Verwaltungsgericht Ansbach:
Beschluss vom 12. August 2010
Aktenzeichen: AN 4 S 10.01552

(VG Ansbach: Beschluss v. 12.08.2010, Az.: AN 4 S 10.01552)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit eines glücksspielrechtlichen Untersagungsbescheides der Regierung von Mittelfranken vom 16. Juni 2010.

Die Antragstellerin ist ein in Deutschland börsennotiertes Unternehmen mit Sitz in €. Sie hält zu 100 % die Anteile an der in € ansässigen €GmbH, deren 100 %iges Tochterunternehmen die € mit Sitz auf € ist. Diese ist das Mutterunternehmen der Firmen €, €, € (Sitz jeweils auf €) sowie der € (Sitz: €). Die Firmen € und €sind Anbieterinnen der Internetseite €, auf der die weltweite Teilnahme an Sportwetten, Casino-Spielen und Poker angeboten wird. Domaininhaberin dieser Internetseite ist die €.

Mit Bescheiden vom 26. August 2009 untersagte die Regierung von Mittelfranken der € und der € die Veranstaltung oder Vermittlung von öffentlichen Glücksspiel über das Internet in Bayern. Diesen Bescheiden wurde bislang keine Folge geleistet. Unter dem 28. September 2009 erließ die Regierung von Mittelfranken entsprechende Untersagungsbescheide gegen die € und die €. Auch diese wurden nicht befolgt. Der Antrag der € auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer unter dem Az. AN 4 K 09.01925 erhobenen Klage wurde vom Verwaltungsgericht Ansbach abgelehnt (Beschluss vom 12.3.2010, Az. AN 4 S 09.01969), das Beschwerdeverfahren ist noch anhängig.

Nach Anhörung der Antragstellerin untersagte die Regierung von Mittelfranken dieser mit Bescheid vom 16. Juni 2010, selbst oder durch Dritte (insbesondere durch Tochterunternehmen) öffentliches Glücksspiel über das Internet in Bayern zu veranstalten oder zu vermitteln sowie selbst oder durch Dritte (insbesondere durch Tochterunternehmen) hieran mitzuwirken. Für den Fall des Zuwiderhandelns nach dem Ablauf des 28. Juli 2010 wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 100.000,00 EUR angedroht. Gebühren für diesen Bescheid wurden in Höhe von 12.000,00 EUR erhoben.

In der Begründung wird ausgeführt, die Untersagungsanordnung stütze sich auf § 9 Abs. 1 Satz 2 des Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV). Das Angebot auf der Internetseite € verstoße gegen das Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlichen Glücksspiels im Internet nach § 4 Abs. 4 GlüStV. Dass die Antragstellerin nicht selbst als Veranstalterin oder Vermittlerin auftrete, sondern die Veranstaltung oder Vermittlung lediglich durch Urenkelunternehmen (€ und €) betreibe, stehe ihrer sicherheitsrechtlichen Störereigenschaft nicht entgegen. Sie besitze umfassende Kenntnis von den aufgeführten Aktivitäten ihrer Urenkelunternehmen sowie deren Muttergesellschaft, der €, und der € als deren Großmuttergesellschaft. Außerdem verfüge sie über umfassende Einflussmöglichkeiten auf das Handeln oder Unterlassen ihrer Tochter- und Enkelunternehmen sowie deren Tochterunternehmen. Als Mutterkonzern des gesamten €Konzerns sei sie für das von ihm unterhaltene Glücksspielangebot verantwortlich. Sie habe damit die Gefahr des Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 GlüStV geschaffen.

Auf der Internetseite€ werde öffentliches Glücksspiel im Sinne des § 3 GlüStV veranstaltet oder vermittelt. Um den Versuch des Unterlaufens der Untersagung durch Auswechslung des Unternehmens mit Veranstaltereigenschaft oder durch Auswechseln der Domain zu verhindern, werde nicht nur die Veranstaltung, sondern auch die Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel untersagt und dies nicht auf die Domain € beschränkt. Der Antragstellerin werde auch die Veranstaltung und Vermittlung öffentlichen Glücksspiels durch Dritte untersagt. Damit würden auch die Aktivitäten der Tochter- und Enkelunternehmen sowie deren Tochter- und Enkelunternehmen erfasst werden. Überdies werde der Antragstellerin auch jegliche Mitwirkung an der Veranstaltung oder Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel im Sinne des § 3 GlüStV über das Internet in Bayern untersagt. Dies umfasse Hilfsdienste in jeglicher Form, auch das selbst oder durch Dritte erfolgende Bereithalten von Internet-Domains, wie derzeit durch das Urenkelunternehmen €, sowie jegliche Anstiftungshandlungen zur Veranstaltung oder Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel über das Internet in Bayern, wie etwa durch entsprechende Aufforderungen an Dritte, z.B. an beauftragte Unternehmen, an Tochter-, Enkel- bzw. Urenkelunternehmen.

Auf welche Weise die Antragstellerin die auf Bayern beschränkte Untersagungsanordnung in Ziffer 1 des Bescheides erfülle, stehe in ihrem eigenen Ermessen. Eine Möglichkeit zur Erfüllung wäre die vollständige Einstellung des Glücksspielangebots, statt dessen bestehe auch beispielsweise die Möglichkeit des Einsatzes eines zuverlässigen technischen Internet-Geolokalisationsverfahrens oder der Ausschluss von Spielteilnehmern, die sich in Bayern aufhielten, mittels Mobilfunkortung. Diese Optionen seien jedoch nicht abschließend, der Antragstellerin stehe es frei, ein anderes Verfahren zum Ausschluss bayerischer Spielteilnehmer einzusetzen; die Anbringungen eines so genannten Disclaimers sei jedoch nicht ausreichend, ebenso wenig der Ausschluss von Spielteilnehmern, deren Wohnsitz in Bayern liege, weil nicht dieser, sondern der Aufenthaltsort des Spielers zum Zeitpunkt der Spielteilnahme maßgebend sei. Die Untersagungsanordnung entspreche auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Auf die weitere Begründung wird Bezug genommen.

