Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. August 2009
Aktenzeichen: 23 W (pat) 301/09
(BPatG: Beschluss v. 25.08.2009, Az.: 23 W (pat) 301/09)
Tenor
Das Patent wird widerrufen.
Gründe
I.
Das Patent 44 22 268 C2 (Streitpatent) wurde am 24. Juni 1994 beim Deutschen Patentund Markenamt mit der Bezeichnung "Programmsuchverfahren" angemeldet. Es nimmt die Priorität der Anmeldung KR 93-12236 vom 30. Juni 1993 in Anspruch. Die Prüfungsstelle für Klasse G11B des Deutschen Patentund Markenamts hat das Streitpatent mit Beschluss vom 27. Juni 2003 mit 6 Patentansprüchen erteilt. Die Patentschrift wurde am 4. Dezember 2003 veröffentlicht.
Die Einsprechende hat mit Schriftsatz vom 1. März 2004, eingegangen am gleichen Tag, Einspruch eingelegt und beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.
Der Einspruch wird auf den Widerrufsgrund des § 21, Abs. 1, Nr. 1 in Verbindung mit § 4 PatG (fehlende erfinderische Tätigkeit) gestützt.
Zum Stand der Technik wird von der Einsprechenden auf die Druckschriften D1 US4613967 D2 DE3943220A1und D3 Auszug aus dem Firmenkatalog SONY, Programm «91/92 der SONY Corporation, Japan, Deckblatt, Seiten 3, 102 und 112 verwiesen.
Die Einsprechende führt in ihrem Einspruchsschriftsatz insbesondere aus, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sowohl gegenüber den Druckschriften D1 und D3 als auch gegenüber den Druckschriften D2 und D3 in Verbindung mit üblichen fachmännischen Kenntnissen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Mit ihrem Schriftsatz vom 18. Juni 2009, per Fax eingegangen am gleichen Tag, verteidigt die Patentinhaberin ihr Schutzrecht in beschränkter Fassung.
Der zuständige Senat hat mit der Terminsladung vom 28. Juli 2009 die Beteiligten darauf hingewiesen, dass zunächst die Zulässigkeit des geltenden Patentbegehrens zu diskutieren sein werde.
In der mündlichen Verhandlung vom 25. August 2009 stellt die Einsprechende den Antrag, das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin beantragt, das Patent in der erteilten Fassung aufrechtzuerhalten.
Hilfsweise stellt sie den Antrag, das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten: Patentansprüche 1 bis 6, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 25. August 2009; Beschreibung, Spalten 1 bis 8; Zeichnung, Figuren 1 bis 9; jeweils gemäß Patentschrift
(1. Hilfsantrag).
Weiter hilfsweise stellt sie den Antrag, das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten: Patentansprüche 1 bis 4, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 25. August 2009; Beschreibung, Spalten 1 bis 8; Zeichnung, Figuren 1 bis 9; jeweils gemäß Patentschrift
(2. Hilfsantrag).
Weiter hilfsweise stellt sie den Antrag, das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten: Patentansprüche 1 bis 3, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 25. August 2009; Beschreibung, Spalten 1 bis 8; Zeichnung, Figuren 1 bis 9; jeweils gemäß Patentschrift
(3. Hilfsantrag).
Weiter hilfsweise stellt sie den Antrag, das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten: Patentansprüche 1 bis 3, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 25. August 2009; Beschreibung, Spalten 1 bis 8; Zeichnung, Figuren 1 bis 9; jeweils gemäß Patentschrift
(4. Hilfsantrag).
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag hat folgenden Wortlaut:
"Programmsuchverfahren für einen digitalen Signalprozessor (7), der ein Programm, welches auf einem Aufzeichnungsmedium (6) aufgezeichnet ist, wiedergibt, mit den Schritten: Setzen (150) einer vorgegebenen Suchperiode und einer Wiedergabeperiode entsprechend externer Eingaben (120); Springen (180) von dem momentanen Ort um eine vorgegebene Suchperiode, die in dem Setzschritt gesetzt wurde; Wiedergeben (190) des Programms auf dem Aufzeichnungsmedium (6) für eine vorgegebene Wiedergabeperiode, die in dem Setzschritt (150) gesetzt wurde, nach dem Springschritt (180); und Wiederholen der Ausführung der Sprungund Wiedergabe-Schritte (180, 190)."
