Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg:
Beschluss vom 14. Februar 1996
Aktenzeichen: 4 S 68/95
(VGH Baden-Württemberg: Beschluss v. 14.02.1996, Az.: 4 S 68/95)
1. Die von der Kenntnis des Schadens unabhängige zehnjährige Verjährung nach § 96 Abs 2 LBG (BG BW) beginnt auch dann von der Begehung der Handlung an zu laufen, wenn es sich um Schadenersatzansprüche der Gemeinde gegen den Bürgermeister handelt.
Auch der Rückforderungsanspruch aus § 109 LBG (BG BW) iVm § 12 Abs 2 BBesG wegen zuviel gezahlter Reisekostenvergütung verjährt in 30 Jahren.
Wenn nach den Umständen des Einzelfalles nach § 12 Abs 2 BBesG eine umfassende Entscheidung heransteht, von der Rückforderung aus Billigkeit ganz oder teilweise abzusehen, kann diese während des anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht mehr nachgeholt werden. Dies ist auch dann zu beachten, wenn der Rückforderungsanspruch durch Klage geltend gemacht wird. Der Anspruch kann auch in diesem Falle mit der Folge nicht durchgesetzt werden, daß die Klage als unbegründet abzuweisen ist.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Schadenersatz wegen der Verletzung beamtenrechtlicher Pflichten und die Rückzahlung zuviel gezahlter Reisekostenvergütung.
Der Beklagte war von 1968 bis 1990 Bürgermeister der Klägerin. Im Mai 1990 wurde er zum Bürgermeister einer anderen Gemeinde gewählt. Aufgrund eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens und aufgrund von Überprüfungen des Landratsamtes O. und der Gemeindeprüfungsanstalt ergaben sich Beanstandungen an der Amtsführung des Beklagten. Durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts G. vom 22.12.1992 - DS 115/91 - wurde er wegen fünf Vergehen der Untreue sowie wegen eines Vergehens des versuchten Betruges - sämtlich begangen zu Lasten der Klägerin - zu einer Gesamtgeldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt. Der Verurteilung lag u.a. zugrunde, daß sich der Beklagte auf Kosten der Klägerin neben der für das Rathaus bestimmten Ausgabe eine weitere Ausgabe des O. Tageblattes an seine Privatwohnung liefern ließ. Ferner wurde der Beklagte durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Gengenbach vom 14.10.1993 - DS 40/93 - wegen eines Vergehens der fortgesetzten Abgabenüberhebung zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, daß der Beklagte für Trauungen an Samstagen, die er zumeist selbst vornahm, ohne Rechtsgrundlage eine Sondergebühr erhob, die er nicht zur Gemeindekasse brachte, sondern je zu Hälfte selbst vereinnahmte bzw. der mitwirkenden Gemeindeangestellten überließ.
Am 20.8.1992 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben. Sie hat die Verurteilung des Beklagten beantragt, an die Klägerin 30 187,32 DM zu zahlen nebst 4% Zinsen aus 26 735,32 DM seit dem 20.8.1992 und aus 3 452,- DM seit dem 11.11.1994. Zu den einzelnen Positionen ihrer Forderung, die noch Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, hat sie vorgetragen: Durch die unberechtigte Inanspruchnahme eines Abonnements des O. Tageblattes auf Kosten der Klägerin sei ihr ein Schaden in Höhe von 2 698,-DM erwachsen. Im Falle der rechtswidrigen aber rechtswirksamen Erhebung überhöhter Gebühren für Trauungen an Samstagen sei durch die Nichtabführung der so erhobenen Beträge an die Gemeindekasse ein Schaden in Höhe von 2 190,- DM entstanden. Ferner habe der Beklagte Reisekosten zu Unrecht erhalten. Im April 1985 habe er Fahrtkosten für die Jahre 1980 bis 1983 abgerechnet, obwohl zu diesem Zeitpunkt die Ausschlußfrist von einem Jahr für die Antragstellung nach § 3 Abs. 5 LRKG bereits abgelaufen gewesen sei. Auf diese Weise habe er 11 419,18 DM zu Unrecht erlangt. Für die Wegstreckenentschädigung der Jahre 1977 bis 1988 sei die für Jahresfahrleistungen ab 10 001 km nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 LRKG geregelte Kürzung nicht beachtet worden, was unter Abzug der für die Jahre 1980 bis 1983 ohnedies nicht mehr zustehenden und schon deshalb zurückgeforderten Beträge eine Überzahlung von 4 380,09 DM ausmache. Schließlich habe der Beklagte im Umfang von 1 262,- DM Fahrten zu Unrecht als Dienstreisen abgerechnet, die keinen Bezug zur Gemeinde gehabt hätten oder von anderen Trägern zu ersetzen seien.
Der Beklagte hat Klagabweisung beantragt. Er hat beanstandet, daß die tatsächlichen Anspruchsgrundlagen weitgehend nicht substantiiert dargelegt seien. Das gelte insbesondere für die Fahrtkosten. Bei der Abrechnung im Jahre 1984 habe es sich nur um eine Zusammenstellung der bereits durch Abschlagszahlungen erstatteten Fahrtkosten gehandelt. Außerdem habe er die einzelnen Reisekostenabrechnungen jeweils noch innerhalb der gesetzlichen Frist formlos eingereicht. Ferner werde, soweit zutreffend, die Einrede der Verjährung erhoben. Bei der Lieferung des O. Tageblattes habe er angenommen, daß es sich jeweils um ein Freiexemplar des Bürgermeisters handele. Hiervon abgesehen sei es rechtlich zu vertreten, daß der Bürgermeister die lokale Tageszeitung auf Kosten der Gemeinde beziehe.