Die Antragstellerin hat gegen diesen Bescheid unter dem Az. AN 4 K 10.01503 Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist.

Mit Fax vom 26. Juli 2010 beantragt sie, hier streitgegenständlich,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 16. Juni 2010 wiederherzustellen bzw. anzuordnen.

Die Klage wird damit begründet, dass sich das Geschäft der Antragstellerin darauf beschränke, Anlagebeteiligungen an unterschiedlichen Unternehmen zu vermitteln, insbesondere solche Anlagebeteiligungen zu erwerben oder auch wieder erfolgreich zu veräußern. Sie veranstalte weder Sportwetten noch Pokerspiele oder irgendwelche Glücksspiele und sei insbesondere auch nicht Inhaberin der Domain €. Auch vermittle sie solche Spiele nicht. Das Oberlandesgericht Köln habe mit mittlerweile rechtskräftigem Urteil vom 14. September 2007 zutreffend festgestellt, dass die Antragstellerin gerade keinen willentlichen oder adäquat kausalen Beitrag zu einem Sportwettangebot irgendeines anderen Unternehmens leiste, so dass folglich auch eine Haftung als €Störerin€ explizit ausscheide. Sie habe weder tatsächlich noch rechtlich Einfluss auf irgendwelche anderen Unternehmen, an denen sie Beteiligungen halte. Hierzu wäre sie mangels Personal und Kenntnis, letztlich aber auch mangels rechtlicher Kompetenz, gar nicht in der Lage. Zudem bestehe eine Bindungswirkung für andere Gerichte an die zutreffende bestandskräftige Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Köln zu diesem konkreten Gesichtspunkt. Es handle sich bei den auf € ansässigen Firmen gerade nicht um Tochterunternehmen, vielmehr sei das einzige Tochterunternehmen der Antragstellerin die Firma €, welche keine Glücksspiele anbiete und selbst auch nicht Mutter der € Firmen sei.

Im Übrigen würde es umfangreicher gesellschaftsrechtlicher Beschlüsse bedürfen, die zunächst einmal formal unter Berücksichtigung der Stimmrechte aller Aktionäre der Antragstellerin beschlossen werden müssten, um überhaupt irgendwelche Vorschläge oder Vorgaben an das Tochterunternehmen zu machen. Ob dieses dann wiederum diese Vorgaben gegenüber der € in € weitergeben bzw. umsetzen würde (wobei insoweit wohl € Gesellschaftsrechte gelte), und ob die € als Beteiligungsunternehmen wiederum Vorgaben oder Anordnungen gegenüber deren Tochterunternehmen in € erlassen würde oder überhaupt könne, sei völlig ungewiss und auch nicht näher dargelegt worden. Jedenfalls wäre dies innerhalb von fünf Wochen nicht machbar, sondern würde mehrere Monate in Anspruch nehmen, um alle gesellschaftsrechtlich erforderlichen Beschlüsse durchzuführen. Nach Kenntnis des Vorstandes der Antragstellerin sei dies aber schon rechtlich gar nicht möglich; ob die €Urenkeltochterunternehmen€ und deren Geschäftsführung dann überhaupt etwaigen Vorgaben folgen würden, sei völlig offen. Diese seien eigenständige Unternehmen mit eigenständiger Geschäftsführung, die auf Basis von Genehmigungen in € tätig seien und ihren - insoweit auch unterschiedlichen - Gesellschaftern verpflichtet seien. Der Antragstellerin könne daher gerade nicht eine Vorgabe an Urenkeltöchter in € machen, bestimmte Tätigkeiten einzustellen. Da sie selbst nie Sportwetten, Poker- oder andere Glücksspiele angeboten habe und dies auch nicht durch Dritte veranlasse, sei die Verfügung rechtswidrig, die Fünf-Wochen-Frist darüber hinaus auch ermessensfehlerhaft. Die Antragstellerin vermittle auch keine Sportwetten oder Pokerspiele und sei für entsprechende Angebote anderer Unternehmen nicht verantwortlich. Auch die Untersagung der Vermittlung durch Dritte sei rechtswidrig, weil hierfür kein Anlass bestehe. Im Übrigen verfügten die € Unternehmen über entsprechende Lizenzen nach dort geltendem Recht, welche auch das Angebot über das Internet explizit umfassten. Ob von dort aus überhaupt Kunden aus Bayern angesprochen würden, erscheine fraglich.

Nach derzeitigem Stand der Technik sei im Übrigen die Geolokalisation, wie durch verschiedene Gutachten und in der Rechtsprechung festgestellt, unausgereift und ermögliche daher den Betreibern einer Internetseite nicht, das vom Antragsgegner gewünschte Verhalten zu entfalten. Die vorgeschlagene Mobilfunkortung verstoße gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen und setze im Übrigen voraus, dass der Kunde ein Mobilfunkgerät habe. Daher werde von der Antragstellerin ein tatsächlich unmögliches Verhalten gefordert. Es sei im Übrigen Sache des Antragsgegners konkret aufzugeben und vorzugeben, wie er sich die Umsetzung der konkreten Verfügung vorstelle. Im Übrigen sei auch im Hinblick auf die theoretisch bestehenden technischen Möglichkeiten die Unverhältnismäßigkeit der gesetzten Fünf-Wochen-Frist zu beanstanden.

Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass der Glücksspielstaatsvertrag auch gegen geltendes Verfassungs- und Gemeinschaftsrecht verstoße. Im Übrigen sei auch das angedrohte Zwangsgeld unverhältnismäßig, nachdem der gesetzliche Rahmen bei 50.000,00 EUR ende. Es sei nicht ersichtlich, dass nicht auch ein niedrigeres Zwangsgeld ausreichen würde, im Übrigen erziele die Antragstellerin selbst keine Umsätze in Bayern, ob und in welchem Umfang dies durch die Urenkeltochterunternehmen erfolge, sei nicht ersichtlich. Auch sei bereits gerichtlich entschieden, dass die Festsetzung der Gebühren sich nicht am wirtschaftlichen Interesse des Unternehmens ausrichten dürfe. Auf die weiteren Ausführungen im Einzelnen wird Bezug genommen.

Die Regierung von Mittelfranken beantragt

die Ablehnung des Antrags.

Die streitgegenständliche Anordnung entspreche der obergerichtlichen Rechtsprechung und den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Insbesondere seien die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags mit europäischem Recht vereinbar. In der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung werde auch die sicherheitsrechtliche Störereigenschaft derjenigen Muttergesellschaften, deren Tochtergesellschaften Glücksspiele im Internet anböten, bejaht. Das Oberverwaltungsgericht Münster bestätige in seinem Beschluss vom 30. Juni 2010 (Az. 13 B 645/10) auch die sicherheitsrechtliche Störereigenschaft der Antragstellerin im Hinblick auf das von ihren Urenkelgesellschaften, der € und der €, angebotene Glücksspiel. Die wirtschaftlichen und gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen der Antragstellerin mit den erwähnten Tochter-, Enkel- und Urenkelgesellschaften ergebe sich aus deren Einbeziehung in den Konzernabschluss der Antragstellerin, welcher im Geschäftsbericht der Antragstellerin für das Jahr 2009 dargestellt sei. Auch bestehe nach § 121 Nr. 1 VwGO keine Bindungswirkung an die zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln für den am zivilrechtlichen Streit nicht beteiligten Antragsgegner. Die Störerauswahl sei auch ermessensgerecht. Die beiden Urenkelgesellschaften der Antragstellerin hätten jeweils Untersagungsbescheide vom 26. August 2009 erhalten. Nachdem diese nicht befolgt worden seien, seien Untersagungsverfügungen gegen die Tochter- und Enkelgesellschaft der Antragstellerin ergangen. Da auch diesen nicht entsprochen worden sei, sei es ermessensfehlerfrei, auch gegen die Antragstellerin als Urgroßmuttergesellschaft der Glücksspielanbieterinnen einen Untersagungsbescheid erlassen.

Es liege auch kein Fall der rechtlichen oder tatsächlichen Unmöglichkeit vor. Die Antragstellerin sei durch keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften gehindert, dem Verbot zu folgen. Sie habe auch die privat-rechtliche Verfügungsbefugnis über den Internetauftritt und könne daher Medieninhalte löschen oder beschränken. Es liege auch kein Fall der objektiven Unmöglichkeit vor. Die von ihr zitierte Rechtsprechung sei tatsächlich wie rechtlich überholt. Auch sei die verbleibende Umsetzungsfrist von fünf Wochen ausreichend. Nachdem es sich bei der Antragstellerin um eine inländische Gesellschaft handele, wäre die gesetzte Frist nicht einmal notwendig gewesen, nachdem der Bayerische Verwaltungsgerichtshof selbst für ausländische Gesellschaften einen Zeitraum von vier Wochen als ausreichend angesehen habe. Auch die Gebührenfestsetzung sei rechtmäßig, die von der Antragstellerin zitierte Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen sei vorliegend nicht einschlägig. Die Höhe des festgesetzten Zwangsgeldes sei im Hinblick auf die im Glücksspielsektor erzielbaren Umsätze und Gewinne nicht zu beanstanden.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakte sowie der Gerichtsakten des Klage- und Eilrechtsschutzverfahrens Bezug genommen.

II.

1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der von der Antragstellerin unter dem Az. AN 4 K 10.01503 erhobenen Klage ist zulässig, aber unbegründet. Nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung bestehen an der Rechtmäßigkeit des im Klageverfahren angefochtenen, gemäß § 9 Abs. 2 Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Bescheides der Regierung von Mittelfranken vom 16. Juni 2010 keine ernstlichen Zweifel. Der angefochtene Bescheid stützt sich zu Recht auf § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV und dient dem Vollzug des in § 4 Abs. 4 GlüStV normierten Verbotes, öffentliche Glücksspiele im Internet zu veranstalten oder zu vermitteln. Hiervon ausgehend ist die Regierung von Mittelfranken zum Erlass der streitgegenständlichen Untersagungsverfügung berechtigt.

1.1 Bei der von den Unternehmen € und € auf der Internetseite € angebotenen Teilnahme an Sportwetten, Poker- und Casinospielen handelt es sich, wie von der Antragstellerseite auch nicht bestritten wird, um öffentliches Glücksspiel im Sinn von § 3 Abs. 1 GlüStV, das im Internet veranstaltet wird. Gemäß § 3 Abs. 4 GlüStV wird öffentliches Glücksspiel dort veranstaltet, wo dem Spieler die Möglichkeit zur Teilnahme eröffnet wird. Bei der Spielteilnahme per Internet ist daher nicht der Standort des Servers, der Sitz der veranstaltenden Unternehmen oder der Ort der Quotenermittlung maßgeblich, sondern vielmehr der Ort, an dem sich der Internetzugang des Spielers befindet (BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008, Az. 1 BvR 928/08). Nachdem § 4 Abs. 4 GlüStVjeglicheVeranstaltung von öffentlichem Glücksspiel im Internet verbietet, liegen insoweit die Voraussetzungen für ein Einschreiten der Glücksspielaufsicht vor, ohne dass es auf die von der € Aufsichtsbehörde der € und der € erteilte Lizenzen ankommt.

