Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Dezember 2006
Aktenzeichen: 30 W (pat) 262/04

(BPatG: Beschluss v. 18.12.2006, Az.: 30 W (pat) 262/04)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. September 2004 aufgehoben.

2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung Gesundheitscafe; sie ist nach dem für das Beschwerdeverfahren zuletzt noch maßgeblichen Warenverzeichnis noch bestimmt für:

"Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, insbesondere Duft- und Massageöle; pharmazeutische Erzeugnisse; insbesondere Entsäuerungsmittel, Basenstoffe, Diätmittel, natürliche Cholesterinsenker, Vitamine, Spurenelemente, sekundäre Pflanzenstoffe; medizinische Dienstleistungen, Gesundheits- und Schönheitspflege, insbesondere medizinische Fußpflege, Fußreflexzonenmassage, Shiatsumassage, Yogagruppen, Meditationskurse, Antistressmassage, Akupressur, Magnetfeldtherapie, Lichttherapie".

Die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen, weil sie ein beschreibender Hinweis in dem Sinn sei, dass sich die gastronomische Einrichtung eines Cafes zusätzlich noch dem Thema "Gesundheit" widme.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Sie meint, dass das Zeichen weder für ein Cafe noch für insoweit relevante Waren angemeldet sei. Auch die Dienstleistungen könnten nicht mit einem Cafe in Zusammenhang gebracht werden.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben, die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke stehen bezüglich der für das Beschwerdeverfahren zuletzt noch maßgeblichen Waren und Dienstleistungen die absoluten Eintragungshindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.

An der angemeldeten Marke besteht kein Freihaltebedürfnis i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG; denn es ist nicht ersichtlich, dass sie als konkrete Angabe über wesentliche Eigenschaften der unter dieser Marke angebotenen Waren und Dienstleistungen dienen könnte.

Der Anfangsbestandteil "Gesundheit-" bezeichnet die Abwesenheit von Krankheit, einem der Zustand, der durch viele Faktoren erreicht/erhalten werden kann, zum Beispiel durch Ernährung, Pflege, Medikamente, Sport, Bewegung usw. (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl. S. 646; auch Wikipediaonline-Lexikon Stichwort "Gesundheit"). "Cafe" ist die deutsche Schreibweise des französischen Wortes "Cafe"; es bezeichnet entweder das koffeinhaltige Heissgetränk "Kaffee" oder eine Gaststätte, die in erster Linie Kaffee und Kuchen anbietet (vgl. Duden a. a. O. S. 329; Wikipedia a. a. O. Stichwort "Cafe"). Kaffee-Heissgetränk-Erzeugnisse sind nicht Gegenstand des Warenverzeichnisses; mit dieser Bedeutung der Anmeldung kann eine beschreibende Angabe nicht begründet werden. Soweit sich die Anmeldung auch im Sinn eines mit seinen Produkten an der Gesunderhaltung orientierten gastronomischen Betriebes erfassen lässt, kann jedoch nicht festgestellt werden, dass dieser Bezeichnung bezogen auf die konkret vorliegenden Waren und Dienstleistungen ein im Vordergrund stehender, beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden könnte.

Das Bedürfnis, eine Bezeichnung für bestimmte Herstellungs- oder Verkaufsstätten freizuhalten, rechtfertigt es grundsätzlich nicht, die Eintragung des Zeichens auch für dort hergestellte oder verkaufte Waren bzw. angebotene Dienstleistungen zu versagen (vgl. BGH MarkenR 1999, 292 ff. - HOUSE OF BLUES). Denn von der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG werden nur Wörter erfasst, die einen Waren-/Dienstleistungsbezug aufweisen (vgl. BGH MarkenR 1999, 351 - FOR YOU). Ob eine Bezeichnung als beschreibende Angabe zu bewerten ist, richtet sich in erster Linie nach den objektiven Gegebenheiten der in der einschlägigen Branche herrschenden Praxis (vgl. Ströbele/Hacker MarkenG 8. Aufl. § 8 Rdn. 210; vgl. auch BPatG 28 (W) pat 370/03 - Cafe Brasil, Zusammenfassung veröffentlicht auf PAVIS PROMA CD-ROM). Für die Annahme einer beschreibenden Angabe sind hier indessen keine Anhaltspunkte erkennbar.

