Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Juni 2005
Aktenzeichen: 24 W (pat) 148/03

(BPatG: Beschluss v. 14.06.2005, Az.: 24 W (pat) 148/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke LightyearsAheadist für die Waren und Dienstleistungen

"Beleuchtungseinrichtungen, insbesondere Leuchten und Leuchtmittel für den Innen- und Außenbereich sowie Teile davon und Zubehör, insbesondere Trafos, Kabel, Dimmer, Schalter sowie die jeweiligen Teile zur Befestigung und Montage Möbel, Spiegel, Rahmen sowie Teile davon und die notwendigen Einrichtungen zur Montage und Befestigung Franchising, Lizenzerteilungen im Hinblick auf Unternehmenskonzept für Lichthäuser bzw. Lichtplaner sowie Markennutzung Installationen von Beleuchtungseinrichtungen und Möbeln; Reparatur von Möbeln sowie Leuchten/Leuchtenteilen/Leuchtzubehör Sammeln und Bereitstellen von Nachrichten und Informationen im elektronischen Datennetz, Faxpolling, insbesondere jeweils für Leuchten, Leuchtmittel und Zubehör sowie technische, gestalterische und innenarchitektonische Lichtplanung Materialbearbeitung an Möbeln sowie Leuchten/Leuchtenteilen/Leuchtenzubehör Schulungen, insbesondere in der Lichttechnik, darunter in Warenkunde, speziell im Hinblick auf Leuchten, Leuchtmittel und Leuchtenzubehör, Elektrotechnik, technische, gestalterische sowie (innen-) architektonische Lichtplanung, Projektanalyse und Projektmanagement sowie für die erfolgreiche Umsetzung eines Franchisesystems Design von Beleuchtungseinrichtungen und Möbeln; Einrichtungs- sowie technische, gestalterische und (innen-) architektonische Lichtplanung; Dienstleistungen eines Baubetreuers, nämlich die Vorbereitung und Durchführung fremder Bauvorhaben in organisatorischer, finanzieller und technischer Hinsicht, insbesondere im Hinblick auf die Lichtplanung; Dienstleistungen eines Energiemaklers, nämlich die Vermittlung von Verträgen über den Kauf von Elektrizität und Gas"

zur Eintragung in das Register angemeldet.

Mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung wegen bestehender Schutzhindernisse nach §§ 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen (§ 37 Abs 1 MarkenG). Die angemeldete Marke bestehe ausschließlich aus Angaben, die zur Beschreibung von Merkmalen der beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Verkehr dienen könnten. Wie eine Internet-Recherche ergeben habe, werde der Begriff "Lightyears Ahead" in seiner Bedeutung "Lichtjahre voraus" verwendet, um die Überlegenheit des eigenen Unternehmens bzw der eigenen Produkte gegenüber Konkurrenzunternehmen bzw -produkten hervorzuheben. Es handle sich um eine allgemeine Anpreisung, die für beliebige Produkte und Leistungen passe und die im Hinblick auf die umfangreiche Verwendung im Internet freihaltebedürftig sei. Dabei lasse auch die Zusammenschreibung der beiden Worte mit Binnengroßschreibung des "A" als eine geringfügige Abweichung von der orthographisch richtigen Schreibweise das Freihaltebedürfnis an der Angabe nicht entfallen. Der angemeldeten Marke fehle weiterhin die erforderliche Unterscheidungskraft. Der englische Begriff werde in Deutschland verstanden und lediglich als Werbeaussage, nicht aber als Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb eingeordnet.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Nach ihrer Auffassung liegt das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht vor. Die angemeldete Marke "LightyearsAhead", die in der zusammengeschriebenen Form so nicht verwendet werde, habe iSv "Lichtjahre voraus" einen übertreibenden und vagen Begriffsgehalt, der nicht erkennen lasse, in welcher Hinsicht die betreffenden Waren und Dienstleistungen Lichtjahre voraus seien. Es handle sich daher allenfalls um eine allgemeine, nicht speziell waren- oder dienstleistungsbezogene Werbeaussage, nicht jedoch um eine Angabe, die in Alleinstellung bestimmte Merkmale der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibe. Mangels eines für die Waren und Dienstleistung beschreibenden Begriffsgehalts fehle der angemeldeten Marke auch nicht jegliche Unterscheidungskraft. Dabei sei zu berücksichtigen, dass im Hinblick auf das fehlende Freihaltebedürfnis nur geringe Anforderungen an die Unterscheidungskraft der Anmeldemarke zu stellen seien.

