Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 23. August 2010
Aktenzeichen: AnwZ (B) 17/10
(BGH: Beschluss v. 23.08.2010, Az.: AnwZ (B) 17/10)
Tenor
Die sofortigen Beschwerden des Antragstellers gegen die Beschlüsse des ersten Senats des Anwaltsgerichtshofs Berlin vom 11. März 2009, vom 26. Juni 2009 und vom 19. Oktober 2009 werden als unzulässig verworfen.
Der Antragsteller hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller erhob mit Schreiben vom 13. August 2007 Klage beim Anwaltsgericht B. mit den Anträgen, a) festzustellen, dass seine Verzichtserklärung auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft vom 26. Juli 1989 im Termin vor dem Ehrengericht für Rechtsanwälte - 1 - und die darauf gestützte Rücknahmeverfügung der Antragsgegnerin zu 2 unwirksam waren und er über den 31. Dezember 1989 hinaus bei dem LG B. zugelassener Rechtsanwalt ist, b) hilfsweise, ab 1. Januar 1990 die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt i.R. führen zu dürfen, c) auf Schadensersatz, weil er seit dem 1. Januar 1990 nicht mehr als Rechtsanwalt zugelassen ist, d) ihn im Wege der einstweiligen Anordnung bis zur Entscheidung in der Hauptsache als Rechtsanwalt zuzulassen, hilfsweise, ihm die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt i.R. zu gestatten.
Das Anwaltsgericht hat die Klage an den Anwaltsgerichtshof B. verwiesen. Der Anwaltsgerichtshof hat mit Beschluss vom 11. März 2009 das Verfahren wegen Schadensersatzes abgetrennt und zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht B. verwiesen. Im Übrigen hat er die Anträge zurückgewiesen. Der am 18. Januar 2010 zu den Akten gelangte Beschluss ist dem Antragsteller am 20. Januar 2010 zugestellt worden.
Mit Schriftsätzen von 20. März 2009 und vom 15. Juli 2009 hatte der Antragsteller jeweils ein Mitglied des Senats des Anwaltsgerichtshofs als befangen abgelehnt. Der Anwaltsgerichtshof hatte diese Anträge mit Beschlüssen vom 26. Juni 2009 und vom 19. Oktober 2009 zurückgewiesen. Der Antragsteller hat gegen alle drei Beschlüsse jeweils sofortige Beschwerde eingelegt und für das weitere Verfahren Prozesskostenhilfe beantragt.
II.
Über die Rechtsmittel ist gemäß § 215 Abs. 2 und 3 BRAO nach den vor dem 1. September 2009 geltenden Verfahrensvorschriften zu entscheiden.
1. Gegen die Zurückweisung seiner Ablehnungsgesuche durch den Anwaltsgerichtshof ist ein Rechtsmittel zum Bundesgerichtshof nicht statthaft. § 42 Abs. 1 BRAO a.F., der die sofortige Beschwerde regelt, bezieht sich nur auf endgültige Entscheidungen in der Hauptsache (BGH, Beschlüsse vom 26. März 2007 - AnwZ (B) 16/06 - und vom 23. Juli 2008 - AnwZ (B) 96/07).
2. Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 11. März 2009 ist unzulässig.
a) Die Ablehnung eines Antrags auf einstweilige Anordnung ist aus dem zu 1. genannten Grund nicht anfechtbar (BGH, Beschluss vom 29. Mai 2000 - AnwZ (B) 34/99, BRAK-Mitt. 2000, 259).
b) Hinsichtlich der Verweisung an das Landgericht B. ist die sofortige Beschwerde nicht zulässig, weil sie der Anwaltsgerichtshof als oberes Landesgericht im Sinne des § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG nicht zugelassen hat. Die Zulassung ist aber zwingende Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels (vgl. BGH, Beschluss vom 22. März 2010 - AnwZ (B) 114/09).
c) Die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung des Feststellungsantrags ist unzulässig. Sie wurde weder nach § 223 Abs. 3 BRAO a.F. zugelassen, noch ergibt sich ihre Zulässigkeit aus direkter oder entsprechender Anwendung von § 42 BRAO a.F.
Eine Auslegung des Feststellungsantrags als Antrag auf Aufhebung des auf den Verzicht ergangenen Widerrufsbescheids oder als auf (erneute) Zulassung zur Rechtsanwaltschaft gerichtetes Verpflichtungsbegehren (§ 42 Abs. 1 BRAO a.F.) kommt nicht in Betracht, weil der Antragsteller, wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem Anwaltsgerichtshof klargestellt hat, eine Zulassung nicht mehr anstrebt.
Da mithin die Entscheidung über den Feststellungsantrag nicht unmittelbar an die berufliche Existenz des Antragstellers rührt, liegen auch die Voraussetzungen nicht vor, unter denen der Senat in früheren Entscheidungen bei - ihrerseits nur ausnahmsweise zulässigen (BGH, Beschluss vom 1. März 1993 - AnwZ (B) 29/92, BRAK-Mitt. 1993, 105) - Feststellungsbegehren eine zulassungsfreie sofortige Beschwerde in entsprechender Anwendung von § 42 BRAO a.F. erwogen hat (BGHZ 34, 244, 250 f.; BGH, Beschluss vom 22. Mai 1985 - AnwZ (B) 42/84, NJW 1985, 1842, 1843; offen gelassen in BGH, Beschluss vom 21. Februar 2007 - AnwZ (B) 86/06, NJW-RR 2007, 1071). Diese Rechtsprechung ist zudem überholt, seit das Gesetz zur Änderung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte vom 13. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2135) die sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs im Verfahren nach § 223 BRAO a.F. unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 dieser Vorschrift ermöglicht und damit die früher in diesem Bereich bestehende Rechtsschutzlücke geschlossen hat. Für eine entsprechende Anwendung des § 42 BRAO a.F. gegenüber Entscheidungen des Anwaltsgerichtshofs, die - wie hier - im Verfahren nach § 223 BRAO a.F. ergehen, besteht seither kein Bedürfnis mehr (BGH, Beschluss vom 21. Juli 2009 - AnwZ (B) 50/09, NJW-RR 2010, 491).
d) Hinsichtlich des Hilfsantrags, die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt i.R. führen zu dürfen, fehlt es ebenfalls an einer Zulassung der sofortigen Beschwerde durch den Anwaltsgerichtshof (§ 223 Abs. 3 BRAO a.F.).
e) Da das Rechtsmittel - worauf der Beschwerdeführer hingewiesen worden ist - unzulässig ist, scheidet eine Überprüfung des angefochtenen Beschlusses in sachlicher und verfahrensmäßiger Hinsicht aus. Dementsprechend kann der Beschwerdeführer auch nicht mit seiner Rüge gehört werden, dass die Entscheidung erst mehr als fünf Monate nach der mündlichen Verhandlung unterzeichnet und der Geschäftsstelle zur Zustellung zugeleitet worden ist.
3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ist abzulehnen, da die Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO).
4. Über das Prozesskostenhilfegesuch und die unzulässigen Rechtsmittel kann der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden (vgl. BGHZ 44, 25, 26).
Tolksdorf Roggenbuck Schäfer Kappelhoff Martini Vorinstanz:
AGH Berlin, Entscheidung vom 11.03.2009 - I AGH 23/07 -
BGH:
Beschluss v. 23.08.2010
Az: AnwZ (B) 17/10
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