Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 13. August 2008
Aktenzeichen: 12 O 273/08

(LG Düsseldorf: Urteil v. 13.08.2008, Az.: 12 O 273/08)

Tenor

Die Einstweilige Verfügung der Kammer vom 02.06.2008 wird bestätigt.

Der Antragsgegner trägt auch die weiteren Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Antragstellerin ist der bekannte Fernsehsender "A.". Dieser wird als PAY-TV-Sender betrieben, d. h. die Antragstellerin schließt mit Fernsehzuschauern, die das Programm empfangen möchten, den so genannten Abonnementvertrag ab. Den Abon­nenten wird ein Decoder zur Verfügung gestellt, mit dessen Hilfe das zum weit überwie­genden Teil verschlüsselt ausgestrahlte Programm der Antragstellerin entschlüsselt und damit störungsfrei auf dem Bildschirm wahrnehmbar gemacht werden kann.

Die Antragstellerin ist von der B. lizenzierte Inhaberin der TV-Verwertungsrechte für die Spiele der B. Champions League für die Spielzeiten 2006/2007 bis 2008/2009. Diese Lizenzierung der exklusiven Verwertungsrechte berechtigt die Antragstellerin, sämtliche Champions-League-Begegnungen des jeweiligen Spieltages (Dienstag und Mittwoch) sowohl Privatkunden als auch gewerblichen Kunden zur Verfügung zu stel­len. Die Antragstellerin konzipiert, erstellt und produziert unter dem Label "C." vollständige sendefähige Sendungen zur Live-Ausstrahlung auf dem zu der D.- Gruppe gehörenden Sender E..

E. hat bei den am Mittwoch stattfin­denden Spielen der Champions League ein Erst­zugriffsrecht bei der Auswahl eines Spiels, das dann von E. ausgestrahlt wird. Bis auf das von E. ausgewählte Mitt­woch-Spiel werden alle Spiele der Champions League, insbesondere sämtliche am Dienstag stattfindende Spiele, live und exklusiv von der Antragstellerin ausgestrahlt.

Die Antragstellerin hat für die Übertragung der Spiele der B. Champions League ein eigenes Programmformat geschaffen. Das Team der Antragstellerin ist bei jedem Champions-League-Spiel mit mehreren Kamerateams und Reportern vor Ort und koor­diniert bzw. moderiert von einem eigenen Studio aus die Bildführung und Zuschaltung von sachkundigen Kommentatoren. Die Live-Übertragung wird mit Vorberichten und Expertenbefragungen eingeleitet und in der Halbzeit sowie nach Spielende mittels Spieler, Trainer und Expertenbefragungen analysiert. Die eigentliche Berichterstattung erfolgt aus einer Vielzahl verschiedener Kameraperspektiven unter gleichzeitiger Mode­ration mit Interviews und Expertenmeldungen. Sendungen werden im Namen und im Auftrag der Antragstellerin von der Firma "F." produziert. Sämtliche urheber- und leistungsschutzrechtlichen Verwertungs- und Nut­zungsrechte an den von der Firma G. im Auftrag der Antragstellerin produzierten Sendungen sind auf die Antragstellerin übertragen worden.

Den Abonnementverträgen der Antragstellerin mit ihren Privatkunden liegen die als Anlage ASt 3 überreichten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Antragstelle­rin zugrunde. Gemäß deren Ziffer 3.3 darf der Empfang des "A" Programms nur mit dem zur Verfügung gestellten Decoder zur eigenen privaten Nutzung erfolgen. Eine öffentliche Wiedergabe des Programms ist nicht gestattet. Neben den nur zum privaten Gebrauch berechtigten Abonnementverträgen werden auch sogenannte Gaststätten­abonnementverträge angeboten, denen die als Anlage ASt 4 überreichten AGB zugrunde liegen.

Die Antragstellerin trägt vor:

Der Antragsgegner betreibe in H. die Gaststätte "I.", für das - insoweit unstreitig - ein Gaststättenabonnementvertrag nicht abgeschlossen sei.

In der Gaststätte sei am 29. April 2008 das Sendesignal der Antragstellerin mit der Live-Übertragung des B.-Champions-League-Spiels FC J. gegen K. United öffentlich wahrnehmbar gemacht worden. Auf Antrag der Antragstellerin ist dem Antragsgegner durch Beschluss der Kammer vom 02. Juli 2008 untersagt worden, das von der Antragstellerin verschlüsselt ausgestrahlte Sendesignal ohne Zustimmung der Antragstellerin in der Gaststätte "I" in H. öffentlich wahrnehmbar zu machen.

Gegen diese einstweilige Verfügung hat der Antragsgegner Widerspruch eingelegt.

Die Antragstellerin beantragt, die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 02. Juni 2008 aufrecht zu erhalten.