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten durch Urteil vom 23.11.1994 verurteilt, an die Klägerin 10 050,75 DM nebst 4% Zinsen aus 9 025,75 DM seit dem 20.8.1992 und 4% Zinsen aus 1 025,- DM ab 11.11.1994 zu zahlen. Im übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Soweit die Klage abgewiesen wurde und die Klageforderung mit der Berufung weiterverfolgt wird, ist in den Entscheidungsgründen ausgeführt: Hinsichtlich des Bezuges des O. Tageblattes und der Vereinnahmung der Sondergebühren für Trauungen an Samstagen seien die Ansprüche der Klägerin auf der Grundlage schuldhafter Dienstpflichtverletzung aus § 96 Abs. 1 LBG begründet. Jedoch seien die Ansprüche insoweit teilweise verjährt. Maßgeblich sei die zehnjährige Verjährungsfrist des § 96 Abs. 2 LBG. Diese Verjährung erfasse den Bezug des O. Tageblattes bis August 1984 und die Vereinnahmung der Sondergebühren bis November 1984. Verjährt seien auch die Rückforderungsansprüche wegen zuviel gezahlter Reisekostenvergütung. Grundsätzlich verjährten Rückforderungsansprüche, wie sie hier nach § 109 LBG in Verb. mit § 12 Abs. 2 BBesG hätten gegeben sein können, in 30 Jahren. Auf die Rückforderung zuviel gezahlter Reisekosten sei aber die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB entsprechend anzuwenden. Dies rechtfertige sich insbesondere daraus, daß Ansprüche des Reisekostenrechtes einer beschleunigten Abwicklung unterlägen, wie es in der einjährigen Antragsfrist des § 3 Abs. 5 LRKG zum Ausdruck komme. Dieser Rechtsgedanke müsse auch auf den Rückforderungsanspruch wegen zuviel gezahlter Reisekosten durchschlagen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die fristgerechte Berufung der Klägerin. Sie beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 23.11.1994 zu ändern, soweit die Klage abgewiesen wurde und den Beklagten über den bereits zuerkannten Betrag zu verurteilen, an die Klägerin weitere 18 853,67 DM nebst 4% Zinsen seit 20.8.1992 zu zahlen.
Zur Begründung trägt sie vor: Soweit das Verwaltungsgericht Verjährung angenommen habe, würden die abgewiesenen Ansprüche weiterverfolgt. Hinsichtlich der Schadenersatzansprüche wegen Bezuges des O. Tageblattes und wegen Vereinnahmung der Sondergebühren für Trauungen an Samstagen dürfte der Lauf den zehnjährigen Verjährungsfrist nicht bereits mit der Begehung der Handlung beginnen, wie es § 96 Abs. 2 LBG grundsätzlich vorsehe. Die gesetzliche Regelung berücksichtige nicht den beim Beklagten eingetretenen Sonderfall, daß der Ersatzpflichtige zugleich derjenige sei, der als Bürgermeister den Schadenersatzanspruch geltend zu machen habe. Im Anschluß an die Anwaltshaftung gegenüber dessen Mandanten müsse die klagende Gemeinde so gestellt werden, als ob der Schadenersatzanspruch gegen den Bürgermeister noch nicht verjährt wäre. Die Verjährung beginne in diesem Falle erst mit dem Ausscheiden des Bürgermeisters aus dem Amt. Hinsichtlich der Fahrtkosten habe die Verjährungsfrist mit der Kenntnis des jetzigen Amtsinhabers begonnen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil, soweit die Klage abgewiesen wurde.
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts Freiburg und die Strafakten des Amtsgerichts Gengenbach - DS 115/91 - (2 Bände) vor. Auf den Akteninhalt wird Bezug genommen.
Gründe
Die Entscheidung ergeht nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluß, § 130a VwGO. Der Senat hält die zulässige Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.
Soweit die Klage noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, ist sie zulässig, aber nicht begründet. Soweit die Klägerin weiterhin Schadenersatzansprüche geltend macht, sind diese verjährt. Soweit die Klägerin Rückforderungsansprüche geltend macht, fehlt es letztlich an der vorherigen Entscheidung, ob von der Rückforderung aus Billigkeit ganz oder teilweise abzusehen ist.
Die Verjährung der weiteren Schadenersatzansprüche der Klägerin richtet sich nach § 96 Abs. 2 Satz 1 LBG. Nach dieser Vorschrift verjähren die in Abs. 1 geregelten Schadenersatzansprüche in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Dienstherr von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt hat, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in 10 Jahren von der Begehung der Handlung an. Beide Verjährungsfristen stehen selbständig nebeneinander mit der Folge, daß Verjährung eintritt, wenn eine der beiden Fristen abgelaufen ist (BVerwG, Urteil v. 13.5.1993, ZBR 1993, 335). Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, daß die allein auf die Begehung der Handlung abstellende zehnjährige Verjährungsfrist in bezug auf die Schadenersatzansprüche der Klägerin wegen unberechtigten Bezugs des O. Tageblattes und wegen Einbehaltung der Sondergebühren für Trauungen an Samstagen nach Maßgabe des Umfanges der Klagabweisung abgelaufen war.
Entgegen der Berufungsbegründung der Klägerin ist es nicht gerechtfertigt, von dem eindeutigen Wortlaut des § 96 Abs. 2 Satz 1 LBG abzuweichen und den Beginn der von der Kenntnis des Dienstherrn unabhängigen zehnjährigen Verjährungsfrist hier nicht an die Begehung der Handlung, sondern an einen anderen Zeitpunkt anzuknüpfen, so - wie von der Klägerin vertreten - an den Zeitpunkt des Ausscheidens des Beklagten aus seinem Amt als Bürgermeister der Klägerin.
