GRUR 1996, 1998 - Springende Raubkatze mwN). Bei dem hier gegenständlichen graphischen Bestandteil handelt es sich um eine wenig aussagekräftige rechteckige Grundform mit einer inversen Schriftdarstellung und einer inneren Umrandung. Diese wird vom Verkehr allenfalls als schmückendes Beiwerk, nicht aber als ein den kennzeichnenden Charakter mitbestimmender Bestandteil verstanden werden (BGH GRUR 1999, 52 - EKKO BLEIFREI).

Auch das Wortelement "Lichtenstein" hat in der angegriffenen Marke keine den kennzeichnenden Charakter maßgebend beeinflussende Bedeutung. Der Verkehr wird in dem Bestandteil "Lichtenstein" vielmehr einen Hinweis auf die geographische Herkunft der so gekennzeichneten Waren sehen. Das folgt bereits aus der großen Ähnlichkeit mit der Schreibweise des Fürstentums Liechtenstein, da der angesprochene Verkehr den Unterschied in der Schreibweise häufig nicht bemerken wird (BGH GRUR 2003, 882 - LICHTENSTEIN). Wegen des maßgeblichen Verständnisses des Verkehrs ist es in diesem Zusammenhang auch nicht entscheidend, ob der Zeichenbestandteil "LICHTENSTEIN" nach der Intention der Markeninhaberin tatsächlich auf die geographische Herkunft oder etwa auf eine Person (beispielsweise den Maler Roy Lichtenstein) zurückgehen soll.

Diesem Ergebnis stehen auch die Erwägungen der Markenstelle, wonach es sich bei den Bestandteilen "Lichtenstein" und "Visions" wegen ihres konkreten begrifflichen Inhalts um einen einheitlichen Gesamtbegriff handeln soll, nicht entgegen. Beide Bestandteile sind auch isoliert verständlich und weisen nicht einen aufeinanderbezogenen Sinngehalt auf. Der Verkehr wird darin deshalb nicht eine untrennbare Einheit sehen, sondern durchaus eine Differenzierung zwischen einem kennzeichnenden Bestandteil und einer beschreibenden Herkunftsangabe vornehmen können.

Strehen sich daher "VISIONS" auf seiten der angegriffenen Marke und "Vision" als kollisionrelevant gegenüber, kann wegen der geringen Abweichungen eine klangliche Verwechslungsgefahr nicht in Abrede gestellt werden.

Eine Kostenauferlegung ist nicht veranlaßt (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

Dr. Buchetmann Winter Schramm Hu Abb. 1






BPatG:
Beschluss v. 17.05.2004
Az: 30 W (pat) 18/03


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