Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. September 2004
Aktenzeichen: 29 W (pat) 126/02
(BPatG: Beschluss v. 29.09.2004, Az.: 29 W (pat) 126/02)
Tenor
Der Beschluß der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 30.04.2002 wird aufgehoben.
Gründe
I.
Die Wortmarkeprofit24 soll für Waren und Dienstleistungen Klasse 9: Mit Programmen und sonstigen Inhalten bespielte Datenträger
(Medien), insbesondere Audio-, Video-, und Softwareprogramme; Internet-Suchmaschine;
Klasse 38: Onlinedienstleistungen, nämlich Sammeln und Liefern von Daten, Informationen, Bildern oder Nachrichten aller Art in Ton, Schrift und Bild;
Klasse 41: Veröffentlichung und Herausgabe von Informationsmedien, insbesondere von Büchern, Zeitschriften sowie als Lehrgänge und durch Bereitstellung von Informationen
(Informationsdienste);
Klasse 42: Internetdienstleistungen, nämlich Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten auf Datenbanken und Datennetze; Erstellen, Pflegen und Aktualisierung von IT-Programmen;
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung mit Beschluß vom 24.10.2001 zurückgewiesen und auf die mit Schriftsatz vom 29.11.2001 eingelegte Erinnerung mit Beschluß vom 30.04.2002 die Zurückweisung insgesamt bestätigt.
Der angemeldeten Marke fehle gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG die Unterscheidungskraft, da sich Kombinationen mit der nachgestellten Zahl 24 in all denjenigen Bereichen der Wirtschaft finden würden, in denen Leistungen ohne Bindung an die herkömmlichen Ladenschlusszeiten angeboten werden.
Die angefügte Zahl 24 verstehe sich deshalb nur als gebräuchlicher Hinweis auf einen 24-Stunden-Service bzw. Rundumdie-Uhr-Service.
Der Bestandteil "profit" habe die Bedeutung "Gewinn, den man mit möglichst wenig Mühe und Unkosten aus einer Sache oder Tätigkeit" erzielen könne.
Insgesamt ergebe sich daraus der Hinweis, dass mit den so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen ein Profit erzielt werden könne und diese Waren und Dienstleistungen rund um die Uhr angeboten würden.
Es handle sich um keinen mehrdeutigen, interpretationsbedürftigen Begriff, sondern um eine beschreibende Sachangabe. Die Marke weise im übrigen keinen solchen Grad an Phantasie auf, dass der Verkehr annehmen müsse, es handle sich um ein betriebliches Herkunftszeichen eines einzigen Unternehmens.
Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde vom 12.06.2002 (Bl. 5 ff. d. A.) trägt der Anmelder vor, dass die angemeldete Marke über die erforderliche Unterscheidungskraft verfüge und darüber hinaus kein Freihaltebedürfnis bestehe.
Das DPMA habe eine unzulässige analysierende Betrachtungsweise vorgenommen und das Substantiv "Profit" den angemeldeten Waren und Dienstleistungen zugeordnet. Dabei habe es aber übersehen, dass das Wort unterschiedliche Deutungsmöglichkeiten habe und sowohl im Sinne von Vorteil wie auch Gewinn interpretiert werden könne, Es müsse im übrigen in Erwägung gezogen werden, dass das Wort aus den Bestandteilen "pro" und "fit" zusammengesetzt sei und sich deshalb auf körperliche Betätigung und geistige Regheit beziehe.
Auch der Wortbestandteil "24" sei insoweit mehrdeutig, als er nicht ausschließlich auf einen 24-Stunden-Betrieb bezogen sei.
Insgesamt sei der Bedeutungsinhalt des Zeichens in seiner Gesamtheit daher unscharf und entsprechend unterscheidungskräftig.
Es handle sich weder um ein unbegrenzt verwendbares Eigenschaftswort, noch um eine allgemeine Werbeanpreisung.
Der Anmelder beantragt daher (Bl. 8 d. A.), den Beschluß vom 30.4.02 aufzuheben.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet, da der Eintragung der angemeldeten Marke weder das Freihaltebedürfnis gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, noch das Eintragungshindernis der mangelnden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt.
1. Bei dem zu prüfenden Zeichen profit24 handelt es sich um ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren, dem Verkehr auch einzeln gegenübertretenden Komponenten besteht.
Das Zeichen ist erkennbar aus dem Begriff "profit" und der nachgestellten Zahl "24" zusammengesetzt.
