Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Februar 2005
Aktenzeichen: 25 W (pat) 155/04
(BPatG: Beschluss v. 24.02.2005, Az.: 25 W (pat) 155/04)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Bezeichnungist am 31. März 1999 für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 35, 36 und 42 zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patentund Markenamts hat die Anmeldung durch eine Prüferin des gehobenen Dienstes mit Beschluss vom 1. Februar 2002 teilweise gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen.
Für die von der Zurückweisung erfassten Dienstleistungen fehle der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft. Unter dem Begriff "Vorsorge" verstünde man Maßnahmen, mit denen einer möglichen späteren Entwicklung oder Lage vorgebeugt werden solle, durch die eine spätere materielle Notlage oder eine Krankheit nach Möglichkeit vermieden werden solle. Der weitere Markenbestandteil "Goldene" stelle ein in der Werbesprache gebräuchliches Produktversprechen im Sinne von "exklusiv, besonders, herausragend, hervorstechend" dar. In der Gesamtheit der Wortverbindung sähen die angesprochenen Verkehrskreise bezüglich der zurückgewiesenen Dienstleistungen ohne weitere analytische Betrachtung eine unmittelbar beschreibende Sachaussage, nämlich, dass sie dazu bestimmt und geeignet seien, eine qualitativ sehr hohe Vorsorge zu leisten. Die graphische Ausgestaltung, die sich auf übliche Mittel hinsichtlich Schriftart, Schriftgröße und Farbe beschränke, sei nicht geeignet, das Schutzhindernis mangelnder Unterscheidungskraft zu überwinden.
Die Anmelderin hat Beschwerde erhoben. Nachdem die Beschwerde zunächst vor dem 24. Senat des Bundespatentgerichts am 18. November 2003 verhandelt und in dieser Sitzung ins schriftliche Verfahren übergegangen wurde, hat dieser die Sache an den 25. Senat abgegeben, da die korrekte Bezeichnung der Anmelderin "Bestattungsinstitut Denk GmbH & Co. TRAUER HILFE KG" laute, wobei als individueller Eigenname nur "Denk" in Betracht komme. Nach der maßgeblichen Geschäftsverteilung fallen Verfahren in der Leitklasse 42 in den Zuständigkeitsbereich des 25. Senats, soweit der Anfangsbuchstabe des Namens des ursprünglichen Markenanmelders nicht mit den Buchstaben M-Z beginnt. Im Beschwerdeverfahren hat der Anmelder ein neues Waren-/Dienstleistungsverzeichnis eingereicht. Unter Berücksichtigung der Teilzurückweisung durch den Beschluss der Markenstelle und der im Beschwerdeverfahren vorgenommenen Einschränkung des Warenund Dienstleistungsverzeichnisses ist die Zurückweisung der Anmeldung für die Dienstleistungen
"Werbung; Büroarbeiten, einschließlich Arbeitnehmerüberlassung auf Zeit, Aufstellung von Statistiken, Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften für andere sowie von Verträgen über Anschaffung und Veräußerung von Waren, ausgenommen für den Vorsorgebereich; Buchführung, Ermittlung in Geschäftsangelegenheiten, Vervielfältigung von Dokumenten; Ausgabe von Kreditkarten, Nachforschung in Geldangelegenheiten; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, letzteres ausgenommen für den Vorsorgebereich"
noch Gegenstand der Beschwerde.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den Beschluss vom 1. Februar 2002 aufzuheben, soweit die Eintragung für die nach der Einschränkung des Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses noch beanspruchten Dienstleistungen versagt worden ist.
Sie ist der Auffassung, dass der angemeldeten Marke weder jegliche Unterscheidungskraft fehle, noch an ihr ein Freihaltebedürfnis im Verkehr bestehe. Bereits der Wortbestandteil sei unterscheidungskräftig, da es sich um eine ungewöhnliche Kombination handele, die keinen beschreibenden Charakter aufweise. Für den Verkehr gäbe es keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen "Gold" und "Vorsorge". Die Aussage der Wortkombination bleibe völlig offen, und es bedürfe mehrerer Gedankenschritte, um die Bedeutung der Begriffskombination zu ermitteln, zumal "Goldene" zunächst einmal eine einfache Farbbezeichnung darstelle. Die Kombination der beiden Begriffe und die graphische Darstellung des Zeichens wiesen die erforderliche Originalität und Phantasie auf, um als individualisierendes Betriebskennzeichen angesehen zu werden. Außerdem bestehe im vorliegenden Fall auch kein Freihaltungsbedürfnis, da der Bezeichnung kein eindeutig definierbarer Sinngehalt zukomme und von Mitbewerbern nicht benötigt werde.
