Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Juni 2000
Aktenzeichen: 33 W (pat) 227/99
(BPatG: Beschluss v. 16.06.2000, Az.: 33 W (pat) 227/99)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 36 des Patentamts vom 12. Oktober 1999 aufgehoben.
Gründe
I.
Beim Patentamt ist die Bezeichnung
"Frankfurter Bankgesellschaft AG"
für die Dienstleistungen
"Finanzwesen, Geldgeschäfte"
zur Eintragung als Marke angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 36 hat die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs 1, 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, daß die ausschließlich aus beschreibenden Angaben zusammengesetzte Bezeichnung "Frankfurter Bankgesellschaft AG" ungeachtet der Frage eines Freihaltungsbedürfnisses zumindest jeglicher Unterscheidungskraft entbehre. Sie sei nicht geeignet, auf einen ganz bestimmten Anbieter hinzuweisen, weil es sowohl nach Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise als auch nach der Rechtslage des Handelsregisterrechts mehrere Unternehmens dieses Namens geben könne. Im Handelsregisterbezirk Frankfurt am Main dürfe sich zwar kein anderes Unternehmen der angemeldeten Bezeichnung als Kennzeichen bedienen. Dagegen sei es aber einer Bank in Frankfurt an der Oder nicht verwehrt, sich ebenfalls als "Frankfurter Bankgesellschaft AG" zu bezeichnen. Unter diese Umständen rufe die angemeldete Marke beim Verkehr lediglich die Vorstellung einer gattungsmäßigen Bezeichnung irgendeines von mehreren Unternehmen hervor.
Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde beantragt die Anmelderin die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Die Markenstelle sei bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke zwar an sich zutreffend von der Verkehrsauffassung ausgegangen, die sich anhand der tatsächlichen Verhältnisse bilde. Diese sprächen jedoch gerade gegen die Annahme, daß mit der angemeldeten Bezeichnung irgendeine beliebige Frankfurter Bankgesellschaft in Form einer Aktiengesellschaft gattungsmäßig beschrieben werde. Abgesehen davon, daß es in Deutschland nachweislich kein zweites Unternehmen dieses Namens gebe und nach den handels- und wettbewerbsrechtlichen Vorschriften auch nicht geben dürfe, sei der Ausdruck "Bankgesellschaft" für ein Kreditinstitut auch ungewöhnlich. Im deutschsprachigen Raum gebe es nur ein einziges Bankinstitut, das diesen Ausdruck im Firmennamen führe. Der Verkehr habe daher keinen Anlaß, in der angemeldeten Wortkombination nur den gattungsmäßigen Hinweis auf ein beliebiges Frankfurter Bankunternehmen in Form einer Aktiengesellschaft zu sehen. Auch ein Freihaltungsbedürfnis sei an der insgesamt hinreichend eigentümlichen Kombination "Frankfurter Bankgesellschaft AG" nicht gegeben. Das gelte umso mehr, als im Hinblick auf den Unterlassungsanspruch, welcher der Anmelderin aus ihrer im gesamten Bundesgebiet verwendeten Unternehmenskennzeichnung zustehe, kein Mitbewerber gegenwärtig oder in absehbarer Zukunft zur Verwendung der angemeldeten Bezeichnung berechtigt sei.
II.
Die Beschwerde ist begründet. Der angemeldeten Marke steht weder das Schutzhindernis des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr 1 MarkenG entgegen noch ist sie als beschreibende Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.
Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft kann dahingestellt bleiben, ob schon allein der Zusatz der Gesellschaftsform "AG" geeignet ist, einer Ortsangabe in Verbindung mit der Angabe der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens betriebliche Hinweiswirkung zu verleihen, wie die Anmelderin unter Berufung auf die entsprechende, in Heil/Ströbele, Die Einführung der Dienstleistungsmarke, GRUR 1979, 127, 135 vertretene Auffassung und das dort genannte Beispiel "Landshuter Bank AG" geltend macht. Jedenfalls kann der angemeldeten Bezeichnung das erforderliche Mindestmaß an betrieblicher Unterscheidungseignung deshalb nicht abgesprochen werden, weil sie in ihrer konkret beanspruchten Gesamtkombination aus dem Rahmen der für Bank- und Kreditinstitute üblichen Geschäftsbezeichnungen fällt. Schon bei dem Bestandteil "Bankgesellschaft" handelt es sich um einen relativ ungewöhnlichen Ausdruck, der weder in den Sprachlexika noch in den einschlägigen Lexika des Wirtschafts- und Bankwesens aufgeführt ist (vgl Gabler, Wirtschaftslexikon, 10. Aufl.; Schroth, Das kleine Lexikon des Wirtschaftsrechts, 1995; Büschgen, Das Kleine Banklexikon, 2. Aufl., 1997). Nach den Ermittlungen des Senats - bestätigt durch die von der Anmelderin vorgelegte Internetrecherche - sind im deutschsprachigen Raum außer der Bankgesellschaft Berlin AG und der früheren, mittlerweile zur Union Bank of Switzerland (UBS) verschmolzenen Schweizerischen Bankgesellschaft tatsächlich auch keine Bankunternehmen nachweisbar, die sich als Bankgesellschaft bezeichnen. Dieser Ausdruck mag zwar im Sinne einer als Gesellschaft geführten Bank ohne weiteres verständlich sein. Dennoch wirkt er als Bestandteil der Kombination "Frankfurter Bankgesellschaft AG" hinreichend eigentümlich und damit zur betrieblichen Identifikation geeignet, weil er einerseits kaum gebräuchlich ist und andererseits in Verbindung mit der Angabe "AG" eine überflüssige und als solche unübliche Doppelaussage im Sinne von "Bankgesellschaft Aktiengesellschaft" ergibt. Ein Teil des Verkehrs wird das Wort "Bankgesellschaft" ohnehin als veralteten Begriff werten, der allenfalls in den Geschäftsbezeichnungen weniger, seit langem bestehender Bankunternehmen enthalten ist.