"Profit" allein bedeutet "Nutzen, Vorteil, Gewinn, den man (mit möglichst wenig Mühe und Kosten) aus einer Sache oder Tätigkeit zieht; in der Fachsprache kann es auch "Kapitalertrag" bedeuten (Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl.).
Als Synonyme führt der Leipziger Wortschatz "Ausbeute, Einträglichkeit, Ergiebigkeit, Erlös, Ertrag, Frucht, Geschäft, Gewinn, Nutzen, Plus, Schnitt, Unternehmergewinn, Wert" an. Letztendlich gibt es aber keine - wie der Bf. meint - erheblichen Bedeutungsunterschiede.
Die Übersetzung des englischen Wortes "profit" führt zu keinen weiteren Erkenntnissen, da es dort ebenfalls mit "Gewinn, Profit, Nutzen, Vorteil" übersetzt wird (Collins PONS, Großwörterbuch, 1999, S. 1682).
Die vom Beschwerdeführer eingeführte Möglichkeit "profit" in die Bestandteile "pro" und "fit" zu unterteilen, liegt allerdings nicht nahe, da im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen die angesprochenen Verkehrskreise nicht auf einen Bezug zur körperlichen Fitneß kommen würden. Insoweit liegt keine Mehrdeutigkeit vor.
Die Ziffer 24 wird in aller Regel mit einem 24-Stunden-Service in Verbindung gebracht (so z. B. bei Deutsche Bank Service 24, Travel 24, shopping 24, Hundeshop-24, Gebrauchtwagen-Markt24, etc.). Die Assoziation zwischen 24 und einer anderen Maß-, Zeit- oder Gewichtseinheit ist nicht üblich (vgl. BPatG 25 W pat 110/03 - beauty24.de; BPatG 29 W pat 251/03 - DruckDiscount24.de).
Es ist für die Beurteilung der Schutzfähigkeit jedoch auf die Maßgeblichkeit des Gesamteindrucks abzustellen, worauf der Anmelder zu Recht hinweist. Selbst wenn für die Zeichenbestandteile "profit" und "24" von einer Schutzunfähigkeit ausgegangen werden kann, besteht damit trotzdem Eintragungsfähigkeit, wenn ein Zeichen nur aus schutzunfähigen Bestandteilen besteht, sofern insgesamt ein schutzfähiger Gesamteindruck entsteht.
Die angesprochenen Abnehmer müssen aus dem Gesamtbegriff unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken einen Bezug zu den Waren und Dienstleistungen herstellen können, ohne eine analysierende Betrachtung der Einzelbestandteile vorzunehmen (Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 8 Rn. 42; Ingerl/ Rohnke, Kommentar zum MarkenG, 2. Aufl., § 8 Rn. 53; Ströbele/ Hacker, Kommentar zum MarkenG, 7. Aufl., § 8 Rn. 125;).
In seiner Entscheidung vom 16.09.2004 (EuGH Urteil vom 16.09.2004, Rs. C-329/02 P, Rn. 28 - SAT.2) hat der EuGH zum wiederholten Male klargestellt, dass bei einem aus mehreren Worten bzw. einem Wort und einer Zahl zusammengesetzten Zeichen "eine eventuelle Unterscheidungskraft teilweise für jeden ihrer Begriffe oder ihrer Bestandteile getrennt geprüft werden" könne, dann "aber auf jeden Fall von einer Prüfung der Gesamtheit, die sie bilden, abhängen" müsse. Der Umstand allein, dass jeder der Wortbestandteile für sich genommen nicht unterscheidungskräftig sei, schließe nämlich nicht aus, dass deren Kombination trotzdem unterscheidungskräftig sein könne.
2. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen Waren anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen (BGH WRP 1999, 1167/1169 - YES).
Nach der durchgeführten Recherche lässt sich nicht nachweisen, dass "profit24" in seiner Zusammensetzung wiederum einen beschreibenden Gesamtbegriff ergibt, da es nicht zu einer schlagwortartig beschreibenden oder werblich anpreisenden Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen überhaupt geführt hat. Das angemeldete Zeichen vermittelt eher einen unscharfen, vagen, sprachlich den betroffenen Dienstleistungen nicht in einem vordergründig beschreibenden Sinn zuordenbaren Bedeutungsgehalt.
Lediglich der Anwender selbst benutzt es in Verbindung mit anderen Worten zur Bezeichnung der Firma, deren Präsident er ist, nämlich der "profit24 Business Network Corp. New York".