Auch der Umstand, daß der Beklagte als Bürgermeister der Klägerin während seiner Amtszeit nach §§ 42 Abs. 1 und 44 Abs. 4 GemO Leiter der Gemeindeverwaltung und deren gesetzlichen Vertreter sowie Vorgesetzter, Dienstvorgesetzter und oberste Dienstbehörde der Gemeindebediensteten war, rechtfertigt keine vom Gesetzeswortlaut abweichende Festlegung des Laufes der Verjährung. Die von der Klägerin in Hinblick auf die Rechtsstellung des Bürgermeisters herausgestellte Besonderheit, daß dieser gegebenenfalls sowohl der Schadenersatzpflichtige als auch derjenige sein könnte, der für die Geltendmachung des Schadenersatzanspruches gegen sich selbst die oberste Verantwortung trüge, wird bereits durch die Befangenheitsregelung des § 18 Abs. 1 GemO ausgeschlossen. Auch der insbesondere für den Stellvertreter des Bürgermeisters denkbare Interessenkonflikt, daß er gegebenenfalls eine Schadenersatzforderung der Gemeinde gegen den Bürgermeister geltend zu machen hätte, wurde durch den Gesetzgeber erkannt und durch die Regelung des § 126 Abs. 1 GemO ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift werden Ansprüche der Gemeinde gegen den Bürgermeister von der Rechtsaufsichtsbehörde geltend gemacht. Für die Anwendung der Verjährungsregelung des § 96 Abs. 2 LBG bedeutet dies, daß für die an die Kenntnis des Dienstherrn anknüpfende dreijährige Verjährung an die Kenntnis der Rechtsaufsichtsbehörde anzuknüpfen ist, die im Rahmen des § 126 Abs. 1 GemO die Rechtsstellung eines gesetzlichen Vertreters der Gemeinde besitzt (Kunze-Bronner-Katz, GemO, § 126 RdNr. 1). Im übrigen muß es im Hinblick auf die zehnjährige Verjährungsfrist dabei verbleiben, daß diese Verjährung allein an die Begehung der Handlung anknüpft.
Es besteht auch kein rechtfertigender Grund, Erkenntnisse der Zivilrechtsprechung zur Anwaltshaftung auf die Rechtsstellung des Bürgermeisters zu übertragen. Im Hinblick auf die besondere Vertrauensstellung des Rechtsanwalts gegenüber dem in der Regel rechtsunkundigen Mandanten und im Hinblick auf die kurze dreijährige und von der Kenntnis des Anspruchsberechtigten unabhängigen Verjährung von Schadenersatzansprüchen des Auftraggebers gegen seinen Rechtsanwalt nach § 51 BRAGO geht der Bundesgerichtshof von der Rechtspflicht des Rechtsanwalts aus, seinen Mandanten gegebenenfalls über das Bestehen und die drohende Verjährung eines Schadenersatzanspruches zu belehren. Die Verletzung dieser Rechtspflicht löst einen weiteren sogenannten Sekundäranspruch aus, dessen Verjährung in der Regel erst mit der vollendeten Verjährung des Primäranspruches beginnt (BGHZ 94, 380).
Demgegenüber besteht keine beamtenrechtliche Dienstpflicht des Beamten, den Dienstherrn aus eigenem Antrieb über das mögliche Bestehen eines Schadenersatzanspruches wegen schuldhafter Dienstpflichtverletzung zu unterrichten, um dem Dienstherrn die Geltendmachung des Anspruchs zu ermöglichen. Auch dem Bürgermeister ist eine solche Unterrichtungspflicht gegenüber der für die Geltendmachung des Schadenersatzanspruches allein zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde nicht auferlegt; eine Unterrichtung des insoweit unzuständigen Gemeinderates kommt ohnedies nicht in Betracht. Insoweit schlägt auch hier der im Disziplinarrecht anerkannte Grundsatz durch, daß der Beamte nicht verpflichtet ist, sich selbst zu bezichtigen. In bezug auf das Bestehen von Schadenersatzansprüchen ist hierfür, anders als im Rahmen der Anwaltshaftung - angesichts der umfassenden sachlichen und personellen Möglichkeiten des Dienstherrn oder hier der Rechtsaufsichtsbehörde zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen auch keine zwingende Notwendigkeit gegeben. Erst durch das Hinzutreten besonderer Umstände kann eine Offenbarungspflicht des Beamten bezüglich eines von ihm bereits verursachten Schadens angenommen werden, so unter dem Gesichtspunkt der Pflicht, die Entstehung weiteren Schadens zu verhindern oder den entstandenen Schaden zu mindern. Eine solche Lage war hier nicht gegeben. Die Dienstpflicht des Beklagten, die Klägerin aus ihrer Verpflichtung gegenüber dem Verlag des Offenburger Tageblattes zu entlassen bzw. die erhobenen Sondergebühren an die Gemeindekasse abzuführen, wurde insoweit nicht von einer weiteren Dienstpflicht zur Offenbarung des jeweils in einer Unterlassung bestehenden Fehlverhaltens überlagert.
Die Rückforderungsansprüche der Klägerin wegen zuviel gezahlter Reisekostenvergütung in der Form der Wegstreckenentschädigung stützen sich auf § 109 LBG in Verb. mit § 12 Abs. 2 BBesG. Nach § 109 LBG ist für die Rückforderung von Leistungen des Dienstherrn, die nicht Besoldung oder Versorgung sind, § 12 Abs. 2 BBesG entsprechend anzuwenden. Hiernach regelt sich die Rückforderung zuvielgezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung steht es gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, daß der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Von der Rückforderung kann aus Billigkeitsgründen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder von ihr bestimmten Stelle ganz oder teilweise abgesehen werden.
Die gesetzliche Verweisung auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung führt hier zur entsprechenden Anwendung des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB. Hiernach ist derjenige, der durch die Leistung eines anderen auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat, zur Herausgabe verpflichtet. Wie noch auszuführen sein wird, ist der Beklagte hiernach dem Grunde nach zur Rückzahlung zuviel gezahlter Reisekostenvergütung an die Klägerin verpflichtet.