Die Bezeichnung Gesundheitscafe eignet sich schon deshalb nicht zur Beschreibung der Waren "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Pharmazeutische Erzeugnisse", weil diese Produkte, anders etwa als der Herstellung in einem Cafe zurechenbare Back- und Konditorwaren, weder zur Erbringung der mit dem Geschäftsbetrieb eines Kaffeehauses im Zusammenhang stehenden Dienstleistungen benötigt noch branchenüblich in einem Cafe angeboten werden (vgl. BPatGE 24, 64, 66 - Pfeffer & Salz); dies erfolgt vielmehr in Parfümerien, Drogeriemärkten oder Apotheken.

Auch bezüglich der zuletzt noch beanspruchten Dienstleistungen lässt sich eine beschreibende Angabe nicht feststellen. Sie stehen in keinem Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb eines Kaffeehauses als solchem; eher erscheint eine solche Verbindung abwegig, da Schönheitspflege, Massage oder Meditation wegen der Beanspruchung von Intimsphäre und Ruhe in deutlichem Widerspruch zur Öffentlichkeit eines Kaffeehaus-Betriebes stehen. Zwar gibt es, worauf die Markenstelle zutreffend hingewiesen hat, Bezeichnungen wie "Literaturkaffee", "Musikkaffee", "Jazzkaffee" oder "Internetkaffee". Insoweit handelt es sich aber um Kaffeehäuser, die neben ihrem üblichen Angebot von Kaffe und Kuchen die Öffentlichkeit des Betriebes für weitere Dienstleistungen zur Verfügung stellen. Das liegt - wie ausgeführt - für die hier beanspruchten Dienstleistungen ausgesprochen fern. Die hier umfassten Waren und Dienstleistungen können mit dem Begriff Gesundheitscafe daher nicht unmittelbar beschreibend benannt werden; von Erzeugnissen und Dienstleistungen, die zum Betrieb eines Kaffeehauses einen Bezug haben und die gegebenenfalls in dieser Weise bezeichnet werden könnten, sind die beanspruchten Produkte und Dienstleistungen so weit entfernt, dass sich kein Hinweis auf eine konkrete Beschreibung aufdrängt. Es haben sich - jedenfalls derzeit - keine sicheren Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Wortzusammensetzungen mit "-cafe" in einem allgemeinen Sinn eine unter einem Thema stehende Versammlungsstätte oder ein Forum für ein solches Thema bezeichnen.

Eine freihaltebedürftige Bezeichnung i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG lässt sich damit nicht feststellen.

Da der angemeldeten Marke aus den dargelegten Gründen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann, ist auszuschließen, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher der vorliegenden Waren und Dienstleistungen die Wortkombination Gesundheitscafe lediglich als Sachangabe und nicht als Unterscheidungsmittel versteht; der Marke fehlt auch nicht die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG (vgl. u. a. BGH WRP 2003, 1429, 1430 - Cityservice m. w. N.).

Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist nicht begründet. Nach § 71 Abs. 3 MarkenG kann das Patentgericht anordnen, dass die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen ist. Dafür bedarf es besonderer Gründe (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 71 Rdn. 30 ff.). Solche Gründe sind nicht ersichtlich. Ein von der Anmelderin gerügter Begründungsmangel ist nicht gegeben, denn die Markenstelle hat ihre Entscheidung begründet. Dass der Senat zu einem anderen Ergebnis gelangt ist, rechtfertigt die Rückzahlung noch nicht; dies kommt etwa dann in Betracht, wenn die Rechtsanwendung als völlig unvertretbar erscheint (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 71 Rdn. 32); davon kann hier nicht ausgegangen werden. Soweit die Anmelderin den Antrag auf eine unterbliebene Übersendung einer Internetrecherche und damit auf eine Verletzung rechtlichen Gehörs stützt, fehlt es an der erforderlichen Kausalität zwischen dem behaupteten Fehlverhalten und der Notwendigkeit einer Beschwerdeeinlegung. Es kann nicht angenommen werden, dass bei vorheriger Kenntnis dieser Recherche und einer entsprechenden Stellungnahme der Anmelderin eine inhaltlich abweichende Entscheidung der Markenstelle ergangen wäre (vgl. hierzu Ströbele/Hacker a. a. O. § 71 Rdn. 32 m. w. N.).

Die Entscheidung konnte ohne die von der Markeninhaberin hilfsweise beantragte mündliche Verhandlung ergehen, nachdem in der Hauptsache zu ihren Gunsten entschieden worden ist (vgl. BPatGE 13, 69, 71 f.).






BPatG:
Beschluss v. 18.12.2006
Az: 30 W (pat) 262/04


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