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag weist bezüglich Patentanspruch 1 nach Hauptantrag die zusätzlichen Merkmale "unabhängig vom Vorhandensein eines Kapitels" und "Eingeben (120) eines Programmsuchsteuerbefehls" auf und lautet:
"Programmsuchverfahren für einen digitalen Signalprozessor (7), der ein Programm, welches auf einem Aufzeichnungsmedium (6) aufgezeichnet ist, unabhängig vom Vorhandensein eines Kapitels wiedergibt, mit den Schritten: Eingeben (120) eines Programmsuchsteuerbefehls Setzen (150) einer vorgegebenen Suchperiode und einer Wiedergabeperiode entsprechend externer Eingaben (120);
Springen (180) von dem momentanen Ort um eine vorgegebene Suchperiode, die in dem Setzschritt gesetzt wurde; Wiedergeben (190) des Programms auf dem Aufzeichnungsmedium (6) für eine vorgegebene Wiedergabeperiode, die in dem Setzschritt (150) gesetzt wurde, nach dem Springschritt (180); und Wiederholen der Ausführung der Sprungund Wiedergabe-Schritte (180, 190)."
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß 2. Hilfsantrag ergibt sich aus dem geltenden Patentanspruch 1 nach Hauptantrag, indem der Verfahrensschritt
"Setzen (150) einer vorgegebenen Suchperiode und einer Wiedergabeperiode entsprechend externer Eingaben (120)";
ersetzt wird durch
"getrenntes Setzen (150) einer vorgegebenen Suchperiode und einer Wiedergabeperiode entsprechend externer Tasten-Eingaben (120)".
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß 3. Hilfsantrag unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag durch Anfügen der Merkmale des geltenden Patentanspruchs 4 nach Hauptantrag:
"weiterhin aufweisend den Schritt des Springens in umgekehrter Richtung gegenüber der momentanen Richtung für eine vorgegebene Zeitperiode und anschließendes Wiedergeben der vorgegebenen Periode für den Fall, dass der Suchbefehl während der Wiedergabe des wiederholten Ausführungsschrittes erneut ausgeführt wird."
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß 4. Hilfsantrag enthält sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 und zusätzlich das angefügte Merkmal:
"wobei in diesem Fall die Sprungzeit und die Wiedergabezeit vom Benutzer beliebig gesetzt (320, 340) werden."
Bezüglich der Unteransprüche gemäß Hauptantrag wird auf das Streitpatent und bezüglich der jeweiligen Unteransprüche gemäß 1. bis 4. Hilfsantrag auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1) Die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts für die Entscheidung über den Einspruch ergibt sich aus § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG in der bis einschließlich 30. Juni 2006 maßgeblichen Fassung. Danach ist nicht das Patentamt, sondern das Patentgericht zuständig, wenn -wie im vorliegenden Fall -die Einspruchsfrist nach dem 1. Januar 2002 zu laufen begonnen hat und der Einspruch vor dem 1. Juli 2006 eingelegt worden ist. Diese befristete Regelung ist nach Ablauf von insgesamt 4 Jahren und 6 Monaten zum 1. Juli 2006 ohne weitere Verlängerung ausgelaufen, so dass ab 1. Juli 2006 die Zuständigkeit für die Entscheidung in den Einspruchsverfahren wieder auf das Patentamt zurückverlagert wurde. Das Bundespatentgericht bleibt gleichwohl für die durch § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG zugewiesenen Einspruchsverfahren auch nach dem 30. Juni 2006 zuständig, weil der Gesetzgeber eine anderweitige Zuständigkeit für diese Verfahren nicht ausdrücklich festgelegt hat und deshalb der in allen gerichtlichen Verfahren geltende Rechtsgrundsatz der "perpetuatio fori" (analog § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO und analog § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG) zum Tragen kommt, wonach eine einmal begründete Zuständigkeit grundsätzlich bestehen bleibt. Die Aufhebung des § 147 Abs. 3 PatG durch das "Gesetz zur Änderung des patentrechtlichen Einspruchsverfahrens und des Patentkostengesetzes" (BGBl 2006, Teil I, Seite 1318) führt zu keiner anderen Beurteilung (vgl. die Senatsentscheidung vom 19. Oktober 2006, GRUR 2007, 499 -"Rundsteckverbinder / perpetuatio fori").