Vorab ist festzustellen, daß die Rückforderungsansprüche der Klägerin nicht verjährt sind. Es ist davon auszugehen, daß Rückforderungsansprüche aus § 12 Abs. 2 BBesG grundsätzlich in 30 Jahren verjähren. Die dortige Verweisung auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches für die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung führt auch zu der im bürgerlichen Bereicherungsrecht gegebenen Rechtsfolge, daß Bereicherungsansprüche nach der allgemeinen Regelung des § 195 BGB erst in 30 Jahren verjähren. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in dem Umfange zuzulassen, in denen auch nach den Regelungen und den Rechtsgrundsätzen des Bürgerlichen Rechts für den Bereicherungsanspruch eine kürzere Verjährungsdauer anzunehmen ist (BVerwGE 66, 251). Eine kürzere Verjährungsdauer ist in entsprechender Anwendung der §§ 196, 197 BGB anzunehmen, wenn der Bereicherungsanspruch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise an die Stelle eines Anspruchs mit gesetzlich geregelter kürzerer Verjährung tritt. Dies ist zum einen der Fall, wenn in der irrtümlichen Annahme über das Zustandekommen eines gegenseitigen Vertrages der Bereicherungsanspruch an die Stelle des dann nicht gegebenen Anspruchs auf Gegenleistung tritt (Münchner Kommentar zum BGB, § 195 RdNr. 17). Zum anderen ist dies der Fall, wenn insbesondere Unterhaltsansprüche oder Rentenansprüche anstelle durch den Verpflichteten irrtümlich durch einen nichtverpflichteten Dritten gezahlt werden. Auch in diesem Falle tritt der Bereicherungsanspruch des Leistenden gegen den wahren Verpflichteten an die Stelle der ursprünglichen und durch Zahlung erloschenen Unterhaltsverpflichtung oder Rentenverpflichtung mit der Folge, daß für diesen Bereicherungsanspruch die vierjährige Verjährung des § 197 BGB gilt (BVerwGE 66, 251, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BGH).
Bei der Rückforderung zuviel gezahlter Besoldung oder Versorgung nach § 12 BBesG ist ein den genannten Beispielen vergleichbarer Fall aber nicht gegeben. Für diesen dem bürgerlichen Bereicherungsanspruch nachgebildeten Rückforderungsanspruch gilt vielmehr die Erkenntnis, daß der Rückforderungsanspruch gegenüber dem ursprünglich angenommenem Anspruch, aus dessen rechtsgrundloser Erfüllung er erwachsen ist, einen eigenständigen Rechtscharakter aufweist und daher den Rechtscharakter des ursprünglichen Anspruchs nicht teilt. Der Umstand, daß der Rückforderungsanspruch wirtschaftlich die Kehrseite eines Anspruches mit kurzer Verjährungsdauer darstellen kann, schlägt daher auf die Verjährungsdauer des Rückforderungsanspruches nicht durch (BVerwGE 66, 251; Fürst, BBesG, § 12 RdNr. 28).
Diese Erkenntnisse, die für den Rückforderungsanspruch aus § 12 Abs. 2 BBesG wegen zuviel gezahlter Besoldung bzw. aus § 52 Abs. 2 BeamtVG wegen zuviel gezahlter Versorgung auch die entsprechende Anwendung des § 197 BGB mit der dort geregelten vierjährigen Verjährungsdauer für Rückstände unter anderem von Renten, Besoldung, Ruhegehalt und anderen regelmäßig wiederkehrenden Leistungen ausschließen, gelten in gleicher Weise für die Rückforderung zuviel gezahlter Leistungen des Dienstherrn nach § 109 LBG, die nicht Besoldung und Versorgung sind. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts besteht kein Grund insbesondere bei der Rückforderung zuviel gezahlter Reisekostenvergütung andere Maßstäbe anzulegen. Außerdem fehlt es insoweit bereits an einer entsprechend anwendbaren Vorschrift des bürgerlichen Rechts über eine kürzere Verjährungsdauer. Die Leistung von Reisekostenvergütung betrifft keine wiederkehrenden Leistungen im Sinne des § 197 BGB. Wiederkehrende Leistungen sind nur solche Leistungen, die kraft Gesetzes oder wegen ihrer Rechtsnatur zu regelmäßigen, von vornherein festzulegenden Terminen zu leisten sind (Münchner Kommentar, § 197 RdNr. 1). Ansprüche auf Reisekostenvergütungen, die durch dienstlich veranlaßte Mehraufwendungen auf Dienstreisen und erst durch entsprechende Antragstellung ausgelöst werden, können zu solchen wiederkehrenden Leistungen selbst dann nicht gerechnet werden, wenn sie nach den im Einzelfall gegebenen Verhältnissen regelmäßig anfallen. Unvergleichbar ist auch die zweijährige Verjährungsfrist nach § 196 Abs. 1 Nr. 8 und 9 BGB für die Lohnforderungen der Angestellten und Arbeiter einschließlich der Ansprüche auf Auslagenersatz. Für beamtenrechtliche Ansprüche gilt allein die Regelung des § 197 BGB (Münchner Kommentar, § 196 RdNr. 27). Jedoch wird durch diese Vorschrift der Anspruch auf Auslagenersatz, zu denen der Anspruch auf Reisekostenvergütung zu rechnen wäre, nicht erfaßt. Im übrigen gilt für den Anspruch auf Reisekostenvergütung anstelle einer Verjährungsregelung die Ausschlußfrist des § 3 Abs. 5 LRKG.
Ferner ist kein Grund zu ersehen, den Anspruch auf Zahlung zuviel gezahlter Reisekostenvergütung hinsichtlich der Verjährungsdauer deshalb anders zu behandeln, weil es sich bei dem Anspruch auf Reisekostenvergütung um einen Anspruch ohne Besoldungscharakter und Versorgungscharakter handelt. Auch bei dem auf Rückzahlung von Reisekostenvergütung gerichteten Ausgleichsanspruch handelt es sich um einen eigenständigen Anspruch, dessen Rechtscharakter durch die zugrunde liegende Erfüllung eines vermeintlichen Anspruchs auf Reisekostenvergütung nicht beeinflußt wird. Die Erwägungen des Verwaltungsgerichts, das dieses Ergebnis für unangemessen hält, sind rechtspolitischer Natur und schlagen hier ebensowenig durch, wie dies hinsichtlich der dreißigjährigen Verjährungsdauer für die Rückforderung zuviel gezahlter Besoldung und Versorgung der Fall ist (BVerwGE 66, 251). Soweit die Geltendmachung weit zurückliegender Rückforderungsansprüche als unbillig einzuschätzen wäre, kann dies - wie noch zu erörtern sein wird - im Rahmen der nach § 12 Abs. 2 BBesG gebotenen Billigkeitsentscheidung berücksichtigt werden.
