Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Juni 2000
Aktenzeichen: 20 W (pat) 59/99
(BPatG: Beschluss v. 05.06.2000, Az.: 20 W (pat) 59/99)
Tenor
Der Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. April 1999 wird aufgehoben und das Patent erteilt:
Bezeichnung: Rekursives Filter und Anwendung des Filters Anmeldetag: 23. September 1997 Patentansprüche 1-10, Beschreibung Seiten 1-17 und Ergänzungsblatt, 3 Bl. Zeichnungen (Fig. 1-5), sämtlich überreicht in der mündlichen Verhandlung.
Gründe
I Die Anmeldung wurde aus den Gründen des Bescheids vom 14. September 1998 zurückgewiesen. In ihm sind zwei Druckschriften genannt und ist ausgeführt, die Ansprüche 1 bis 11 seien gewährbar, die Anmeldung sei jedoch im Hinblick auf die Ansprüche 12 bis 13 nicht einheitlich und eine Patenterteilung erst nach Ausscheidung oder Verzicht möglich.
In der mündlichen Verhandlung erklärt die Beschwerdeführerin die Ausscheidung der Gegenstände (Speichereinheiten) der Ansprüche 12 und 13 vom Anmeldetag. Nach eingehender Erörterung der im Zwischenbescheid vom 1. März 2000 genannten Literaturstelle
(5) Seifart, Digitale Schaltungen, 3. Auflage, Hüthig-Verlag Heidelberg 1988, S 224, 225 erklärt die Beschwerdeführerin die Rücknahme der Ausscheidungsanmeldung. Zur Stammanmeldung stellt sie den Antrag wie entschieden.
Der Anspruch 1 lautet:
"1. Rekursives Filter zum Filtern eines aus einer zeitlichen Folge von Symbolen bestehenden digitalen Signals, bestehend aus - zumindest einer Addierstufe (1), der jedes Symbol zugeführt ist und die einem Abtastwert (xk) dieses Symbols je einen Summenwert (yk) zuordnet, der proportional zu einer Summe (xk+c1yk-1) aus diesem Abtastwert (xk) und einem vorbestimmten Wert (c1yk-1) ist,
- einer nichtlinearen Sättigungsstufe (2), die auf den diesem Symbol zugeordneten Summenwert (yk) derart sättigend oder nichtsättigend einwirkt, daß die Sättigungsstufe (2) bei Sättigung einen festen maximalen bzw. minimalen Sättigungswert (+S, -S) und bei Nichtsättigung einen ungesättigten Summenwert (yk), der kleiner als der maximale Sättigungswert (+S) und größer als der minimale Sättigungswert (-S) ist, abgibt,
- einer Multiplikationsstufe (3), die dem diesem Symbol zugeordneten Sättigungswert (+S, -S) bzw. ungesättigten Summenwert (yk), einen Multiplikationswert (c1(+S), c1(-S), c1yk) zuordnet, der gleich dem Produkt aus diesem Sättigungswert (+S, -S) bzw ungesättigten Summenwert (xk) und einem vorgebbaren bzw. konstanten Koeffizienten (c1) ist, und - einer Zeitverzögerungseinrichtung (4), die bewirkt, daß der diesem Symbol zugeordnete Multiplikationswert (c1(+S), c1(-S), c1yk) derart verzögert der Addierstufe (1) zugeführt ist, daß die Addierstufe (1) einem Abtastwert (xk+1) eines auf dieses Symbol folgenden anderen Symbols einen Summenwert (yk+1) zuordnet, der proportional zu einer Summe (xk+1+c1(+S), xk+1+c1(-S), xk+1+c1yk) aus dem Abtastwert (yk+1) des anderen Symbols und dem Multiplikationswert (c1(+S), c1(-S), c1yk) ist, der dem einen Symbol zugeordnet ist, wobei - ein digitales Ausgangssignal des Filters von den Sättigungs- und Summenwerten (+S, -S, yk, yk+1) aus der Sättigungsstufe (2) abgeleitet ist, dadurch gekennzeichnet, daß
- für die Multiplikationsstufe (3) die Sättigungswerte (+S, -S) parallel zu dem Summenwert (yk) bereitgestellt sind, und daß
- eine Sättigungserkennungseinrichtung (5) vorgesehen ist, die die Sättigung oder Nichtsättigung erkennt und bei Erkennung der Sättigung aus der Multiplikationsstufe (3) einen Multiplikationswert (c1(+S), c1(-S) abruft der gleich dem Produkt aus 10 dem zugehörigen Sättigungswert (+S, -S) und dem konstanten Koeffizienten (c1) ist."
