Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Dezember 2007
Aktenzeichen: 29 W (pat) 71/04

(BPatG: Beschluss v. 19.12.2007, Az.: 29 W (pat) 71/04)

Tenor

1. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. Februar 2004 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen wurde für die Dienstleistungen "Erstellen von Suchmaschinen für das Internet; Erstellen von Computerprogrammen".

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke Anwaltswochesoll für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere Fachliteratur, insbesondere Bücher, Zeitschriften und Newsletter (Rundschreiben), insbesondere im juristischen Bereich;

Klasse 41: Herausgabe von Verlags- und Druckereierzeugnissen in elektronischer Form, auch im Internet; Herausgabe von Zeitschriften, Büchern und Newslettern in elektronischer Form, auch im Internet; Online-Publikationen von elektronischen Büchern und Zeitschriften; allesamt insbesondere im juristischen Bereich;

Klasse 42: Betrieb und Erstellen von Suchmaschinen für das Internet; Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken und Computernetzwerken, auch im Internet; Erstellen von Computerprogrammen; allesamt insbesondere im juristischen Bereichin das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 5. Februar 2004 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. In Verbindung mit den beanspruchten Verlagserzeugnissen, Veranstaltungen und Informationsdienstleistungen erkenne das angesprochene Publikum in dem Begriff "Woche" ohne Weiteres den Hinweis auf eine wöchentliche Erscheinungsweise, die Dauer der Veranstaltung oder den jeweiligen Informationszeitraum. Es sei an die beschreibende Verwendung entsprechend gebildeter Wortzusammensetzungen, wie z. B. "Juristenwoche, Ärztewoche, Managerwoche, Zahnarztwoche" gewöhnt und erfasse das Gesamtzeichen daher lediglich als titelartigen Hinweis auf die Zielgruppe der Anwälte und die wöchentliche Erscheinungsweise bzw. Angebotsform der beanspruchten Waren und Dienstleistungen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass sich der angemeldeten Bezeichnung kein klarer Begriffsinhalt zuordnen lasse. Der Bestandteil "Woche" sei keine Gattungsbezeichnung für wöchentlich erscheinende Zeitschriften. Nach den Ausführungen der Markenstelle sei außerdem von einer Mehrdeutigkeit des Begriffs auszugehen. Im Übrigen spreche die große Zahl voreingetragener Marken mit dem Bestandteil "Woche" indiziell für die Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß, den angegriffenen Beschluss aufzuheben.

Das Ergebnis der vom Senat durchgeführten Recherche zur beschreibenden Verwendung von Wortkombinationen mit dem Bestandteil "Woche" wurde der Beschwerdeführerin übersandt.

II.

Die nach § 165 Abs. 4 a. F. i. V. m. § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Für die Waren und Dienstleistungen Druckereierzeugnisse, insbesondere Fachliteratur, insbesondere Bücher, Zeitschriften und Newsletter (Rundschreiben), insbesondere im juristischen Bereich;

Herausgabe von Verlags- und Druckereierzeugnissen in elektronischer Form, auch im Internet; Herausgabe von Zeitschriften, Büchern und Newslettern in elektronischer Form, auch im Internet; Online-Publikationen von elektronischen Büchern und Zeitschriften; allesamt insbesondere im juristischen Bereich;

Betrieb von Suchmaschinen für das Internet; Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken und Computernetzwerken, auch im Internet; allesamt insbesondere im juristischen Bereichsteht der Eintragung das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegen (§ 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Sie entspricht der Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren (vgl. EuGH GRUR 2006, 229, Rn. 27 f. - BioID; GRUR 2004, 674, Rn. 34 - POSTKANTOOR; BGH GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2006, 850, Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006). Enthalten die Bestandteile einer Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt, den das angesprochene Publikum für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen ohne Weiteres erfasst, ist der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen (vgl. BGH GRUR 2001, 1153 - anti KALK; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; a. a. O. Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006). Dies ist für die vorgenannten Waren und Dienstleistungen der Fall.

1.1. Das angesprochene Publikum erfasst die sprachüblich gebildete Wortzusammensetzung ohne Weiteres im Sinne von "Woche des Anwalts" als Hinweis auf ein für Anwälte bestimmtes Informationsangebot. Bei fachbezogenen Veröffentlichungen und Veranstaltungen ist die titelartige Verwendung des Begriffs "Woche" in Verbindung mit einer Zielgruppen- oder Themenangabe weit verbreitet (vgl. BPatG 24 W (pat) 121/01 - Venenwoche; 32 W (pat) 96/04 - Komplementärmedizinische Woche). Unabhängig davon, ob die angesprochenen Verbraucher und Abnehmer darin den Hinweis auf die Erscheinungsweise, den durch die Informationen abgedeckten Zeitraum oder die Dauer der Veranstaltung erkennen, werden sie derartig gebildeten Angaben daher regelmäßig keinen betrieblichen Herkunftshinweis entnehmen.