Unbehelflich ist auch der Blick auf die einjährige Ausschlußfrist des § 3 Abs. 5 LRKG für die Stellung des Antrags auf Reisekostenvergütung. Die gesetzliche Regelung einer Ausschlußfrist, deren Ablauf - anders als die lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht begründende Verjährungseinrede - den Anspruch untergehen läßt, mag das rechtspolitische Gewicht für die gesetzliche Einführung einer kurzen Verjährung für den zugehörigen Rückforderungsanspruch erhöhen, gibt aber auch wegen ihres Ausnahmecharakters keinen rechtlichen Maßstab ab, für den Rückforderungsanspruch, etwa im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung, eine bestimmte kürzere Verjährungsdauer festzulegen.
Unbehelflich ist ferner die vom Verwaltungsgericht angezogene Erkenntnis des beschließenden Senats zur Verjährung der Nachforderung von Nutzungsentschädigung im Hochschullehrernebentätigkeitsrecht. Die dortigen Ausführungen beziehen sich auf die Grundforderung des Dienstherrn und nicht auf einen Rückforderungsanspruch des Hochschullehrers wegen zu Unrecht gezahlten Nutzungsentgelts, und sie münden ein in die entsprechende Anwendung des § 21 Abs. 1 des Landesgebührengesetzes über die Verjährung von Gebührenansprüchen des Landes nach diesem Gesetz. Schließlich kommt es nicht darauf an, daß im Tarifvertragsrecht des öffentlichen Dienstes, so insbesondere durch § 70 BAT, für die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis eine Ausschlußfrist von sechs Monaten festgelegt ist. Diese allgemeine Regelung, die insbesondere auch Vergütungsansprüche erfaßt, kann auf das Beamtenrecht nicht übertragen werden und um so weniger eine besondere Verjährungsregelung für die Rückforderung von Reisekostenvergütung rechtfertigen.
Für die Jahre 1980 bis 1983 hat der Kläger Reisekostenvergütung in der Form von Wegstreckenentscheidung nach § 6 LRKG in Höhe von 11 499,18 DM zu Unrecht erhalten, weil er insoweit die für die Antragstellung nach § 3 Abs. 5 LRKG gesetzte Antragsfrist von einem Jahr nicht eingehalten hat. Die Vorschrift verlangt schriftliche Antragstellung. Bezüglich der zu Unrecht erhaltenen Reisekostenvergütung liegt eine unterschriebene und nach Ablauf der Antragsfrist vorgelegte Zusammenstellung von Fahrtkosten vor, die unter Absetzung geleisteter Abschlagszahlungen nach Prüfung durch den Rechnungsbeamten durch den Beklagten vom 18.4.1985 in Höhe von 9 302,- DM angewiesen wurde. - Die Anweisung durch den Beklagten verstieß gegen § 52 in Verb. mit § 18 GemO, war aber wirksam.
Es kann nicht festgestellt werden, daß der Beklagte bezüglich dieser Zahlung bereits innerhalb der Antragsfrist Reisekostenabrechnungen oder andere Schriftstücke vorgelegt hat, die als Anträge auf Reisekostenvergütung gelten können. Aus der von der Klägerin im Berufungsverfahren eingereichten Gesamtabrechnung geht hervor, daß der Beklagte auch für die Jahre 1980 bis 1983 bereits vor der Abschlußzahlung vom 18.4.1985 Reisekostenvergütung erhalten hatte. Es ist aber nicht ersichtlich, auf welche Zahlungen sich die zu den Gerichtsakten gegebenen Reisekostenabrechnungen beziehen. Es kann daher nicht festgestellt werden, daß Reisekostenabrechnungen, die erst durch die Zahlung vom 18.4.1985 berücksichtigt wurden, bereits innerhalb der Ausschlußfrist in den Geschäftsgang der Klägerin gelangt sind und so möglicherweise als rechtzeitig gestellte Anträge auf Reisekostenvergütung gelten können.
Die vom Verwaltungsgericht erörterte Frage, ob bei Anträgen auf Reisekostenvergütungen gegebenenfalls von dem Formerfordernis der Unterschriftsleistung (§ 126 BGB entsprechend) abgesehen werden kann, tritt dabei zurück. Es kommt vorab darauf an, ob der Beklagte - gleich in welcher Form - inhaltlich mit dem Antrag auf Reisekostenvergütung an die Klägerin herangetreten ist. In diesem Sinne müßte der Beklagten innerhalb der Antragsfrist zumindest mit dem erkennbaren Wunsch hervorgetreten sein, daß die Klägerin an ihn Geldzahlungen zur Erfüllung seines Anspruches auf Reisekostenvergütung leistet. Hinsichtlich der Reisekostenvergütung, die Gegenstand der Zahlung vom 18.4.1985 war, sind aber zuvor keine Zahlungen erfolgt. Dies begründet die Annahme, daß der Beklagte zuvor auch nicht entsprechende Zahlungen erkennbar gewünscht hatte. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte, daß Zahlungswünsche des Beklagten etwa unbearbeitet geblieben wären. Ferner ist ungeklärt und der Beklagte hat nichts zu der Klärung beigetragen, wo die für die Zahlung vom 18.4.1985 maßgeblichen und angeblich bereits während der Ausschlußfrist gefertigten Fahrtkostenabrechnungen verblieben sind und ob sie der Beklagte nicht etwa bei sich behalten hat. Auch die vom Verwaltungsgericht gehörten Zeugen konnten hierzu nichts Sachdienliches aussagen.