Nur in zwei Fällen wurden in der Süddeutschen Zeitung Zusammensetzungen von "Profit" mit einer Zahl (einmal 2, einmal 9) gefunden, wobei es sich im ersten Fall nur um ein Aufzählungszeichen, im zweiten um einen Druckfehler handeln dürfte, wonach die 9 zur darauffolgenden Zahl und nicht zum Wort "Profit" gehört.
In dem angemeldeten Zeichen steckt zwar der Hinweis, dass der Anmelder als Berater bzw. seine elektronisch verpackten Beratungsinhalte 24 Stunden verfügbar sind, und zugleich für den Nutzer profitabel sein sollen. Aus dem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis erschließt sich dem durchschnittlich informierten, aufmerksamen Verbraucher aber nicht sofort, wodurch oder inwiefern er mit "bespielten Datenträgern, insbesondere Audio-, Video- und Softwareprogrammen", durch eine "Internet-Suchmaschine", über "Onlinedienstleistungen", die "Veröffentlichung und Herausgabe von Informationsmedien" oder "Internetdienstleistungen, nämlich Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten auf Datenbanken und Datennetze; Erstellen, Pflegen und Aktualisierung von IT-Programmen" Erlös und Gewinn machen bzw. Nutzen ziehen kann. Erst nach mehreren - analysierenden - Gedankenschritten erschließt sich auf welche Weise das Angebot des Anmelders profitabel sein könnte. Es gehen zwar alle Bedeutungsgehalte in die gleiche Richtung, nämlich das Erzielen von Profit, dieser Bedeutungsumfang ist jedoch so weit gefasst, dass mehrere Verständnismöglichkeiten denkbar sind (BGH GRUR 2002, 816/817 -BONUS II). Damit steht aber keine unmittelbar beschreibende Sachaussage des angemeldeten Zeichens profit24 im Vordergrund, so dass nicht jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen ist.
Anzumerken bleibt jedoch, dass sich der Schutz der angemeldeten Marke nur auf die Gesamtbezeichnung profit24 in ihrer konkreten Ausgestaltung für die beanspruchten Dienstleistungen erstreckt. Aus ihr kann der Beschwerdeführer in keiner Weise in zivilgerichtlichen Verfahren Verletzungen aus "profit" oder "24" ableiten. Die Schutzfähigkeit ergibt sich allein aus dem Gesamtwort, nicht aus dessen Einzelbestandteilen. Die Frage nach der Prägung stellt sich im übrigen schon deshalb nicht, da der Senat insoweit von einem eingliedrigen Zeichen ausgeht.
3. Dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unterfallen grundsätzlich nur unmittelbar beschreibende Angaben. Soweit die beschreibende Angabe nur angedeutet ist, und erst aufgrund gedanklicher Schlussfolgerungen erkennbar wird, steht auch ein Freihaltungsbedürfnis nicht entgegen (Fezer, a. a. O., § 8 Rn. 123a; Ingerl/Rohnke, a. a.O., § 8 Rn. 223; Ströbele/ Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 293).
Es bedarf jeweils eines zusätzlichen Gedankenschrittes, wie oben ausgeführt, um sich klar zu werden, wie mit der entsprechenden Ware oder Dienstleistung Profit erwirtschaftet werden soll. So kann die Veröffentlichung von Informationsmedien profitabel sein, weil sie sich mit dem richtigen Thema befasst, oder sie befasst sich mit dem Thema "Gewinn" und spricht dadurch einen Verkehrskreis an, der entsprechend profitabel wirtschaften möchte.
Das Herstellen von Datenträgern, Audio-, Video- und Softwareprogrammen wird im Zweifel immer für den Hersteller gewinnbringend sein, wenn er der Erwartung der Kunden entspricht und die Dinge herausbringt, die auf dem Markt gewinnbringend zu veräußern sind.
Vom Eintragungsverbot sollen jedoch nur solche Angaben erfasst werden, die "für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit Bezug auf die Ware beschreiben" (BGH WRP 1998, 745/ 746 - CHANGE). Das Gesamtzeichen "profit24" ist aber - auch als Qualitätshinweis - zu vage und allgemein, so dass die Eintragungsfähigkeit gegeben ist.
Grabrucker Baumgärtner Dr. Mittenberger-Huber Cl
BPatG:
Beschluss v. 29.09.2004
Az: 29 W (pat) 126/02
Link zum Urteil:
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