Die Anmelderin beantragt (sinngemäß), die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen, insbesondere auf die der Anmelderin mit der Ladung übermittelten Rechercheergebnisse des Senats.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Nach Auffassung des Senats steht der Eintragung der angemeldeten Marke jedenfalls das absolute Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs 1 MarkenG).

Unterscheidungskraft im Sinn der genannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl ua EuGH MarkenR 2002, 231, 235 (Nr 35) "Philips/Remington"; MarkenR 2003, 187, 190 (Nr 40) "Linde ua"; MarkenR 2004, 116, 120 (Nr 48) "Waschmittelflasche"). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl EuGH aaO, (Nr 41) "Linde ua "; aaO, (Nr 50) "Waschmittelflasche").

Ausgehend hiervon fehlt einem Wortzeichen nach der Rechtsprechung zwar vor allem dann die Unterscheidungskraft, wenn es von den angesprochenen Verkehrskreisen lediglich als eine Angabe aufgefasst wird, die konkret die Art, Beschaffenheit oder sonstige Merkmale der betreffenden Waren oder Dienstleistungen beschreibt (vgl EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr 86) "Postkantoor"; GRUR 2004, 680, 681 (Nr 19) "BIOMILD"; BGH GRUR 2001, 1153 "antiKALK"; GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"; GRUR 2005, 417, 418 "BerlinCard"). Das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist jedoch nicht auf diese auch von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG erfassten Tatestände beschränkt. Vielmehr kann einer Wortmarke die Unterscheidungskraft auch aus anderen Gründen als ihrem etwaigen beschreibenden Charakter fehlen (vgl EuGH GRUR 2004, 674, 677 (Nr 70, 86) "Postkantoor"; GRUR 2004, 680, 681 (Nr 19) "BIOMILD"; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"; GRUR 2003, 1050 "Cityservice"; GRUR 2005, 417, 419 "BerlinCard"). Dem Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft unterfallen insbesondere auch Angaben, die den Verbrauchern lediglich eine für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehende Werbeaussage oder Anpreisung allgemeiner Art vermitteln (vgl BGH GRUR 2000, 882, 883 "Bücher für eine bessere Welt"; GRUR 2001 1047, 1049 "LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER"; BPatG BlPMZ 2001, 155 "HAPPINESS"; EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 (Nr 35) "DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT"; EuG GRUR Int 2003, 834, 835 f (Nr 29, 30) "BestBuy"; GRUR Int 2004, 944, 946 (Nr 29-32) "Mehr für Ihr Geld").

Zwar ist der Anmelderin zuzugeben, dass die angemeldete englische Wortkombination "LightyearsAhead" in der ihr nächstliegend und zweifelsfrei zukommenden Bedeutung "Lichtjahre voraus" nicht dazu geeignet ist, konkret Merkmale der von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen zu bezeichnen, bei denen es sich um Beleuchtungseinrichtungen sowie damit im Zusammenhang stehende Produkte oder Dienste handelt. Wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, wohnt der Wortkombination jedoch eine den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres verständliche, in bezug auf sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen zutreffende, allgemein anpreisende Werbeaussage inne, aufgrund der die angemeldete Marke im Verkehr nur als eine solche allgemeine Werbeanpreisung und nicht als eine auf die Herkunft der betreffenden Waren und Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen hinweisende Marke aufgefasst werden wird.

Die Wortfolge "Lightyears Ahead" iSv "Lichtjahre voraus" stellt insoweit keine neue Wortschöpfung der Anmelderin dar, sondern ist ein gebräuchlicher Ausspruch, mit dem - im übertragenen Sinn - ausgedrückt wird, dass jemand/etwas in irgendeiner Hinsicht einen sehr großen Vorsprung/Abstand vor jemand/etwas anderem hat (vgl zB Collins Cobuild Englisch Dictionary, 2000, S 966 unter dem Stichwort "light year(s)": "...2 ...She says the French education system is lightyears ahead of the English one ..."). Nach den bereits von der Markenstelle und den ergänzend vom Senat getroffenen Feststellungen wird der englische Ausdruck "lightyears ahead" ebenso wie der entsprechende deutsche Ausdruck "Lichtjahre voraus" auch in der Werbung eingesetzt, um den Vorsprung, den die beworbenen Produkte vor anderen haben, herauszustellen (vgl hierzu auf der der Anmelderin vom Senat übermittelten Trefferliste der Google-Suche "lightyears ahead" ua die markierten Treffer "LightSpeed Networks - Keeping You LightYears Ahead of Your Competition", "Neowin.net ... Their new laptops are lightyears ahead of anything they've ever made. ..." sowie außerdem die Internet-Seite www.audiophysic.de, wo einem dort vorgestellten Standlautsprecher "Kronos" das Attribut "Lichtjahre voraus" zugeordnet ist, ferner auf der Internet-Seite www.schneidwarensolingen.de die Produktbeschreibung für zwei LED-Linser: "Um Lichtjahre voraus: LED-Lenser V12 Der legendäre Erfolg unserer Photonenpumpen...." sowie eine Internet-Seite über eine Farbtöntechnologie "ColorExpress", die wie folgt beworben wird: "Die neue ColorExpress Töntechnologie Um Lichtjahre voraus"). Dabei erfüllt, wie die zuletzt genannten Verwendungsbeispiele zeigen, der Ausdruck "(Um) Lichtjahre voraus" bzw "lightyears ahead" auch in Alleinstellung, ohne weitere sinnergänzend hinzugefügte Wörter oder Sätze, seine werblich anpreisende Funktion.