1.2 Die Regierung von Mittelfranken hat als die gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AGGlüStV für den Erlass der auf Bayern beschränkten Untersagungsverfügung zuständige Behörde den streitgegenständlichen Bescheid auch zu Recht an die Antragstellerin gerichtet. Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur gebotenen und möglichen summarischen Prüfung spricht alles dafür, dass diese als Muttergesellschaft des gesamten €Konzerns für das Handeln ihrer Urenkelgesellschaften auf € verantwortlich ist. Die Antragstellerin bezeichnet sich in ihrer Unternehmenspräsentation (Version 31.12.2009; abrufbar unter € vgl. dort Seite 3 - Abfrage am 10.8.2010) selbst als börsennotierten Glücksspielkonzern, dessen Angebot von Sportwetten (inklusive Live-Wetten und Live-Streams) über Casino und Games bis Poker reicht und über die Lizenz für Sportwetten und Casino (ausgestellt durch €) verfügt. Auf Seite 5 der genannten Unternehmenspräsentation stellt sie dar, dass sie Muttergesellschaft der € ist, deren Tochterunternehmen wiederum die € ist, die wiederum jeweils die Anteile an den Unternehmen €, €, € und € hält. Aus dem Geschäftsbericht der Antragstellerin (abrufbar unter € - Abfrage am 10.8.2010) ergibt sich, dass in ihren Konzernabschluss die Abschlüsse der genannten Tochter-, Enkel- und Urenkelunternehmen einbezogen sind (vgl. dort Seiten 21, 22 sowie den Posten €Netto-Gaming-Erträge€, der sich aus Wettumsätze/Gaming/Provisionen, ausgezahlte Gewinne, andere Gaming-Erträge und Wettgebühren/Fremdleistungen in der Gewinn- und Verlustrechnung auf Seiten 16, 17 des Geschäftsberichts zusammensetzt). Hieraus wird nach Auffassung des Gerichts hinreichend deutlich, dass der Geschäftszweck der Antragstellerin auch auf die Tätigkeit ihrer Tochter- bzw. Enkel- und Urenkelgesellschaften ausgerichtet ist. Auf Grund ihrer wirtschaftlichen Verflechtung mit den Firmen € und €, welche die Internetseite € anbieten, sowie mit der €, welche die Domaininhaberin dieser Internetseite ist, eröffnet damit auch die Antragstellerin selbst den Spielern die Möglichkeit zur Teilnahme am Glücksspiel. Zwar behauptet die Antragstellerin, in keiner Weise mit dem Glücksspiel zu tun zu haben. Dies erscheint jedoch im Hinblick auf ihre Einbindung in den Konzernverbund und ihre Eigendarstellung als Glücksspielkonzern nicht nachvollziehbar.

Auf Grund der dargestellten Konzernstruktur vermag das Argument der Antragstellerin, sie sei ein reines Beteiligungsunternehmen ohne Einflussmöglichkeit auf ihre Tochter-, Enkel- und Urenkelgesellschaften nicht zu überzeugen. Vielmehr ist bei summarischer Prüfung davon auszugehen, dass die Antragstellerin selbst als Mutterunternehmen des Gesamtkonzerns auf die genannten Gesellschaften unmittelbar oder mittelbar beherrschenden Einfluss ausübt. Wie das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen im Beschluss vom 30. Juni 2010 (Az. 13 B 645/10, vgl. Seiten 6 bis 8 des amtlichen Entscheidungsumdrucks) ausführt, ergibt sich aus den aktienrechtlichen Bestimmungen (§§ 16 Abs. 1, 17 Abs. 2 AktG, § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG sowie § 291 AktG), dass die Antragstellerin als über die Tochter-, Enkel- und Urenkelgesellschaften trotz deren rechtlicher Selbständigkeit herrschendes Unternehmen anzusehen ist. Im Hinblick darauf und in der Zusammenschau mit der Selbstdarstellung der Antragstellerin spricht nichts dafür, dass es sich bei ihr um eine reine Holding ohne jeglichen Einfluss auf das operative Geschäft ihrer Tochterunternehmen handelt. Bei dieser Sachlage hat die Regierung von Mittelfranken daher ungeachtet der gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen der einzelnen Gesellschaften im Detail allen Anlass, (auch) gegen die Antragstellerin als (Mit-)Veranstalterin der dargebotenen Internet-Glücksspiele vorzugehen (vgl. auch OVG Lüneburg vom 3.4.2009, 11 ME 399/08; OVG Nordrhein-Westfalen vom 30.6.2010, a.a.O.; vom 12.11.2009, 13 B 959/09 m.w.N.; Juris). Dem steht auch nicht die Rechtskraftwirkung des Urteils des Oberlandesgerichts Köln vom 14. September 2007 (Az. 6 U 200/06) entgegen. Eine rechtswegübergreifende Bindungswirkung der zivilrechtlichen Entscheidung nach § 322 ZPO ist zum einen bereits auf Grund der fehlenden Identität der Prozessparteien ausgeschlossen. Zudem lag dem Urteil nicht derselbe Streitgegenstand wie der des hiesigen Verfahrens zugrunde, da es sich dort um eine wettbewerbsrechtliche Streitigkeit zwischen der € Lotterie€ und unter anderem der Antragstellerin handelte. Die Frage, inwieweit die dort getroffene Entscheidung, auf die sich die Antragstellerin beruft, allein auf den zivilrechtlichen Darlegungs- und Beibringungsgrundsatz zurückzuführen ist (vgl. hierzu OVG Nordrhein-Westfalen vom 30.6.2010, a.a.O., Seite 9 des amtlichen Entscheidungsumdrucks) kann daher dahinstehen.

