Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Oktober 2006
Aktenzeichen: 24 W (pat) 268/04
(BPatG: Beschluss v. 17.10.2006, Az.: 24 W (pat) 268/04)
Tenor
Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 9. September 2004 aufgehoben.
Gründe
I.
Die Wortmarke FREE FIGHT ist für zahlreiche Waren und Dienstleistungen aus den Klassen 3, 5, 6, 7, 8, 9, 12, 16, 17, 18, 20, 21, 22, 24, 25, 28, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 36, 38, 39, 41, 42 und 45 zur Eintragung in das Register angemeldet worden.
Mit Beschluss vom 9. September 2004 hat die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamtes die Anmeldung teilweise, und zwar für die Waren und Dienstleistungen
"Seifen; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Pflaster, Verbandmaterial; Desinfektionsmittel; unedle Metalle und deren Legierungen; Baumaterialien aus Metall; transportable Bauten aus Metall; Schienenbaumaterial aus Metall; Kabel und Drähte aus Metall (nicht für elektrische Zwecke); Schlosserwaren und Kleineisenwaren; Metallrohe; Waren aus Metall, soweit in Klasse 6 enthalten; wissenschaftliche Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente für die Leitung, die Verteilung, Umwandlung, die Speicherung, die Regulierung oder die Steuerung von elektrischem Strom; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer, Druckereierzeugnisse; Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Kautschuk, Guttapercha, Gummi, Asbest, Glimmer und Waren daraus, soweit in Klasse 17 enthalten; Waren aus Kunststoffen (Halbfabrikate); Dichtungs-, Packungs- und Isoliermaterial; Schläuche (nicht aus Metall); Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; Häute; Sattlerwaren; Möbel, Spiegel, Rahmen; Waren soweit in Klasse 20 enthalten, aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildpatt, Bernstein, Perlmutter, Meerschaum und deren Ersatzstoffen oder aus Kunststoffen; Seile, Bindfaden, Netze, Zelte, Planen, Segel, Säcke (soweit in Klasse 22 enthalten); Polsterfüllstoffe (außer aus Kautschuk oder Kunststoffen); rohe Gespinstfasern; Webstoffe und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Telekommunikation; Transportwesen; Verpackung und Lagerung von Waren; Veranstaltung von Reisen; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Dienstleistungen im Bereich der Wissenschaft und der Technologie sowie diesbezügliche Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen; industrielle Analysen und Forschung; Entwurf und Entwicklung von Computern und Computerprogrammen; Rechtsberatung und -vertretung; von Dritten erbrachte persönliche und gesellschaftliche Dienstleistungen zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse; Sicherheitsleistungen für den Schutz von Sachwerten und Individuen"
als eine nicht unterscheidungskräftige sowie beschreibende freihaltebedürftige Angabe gemäß §§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2, 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen. Der in seiner Bedeutung "Freikampf" bzw. "freier Kampf" ohne weiteres verständliche angemeldete englische Begriff "FREE FIGHT" sei, wie die dem Beschluss beigefügten Internet-Seiten belegten, eine international wie auch in Deutschland verwendete Bezeichnung für eine spezielle Kampfsportart, welche Techniken und Stile aus verschiedenen Kampfsportrichtungen vereine. Im Zusammenhang mit den von der Zurückweisung betroffenen Waren und Dienstleistungen würden die angesprochenen Verkehrskreise in der Bezeichnung "FREE FIGHT" daher keinen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen sehen, sondern lediglich einen beschreibenden und bewerbenden Hinweis auf deren inhaltlichen Bezug oder Bestimmung dahingehend, dass die Waren und Dienstleistungen für diese spezielle Kampfsportart benötigt würden, diese thematisch zum Inhalt hätten oder in sonstiger Weise im direkten Zusammenhang damit stünden. In der dargelegten Bedeutung könne der Begriff "FREE FIGHT" außerdem zur beschreibenden Bezeichnung einschlägiger Waren und Dienstleistungen im Verkehr dienen, weshalb die Marke auch wegen des insoweit bestehenden Freihaltebedürfnisses der Mitbewerber von der Eintragung ausgeschlossen sei.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Nach seiner Auffassung sei die angemeldete Wortmarke "FREE FIGHT" für den Kampfsport nicht beschreibend. Es handle sich vielmehr um ein Kunstwort, welches eine Werbeagentur auf Bitte des Anmelders im Jahr 1990 geschaffen habe. Bis dahin habe es im Kampfsportbereich im Aus- und Inland eine große Anzahl von Bezeichnungen gegeben, so neben "Vale tudo", "Luta Livre", "Mixed Fight", "Allkampf" u. a. insbesondere den Begriff "Mixed Martial Art (MMA)". Der Begriff "FREE FIGHT" sei zuvor nach Kenntnis des Anmelders nirgendwo, jedenfalls nicht in Deutschland benutzt worden. Im Übrigen sei die Begründung der Markenstelle nur für die Dienstleistung "sportliche Aktivitäten" schlüssig. Für alle weiteren Waren und Dienstleistungen bestünden keine erkennbaren Berührungspunkte mit dem Kampfsport bzw. seien solche sehr weit hergeholt. Die von der Markenstelle aus dem Internet beigefügten Verwendungsbelege für die Bezeichnung "FREE FIGHT" seien zum einen nicht auf das Datum der Markenanmeldung, den 14. Oktober 2003, zurückbezogen. Zum anderen stammten sie entweder nicht aus Deutschland oder es handle sich um Benutzungen durch den Anmelder selbst bzw. auf ihn zurückgehende oder von ihm gestattete Verwendungen durch Dritte. Nicht gestatteten Benutzungen durch Konkurrenten, vor allem beschreibenden, wie z. B. in der Kombination "Free Fight - Handschuhe", solle mit der Markenanmeldung gerade entgegengetreten werden, um dem Trend entgegenzuwirken, dass dadurch die selbst geschaffene Kennzeichnung des Anmelders in ihrer Kennzeichnungskraft geschwächt werde.