Diese Rechtsauffassung zur fortdauernden Zuständigkeit des Bundespatentgerichts wurde auch durch den Bundesgerichtshof bestätigt (GRUR 2007, 862 Tz. 10 am Ende -"Informationsübermittlungsverfahren II").
2) Die Zulässigkeit des Einspruchs ist zwar nicht angegriffen worden, jedoch ist diese von Amts wegen zu prüfen, da ein unzulässiger -einziger -Einspruch zur Beendigung des Einspruchsverfahrens ohne weitere Sachprüfung über die Rechtsbeständigkeit des Streitpatents führt (vgl. Schulte PatG, 8. Auflage, § 59 Rdn. 56 und 160 bis 162, BGH GRUR 1987, 513, II.1. -"Streichgarn").
Der formund fristgerecht erhobene Einspruch ist zulässig, weil der Widerrufsgrund des § 21 PatG, insbesondere der mangelnden erfinderischen Tätigkeit angegeben ist (§ 59 Abs. 1 Satz 3 PatG) und die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, im Einzelnen aufgeführt sind (§ 59 Abs. 1 Satz 4 PatG), da in der zugehörigen Begründung ein konkreter Bezug der einzelnen Merkmale des erteilten Patenanspruchs 1 zum Stand der Technik nach den Druckschriften D1 und D3 sowie den Druckschriften D2 und D3 in Verbindung mit den üblichen fachmännischen Kenntnissen gebracht wird, um mangelnde erfinderische Tätigkeit zu belegen.
3) Im Einspruchsverfahren ist die Zulässigkeit der Patentansprüche von Amts wegen auch dann zu überprüfen, wenn von der Einsprechenden der Widerrufsgrund der unzulässigen Erweiterung -wie vorliegend -nicht geltend gemacht worden ist (vgl. hierzu BGH GRUR 1995, 333 -"Aluminium-Trihydroxid").
Im vorliegenden Fall kann jedoch dahinstehen, ob die Patentansprüche nach Hauptantrag und der Hilfsanträge 1 bis 4 zulässig sind, denn der Einspruch hat jedenfalls deshalb Erfolg, weil die zweifelsohne gewerblich anwendbaren und neuen Gegenstände der Patentansprüche 1 nach Hauptund Hilfsanträgen sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung als mangels erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig erweisen (vgl. hierzu BGH GRUR 1991, 120, 121 li. Sp. Abs. 3 "Elastische Bandage").
III.
1) Ausweislich der geltenden Beschreibungseinleitung betrifft das vorliegende Patent ein Programmsuchverfahren für einen digitalen Signalprozessor, das unabhängig vom Vorhandenoder Nichtvorhandenseins von Kapiteln, die den jeweiligen Programmteil anzeigen, das Abtasten eines Programms ermöglicht, vgl. Streitpatent Abschnitt [0001]. Dabei reproduziert die Programmsuchfunktion nur einen Teil des aufgenommenen Programminhaltes, wobei dem Benutzer dieser Teil ausreicht, um die entsprechenden Stellen schnell und genau erkennen zu können. Bei Datenträgern mit Kapiteln wird mit bekannten Programmsuchverfahren ein Kapitel für eine vorgegebene Zeit angespielt und dann zum nächsten Kapitel gesprungen, bis das Ende des Datenträgers erreicht ist oder das gewünschte Kapitel gefunden wurde, vgl. Streitpatent Abschnitte [0004] und [0005]. Laser-Disks mit Spielfilmen enthalten jedoch üblicherweise keine Kapitelnummern, d. h. der Spielfilm ist nicht in einzelne Kapitel aufgeteilt. Eine entsprechendes, auf Kapitel beruhendes Suchverfahren funktioniert dann mangels Sprungpunkten nicht, und als Alternative verbleibt nur das schnelle Voroder Rückspulen, was jedoch viel Zeit benötigt, vgl. Streitpatent Abschnitt [0007].