Unter diesen Voraussetzungen ist nach Ansicht des Senats auch ein Freihaltungsbedürfnis der Mitbewerber an der angemeldeten Bezeichnung zu verneinen. Das Freihaltungsbedürfnis wird entgegen der Ansicht der Anmelderin zwar nicht schon durch einen etwaigen Unterlassungsanspruch beseitigt, der ihr gemäß §§ 5, 15 MarkenG gegen die Verwendung einer mit der angemeldeten Marke identischen oder ähnlichen Geschäftsbezeichnung zusteht. Dabei ist zu berücksichtigen, daß das Markenrecht einerseits und das Kennzeichnungsrecht gemäß § 5 MarkenG andererseits sowohl hinsichtlich ihrer Entstehung als auch ihres räumlichen Geltungsbereichs und ihres Erlöschens an unterschiedliche rechtliche Voraussetzungen geknüpft sind. Die Beurteilung, ob eine geschäftliche Bezeichnung Schutz nach § 5 MarkenG genießt und welcher Schutzbereich ihr zukommt, ist im markenrechtlichen Verfahren nicht möglich. Abgesehen davon kann ein Unternehmenskennzeichen infolge Fusion oder Geschäftsaufgabe erlöschen, während das Markenrecht beliebig verlängerbar ist. Die Berufung auf ein mit der Marke identisches Recht nach § 5 MarkenG kann daher im allgemeinen nicht als Indiz gegen ein künftiges Freihaltungsbedürfnis herangezogen werden. Eine großzügigere Beurteilung ist allenfalls dann gerechtfertigt, wenn eine fremdsprachige geschäftliche Bezeichnung im Herkunftsland bereits als Marke geschützt ist, wie im Fall "The Hartford" (BPatGE 37, 120; ferner 33 W(pat) 99/96 vom 5. September 1997 "THE BOSTON CONSULTING GROUP").
Vorliegend spricht gegen das Freihaltungsbedürfnis jedoch die Bildung der angemeldeten Marke aus dem ausgefallenen und kaum gebräuchlichen Begriff "Bankgesellschaft", der in Verbindung mit der Angabe "AG" und der Ortsbezeichnung "Frankfurter" eine Gesamtkombination ergibt, welche die Feststellung eines ernsthaften Interesses der Mitbewerber an der Verwendung gerade dieser Bezeichnung als beschreibende Angabe über den Ort, den Gegenstand und die Rechtsform des Unternehmens nicht mehr rechtfertigt. In diesem Zusammenhang ist im übrigen klarstellend darauf hinzuweisen, daß die Ansicht der Markenstelle, auch ein Bankinstitut aus Frankfurt an der Oder benötige die Ortsangabe "Frankfurter", nicht zutrifft, denn diese wird vom Verkehr ausschließlich mit dem internationalen Finanzplatz Frankfurt am Main verbunden und kann als solche - ohne einen die Gefahr von Irreführungen ausschließenden Zusatz - nicht von einem in Frankfurt an der Oder tätigen Unternehmen verwendet werden. Durch die Eintragung der angemeldeten Marke wäre es schließlich auch keinem Mitbewerber mit Sitz in Frankfurt - etwa einem Bankkonsortium in der üblichen Rechtsform einer BGB-Gesellschaft - verwehrt, sich in der Werbung als eine Bankgesellschaft in Frankfurt oder sogar als Frankfurter Bankgesellschaft zupräsentieren, denn ihre Eigenart erhält die angemeldete Bezeichnung gerade durch die konkret beanspruchte Kombination "Frankfurter Bankgesellschaft AG".
Vorsitzender Richter Winkler ist im Urlaub und daher verhindert zu unterschreiben.
Dr. Schermerv. Zglinitzki Dr. Schermer Cl
BPatG:
Beschluss v. 16.06.2000
Az: 33 W (pat) 227/99
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