Zur Ausräumung eines etwaigen beschreibenden Bezuges hat der Anmelder denjenigen Teil des Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses, für den die Anmeldung in dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen wurde, im Beschwerdeverfahren wie folgt beschränkt:
"- Bekleidungsstücke, nämlich Krawatten, Gesellschaftsanzüge, Mäntel, Damenstrümpfe;
- Schuhwaren, nämlich Lackschuhe, Straßenschuhe, Straßenstiefel, Wanderschuhe, Wanderstiefel;
- Kopfbedeckungen, nämlich Zylinderhüte;
- Spiele, nämlich Geduldspiele, Rollenspiele;
- Spielzeug, nämlich Modellautos, Modellbahnen, Modellflugzeuge, Fantasy-Figuren;
- Turn- und Sportartikel (soweit in Klasse 28 enthalten), nämlich Bälle, Hanteln, Skateboards, Rollschuhe, Skier, Schlittschuhe;
- Veranstaltung von Reisen, nämlich Kulturreisen;
- Ausbildung, nämlich Ausbildung in Stressmanagement, Managerschulungen;
- Entwurf und Entwicklung von Computerprogrammen, nämlich von Antivirensoftware, Betriebssystemen, Anwendersoftware für Bürobetrieb und kaufmännische Zwecke, Software mit mathematischnaturwissenschaftlicher Anwendung, Software für kaufmännische Anwendung."
Der Anmelder beantragt, den angefochtenen Beschluss der Markenstelle aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die am 14. Oktober 2004 erhobene, nach der bis zum 30. Juni 2006 geltenden Vorschrift des § 165 Abs. 4 MarkenG statthafte sowie sonst zulässige Beschwerde des Anmelders hat auch in der Sache Erfolg. Nach Auffassung des Senats stehen der Eintragung der angemeldeten Marke für die nach der erfolgten Beschränkung verbleibenden beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen keine absoluten Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegen.
Nach der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können, für welche die Eintragung beantragt wird. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verfolgt die mit Art. 3 Buchstabe c Markenrichtlinie übereinstimmende Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass alle Zeichen oder Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen frei verwendet werden können. Sie erlaubt es daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben aufgrund ihrer Eintragung nur einem Unternehmen vorbehalten werden (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 725 (Nr. 25) "Chiemsee"; GRUR 2004, 146, 147 (Nr. 31) "DOUBLEMINT"; GRUR 2004, 674, 676 (Nr. 54, 56) "Postkantoor"; GRUR 2004, 680, 681 (Nr. 35, 36) "BIOMILD"). Für die konkret noch beanspruchten beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen lässt sich jedoch nicht feststellen, dass der angemeldete Begriff "FREE FIGHT" im Verkehr zu ihrer Merkmalsbeschreibung dienen kann.
Entgegen der Auffassung des Anmelders stellt die Wortkombination "FREE FIGHT" allerdings kein Kunstwort dar, das für den Kampfsport keine beschreibende Bedeutung besitzt. Insoweit ist die Markenstelle zutreffend davon ausgegangen, dass der dem inländischen Publikum in seinem Wortsinn "freier Kampf" leicht verständliche englische Begriff "FREE FIGHT" (vgl. z. B. das Fremdwort "Free Style" = "freier Stil", Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl., CD-ROM) neben anderen Begriffen, wie insbesondere "Mixed Martial Arts" (= engl., "gemischte Kampfkünste"), eine in Deutschland wie auch im Ausland gebräuchliche Bezeichnung für eine relativ junge Kampfsportart darstellt, welche sich in den neunziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts nach dem Vorbild der brasilianischen "Vale Tudo"-Kämpfe ("vale tudo" = portugiesisch, "alles erlaubt") entwickelt hat und bei der grundsätzlich alle Kampfdisziplinen erlaubt sind (vgl. hierzu in dem, dem Anmelder vom Senat vorab übermittelten Internet-Ausdruck aus dem Online-Lexikon "Wikipedia" zu dem Stichwort "Mixed Martial Arts": "...Weitere Bezeichnungen sind "No Hold Barred" Fighting (NHB) (zu Deutsch: "kein Griff verboten") oder Vale tudo (Portugiesisch "alles erlaubt"). In Deutschland, Frankreich und Osteuropa oft als Free Fight oder Mixed Fight genannt. Alle diese Bezeichnungen beschreiben denselben Kampfsport. ..." sowie in dem, ebenfalls dem Anmelder übermittelten Online-Ausdruck des Artikels "Mein Muay Thai ist besser als dein Kung Fu! Eine Geschichte der Martial Arts und ihrer Weiterentwicklung" von Jesse-Björn Buckler in der Zeitschrift Jungle World, Nr. 4 vom 25. Januar 2006: "...Nach brasilianischem Vorbild finden seit Anfang der neunziger Jahre auch in Japan, Russland und Nordamerika Vale-Tudo-Kämpfe unter der Bezeichnung Free Fight statt. ...").
