Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Juli 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 191/04

(BPatG: Beschluss v. 27.07.2005, Az.: 32 W (pat) 191/04)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 11. August 2004 aufgehoben, soweit der angemeldeten Marke die Eintragung versagt worden ist.

Gründe

I.

Die am 6. April 2004 angemeldete Wortmarke MALLE FÜR ALLE ist für die Waren und Dienstleistungen Bekleidungsstücke; Telekommunikation, insbesondere Ausstrahlung von Rundfunkprogrammen, Kommunikation im Internet und Onlinedienste; Rundfunkunterhaltung; Organisation und Durchführung von Veranstaltungen unterhaltender, kultureller und sportlicher Artbestimmt.

Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung teilweise, nämlich für die beanspruchten Dienstleistungen, mit Beschluss einer Regierungsangestellten im gehobenen Dienst vom 11. August 2004 wegen Freihaltebedürftigkeit und fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung zurückgewiesen.

"MALLE" sei die umgangssprachliche Kurzform für Mallorca. Für die zurückgewiesenen Dienstleistungen läge lediglich eine rein beschreibende und bewerbende sloganhafte Angabe vor, die besage, dass mit den Dienstleistungen jedermann zum Thema Mallorca erreicht und unterhalten werde.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie beantragt (sinngemäß), unter teilweiser Aufhebung des Beschlusses der Markenstelle vom 11. August 2004 die Eintragung der angemeldeten Marke auch für die beanspruchten Dienstleistungen zu beschließen.

Unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im patentamtlichen Verfahren vertritt sie die Auffassung, es bestehe kein enger beschreibender Bezug zwischen dem Wortlaut der Marke und den Dienstleistungen. Der Verkehr sei nicht, wie von der höchstrichterlichen Rechtsprechung gefordert, in der Lage, ohne Weiteres und ohne Unklarheit einen beschreibenden Begriffsinhalt zu erfassen, zumal bereits der Bestandteil "MALLE" mehrdeutig sei (Hinweis auf den französischen Filmregisseur Louis Malle).

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Inhalt der Amts- und Gerichtsakten verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig (§ 165 Abs. 4 MarkenG in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung) und begründet, weil einer Registrierung der angemeldeten Marke auch für die streitbefangenen Dienstleistungen keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegenstehen.

1. Die Wortfolge "MALLE FÜR ALLE" entbehrt für die beanspruchten Dienstleistungen nicht jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Unter dieser versteht man die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion einer Marke ist es, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist - unbeschadet der erforderlichen, auf den Einzelfall bezogenen sorgfältigen und gründlichen Prüfung - grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Kann einer Marke kein für die fraglichen Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und/oder handelt es sich nicht um ein gebräuchliches Wort (bzw. eine Wortfolge) der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr.; vgl. BGH BlPMZ 2002, 85 - INDIVIDUELLE; 2004, 30 - Cityservice).

Dass im allgemeinen Sprachgebrauch breiter deutscher Publikumskreise - nur in diesem Sinn kann der Begriff "Umgangssprache" verstanden werden - die Baleareninsel Mallorca als "MALLE" bezeichnet würde, erscheint dem Senat überaus zweifelhaft. Es dürfte sich eher um den Sprachgebrauch von Randgruppen (sog. Ballermann-Touristen; auf einer der von der Markenstelle herangezogenen Internet-Seiten ist von "prolldeutsch" die Rede) handeln. Seriöse Reiseveranstalter und sonstige Ausrichter von Unterhaltungsveranstaltungen werden, nicht zuletzt wegen der anhaltenden Kritik am "Ballermann-Tourismus" in der deutschen und der mallorquinischen Öffentlichkeit, eine Bezeichnung wie "MALLE" eher vermeiden. Einem ganz erheblichen Teil der mit den Dienstleistungen angesprochenen Interessenten wird diese Bedeutung von "MALLE" nicht bekannt sein; die - reimartige - Marke in ihrer Gesamtheit wird deshalb als Phantasiebezeichnung gewertet, der als solcher durchaus eine herkunftsweisende Funktion zukommen kann. Allerdings besteht keine Veranlassung, auf eine etwaige Mehrdeutigkeit abzustellen, da der Name des französischen Filmregisseurs Louis Malle wohl nur Filmfreunden (Cineasten) bekannt ist, nicht aber dem breiten Publikum.

2. Einer Registrierung der angemeldeten Marke steht auch nicht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Nach dieser Bestimmung sind nur solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr u.a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geografischen Herkunft oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Dienstleistungen dienen können. Es muss sich mithin um eine unmissverständliche Produktmerkmalsangabe - wobei dieser Begriff auch für Dienstleistungen sinnvoll ist - handeln.

Der Spruch "MALLE FÜR ALLE" stellt keine unmittelbar dienstleistungsbeschreibende Angabe (generischer Begriff) im aufgezeigten Sinn dar, zumal Dienstleistungen eines Reiseveranstalters nicht beansprucht werden. Das Allgemeininteresse an einer von Monopolrechten freien Verwendbarkeit lässt sich daher nicht begründen. Bei einer Registrierung ist kein Mitbewerber daran gehindert, in beschreibender Weise darauf hinzuweisen, dass seine Dienstleistungsangebote sich in besonderer Weise auf die Insel Mallorca beziehen, und sich in diesem Zusammenhang - wenn er dies für angebracht hält - auch der Bezeichnung Malle zu bedienen.

Viereck Dr. Albrecht Kruppa Hu






BPatG:
Beschluss v. 27.07.2005
Az: 32 W (pat) 191/04


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