Vor diesem Hintergrund liegt der vorliegenden Erfindung als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, ein Programmsuchverfahren so auszubilden, dass der Suchlauf individuell vom Benutzer angepasst werden kann, vgl. Streitpatent Abschnitt [0012].
Die Erfindung beruht auf dem allgemeinen Gedanken, die von Abspielgeräten für Datenträger (CD, Kassette) bekannten Suchfunktionen zum Auffinden von Daten, bei denen einzelne Programme, z. B. Musiktitel, für eine fest vorgegebene Zeit (10 bis 15 Sekunden) angespielt werden und dann zum nächsten Musiktitel gesprungen wird, so anzupassen, dass die Zeitspanne, um die gesprungen wird, und die Zeitspanne, die abgespielt wird, extern und individuell eingegeben werden kann. Dadurch wird das schnelle Auffinden von Daten auch dann ermöglicht, wenn der Datenträger keine Aufteilung in einzelne Kapitel, z. B. Liedtitel aufweist, vgl.
Streitpatent Abschnitte [0004] und [0005]. Da insbesondere Datenträger mit Spielfilmen keine Unterteilung in einzelne Kapitel aufweisen, gestaltet sich dort das Auffinden von gewünschten Abschnitten mit üblichen Methoden wie Vorspulen oder Kapitelspringen als schwierig, vgl. Streitpatent Abschnitt [0006], wohingegen mit dem erfindungsgemäßen Verfahren die Suchschritte und Abspieldauern flexibel dem Programm (Spielfilm, Musik) auf dem Datenträger angepasst werden können.
Bei dem Programmsuchverfahren gemäß Hauptantrag ist es wesentlich, dass die Suchperiode und die Wiedergabeperiode durch externe Eingaben vorgegeben werden können und dadurch der Suchlauf dem jeweiligen Datenträger angepasst werden kann.
Der Hilfsantrag 1 hebt diesbezüglich hervor, dass das Programmsuchverfahren nach Hauptantrag unabhängig vom Vorhandensein eines Kapitels arbeitet und das Eingeben eines Programmsuchsteuerbefehls erfordert.
Das Programmsuchverfahren gemäß Hilfsantrag 2 präzisiert das Suchverfahren des Hauptantrags dahingehend, dass das Setzen von Suchund Wiedergabeperiode durch getrennte Tasteneingaben erfolgt.
Für das Programmsuchverfahren gemäß Hilfsantrag 3 ist entscheidend, dass bei wiederholter Eingabe des Suchbefehls während der Wiedergabeperiode die Suche in umgekehrter Richtung durchgeführt wird.
Bei dem Programmsuchverfahren gemäß Hilfsantrag 4 ist wesentlich, dass bei wiederholter Eingabe des Suchbefehls während der Wiedergabeperiode die Sprungund Wiedergabezeit beliebig gesetzt werden kann.
2) Das Programmsuchverfahren gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag beruht im Hinblick auf den Stand der Technik gemäß den Druckschriften D2 und D3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns.
Als zuständiger Fachmann zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit der Lösungen nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 4 ist ein berufserfahrener, mit der Entwicklung und Steuerung von Datenträger-Abspielgeräten betrauter Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik mit Hochschulabschluss zu definieren.
Die Druckschrift D2 offenbart gemäß Wortlaut des geltenden Patentanspruchs 1 ein Programmsuchverfahren ("Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Suchen einer Abspielposition eines Bandes in einem Videound Audioverarbeitungssystem und insbesondere ein automatisches Bandsuchverfahren" / vgl. dort die Beschreibung Spalte 1, erster Absatz)
für einen digitalen Signalprozessor ("Das System weist auf: einen Mikrocomputer 1, der das System steuert;" / vgl. dort die Beschreibung Spalte 2, Zeilen 4 und 5), der ein Programm, welches auf einem Aufzeichnungsmedium aufgezeichnet ist, wiedergibt
("und eine Video/Audioverarbeitungseinheit 8, die das Videound Tonsignal unter der Steuerung des Mikrocomputers verarbeitet" / vgl. dort die Beschreibung Spalte 2, Zeilen 24 bis 26), mit den Schritten: Springen von dem momentanen Ort um eine vorgegebene Suchperiode, Wiedergeben des Programms auf dem Aufzeichnungsmedium für eine vorgegebene Wiedergabeperiode, nach dem Springschritt; und Wiederholen der Ausführung der Sprungund Wiedergabe-Schritte ("bei dem eine Folge von Vorgängen wiederholt wird, wobei gemäß der Eingabe einer Suchtaste durch den Benutzer das System für eine spezifizierte Zeit einen schnellen Vorlauf (FF) oder ein Zurückspulen (REW) ausführt, automatisch stoppt, für eine spezifizierte Zeit abspielt, automatisch stoppt, falls keine Taste eingegeben wurde, für eine spezifizierte Zeit einen schnellen Vorlauf oder ein Zurückspulen ausführt und dann für eine spezifizierte Zeit abspielt und, wenn der Benutzer die gewünschte Position während dieses Betriebs findet, den Abspiellauf an der Position startet, wo der Benutzer die Abspieltaste drückt" / vgl. dort die Beschreibung Spalte 1, Zeilen 32 bis 44).