Dabei ist es für die Beurteilung der hier allein in Rede stehenden Frage, ob der Begriff "FREE FIGHT" der Eintragung als Marke für bestimmte Waren oder Dienstleistungen zugänglich ist oder ob er als eine Merkmale der betroffenen Waren oder Dienstleistungen beschreibende Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 sowie auch Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist, unerheblich, auf wen die Bezeichnung der Kampfsportart zurückgeht, wer sie geschaffen oder sie zuerst in Deutschland benutzt hat. Denn der Markenschutz stellt - anders als ein Patent - kein Leistungsschutzrecht dar, bei dem der Erfinder für seine Erfindung ein Verbietungsrecht zugesprochen bekommt (vgl. BPatGE 33, 12, 17 "IRONMAN TRIATHLON"; BPatG PAVIS PROMA 25 W (pat) 296/02 "Öko-Check in Sportanlagen"; vgl. auch BGH GRUR 2005, 578, 580 "LOKMAUS").
Der Annahme einer beschreibenden freihaltebedürftigen Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG steht dabei auch nicht entgegen, dass zur Bezeichnung der betreffenden Kampfsportart und damit ggf. zur Bezeichnung von entsprechenden Merkmalen einschlägiger Waren oder Dienstleistungen noch andere gleichwertige oder sogar gebräuchlichere Begriffe zur Verfügung stehen. Denn nach dieser Vorschrift sollen alle zur Beschreibung von einschlägigen Waren oder Dienstleistungen im Verkehr geeigneten Angaben allen Unternehmen zur freien Verfügung belassen werden, also die freie Wahl der Mitbewerber zwischen sämtlichen unmittelbar beschreibenden Angaben erhalten bleiben (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 676 (Nr. 55) "Postkantoor"; GRUR 2004, 680, 681 (Nr. 36) "BIOMILD"; Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rn. 192).
Nicht zutreffend ist ferner die Auffassung des Anmelders, für das Vorliegen von Schutzhindernissen sei auf den Zeitpunkt der Anmeldung der Marke abzustellen und zeitlich nachfolgende Umstände und Entwicklungen könnten keine Berücksichtigung finden. Maßgeblich ist vielmehr gleichermaßen der Zeitpunkt der Eintragung der angemeldeten Marke, zu dem kein Schutzhindernis nach § 8 MarkenG vorliegen darf (vgl. BGH GRUR 1993, 744, 745 "MICRO CHANNEL"). Das Heranziehen von zeitlich nach der Anmeldung der Marke datieren Internet-Seiten zum Beleg für eine der Marke möglicherweise zu kommende, die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibende Bedeutung ist daher nicht zu beanstanden.
Nach der vom Anmelder im Beschwerdeverfahren vorgenommenen Einschränkung der von der Zurückweisung durch die Markenstelle betroffenen, beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen beansprucht die angemeldete Marke insoweit jedoch nur noch Schutz für Waren und Dienstleistungen, die in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Kampfsportart "Free Fight" stehen. In konkretem Bezug zu diesen Waren und Dienstleistungen ist demnach der Begriff "FREE FIGHT" nicht geeignet, im Verkehr Merkmale der betreffenden Produkte oder Leistungen, etwa deren Beschaffenheit, Eignung, Zweckbestimmung oder Gegenstand, zu bezeichnen.
Mangels eines für die verbleibenden beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehenden, konkret beschreibenden Bedeutungsgehalts kann der angemeldeten Marke unter diesem Gesichtspunkt des weiteren nicht jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abgesprochen werden (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr. 86) "Postkantoor"; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"; GRUR 2001, 1153 "antiKALK"). Auch Anhaltspunkte für einen sonstigen engen Sachbezug, welcher der Annahme einer hinreichenden Unterscheidungskraft insoweit entgegenstehen könnte, sind nicht ersichtlich.
BPatG:
Beschluss v. 17.10.2006
Az: 24 W (pat) 268/04
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