Der Antragsgegner beantragt, unter Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom 02.06.2008 den Antrag der Antragstellerin vom 30. Mai 2008 zurückzuweisen.

Der Antragsgegner trägt vor:

Der Betreiber des Internet Cafes "I" sei nicht er persönlich, sondern die Firma L., deren Geschäftsführer er sei. Am frag­lichen Abend sei er nicht im Internet Cafe anwesend gewesen.

Der Antragsgegner bestreitet mit Nichtwissen, dass am fraglichen Abend Sendungen der Antragstellerin ausgestrahlt worden sind.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Prozessbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die Entscheidung der Kammer vom 02.06.2008 ist zu bestätigen. Auch nach Durchfüh­rung der mündlichen Verhandlung ist überwiegend wahrscheinlich, dass der Antrag­stellerin gegenüber dem Antragsgegner eine im Wege der einstweiligen Verfügung zur Sicherung ihrer Rechte durchsetzbarer Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG zusteht.

Die unberechtigte Nutzung des Sendesignals der Antragsstellerin beinhaltet einen Ein­griff in die urheberrechtlichen Verwertungsrechte der Antragstellerin gemäß §§ 15 Abs. 2, 22 UrhG.

Die von der Antragstellerin ausgestrahlten Champions-League-Programme sind urhe­berrechtlich geschützte Filmwerke im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 6 UrhG. Fernsehrepor­tagen und Wiedergabe von Ereignissen genießen urheberrechtlichen Schutz, soweit sie über die bloße Wiedergabe hinaus eine eigene schöpferische

Leistung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG enthalten (Wandke/Bullinger, Urheberrecht, 2. Auflage 2006, § 2 UrhG, Rdn. 22). Die Champions-League-Berichterstattung der An­tragstellerin geht unstreitig über die bloße Wiedergabe des Spielgeschehens bei einzel­nen Partien hinaus. Durch die Schnittregie, der Auswahl der Kameraperspektiven, Nah­aufnahmen und Zeitlupen der Wiederholung und Einspielungen einzelner Spielsequen­zen, der Schaltung zwischen den Spielen und die Einbindung mit Interviews, Analysen und Expertenbefragungen wird eine erhebliche eigenschöpferische Leistung erbracht.

Die Antragstellerin hat durch Vorlage der eidesstattlichen Versicherung von M. (Anlage ASt 6) glaubhaft gemacht, dass am 29.04.2008 in der Zeit von 21.55 Uhr bis 22.10 Uhr das B.-Champions-League-Spiel FC J. gegen K. United öffentlich wahrnehmbar gemacht worden ist. Soweit der Antragsgegner mit Nichtwissen bestreitet, dass die Sendung am fraglichen Tage ausgestrahlt worden ist, ist dies auch nach seinem eigenen Vorbringen nicht zu berücksichtigen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO. Denn Vorgänge im eigenen Geschäfts- und Verantwortungsbereich stehen "eigenen" Handlungen oder Wahrnehmungen im Sinne von § 138 Abs. 4 gleich.

Die Partei kann sich nicht durch eine arbeitsteilige Organisation ihres Betätigungsbe­reichs ihren prozessualen Erklärungspflichten entziehen, sondern muss innerhalb des­selben Erkundigungen anstellen (BGH NJW 95, 130 f).

Auch wenn man davon ausgeht, dass die Gaststätte "I." nicht von dem Antragsgegner persönlich, sondern von der L. betrieben wird, deren Geschäftsführer der Antragsgegner ist, so ist der Antrags­gegner passiv legitimiert. Bei juristischen Personen richtet sich der Anspruch aus § 97 UrhG auch gegen den handelnden Vertreter, es sei denn, dass dieser an den Rechts­verletzungen nicht teilgenommen hat und von diesen nichts gewusst hat (BGH GRUR 1986, 248,251 Sporthosen). Insoweit behauptet der Antragsgegner lediglich, dass es sich um einen einmaligen Verstoß handelt, der ihm unbekannt ist. Letzteres hat der An­tragsgegner, der insoweit beweispflichtig ist, indessen nicht glaubhaft gemacht. Gegen die Richtigkeit des Vorbringens spricht zum einen schon die Bezeichnung des Cafes mit "I.". Auch die Bezeichnung der "L.", die die Gaststätte nach dem Vorbringen des Antragsgegners betreiben soll, deutet darauf hin, dass in dem Internet Cafe umfassend über Sportveranstaltungen in­formiert wird und auch Live-Übertragungen von B.-Champions-League-Spielen er­folgen.

Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr folgt bereits aus dem Umstand, dass der Antragsgegner den Anspruch in Abrede stellt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Einer Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit bedurfte es nicht.






LG Düsseldorf:
Urteil v. 13.08.2008
Az: 12 O 273/08


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