Damit unterscheidet sich die Lehre gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag vom Stand der Technik gemäß Druckschrift D2 lediglich dadurch, dass beim Streitpatent die Suchperiode und die Wiedergabeperiode entsprechend externer Eingaben gesetzt werden, wohingegen sie in Druckschrift D2 spezifiziert, d. h. vorgegeben sind. Dabei wird in Druckschrift D2 die Wiedergabeperiode nicht nur als "spezifizierte Zeit" sondern auch als "gewünschte Zeit (t1)" und die Suchperiode auch "als gesetzte Zeit (t2)" bezeichnet ("Wenn die Abspiel-Betriebsart für die gewünschte Zeit (t1) gelaufen ist, wird zum Schritt 4f gegangen,..."; "Wenn das System in der FF-oder REW-Betriebsart arbeitet, wird als Ergebnis der Überprüfung zum Schritt 4h gegangen, und wird die Laufzeit für FF/REW mit einer gesetzten Zeit (t 2) verglichen." / vgl. dort Spalte 4, letzte Zeile bis Spalte 5, Zeile 2 sowie Spalte 5, Zeilen 8 bis 11).
Dieser Unterschied hinsichtlich der spezifizierten Vorgabe von Suchund Wiedergabeperiode gemäß Druckschrift D2 und der externen Eingabe gemäß Streitpatent beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des vorstehend definierten Fachmanns.
Die einschlägige Druckschrift D3 erläutert auf Seite 102 im Kapitel CD-Player die Funktion Titelanspielfunktion als eine Anspielfunktion für alle Titel einer CD, bei der die Anspielzeit zwischen 10, 20 und 30 Sekunden gewählt werden kann und danach zum nächsten Titel gesprungen wird. Mit dieser Funktion wird demnach die Wiedergabeperiode entsprechend externer Eingaben dergestalt gesetzt, dass die Anspielzeit individuell dem Inhalt und der Aufteilung der eingelegten CD angepasst werden kann. Die Suchperiode ist dabei nicht zeitlich konstant sondern durch die Titelabstände vorgegeben.
Wegen des offensichtlichen Vorteils der individuellen Anpassbarkeit der Abspieldauer zieht der Fachmann die in Druckschrift D3 beschriebene Lehre, die Wiedergabeperiode extern einzugeben, allgemein für Audio/Video-Abspielverfahren in Betracht, bei denen zeitliche Vorgaben benötigt werden, und überträgt deren Lehre auf das Bandsuchverfahren der Druckschrift D2, indem er dort die zeitlich vorgegebenen Perioden für die Wiedergabe und das Springen ebenfalls über externe Eingaben setzbar ausgestaltet.
Daher gelangt der Fachmann zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ohne erfinderische Tätigkeit.
Das Programmsuchverfahren gemäß dem erteilten Patentanspruch 1 ist somit gegenüber dem Stand der Technik gemäß den Druckschriften D2 und D3 nicht rechtsbeständig.