Auf Anfrage bat die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 15. Dezember 2004, ohne erneute mündliche Verhandlung zu entscheiden.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Für die Entscheidung über die Beschwerde ist nach der maßgeblichen Geschäftsverteilung des Bundespatentgerichts der 25. Senat zuständig, da als individueller Eigenname der Anmelderin nur "Denk" in Betracht kommt, wenn man die im Anmeldeformular angegebene Bezeichnung "Trauerhilfe DENK" zugrunde legt. Selbst wenn man die eingetragene Firma als Grundlage nähme, wäre der 25. Senat zuständig.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, da der Eintragung der angemeldeten Marke für die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen jedenfalls das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegen steht.
Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (st. Rspr.; BGH, GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2001, 1151, 1152 -marktfrisch; GRUR 2001, 1153, 1154 -anti KALK). Dabei steht die Herkunftsfunktion im Vordergrund der markenrechtlichen Beurteilung, wobei ihr gerade für die Beurteilung der Unterscheidungskraft die allein maßgebliche Bedeutung zukommt (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 8 Rdn 44).
Für die von der Zurückweisung noch betroffenen Dienstleistungen stellt sich die angemeldete Marke jedoch nicht als betrieblicher Herkunftshinweis, sondern als reine Sachangabe in dem Sinne dar, dass diese von einem Unternehmen stammen oder erbracht werden, das eine besondere Vorsorge anbietet. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Eintragung eines Zeichens bereits dann für einen beanspruchten Oberbegriff ausgeschlossen ist, wenn sich auch nur für eine spezielle, unter den Oberbegriff fallende Ware oder Dienstleistung ein Eintragungshindernis ergibt (BGH WRP 2002,91 - AC). Das Eintragungshindernis kann sich zudem nicht nur aus dem Bezug des Zeichens zu der Ware oder Dienstleistung selbst ergeben, sondern auch daraus, dass die angesprochenen Verkehrskreise im Hinblick auf den möglichen Inhalt oder Gegenstand der jeweiligen Waren bzw Dienstleistungen in dem beanspruchten Zeichen eine Sachinformation sehen (BGH GRUR 2003, 342 - Winnetou; EuG GRUR Int. 2001, 864, 866 - CINE COMEDY; BPatG MarkenR 2002, 299, 301 - OEKOLAND).
In vielen Lebensbereichen wird von "Vorsorge" gesprochen (zB Altersvorsorge, Schwangerschaftsvorsorge, Daseinsvorsorge). Bei Bestattungsunternehmen, wie es die Anmelderin ist, spielt die Vorsorge ebenfalls eine erhebliche Rolle. So hat der erkennende Senat bereits die Bezeichnung "TRAUERVORSORGE" bei entsprechenden Dienstleistungen nicht für schutzfähig erachtet (PAVIS PROMA, Kliems, 25 W (pat) 025/03), da Bestattungsunternehmen heute vielfältige und in zunehmendem Maße eine umfassende Betreuung und Vorsorgedienstleistungen für den Todesund Trauerfall anbieten, wobei sogar jemand zu Lebzeiten bereits für den Fall seines Ablebens vorsorgen kann, indem zum Beispiel die Einzelheiten der Bestattung und Grabpflege geklärt und deren Finanzierung sowie Abwicklung der Angelegenheiten Verstorbener und auch Familienangehöriger geregelt werden können. Da es sich bei dem Wort Vorsorge um einen Oberbegriff handelt, der auch die Trauervorsorge umfassen kann, wird er gleichermaßen als Sachbezeichnung verstanden. Als Oberbegriff stellt er sogar für einen noch weiteren Bereich eine Sachangabe dar als für den Bereich, der bei der Anmelderin als Bestattungsunternehmen im Vordergrund steht, auf den das Verzeichnis der Warenund Dienstleistungen aber nicht beschränkt ist.
Die angemeldeten Dienstleistungen der Klasse 35 können die Vorsorge, dabei auch die für den Trauerfall zum Gegenstand und Inhalt haben. So wird ständig in verschiedenen Medien für einschlägige Dienstleistungen "Werbung" gemacht. Für den Trauerfall können auch "Büroarbeiten, einschließlich Arbeitnehmerüberlassung auf Zeit, Aufstellung von Statistiken, Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften für andere sowie von Verträgen über Anschaffung und Veräußerung von Waren, Buchführung, Ermittlung in Geschäftsangelegenheiten, Vervielfältigung von Dokumenten" angeboten werden, etwa wenn der Verstorbene einen eigenen Betrieb hat, der ohne Verzögerungen weitergeführt werden soll, oder Haushaltsabwicklungen vorzunehmen sind. Soweit dabei die Anmelderin hinsichtlich einzelner Dienstleistungen der Klasse 35 den Vermerk "ausgenommen für den Vorsorgebereich" aufgenommen hat, ändert dies nichts daran, dass der Verkehr in dem Begriff eine reine Sachangabe sieht. Er wird den angemeldeten Begriff nicht als Herkunftshinweis auffassen, wenn er ihm bei einem Bestattungsunternehmen nicht nur im Vorsorgefall, sondern auch allgemein, etwa im Trauerfall begegnet. Die Einschränkung "ausgenommen für den Vorsorgebereich" ist zudem wirtschaftlich und rechtlich nicht eindeutig bestimmbar, so dass sie die Schutzfähigkeit nicht begründen kann (vgl zur Problematik von Ausnahmevermerken Paul Ströbele, Die strenge und vollständige Prüfung - "Libertel" und seine Umsetzung in Deutschland, GRUR 2005, 93, 95).