1.3 Die der streitgegenständlichen Verfügung zugrunde liegenden Rechtsnormen sind nach ständiger Rechtsauffassung des Gerichts auch mit dem höherrangigen Recht vereinbar, so dass für die Kammer - im hier vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren - kein Anlass bestand, das Verfahren auszusetzen oder das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

Die vorliegend maßgeblichen Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages sind mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Eingriffe in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes) sind verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Die einschlägigen Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages dienen vorrangig dem Ziel, die Bevölkerung, insbesondere auch Kinder und Jugendliche, vor den Gefahren der Glücksspielsucht und der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität zu schützen (vgl. § 1 GlüStV). Damit werden überragend wichtige Gemeinwohlziele verfolgt, die selbst objektive Berufswahlbeschränkungen zu rechtfertigen vermögen, wie sie hier durch das Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet vorliegen. Insbesondere bei der Verhinderung von Glücksspielsucht und bei der wirksamen Suchtbekämpfung handelt es sich um besonders wichtige Gemeinwohlziele. Die maßgeblichen Regelungen sind auch zur Zweckerreichung geeignet, weil mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Die Eingriffe in die Berufsfreiheit sind zur Erreichung der von den Landesgesetzgebern angestrebten Ziele erforderlich. Der Eingriff in die Berufsfreiheit ist schließlich auch nicht übermäßig belastend oder unzumutbar. Eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe führt zu dem Ergebnis, dass die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist. Die Besonderheiten des Glücksspiels im Internet, namentlich dessen Bequemlichkeit und Abstraktheit, können problematisches Spielverhalten in entscheidender Weise begünstigen. Deshalb dient eine Begrenzung solcher Möglichkeiten unmittelbar der Spielsuchtprävention und somit einem Gemeinwohlbelang von hohem Rang (vgl. zum Ganzen BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008, Az. 1 BvR 928/08).

Die maßgeblichen Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages sind auch mit europäischem Recht vereinbar. Insbesondere ein Verstoß gegen den freien Dienstleistungsverkehr (Art. 56 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union) liegt nicht vor. Durch das Verbot des Veranstaltens und Vermittelns von Glücksspiel im Internet wird der freie Dienstleistungsverkehr zwar beschränkt. Diese Beschränkung ist jedoch gemeinschaftsrechtlich gerechtfertigt. Das Verbot dient zwingenden Gründen des Allgemeininteresses. Als solche sind der Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung, die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen und die Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen anerkannt. Die Beschränkungen des § 4 Abs. 4 GlüStV sind gemeinschaftsrechtlich verhältnismäßig. Dabei ist im Ausgangspunkt zu beachten, dass die Regelung der Glücksspiele zu den Bereichen gehört, in denen beträchtliche sittliche, religiöse und kulturelle Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten bestehen. In Ermangelung einer Harmonisierung des betreffenden Gebiets durch die Gemeinschaft ist es Sache der einzelnen Mitgliedsstaaten, in diesen Bereichen im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung zu beurteilen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergeben. Der Sache nach ist den Mitgliedsstaaten damit ein Beurteilungsspielraum eingeräumt. Gemessen hieran sind die in Rede stehenden Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages nicht zu beanstanden. Insbesondere sind die Regelungen geeignet, ihr Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Das Verbot des Veranstaltens und Vermittelns von Glücksspielen über das Internet gilt für sämtliche unter den Glücksspielstaatsvertrag fallende Glücksspiele und damit auch für dem Staatsmonopol unterliegende Glücksspiele. Die Regelung ist insoweit konsequent und in sich widerspruchsfrei an der Spielsuchts- und Betrugsbekämpfung durch Internetglücksspiel ausgerichtet (vgl. zum Ganzen etwa BayVGH, Beschluss vom 12.3.2010, Az. 10 CS 09.1734; BayVGH, Beschluss vom 22.7.2009, Az. 10 CS 09.1184 und 1185; OVG Münster, Beschluss vom 30.10.2009, Az. 13 B 736/09, Juris). Die Vereinbarkeit der maßgeblichen Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags mit europäischem Recht ergibt sich insbesondere auch aus den Schlussanträgen des Generalanwalts Paolo Mengozzi beim Europäischen Gerichtshof vom 4. März 2010 (Rs.C-46/08 - € sowie Rs.C-316/07 u.a. - €). Darin wird unter anderem auch überzeugend dargelegt, dass keine umfassende Pflicht zur wissenschaftlichen Vorabprüfung der spezifischen Suchtgefahren einzelner Glücksspiele besteht. Des weiteren wird hierdurch bestätigt, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV nur dann Bestand haben könnte, wenn es im Sinne einer so genannten Gesamtkohärenz in gleicher Weise auch bei anderen, vom Glücksspielstaatsvertrag nicht erfassten Glücksspielen (Pferdewetten, Spielautomaten etc.) gälte. Aus dem weiten Beurteilungsspielraum der Mitgliedsstaaten folgt - auch und gerade in einem föderalen System wie dem der Bundesrepublik Deutschland - eine Berechtigung zu sektoralen Unterscheidungen zwischen den einzelnen Glücksspielbereichen. Das Internetverbot ist auch nicht zur Erreichung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrages ungeeignet, da gerade die Bequemlichkeit und Abstraktheit des Glücksspiels per Internet die Spielsucht begünstigt. Die Regelungen des Glücksspieles, insbesondere auch das Internetverbot, sind auch erforderlich im gemeinschaftsrechtlichen Sinn. Angesichts der mit dem Glücksspiel über das Internet einhergehenden Sucht- und Kriminalitätsgefahren und der konsequenten Ausrichtung des Glücksspielrechts an der Bekämpfung dieser Risiken ist es nicht zu beanstanden, die Glücksspielmöglichkeit über das Internet generell zu verbieten. Gleich geeignete, die Glücksspieldienstleister weniger belastende Regelungen sind insoweit nicht ersichtlich. Die vorliegenden Regelungen sind zudem nicht diskriminierend.