3) Bei dem Bandsuchverfahren der Druckschrift D2, das mit dem Eingeben eines Programmsuchsteuerbefehls beginnt (...einen zweiten Schritt, der die Tasteneingabe überprüft und, falls eine Eingabe der Taste für automatische Zufallssuche (ARS) vorliegt, die automatische Zufallssuchfunktion durchführt;... / vgl. dort die Beschreibung Spalte 1, Zeilen 51 bis 54), wird für eine spezifizierte Zeit voroder zurückgesprungen, so dass eventuelle Kapitelanfänge übersprungen werden und das Suchverfahren unabhängig von Kapiteln arbeitet. Die Zusatzmerkmale des Patentanspruchs 1 des Hilfsantrags 1 sind demnach ebenfalls aus Druckschrift D2 bekannt.
Die Lehre des Patentanspruchs 1 des Hilfsantrags 1 beruht daher ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des vorstehend genannten Fachmanns und ist somit auch nicht rechtsbeständig.
4) Das Setzen der Perioden nach der Lehre des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 über getrennte Tasteneingaben erfolgen zu lassen, ist für den zuständigen Fachmann schon deshalb naheliegend, weil in Druckschrift D2 die Steuerbefehle generell über Tasteneingaben erfolgen und als Alternative die Möglichkeiten gegenübergestellt werden, mehrere Tasten für verschiedene Funktionen vorzusehen oder eine Taste mehrfach zu belegen (Für die beschriebene Arbeitsweise der Erfindung wird die FF-oder die REW-Zufallssuchfunktion über zwei Tasten durchgeführt. Wenn jedoch eine Taste auf FF oder REW geschaltet werden kann, kann derselbe Effekt durch Verwenden einer Taste, die zwei Tastenfunktionen verwirklicht, erhalten werden. / vgl. dort die Beschreibung Spalte 5, Zeilen 19 bis 24).
Die Lehre des Patentanspruchs 1 des Hilfsantrags 2 beruht daher ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns und ist somit auch nicht rechtsbeständig.
5) Die Merkmale des Patentanspruchs 4 nach Hauptantrag, die als Zusatzmerkmale in den Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 aufgenommen wurden, entnimmt der Fachmann ebenfalls direkt der Druckschrift D2, denn dort wird ausgeführt, dass während des Suchbetriebs in die eine Richtung das Starten des Suchbetriebs in die andere Richtung verträglich ist (Viertens annulliert während der Funktionstätigkeit der beiden Tasten FARS und RARS jede Tasteneingabe die ARS-Funktion. Eingaben der beiden Tasten FARS und RARS sind jedoch miteinander verträglich. / vgl. dort Spalte 4, Zeilen 7 bis 11), und dass demnach -mit den Worten des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 -der Schritt des Springens in umgekehrter Richtung gegenüber der momentanen Richtung für eine vorgegebene Zeitperiode und anschließendes Wiedergeben der vorgegebenen Periode für den Fall erfolgen, dass der Suchbefehl während der Wiedergabe des wiederholten Ausführungsschrittes erneut ausgeführt wird.
Die Lehre des Patentanspruchs 1 des Hilfsantrags 3 beruht daher ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns und ist somit auch nicht rechtsbeständig.
6) Dass gemäß der Lehre des Patentanspruchs 1 des Hilfsantrags 4 die Sprungund Wiedergabezeit nicht nur in die eine Richtung beliebig vom Benutzer gesetzt werden können, wie beim Patentanspruch 1 des Hauptantrags, sondern auch bei dem Suchschritt in umgekehrter Richtung, entsprechend Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 3, liegt im Rahmen fachmännischen Handelns, denn, wenn der Fachmann das externe Setzen von Suchund Wiedergabeperiode bei der ersten Eingabe in die eine Richtung vorsieht, wird er diese Möglichkeit dem Nutzer auch bei wiederholter Eingabe in umgekehrter Richtung eröffnen.
Die Lehre des Patentanspruchs 1 des Hilfsantrags 4 beruht daher ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns und ist somit auch nicht rechtsbeständig.
7) Die Unteransprüche fallen wegen der Antragsbindung mit dem Patentanspruch 1 (vgl. BGH GRUR 2007, 862, 863 Tz. 18 -"Informationsübermittlungsverfahren II" m. w. N.).
8) Bei dieser Sachlage war das Patent zu widerrufen.
Dr. Tauchert Richter Lokys ist Dr. Hock Dr. Friedrichurlaubsbedingt ander Unterschriftgehindert.
Dr. Tauchert Pr
BPatG:
Beschluss v. 25.08.2009
Az: 23 W (pat) 301/09
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