All dies geht zu Lasten des Beklagten. Die ausdrückliche Geltendmachung von Reisekostenvergütungen im Jahre 1985 nach Ablauf der Ausschlußfrist und die erst hierauf erfolgte Zahlung sprechen nach den Beweisregeln des ersten Anscheins dafür, daß der Beklagte vor Ablauf der Ausschlußfrist gegenüber der Klägerin nicht zu erkennen gegeben hat, daß er auch für die der Zahlung vom 18.4.1985 zugrunde gelegten Wegstrecken Reisekostenvergütung begehre. Für das Gegenteil trägt der Beklagte die Darlegungslast und Beweislast. Eine besondere Fragestellung ergibt sich noch zu den vom Zahlungsbetrag abgesetzten früheren Abschlagszahlungen. Solche Zahlungen können die spätere Antragstellung nicht ersetzen und befriedigen den Anspruch auf Reisekostenvergütung nur im Falle fristgerechter Antragstellung (BVerwGE 75, 313). Allerdings könnten wenigstens hinsichtlich der geleisteten Abschlagszahlungen während der Antragsfrist vorgelegte Reisekostenabrechnungen, sofern diese als Antrag auf Reisekostenvergütung gelten, die geleisteten Abschlagszahlungen hinsichtlich des Antragserfordernisses abdecken. Jedoch greift insoweit wiederum die vorstehend getroffene Erkenntnis, daß auch die rechtzeitige Vorlage entsprechender Reisekostenabrechnungen nicht festgestellt werden kann.
Ferner hat der Kläger in Höhe von 4 380,09 DM Reisekostenvergütung in der Form von Wegstreckenentschädigung zu Unrecht erhalten, weil der niedrigere Kilometersatz nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 b LRKG für dienstliche Jahresfahrleistungen ab 10 001 km nicht beachtet worden ist. Die erforderliche Abrechnung hat die Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegt. Der Beklagte hat die Abrechnung nicht bestritten, und es sind keine Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit gegeben. Dabei ist zu beachten, daß die Klägerin bei der Berechnung ihres Rückforderungsanspruches wegen Nichtanwendung des niedrigeren Kilometersatzes für Jahresfahrleistungen über 10 001 km die Zahlungen für die Jahre 1980, 1981 und 1983 nicht berücksichtigt hat, da ihr Rückforderungsanspruch insoweit bereits durch die Rückforderung wegen Versäumung der Antragsfrist voll erfaßt wird. Lediglich für das Jahr 1981 errechnete sie wegen Nichtanwendung des niedrigeren Kilometersatzes eine weitere Rückforderung von 489,72 DM. Dieser Rückforderungsbetrag trifft zu, da die Rückforderung wegen Versäumung der Antragsfrist für das Jahr 1982 nur 1 123,68 DM ausmacht. Der in diesem Betrag enthaltene Anteil von 337,20 DM wegen Nichtanwendung des niedrigeren Kilometersatzes ermäßigt die entsprechende, für das Jahr 1982 insgesamt errechnete Zuvielzahlung von 826,92 DM auf 489,72 DM.
Demgegenüber steht nicht einwandfrei fest, daß der von der Klägerin als Drittes geltend gemachte Rückforderungsanspruch in der Höhe von 1 581,50 DM zutrifft. Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, daß der Beklagte Reisekostenvergütung in der Form von Wegstreckenentschädigung zu Unrecht für Dienstreisen erhalten habe, die er zur Wahrnehmung von Dienstgeschäften eines anderen Kostenträgers durchgeführt habe. Die Klägerin hat hierzu eine summarische Liste vorgelegt, die wenig substantiiert ist und den Rechtsstandpunkt der Klägerin zumindest in einigen Fällen nicht schlüssig bestätigt. So hat bereits das Landratsamt Ortenaukreis als Rechtsaufsichtsbehörde in seiner Äußerung vom 22.8.1990, Nr. 17, die Teilnahme des Beklagten an einem Weinseminar als im Interesse der Klägerin liegend eingeschätzt. Ähnliches könnte beispielhaft für die Teilnahme an Sitzungen des Fremdenverkehrsausschusses oder des Fremdenverkehrsverbandes gelten. Insgesamt hat die Klägerin durch die Vorlage der genannten Liste ihrer Darlegungslast nicht genügt. Jedoch ist insoweit keine weitere Sachaufklärung geboten, da die Klage, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, aus den zu erörternden Gründen wegen des Fehlens einer Billigkeitsentscheidung ohnedies keinen Erfolg haben kann und die Klägerin zur Vorbereitung der gebotenen Billigkeitsentscheidung gegebenenfalls auch die tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen ihres an dieser Stelle zuletzt behandelnden Rückforderungsanspruches weiter ermitteln und vertiefen kann.
Der Beklagte ist somit dem Grunde nach zur Rückzahlung zu Unrecht gezahlter Reisekostenvergütung in einer Höhe verpflichtet, die zumindest den bei weitem überwiegenden Teil der von der Klägerin geltend gemachten Forderung ausmacht. Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf den Wegfall der Bereicherung berufen (§ 818 Abs. 3 BGB). Nach § 819 Abs. 1 in Verb. mit § 818 Abs. 4 BGB ist der Einwand des Wegfalls der Bereicherung ausgeschlossen, wenn der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang der Leistung kannte. Diese Haftung erweitert § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG unter Einbeziehung des Falles, daß der Mangel so offensichtlich war, daß der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung sind diese Haftungsvoraussetzungen erfüllt, wenn dem Empfänger der Mangel deshalb entgangen ist, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders hohem Maße außer Acht gelassen hat. Hierbei handelt es sich um die Verletzung einer Obliegenheit. Eine solche Obliegenheitsverletzung liegt insbesondere vor, wenn dem Beamten aufgrund deutlich vor Auge getretener Umstände mit einfachen und naheliegenden Überlegungen hätte bewußt werden müssen, daß ihm die zu Unrecht erbrachten Leistungen, so hier ein Teil der während seiner Amtszeit als Bürgermeister insgesamt gezahlten Reisekostenvergütung, mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht zustehen könnte.