1.4 Die Kammer hat auch keine ernsthaften Bedenken hinsichtlich der hinreichenden Bestimmtheit (vgl. Art. 37 Abs. 1 VwVfG) der Untersagungsanordnung in Ziffer 1 des Bescheids vom 16. Juni 2010. Die Behörde muss dem Betroffenen einer Untersagungsanordnung grundsätzlich nicht aufzeigen, auf welche Weise er dem Verbot Rechnung zu tragen hat (BVerwG vom 5.11.1968, BVerwGE 31,15,18). In der vorliegenden Fallkonstellation kann allein die Antragstellerin auf Grund ihrer Kenntnis der eigenen Konzernstrukturen beurteilen, wie sie die streitgegenständliche Untersagungsverfügung konkret in der für sie am geeignetsten erscheinenden Art und Weise umsetzen kann. Für das Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit im Sinne des Art. 37 Abs. 2 BayVwVfG ist es ausreichend, dass das Ziel der Anordnung für die Antragstellerin als Adressatin des Bescheids unzweideutig erkennbar ist, während ihr hinsichtlich der einzusetzenden Mittel, also der Verwirklichung dieses Ziels, die Wahlfreiheit gelassen wird (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.7.2009, a.a.O.; OVG Münster, Beschluss vom 30.10.2009, a.a.O.; Beschluss vom 5.11.2009, Az. 13 B 724/09; Juris).

1.5 Der Regierung von Mittelfranken steht auch die für den Erlass der angegriffenen Verfügung erforderliche Verbandskompetenz zu. Die Untersagungsanordnung in Ziffer 1 des Bescheides vom 6. Juni 2010 bezieht sich ausdrücklich auf den Ausschluss der Veranstaltung von Glücksspiel im Internet auf dem Gebiet des Freistaates Bayern. Nachdem sich, wie oben ausgeführt, der Veranstaltungsort gemäß § 3 Abs. 4 GlüStV nach dem Aufenthaltsort des Spielers richtet und die vom Ausland aus ins Internet gestellte Möglichkeit der Teilnahme am Glücksspiel in gleicher Weise gegen das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV verstößt wie ein innerhalb Deutschlands ins Netz gestelltes Angebot, ist die sich aus § 9 Abs. 1 GlüStV i.V.m. Art. 4 AGGlüStV ergebende Kompetenz der Regierung von Mittelfranken als die für Bayern zuständige Glücksspielaufsicht unabhängig vom Sitz der betroffenen Unternehmen gegeben. Ein hinreichender, die Verbandskompetenz begründender Anknüpfungspunkt zur vorliegenden Regelung liegt in dem Umstand, dass das Glücksspielangebot des Konzerns, dem die Antragstellerin angehört, mit ihrem Internetauftritten bestimmungsgemäß auch in Bayern getätigt wird und die streitgegenständlichen Anordnungen die Tätigkeit der Antragstellerin auf diesem Gebiet regeln (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 26.5.2009, Az. 27 L 1147/08; Juris). Nicht erforderlich ist insoweit, dass die sich in Bayern aufhaltenden Spielteilnehmer gezielt angesprochen werden, vielmehr reicht es aus, dass jedenfalls auch in Bayern befindlichen Spielern die Spielteilnahme auf der unter anderem auch in deutscher Sprache gehaltenen Internetseite ermöglicht wird.

1.6 Der Bescheid vom 16. Juni 2010 ist auch unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit rechtlich nicht zu beanstanden.

Die getroffenen Anordnungen sind geeignet, das in § 4 Abs. 4 GlüStV normierte Verbot der Veranstaltung von Glücksspielen im Internet in Bayern durchzusetzen. Insbesondere ist die Erfüllung dieser Anordnungen der Antragstellerin auch weder tatsächlich noch rechtlich unmöglich. Dem steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin behauptet, gegenüber ihren Urenkelgesellschaften, die das öffentliche Glücksspiel auf der Internetseite € veranstalten, nicht weisungsbefugt zu sein. Nachdem die Antragstellerin 100 %ige Anteilsinhaberin des Unternehmens ist, das wiederum Alleingesellschafterin der Holdinggesellschaft der fraglichen Unternehmen ist, hat sie - jedenfalls im Außenverhältnis - die tatsächliche Macht über diese, die es ihr in letzter Konsequenz zumindest ermöglichen würde, die fraglichen Unternehmen aufzugeben, um damit das von ihnen veranstaltete Glücksspiel zu unterbinden. Angesichts dessen und unter Berücksichtigung der oben (vgl. unter 1.2) dargestellten Konzernstruktur steht es für das Gericht nach summarischer Prüfung außer Frage, dass es der Antragstellerin tatsächlich möglich ist, auf die €, die € und die € dahingehend einzuwirken, dass diese jedenfalls für Spielteilnehmer aus Bayern die Spielteilnahme am öffentlichen Glücksspiel im Internet unterbinden. Deren tatsächliche Möglichkeit, als Anbieterinnen bzw. Domaininhaberin der fraglichen Internetseiten die Veranstaltung von Glücksspiel im Internet zumindest vollständig zu unterlassen, ist evident. Auch durch öffentlich-rechtliche Vorschriften sind weder diese noch die Antragstellerin selbst gehindert, der Untersagungsanordnung Folge zu leisten. Im Übrigen würden etwaige obligatorische Verpflichtungen im Innenverhältnis der verbundenen Unternehmen der öffentlich-rechtlichen Befolgungspflicht nicht entgegenstehen.