Die angemeldeten Dienstleistungen der Klasse 36 können ebenfalls im Rahmen einer Vorsorge angeboten werden. So können zB in diesem Zusammenhang Treuhandverträge geschlossen werden oder Konten mit erheblichen Geldbeträgen zu betreuen sein, wobei auch die "Ausgabe von Kreditkarten" in Betracht kommt, bei deren Vertrieb sogar Bestattungsunternehmen beteiligt sein können. Die Dienstleistung "Nachforschung in Geldangelegenheiten" kann auch im Rahmen einer Vorsorge angeboten werden, zB wenn Erben über die Vermögensund Versicherungsverhältnisse des Erblassers nicht informiert und Nachforschungen erforderlich sind.
Die Dienstleistungen "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, ausgenommen für den Vorsorgebereich" können ebenfalls den Trauerfall allgemein zum Inhalt und Gegenstand haben, indem zB entsprechende Datenverarbeitungsprogramme dafür erstellt werden, mit denen die vielfältigen anfallenden Erledigungen erleichtert werden können. Soweit letztere Dienstleistung wiederum für den Vorsorgebereich ausgenommen ist, ändert dies nichts daran, dass der Verkehr die Bezeichnung als Sachangabe auffasst, da davon auszugehen ist, dass Programme, die ganz allgemein oder für den Trauerfall erstellt werden, auch für den Vorsorgebereich von Bedeutung sein können, und daher die Dienstleistungen so eng beieinander liegen, dass er die Angabe nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffasst, auch wenn im konkreten Fall das Programm nicht speziell für den Vorsorgebereich erstellt wurde. Auch insoweit ist die Einschränkung zudem nicht hinreichend bestimmt.
Die Kombination der Sachangabe mit dem Adjektiv "Goldene" führt nicht von der Sachangabe weg, sondern stellt sie in den Vordergrund, da im Deutschen dieses Adjektiv die besondere Qualität unterstreicht. Eine Reduzierung auf eine Farbangabe findet nicht statt, um so weniger als Dienstleistungen keine Farbe haben. So sind deutschen Verkehrskreisen zB Ausdrücke wie "Goldene Regel" und "Goldener Rat" bekannt, bei denen das Adjektiv die Güte hervorhebt, dagegen nicht als Farbabgabe verstanden wird. Gleichermaßen versteht der Verkehr auch in Verbindung mit dem Begriff "Vorsorge" das Adjektiv nicht als Farbangabe, sondern als Qualitätshinweis.
Der Senat sieht auch keine Möglichkeit, wie das Verzeichnis durch eine konkretere Einschränkung so gefasst werden könnte, dass die Marke nicht mehr als Sachangabe aufgefasst wird.
Entgegen der Auffassung der Anmelderin ist die bildliche Ausgestaltung nicht geeignet, das Schutzhindernis der mangelnden Unterscheidungskraft zu überwinden, da sie lediglich als Ausschmückung der schutzunfähigen Angabe wirkt (vgl BGH, GRUR 2001, 1153 -anti KALK). Soweit die Anmelderin die graphische Gestaltung dahin deutet, dass mit Hilfe der Vergrößerung des Anfangsund Endbuchstabens möglicherweise symbolisch die Geburt und das Ende des Lebens dargestellt werde, was durch den schwarzen Schriftzug mit dem hellgrau zu schwarz verlaufenden Balken in der Gesamtkombination untermauert werde, kann dies die Schutzfähigkeit ebenfalls nicht begründen. In der Regel wird der Verkehr entsprechende Überlegungen gar nicht anstellen und den vorgetragenen Symbolgehalt nicht erkennen. Selbst wenn man sie ihm mitteilen sollte, besteht für ihn deshalb noch kein Anlass, in der vorliegenden einfachen, wenngleich gefälligen Gestaltung eine Marke zu sehen, zumal es zB bei Todesanzeigen, bei deren Gestaltung Bestattungsunternehmen ebenfalls mitwirken können, phantasievollere graphische Gestaltungen gibt.
Da der Eintragung der angemeldeten Marke für die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen bereits das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegensteht und die Beschwerde der Anmelderin bereits deshalb zurückzuweisen war, kann dahingestellt bleiben, ob und in welchem Umfang das angemeldete Zeichen diese Dienstleistungen auch unmittelbar beschreibt und daher auch das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG der Eintragung entgegensteht.
Kliems Sredl Bayer Hu
BPatG:
Beschluss v. 24.02.2005
Az: 25 W (pat) 155/04
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