Nach diesem Maßstab hat der Beklagte seine Sorgfalt in besonders hohem Maße außer Acht gelassen. Im Vordergrund steht hierbei die besondere Verantwortung, die der Beklagte als Bürgermeister für den ordnungsgemäßen und rechtmäßigen Gang der Gemeindeverwaltung der Klägerin trug. Schon von daher war bei der Wahrnehmung eigener Interessen gegenüber der Gemeinde eine besondere Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt angezeigt, die sich auch auf die Beachtung rechtlicher Schranken erstreckte. Diese allgemeine Verpflichtung wurde hier im Hinblick auf die Inanspruchnahme von Reisekostenvergütung nach Ablauf der Antragsfrist noch verschärft, weil der Beklagte die Zahlung schließlich selbst angewiesen hat. Gerade hierdurch übernahm er eine gesteigerte Verantwortung für die Rechtmäßigkeit dieses Vorganges und er könnte nicht damit gehört werden, daß der Rechnungsbeamte hierzu keine Einwendungen erhoben hat. Ferner hat der Beklagte die Geltendmachung von Fahrtkosten ständig mit leichter Hand, ja mit Unbekümmertheit gehandhabt und dadurch ein besonderes Risiko für Fehlentscheidungen geschaffen. Es muß ihm daher als grobe Sorgfaltsverletzung angelastet werden, daß er sich nicht um die tragenden Grundsätze für die Erstattung von Fahrtkosten im Rahmen der Reisekostenvergütung gekümmert hat. Bei Einhaltung seiner Sorgfalt hätte ihm nicht entgehen dürfen, daß für die Beantragung von Reisekostenvergütung eine Ausschlußfrist von einem Jahr besteht und daß sich die Wegstreckenentschädigung bei höheren Fahrleistungen beträchtlich vermindert. Soweit es sich um die Abrechnung von Dienstfahrten handelt, für die möglicherweise andere Kostenträger hätten in Anspruch genommen werden müssen, muß die Frage der Sorgfaltsverletzung mangels eindeutiger sachlicher und rechtlicher Grundlagen des Rückforderungsanspruches demgegenüber offenbleiben. Immerhin hätte dem Beklagten bewußt sein müssen, daß er für die Teilnahme an Veranstaltungen der eigenen Partei die Gemeinde nicht in Anspruch nehmen kann.
Die Klägerin kann mit ihrem Rückforderungsanspruch aber deshalb nicht durchdringen, weil sie keine Entscheidung darüber getroffen hat, nach § 109 LBG in Verb. mit § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG von der Rückforderung aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise abzusehen. Diese Billigkeitsentscheidung ist nach dem erkennbaren Willen des Gesetzes in der Regel Voraussetzung für die Geltendmachung des Rückforderungsanspruches. Sie bezweckt, eine allen Umständen des Einzelfalles gerecht werdende Lösung zu ermöglichen (BVerwG, Urteil v. 27.1.1994, ZBR 1994, 247). Da der Rückforderungsanspruch in der Regel durch Verwaltungsakt geltend gemacht wird, betrifft das Fehlen einer Billigkeitsentscheidung die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes der dann gegebenenfalls auf die Anfechtungsklage des Beamten aufzuheben ist. Die Behörde ist allerdings nicht verpflichtet, einen Rückforderungsanspruch allein durch Verwaltungsakt geltend zu machen. Darüber stehen ihr die rechtlichen Möglichkeiten der Aufrechnung sowie der Erhebung der verwaltungsgerichtlichen Leistungsklage zur Verfügung. Die Befugnis der Behörde, zwischen verschiedenen Arten der Geltendmachung des Rückforderungsanspruches zu wählen, darf aber nicht dazu führen, daß sich die Lage des in Anspruch genommenen Beamten je nach der Wahl der Behörde verschlechtert. Er muß zwar verfahrensrechtliche Nachteile in Kauf nehmen, wenn er insbesondere durch Erhebung der verwaltungsgerichtlichen Leistungsklage des Widerspruchsverfahrens verlustig geht und in die Rolle des Beklagten gedrängt wird. Die materiell-rechtliche Regelung des § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG, die dem Schutze des Beamten dient, darf aber nicht dadurch ausgeschaltet werden, daß die Behörde den Beamten ohne Zwischenschaltung eines Verwaltungsaktes in Anspruch nimmt. Für den Fall der Aufrechnung hat dies das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich ausgesprochen (Urteil v. 27.1.1994, a.a.O.). Zur Begründung wird auf den Schutzzweck des § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG abgestellt. Dieser Schutzzweck muß in gleicher Weise im Falle der Erhebung der verwaltungsgerichtlichen Leistungsklage zum Tragen kommen.
Der Mangel der Billigkeitsentscheidung ist vorliegend auch nicht auf einfache Weise durch nachträgliche Entscheidung während des anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu heilen. Bei Erlaß eines Rückforderungsbescheides wird dem Erfordernis einer Billigkeitsentscheidung in der Regel voll Rechnung getragen, wenn die Behörde Ratenzahlungen anbietet oder in Aussicht stellt. Diese Entscheidung kann nach der Verwaltungsrechtsprechung während des Verwaltungsgerichtsverfahrens nachgeholt werden (vgl. BVerwGE 28, 68,79). Die verfahrensrechtliche Grundlage eines solchen Nachschiebens einer unterlassenen Ermessensentscheidung bleibt dabei unklar; sie könnte darin zu sehen sein, daß das Anbieten von Ratenzahlungen den Rückforderungsanspruch als solchen in seinem Bestand nicht verändert.