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. etwa Beschluss vom 20.11.2008, Az. 10 CS 08.2399; Beschluss vom 22.7.2009, a.a.O.; Beschluss vom 12.3.2010, a.a.O.; Juris), der sich das erkennende Gericht anschließt, ist die Beachtung der auf den Freistaat Bayern beschränkten Untersagungsverfügung dem Betroffenen auch dann zumutbar, wenn dieser dem nur durch das vollständige Unterlassen der beanstandeten Tätigkeit im Internet für das gesamte Bundesgebiet nachkommen könnte, weil § 4 Abs. 4 GlüStV für das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen im Internet grundsätzlich verbietet. Ein schützenswertes Interesse der Antragstellerin daran, das Glücksspielangebot ihrer Urenkelunternehmen im Internet nicht deutschlandweit aus dem Netz zu nehmen, ist daher nicht erkennbar. Das Verbot, im Internet Glücksspiele zu veranstalten, dient der Eindämmung der Spiel- und Wettsucht und untersagt daher jedermann eine derartige Tätigkeit unabhängig davon, ob der Veranstalter über eine Erlaubnis zur Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel verfügt oder nicht. Zu berücksichtigen ist, dass das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV nicht greift, soweit Internetnutzer im Ausland mittelbar durch die Untersagungsverfügung betroffen wären; anders als in der überwiegenden Zahl der bisher von der Kammer und - soweit ersichtlich - in den vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof entschiedenen Fällen haben jedenfalls die Tochtergesellschaft der Antragstellerin, sowie deren Enkel- und Urenkelgesellschaften ihren Sitz im Ausland. Es liegen auch keine konkreten Angaben vor, dass die Nutzung der von den Urenkelunternehmen betriebenen Internetseite, auf der öffentliches Glücksspiel angeboten wird, auch nur schwerpunktmäßig speziell von Deutschland aus erfolgt. Danach wäre die Angemessenheit der Untersagungsanordnung der Regierung von Mittelfranken womöglich dann nicht gewahrt, wenn der Antragstellerin keine andere Möglichkeit bliebe, dieser zu entsprechen, als darauf hinzuwirken, dass die Internetseiten, auf denen öffentliches Glücksspiel veranstaltet wird, vollständig, also weltweit, abgeschaltet werden. Das auf Bayern beschränkte Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot führt jedoch insoweit nicht zu unverhältnismäßigen Folgen für die Antragstellerin, als ihr zur weiteren Erschließung dieses im Ausland befindlichen Nutzerkreises jedenfalls der Einsatz von Geolokalisationstechnologie zur Verfügung steht (vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 20.11.2008, Az.: 10 CS 08.2399, RdNr. 50 des Amtlichen Entscheidungsumdrucks, sowie vom 20.11.2008, Az.: 10 Cs 08.2436, RdNr. 45 des Amtlichen Entscheidungsumdrucks). Nach der im Eilverfahren nur möglichen, aber ausreichenden summarischen Prüfung ist nach Überzeugung des Gerichts eine Internet-Geolokalisation nachNationalstaaten(womöglich im Gegensatz zu einer Unterscheidung nach Bundesländern) als technisch möglich anzusehen, nachdem diese, wie gerichtsbekannt ist, von Glücksspielanbietern derzeit auch tatsächlich praktiziert und von der Regierung von Mittelfranken akzeptiert wird. Nach den auch von der Antragstellerin aufgeführten und gerichtsbekannten Gutachten können leistungsfähige Geolokalisationsprogramme mit 99 %iger Wahrscheinlichkeit den Standort des Nutzers zwischen den europäischen Ländern unterscheiden (vgl. BayVGH, Beschluss vom 20.11.2008, a.a.O.). Vor diesem Hintergrund wird die Antragstellerin durch die getroffene Untersagungsanordnung weder rechtlich noch faktisch daran gehindert, durch ihre Urenkelunternehmen im europäischenAuslandweiterhin im Internet Glücksspiel zu veranstalten. Insoweit erübrigt es sich auch, auf die Möglichkeiten der Mobilfunkortung näher einzugehen.

Der Vollständigkeit halber wird noch darauf hingewiesen, dass die Untersagungsanordnung in Ziffer 1 des Bescheides vom 16. Juni 2010 auch nicht deshalb unverhältnismäßig ist, weil sie der Antragstellerin auch die Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel sowie entsprechendes Handeln durch Dritte untersagt. Soweit die Antragstellerin insoweit einwendet, dass weder sie noch ihre Tochter- bzw. Enkel- und Urenkelunternehmen öffentliches Glücksspiel vermitteln bzw. Dritte hierzu veranlassen, ist darauf hinzuweisen, dass es im Hinblick auf die weitreichenden Umgehungsmöglichkeiten im Internet rechtlich nicht zu beanstanden ist, dass die Regierung von Mittelfranken im Sinne einer effektiven Glücksspielaufsicht (vorsorglich) auch die Vermittlung von Glücksspiel sowie das Handeln durch Dritte in die Untersagungsanordnung aufgenommen hat. Auch die Erteilung von Auflagen zum Jugendschutz bzw. zur Suchtprävention steht vorliegend als milderes Mittel nicht zur Verfügung, weil das Verbot der Veranstaltung von öffentlichem Glücksspiel im Internet nach § 4 Abs. 4 GlüStV umfassend gilt und daher nur durch eine vollständige Untersagung umgesetzt werden kann.

1.7 Auch Ermessensfehler sind nach summarischer Prüfung nicht ersichtlich. § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV stellt es in das pflichtgemäße Ermessen der Glücksspielaufsicht, ob, wie und gegen wen sie bei Verstößen gegen den Glücksspielstaatsvertrag einschreitet. Die hier im Streit stehende Anordnung ist insoweit rechtsfehlerfrei. Das Einschreiten der Regierung von Mittelfranken entspricht dem Zweck des ihr in § 9 Abs. 1 Sätze 1, 2 und 3 GlüStV eingeräumten Ermessens und überschreitet dessen Grenzen nicht (Art. 40 BayVwVfG).