1.2. In Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen, die auf ein anwaltsspezifisches Informationsangebot ausgerichtet sein können, nämlich "Druckereierzeugnisse, insbesondere Fachliteratur, insbesondere Bücher, Zeitschriften und Newsletter (Rundschreiben), insbesondere im juristischen Bereich; Herausgabe von Verlags- und Druckereierzeugnissen in elektronischer Form, auch im Internet; Herausgabe von Zeitschriften, Büchern und Newslettern in elektronischer Form, auch im Internet; Online-Publikationen von elektronischen Büchern und Zeitschriften; allesamt insbesondere im juristischen Bereich" erschöpft sich die Bezeichnung "Anwaltswoche" daher in einer reinen Inhaltsangabe. Dabei ist mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs davon auszugehen, dass sich dieser beschreibende Aussagegehalt gleichermaßen auf die Verlagserzeugnisse wie auch auf die zugehörigen Dienstleistungen der Herausgabe und Veröffentlichung erstreckt (vgl. BGH GRUR 2003, 342, 343 - Winnetou). Ein enger beschreibender Bezug besteht ferner hinsichtlich der Dienstleistungen "Betrieb von Suchmaschinen für das Internet; Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken und Computernetzwerken, auch im Internet". Zwar handelt es sich um Dienstleistungen, die lediglich die technischen Voraussetzungen für eine Datensuche bzw. -abfrage schaffen. Sie stehen aber in engem funktionalen Zusammenhang mit den Datenbankdiensten, auf die sie ausgerichtet sind, und werden üblicherweise mit diesen zusammen angeboten. Der angesprochene Nutzer nimmt die Differenzierung zwischen der Inanspruchnahme des Datenangebots und den technischen Zugangsvoraussetzungen und Suchfunktionen regelmäßig nicht wahr und wird daher auch insoweit in dem Zeichen nur den thematischen Hinweis auf anwaltsspezifische Informationen erkennen.

2. Keinen im Vordergrund stehenden Begriffsinhalt weist die Marke hingegen auf für die Dienstleistungen "Erstellen von Suchmaschinen für das Internet; Erstellen von Computerprogrammen". Als Programmierdienstleistungen sind sie ihrer Art nach unabhängig von thematischen Inhalten und werden daher in der Regel auch nicht mit konkreten Themenangaben bezeichnet (vgl. BGH GRUR 2005, 578, 581 - LOKMAUS).

3. Der Hinweis der Anmelderin auf voreingetragene Marken mit dem Bestandteil "Woche" rechtfertigt keine andere Beurteilung. Zwar kann eine uneinheitliche Entscheidungspraxis des Deutschen Patent- und Markenamts, die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes und Verzerrung des Wettbewerbs darstellen (vgl. die Vorabentscheidungsersuchen zum Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften BPatG 29 W (pat) 13/06 - SCHWABENPOST - und 29 W (pat) - Volks-Handy). Dies setzt aber voraus, dass sich die bisherige Amtspraxis als willkürlich darstellt und nicht erkennen lässt, welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche unrechtmäßig waren. Bei den von der Anmelderin angeführten Eintragungen handelt es sich überwiegend um Wort-/ Bildmarken, die bereits wegen der zusätzlichen grafischen Elemente mit der verfahrensgegenständlichen Marke nicht ohne Weiteres vergleichbar sind. Daneben zeigt die Recherche im Datenbestand der zurückgewiesenen und zurückgenommenen Marken eine große Anzahl von Wortmarken mit dem Bestandteil "Woche", die nicht zur Eintragung gelangt sind. Für die Annahme einer willkürlichen Amtspraxis sieht der Senat daher keine hinreichenden Anhaltspunkte (vgl. BPatG 29 W (pat) 228/04 - DELUXE TELEVISION).

Grabrucker Fink Richter Karcher wurde abgeordnet und ist daher an der Unterschrift gehindert.

Grabrucker Ko






BPatG:
Beschluss v. 19.12.2007
Az: 29 W (pat) 71/04


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