Der Annahme einer allgemein werblichen Anpreisung steht ferner nicht entgegen, dass der Ausdruck "Lightyears Ahead" bzw "Lichtjahre voraus" keine konkrete Aussage darüber enthält, in welcher Hinsicht die so bezeichneten Produkte anderen Erzeugnissen weit voraus sind. Denn bereits in der Aussage, dass gegenüber Konkurrenz-Produkten oder -Dienstleistungen ein sehr großer Vorsprung besteht - in welcher Hinsicht auch immer - liegt eine zwar allgemeine, gleichwohl aber klare und unmissverständliche Werbebotschaft (vgl zur Frage der begrifflichen Bestimmtheit allgemein beschreibender Angabe iSd § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, BGH GRUR 2000, 882, 883 "Bücher für eine bessere Welt"). Gerade im Hinblick auf die Allgemeinheit dieser werblich anpreisenden Aussage trifft sie nicht nur in bezug auf spezielle Waren oder Dienstleistungen mit bestimmten Eigenschaften zu, sondern ist grundsätzlich für Waren oder Dienstleistungen jeder Art, mithin auch für die hier in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen mit Schwerpunkt auf dem Gebiet der Beleuchtungseinrichtungen und der Lichttechnik einsetzbar und verständlich. Die insoweit hinzukommende wortspielerische Assoziation des Ausdrucks "Lightyears Ahead" zu "Licht" als dem Gegenstand der Waren und Dienstleistungen verleiht ihm keine, auf ein bestimmtes Unternehmen hinweisende Unterscheidungsfunktion, sondern verstärkt eher noch seinen werblichen Charakter.

Da sich die Wortkombination "Lightyears Ahead" aus einfachen, dem inländischen Publikum weitgehend geläufigen englischen Grundwörtern zusammensetzt, bestehen außerdem keine Bedenken, dass sie von überwiegenden Teilen der angesprochenen inländischen Verkehrskreise ohne weiteres in ihrer, sich aus der wörtlichen Übersetzung ergebenden Bedeutung "Lichtjahre voraus" verstanden und demgemäss nur als allgemeine Werbeanpreisung, nicht aber als eine unterscheidungskräftige Marke aufgefasst werden wird.

Soweit die Anmelderin die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke aus der - unüblichen - Zusammenschreibung der Worte "Lightyears" und "Ahead" herleiten möchte, vermag ihr der Senat nicht zu folgen. Wenngleich orthographisch nicht ganz korrekt, handelt es sich jedoch bei der Zusammenschreibung zweier an sich separater Wörter mit jeweils in der Mitte groß geschriebenem Anfangsbuchstaben des angefügten Wortes um eine im Verkehr häufig anzutreffende werbeübliche Schriftzuggestaltung, welcher die Verbraucher regelmäßig keine betriebsindividualisierende Kennzeichnungsfunktion beimessen (vgl BGH MarkenR 2003, 388, 390 "AntiVir/AntiVirus").

Schließlich kann sich die Anmelderin nicht darauf berufen, dass wegen des Fehlens einer beschreibenden freihaltebedürftigen Angabe iSd § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG geringere Anforderungen an die Annahme einer unterscheidungskräftigen Marke zu stellen seien. Eine derartige, nach der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundespatentgerichts praktizierte rechtliche Differenzierung der erforderlichen Unterscheidungskraft einer Angabe nach dem Grad des an dieser bestehenden Freihaltebedürfnisses hat der EuGH im Hinblick auf die unterschiedlichen Voraussetzungen und die rechtliche Eigenständigkeit der absoluten Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG ausdrücklich für unzulässig erklärt (vgl EuGH GRUR 1999, 723, 727 (Nr 48) "Chiemsee"; Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 8 Rdn 63 f).

Dr. Ströbele Guth Kirschneck Bb






BPatG:
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Az: 24 W (pat) 148/03


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