Anders verhält sich dies im vorliegenden Fall. Mit dem nachträglichen Anbieten von Ratenzahlungen - gegebenenfalls auf Anregung durch das Gericht - wäre es hier nicht getan. Vielmehr wird die Klägerin unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles eine umfassende Ermessensentscheidung zu treffen haben. Hierfür ist darauf hinzuweisen, daß eine Ermessensentscheidung, durch die selbst ein Teilerlaß der Rückforderung gänzlich abgelehnt wird, nach Ermessensgrundsätzen, so insbesondere unter Berücksichtigung der beamtenrechtlichen Fürsorge, kaum zu halten sein wird. Dem Beklagten wurden in beträchtlichem Umfang Reisekosten nachträglich erstattet, die er unbestritten aufgewandt hatte. Es erscheint unbillig, ihm diesen Aufwendungsersatz viele Jahre später wieder zu entziehen, nachdem schwerwiegende, aber in einem anderen Zusammenhang stehende Unregelmäßigkeiten seiner Amtsführung den Anlaß gegeben hatten, seine Amtsführung insgesamt einer gründlichen, so nach dem Ausscheidens eines Bürgermeisters in der Regel nicht geübten, Überprüfung zu unterziehen. Auch ist zu berücksichtigen, daß die wohl nicht weiter aufklärbare und auch vom Beklagten nicht mehr aufzuklärende Frage der rechtzeitigen Erstattung und Vorlage von Reisekostenabrechnungen und die verbleibende Möglichkeit, daß der Beklagte während der jeweiligen Antragsfrist doch Reisekostenabrechnungen vorgelegt hat, die eine fehlerfreie Zahlung weiterer Reisekostenvergütung hätten rechtfertigen können, es nahelegen, dem Beklagten einen erheblichen Teil der nach der Beweislage ohne Rechtsgrund gezahlten Reisekostenvergütung zu belassen. Ferner hat bereits das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, daß bei einer kleinen Gemeinde, wie sie vom Beklagten als Bürgermeister geleitet wurde, bei ansonsten überschaubaren Verhältnissen eher eine lediglich formal unkorrekte Handhabung von Reisekostenangelegenheiten einreißen kann. Dies vermag den Beklagten aus den dargelegten Gründen und zwar nach dem Maßstab der groben Sorgfaltsverletzung nicht völlig zu entlasten, ist aber gleichfalls bei der zu treffenden Billigkeitsentscheidung in den Blick zu nehmen. Hinsichtlich der Fahrtkosten für Dienstreisen, die möglicherweise andere Kostenträger betrafen, wird die Klägerin, wie dargelegt, die tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen ihres Rückforderungsanspruches weiter zu ermitteln und darzulegen haben. Sollte sich als Ergebnis dieser Ermittlungen herausstellen, daß für die betreffenden Dienstreisen rechtlich andere Kostenträger für die Erstattung der Reisekosten in Anspruch zu nehmen waren und daß dem Beklagten die stattdessen erfolgte Inanspruchnahme der Klägerin als grobe Sorgfaltsverletzung anzulasten ist, so wird auch insoweit noch eine Billigkeitsentscheidung in Betracht kommen. Es wird zu berücksichtigen sein, daß zahlreiche der Dienstreisen wohl auch im Interesse der Klägerin selbst lagen und daß eine grob fahrlässige Inanspruchnahme des falschen Kostenträgers nicht in jedem Falle dazu führen muß, dem Beklagten durch späte Rückforderung zu Unrecht erhaltener Reisekostenvergütung zugleich die rechtliche Möglichkeit der späteren Inanspruchnahme des richtigen Kostenträger in Frage zu stellen.
Hinsichtlich der Rückforderung von Reisekostenvergütung, die unter Berücksichtigung eines überhöhten Kilometersatzes gewährt wurde, tritt die Notwendigkeit einer Billigkeitsentscheidung demgegenüber zurück. Denn in diesem Zusammenhang handelt es sich nicht darum, daß der Kläger Reisekostenvergütung für tatsächlich durchgeführte Dienstreisen, wenn auch aus anderen Gründen zu Unrecht erhalten hat, sondern er hat durch die unrichtige Berücksichtigung eines höheren Kilometersatzes eine Reisekostenvergütung erhalten, die ihm überhaupt nicht zustand. Gleichwohl ist auch dieser Bereich in die umfassende Billigkeitsentscheidung einzubeziehen.
Wenn eine so umfassende Ermessensentscheidung heransteht, wird sie einen in der Form des Verwaltungsaktes zu erlassenden Rückforderungsbescheid in seinem wesentlichen Inhalt prägen. Wurde eine solche Ermessensentscheidung überhaupt nicht getroffen, kann sie dann auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr nachgeholt werden (Knack, VwVfG, 4. Aufl., § 45 RdNr. 27). Hiergegen spricht insbesondere die Erwägung, daß eine Verletzung von Verfahrensvorschriften oder Formvorschriften, die unter die Regelung des § 45 Abs. 1 LVwVfG fällt, nach deren Absatz 2 nur bis zur Erhebung der verwaltungsgerichtlichen Klage nachgeholt werden kann. Diese muß um so mehr gelten, wenn ein rechtlich vorgeschriebenes Ermessen nicht ausgeübt wird und somit eine Fallgestaltung gegeben ist, die durch die Regelung des § 45 Abs. 1 LVwVfG überhaupt nicht erfaßt wird.
An dieser auf die Rechtmäßigkeit von Rückforderungsbescheiden bezogenen Erkenntnis wird man nicht vorbeigehen dürfen, wenn es sich statt dessen um die Rückforderung durch Erhebung der verwaltungsgerichtlichen Klage handelt. Im Anschluß an die obigen Darlegungen kommt der Schutzzweck, der der Regelung des § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG zugrundeliegt, auch gegenüber der verwaltungsgerichtlichen Klage zum Tragen. Im Ergebnis muß dies in vergleichbaren Fällen dazu führen, daß die verwaltungsgerichtliche Klage ohne vorausgegangene Billigkeitsentscheidung keinen Erfolg haben kann. Es handelt sich darum, daß der Rückforderung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG eine nach Ermessen zu treffende Billigkeitsentscheidung grundsätzlich vorgeschaltet ist, deren Fehlen der Rückforderung ein rechtliches Hindernis entgegenstellt. Die Zulässigkeit der verwaltungsgerichtlichen Klage wird hierdurch nicht berührt, da § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG keine verfahrensrechtliche Regelung trifft. Sie führt aber dazu, daß der Rückforderungsanspruch materiell-rechtlich nicht durchgesetzt werden kann. Die Klage ist dann unbegründet. Eines Rückgriffs auf zivilrechtliche Begriffe (Anspruchshemmung, Leistungsverweigerungsrecht u.dgl.) bedarf es hierzu nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen der §§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG gegeben ist.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 13 Abs. 2 GKG.
VGH Baden-Württemberg:
Beschluss v. 14.02.1996
Az: 4 S 68/95
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