Im Zwischenbescheid sind außer (5) noch folgende Entgegenhaltungen in das Verfahren eingeführt worden:
(3) Tietze, Schenk, Halbleiterschaltungstechnik, 10. Auflage, Springer-Verlag Berlin, Heidelberg, New York 1993, S 842 bis 846,
(4) DE 32 27 473 A1.
II Der Anspruch 1 ist gewährbar, sein Gegenstand patentfähig.
1. Der Anspruch 1 ist zulässig. Die Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Anspruch 1 ergeben sich aus der Beschreibung und Zeichnung vom Anmeldetag: Fig 1 iVm S 9 Abs 3.
2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gilt als neu.
Das IIR-Filter nach (3) zeigt lediglich die im Oberbegriff des Anspruchs 1 enthaltenen Merkmale. Der Summenwert y = q + x durchläuft erst die Sättigungsstufe IC 6, IC 7, bevor er an die Multiplikationsstufe IC 8, IC 9 gelangt (Abb. 24.54).
(4) und (5) beschreiben ersichtlich kein rekursives Filter.
3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gilt als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.
a) Da nach der Lehre des Anspruchs 1 am Eingang der Multiplikationsstufe die Sättigungswerte parallel zum Summenwert anliegen (kennzeichnender Teil, 1.Spiegelstrichmerkmal), so kann mit dem Multiplizieren bereits begonnen werden, bevor eine Sättigung durchgeführt oder festgestellt worden ist. Nach Erkennen einer Sättigung oder Nichtsättigung wird dann aus den am Ausgang der Multiplikationsstufe anstehenden Ergebnissen das jeweils Zutreffende zur Weiterverarbeitung ausgewählt (2. kennzeichnendes Spiegelstrichmerkmal iVm 3. und 4. Spiegelstrichmerkmal des Oberbegriffs).
b) Wenn man die Multiplikationsstufe des bekannten IIR-Filters als digitales Funktionsnetzwerk ausführt, demnach eine mit hoher Geschwindigkeit arbeitende Digitalsignalverarbeitungsschaltung mit Nachschlagtabelle benutzt ((4) Fig 1), so erreicht man zwar, daß für jeden möglichen Summenwert der zugehörige Multiplikationswert bereits abgespeichert ist. Seine Bereitstellung am Netzwerkausgang erfordert aber eine Fallunterscheidung dahingehend, ob bei der Bildung des Summenwertes ein positiver oder negativer Überlauf stattgefunden hat oder ein "ungesättigter Summenwert vorliegt. Oder es muß eine Begrenzung vorhergehen ((3) S 845 Abs 2 bis S 846 Abs 1). Denn die Auswahl des richtigen Multiplikationswertes erfolgt bereits beim Lesen der Nachschlagtabelle: Das digitale Funktionsnetzwerk tritt an die Stelle der Multiplikationsstufe: wie bei dieser nur der jeweils "richtige" Summenwert multipliziert wird, so wird bei jenem nur der zum "richtigen" Summenwert gehörende Multiplikationswert zur Verfügung gestellt. Es findet sich kein Ansatzpunkt für den Gedanken, statt dessen die Sättigungswerte parallel zu dem Summenwert bereitzustellen, also beim Lesen parallel auf drei Nachschlagtabellenplätze zuzugreifen und die richtige Auswahl - abhängig von der Decodierung eines Überlaufs - erst unter den gelesenen Multiplikationswerten zu treffen.
4. Die ein Schieberegister betreffende Literaturstelle (5) und die beiden von der Prüfungsstelle genannten, im Beschwerdeverfahren nicht aufgegriffenen Druckschriften liegen vom Gegenstand des Anspruchs 1 weit ab und stellen dessen Patentfähigkeit auch in Verbindung mit den Entgegenhaltungen (3) und (4) nicht in Frage.
5. Die Unteransprüche 2 bis 9 sind gleichfalls gewährbar. Sie beschreiben besondere Ausführungsarten der Erfindung nach dem Anspruch 1. Der die Anwendung eines Filters nach einem der Ansprüche 1 bis 9 als Entzerrer betreffende Anspruch 10 wird von der Gewährbarkeit der vorhergehenden Ansprüche mitgetragen.
6. Die Anmeldung genügt den Anforderungen des § 34 PatG.
Dr. Anders Obermayer Kalkoff Dr. van Raden Pr/Mr
BPatG:
Beschluss v. 05.06.2000
Az: 20 W (pat) 59/99
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/2569de72c437/BPatG_Beschluss_vom_5-Juni-2000_Az_20-W-pat-59-99