Insbesondere ist auch die von ihr getroffene Störerauswahl ermessensgerecht. Die Regierung von Mittelfranken hat zunächst mit Untersagungsbescheiden vom 26. August 2009 die Urenkelgesellschaften der Antragstellerin, die € und €, als Anbieterinnen der Internetseite und damit Handlungsstörer zur Unterlassung der Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel im Internet für Teilnehmer in Bayern verpflichtet. Nachdem diese bislang dieser Anordnung nicht nachgekommen sind, hat sie sodann mit Bescheiden vom 28. September 2009 entsprechende Untersagungsanordnungen gegen die Enkel- und die Tochtergesellschaft der Antragstellerin (€ und €) erlassen, denen ebenfalls nicht Folge geleistet wurde. Im Hinblick auf die gesellschaftsrechtliche Verknüpfung der Unternehmen ist es auch unter dem Gesichtspunkt der pflichtgemäßen Ermessensausübung rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Regierung von Mittelfranken nunmehr an die Antragstellerin als Muttergesellschaft des Gesamtkonzerns und €Urgroßmuttergesellschaft€ der das Glücksspiel anbietenden Unternehmen herantritt, um den andauernden Verstoß gegen das Verbot aus § 4 Abs. 4 GlüStV zu unterbinden. Im Übrigen sind nach allgemeinen sicherheitsrechtlichen Grundsätzen Handlungs- und Zustandsstörer gesamtschuldnerisch zur Beseitigung der Störung verpflichtet. Wen von mehreren Störern die Behörde in Anspruch nimmt, liegt grundsätzlich in ihrem Ermessen (BayVGH, Urteil vom 22.4.1992, Az. 2 B 90.1348, BayVBl 1993, 147).

1.8 Rechtliche Bedenken bestehen im Rahmen der summarischen Prüfung auch nicht hinsichtlich der unter Ziffer 3 des Bescheides verfügten Frist, innerhalb derer die Antragstellerin der Untersagungsanordnung nachkommen muss. Nachdem die Antragstellerin bzw. deren Unternehmensverbund unmittelbar im Bereich des öffentlichen Glücksspiels tätig sind, trifft die Antragstellerin die Obliegenheit, sich hinsichtlich der rechtlichen Verhältnisse in den Staaten, in denen der Konzern tätig wird, kundig zu machen. Insoweit war ihr spätestens seit dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Januar 2008 bekannt, dass öffentliches Glücksspiel im Internet unabhängig von bestehenden (ausländischen) Lizenzen im gesamten Bundesgebiet verboten ist. Ihr blieb damit ausreichend Gelegenheit, sich auf die veränderte rechtliche Situation in Deutschland einzustellen bzw. entsprechend auf ihre Urenkelunternehmen einzuwirken.

1.9 Hinsichtlich der Höhe des in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheides vom 16. Juni 2010 angedrohten Zwangsgeldes von 100.000,00 EUR hat die Kammer nach summarischer Prüfung ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit. Nach Art. 31 Abs. 2 BayVwZVG beträgt das Zwangsgeld mindestens 15,00 EUR und höchstens 50.000,00 EUR. Das Zwangsgeld soll das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen. Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so kann es überschritten werden. Das wirtschaftliche Interesse des Pflichtigen ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu schätzen. Der Antragsgegner hat das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin auf ein Vielfaches von 100.000,00 EUR geschätzt. Auch wenn diese Schätzung im Rahmen des Hauptsacheverfahrens im Einzelnen noch zu hinterfragen sein wird, erscheint es keinesfalls fernliegend, dass sich das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin mindestens auf einen Betrag von 100.000,00 EUR beläuft. Im Hinblick auf die Erläuterungen und Ergebnisse des Geschäftsberichts der Antragstellerin für das Jahr 2009 (vgl. Blatt 219 ff. der Behördenakte) vermag das Gericht nach summarischer Prüfung nicht festzustellen, dass der Antragsgegner insoweit die gesetzlichen Grenzen des ihm in Art. 31 Abs. 2 Satz 4 BayVwZVG eingeräumten pflichtgemäßen Ermessens überschritten hätte.

1.10 Auch die unter Ziffer 5 des Bescheides vom 16. Juni 2010 festgesetzte Gebühr in Höhe von 12.000,00 EUR begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Nach Art. 5 Abs. 2 Satz 1 KG ist die Höhe der Gebühr im Kostenverzeichnis - hier nach Tarif Nr. 2 IV.1/3.2 zwischen 500,00 EUR und 50.000,00 EUR - nach dem Verwaltungsaufwand aller an der Amtshandlung beteiligten Behörden und Stellen und nach der Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten festzulegen. Hinsichtlich des Kriteriums des Verwaltungsaufwands wird auf die bei den Beteiligten als bekannt vorauszusetzende tatsächliche wie rechtliche Komplexität der Glücksspielmaterie (vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 22.7.2009, Az. 10 CS 09.1184/1185, Juris) hingewiesen. Hinsichtlich des Kriteriums der Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten kann auf die ebenfalls als bekannt vorauszusetzenden, in der Glücksspielbranche zu erzielenden ganz erheblichen Umsätze und Gewinne (siehe auch oben unter 1.9) verwiesen werden.

Bei der Gebührenfestsetzung durch den Antragsgegner sind gerichtlich überprüfbare Ermessensfehler (vgl. § 114 Satz 1 VwGO) oder sonstige Rechtsfehler zu Lasten der Antragstellerin ebenfalls nicht ersichtlich. Die von der Antragstellerin zitierte Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Münster (vgl. Beschluss vom 2.2.2009, Az. 9 B 1788/08, Juris), ist auf das im Wortlaut abweichende bayerische Landesrecht nicht übertragbar.

2. Die Antragstellerin trägt als unterliegender Teil nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens.

3. Die Festsetzung des Streitwerts erfolgt gemäß §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Ziffern 1.5 und 1.6.2 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit unter Zugrundelegung der Höhe des angedrohten Zwangsgeldes, das die wirtschaftliche Bedeutung der Sache nach summarischer Prüfung jedenfalls nicht unterschreitet (vgl. oben Ziffer 1.9).






VG Ansbach:
Beschluss v. 12.08.2010
Az: AN 4 S 10.01552


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/2631ad1229f3/VG-Ansbach_Beschluss_vom_12-August-2010_Az_AN-4-S-1001552




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