Bundesgerichtshof:
Urteil vom 9. September 2010
Aktenzeichen: I ZR 26/09

(BGH: Urteil v. 09.09.2010, Az.: I ZR 26/09)

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 12. Februar 2009 aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Offenburg vom 12. September 2007 im Kostenpunkt und insoweit abgeändert, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.

Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Beklagten betreiben Apotheken in Offenburg. Sie warben im Mai 2006 in der örtlichen Presse mit der Ausgabe von sogenannten D. -Talern, die zum Bezug von Waren des täglichen Bedarfs berechtigten und auch in bestimmten anderen Geschäften wie etwa Lottoannahme- und Tankstellen als Zahlungsmittel akzeptiert wurden. Diese Bonus-Taler gaben die Beklagten zumindest gelegentlich auch beim Erwerb verschreibungspflichtiger und damit preisgebundener Arzneimittel an ihre Kunden aus.

Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V., ist der Ansicht, dass die Ausgabe von Bonus-Talern für den Erwerb verschreibungspflichtiger Arzneimittel einen Verstoß gegen die Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente nach §§ 1, 3 Abs. 1 AMPreisV darstelle.

Die Klägerin hat, soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist, beantragt, es den Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmitteln zu untersagen, im Wettbewerb handelnd für den Erwerb von verschreibungspflichtigen und preisgebundenen Arzneimitteln dem Erwerber Bonus-Taler zu gewähren.

Die Beklagten sind demgegenüber der Auffassung, ein Verstoß gegen die Arzneimittelpreisverordnung liege nur dann vor, wenn Rabatte und Skonti gewährt würden; der von ihnen gewährte Bonus realisiere sich aber erst bei dem Folgegeschäft für eine nicht preisgebundene Ware. Auch widerspreche die Gewährung von Bonus-Talern nicht dem Zweck der Preisbindung, einen Preiswettbewerb zu verhindern, um eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zu gewährleisten. Die Gewährung von Bonus-Talern führe auch nicht zu einer Verbilligung des Medikaments, weil der festgesetzte Preis durchaus gezahlt werde. Eine Ersparnis aufgrund der Bonus-Taler liege zudem deshalb nicht vor, weil nicht der Kunde, sondern die Krankenkasse die Kosten für die Arzneimittel trage. Im Verhältnis zwischen der Apotheke und dem Kunden sei die Arzneimittelpreisverordnung ohnehin nicht anwendbar, weil der Kunde nicht Schuldner sei. Überdies gingen die Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes den Bestimmungen über die Arzneimittelpreise vor. Schließlich sei die Gewährung von Bonus-Talern im Hinblick auf das in Art. 4 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken geregelte Binnenmarktprinzip rechtmäßig; jedenfalls aber liege keine wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers gemäß Art. 5 Abs. 2 dieser Richtlinie vor.

Das Landgericht hat dem Unterlassungsantrag der Klägerin ebenso stattgegeben wie einem widerklagend geltend gemachten Feststellungsanspruch der Beklagten. Die Berufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung ist ohne Erfolg geblieben (OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2009, 176). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Klagabweisung weiter.

Gründe

I. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten als zulässig angesehen, den auf die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes und der Arzneimittelpreisverordnung gestützten Unterlassungsanspruch jedoch für begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:

Die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes und der Arzneimittelpreisverordnung würden nicht durch die Regelungen des Heilmittelwerbegesetzes verdrängt. Im Heilmittelwerbegesetz gehe es darum, eine unsachliche Beeinflussung der Verbraucher zu verhindern, während der Ausschluss des Preiswettbewerbs auf der letzten Handelsstufe eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln gewährleisten solle.

Die arzneimittelrechtlichen Preisvorschriften stünden im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht und verstießen auch dann nicht gegen Art. 4 der Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken, wenn in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union Bonus-Systeme beim Arzneimittelkauf ohne weiteres zulässig sein sollten. Das Bonus-System der Beklagten sei auch geeignet, das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers wesentlich zu beeinflussen, da es offensichtlich in nennenswertem Umfang Kunden beim Arzneimittelkauf binden solle, was selbst angesichts des relativ niedrigen, vom Landgericht auf etwa 50 Cent geschätzten Wertes eines einzelnen Bonus-Talers der Fall sei.

Die Anwendung der Arzneimittelpreisverordnung auf den vorliegenden Fall hänge auch nicht davon ab, ob der Vertrag zwischen der Apotheke und einer gesetzlichen Krankenkasse oder einem bei einer privaten Krankenkasse versicherten Patienten zustande komme. In beiden Fällen belaste der Kaufpreis, abgesehen von Zuzahlungen, letztlich die erstattungspflichtige Krankenkasse. Gleichwohl sei der Schutzbereich der Vorschriften über die Preisbindung tangiert, da die Bonus-Punkte einen spürbaren finanziellen Anreiz für den Kunden darstellten. Aus seiner Sicht stelle die Gewährung der Bonus-Taler in erster Linie einen Rabatt auf das Erstgeschäft über den Kaufpreis gebundener Arzneimittel dar. Zwar sollten die Bonus-Punkte den Kunden auch zum Abschluss von verbilligten Zweitgeschäften animieren; dieser Zweck stehe aber nicht im Vordergrund. Das gelte jedenfalls dann, wenn die Punkte auch außerhalb der Apotheken der Beklagten in breitem Umfang für Bedarfsgeschäfte des täglichen Lebens ausgegeben werden könnten.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg. Der Klägerin steht der noch im Streit befindliche Unterlassungsanspruch nicht zu.

1. Die Klägerin hat ihr Unterlassungsbegehren auf Wiederholungsgefahr nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG gestützt und dazu von den Beklagten im Mai 2006 begangene Zuwiderhandlungen vorgetragen. Da der Unterlassungsanspruch auf die Abwehr künftiger Verletzungshandlungen gerichtet ist, ist die Klage nur dann begründet, wenn auf der Grundlage des nunmehr geltenden Rechts Unterlassung verlangt werden kann. Zudem muss die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, weil es andernfalls an der für den Verletzungsunterlassungsanspruch erforderlichen Wiederholungsgefahr fehlt. Das im Jahr 2006 geltende Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (UWG 2004) ist nach Verkündung des Berufungsurteils durch das Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb mit Wirkung vom 22. Dezember 2008 geändert worden (UWG 2008). Diese Gesetzesänderung erfordert jedoch keine Unterscheidung bei der rechtlichen Bewertung des Streitfalls.

Das beanstandete Verhalten der Beklagten stellt sowohl eine Wettbewerbshandlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 UWG 2004 als auch eine geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 UWG 2008 dar. Der Wortlaut des § 4 Nr. 11 UWG ist gleich geblieben. Der Anwendung der zuletzt genannten Vorschrift steht im Streitfall auch nicht entgegen, dass die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken keinen dieser Vorschrift vergleichbaren Unlauterkeitstatbestand kennt. Die Richtlinie 2005/29/EG bezweckt gemäß ihrem Art. 4 allerdings die vollständige Harmonisierung der Vorschriften der Mitgliedstaaten über unlautere Geschäftspraktiken, soweit sie die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher beeinträchtigen. Gemäß ihrem Art. 3 Abs. 3 sowie ihrem Erwägungsgrund 9 bleiben die nationalen Rechtsvorschriften in Bezug auf die Gesundheits- und Sicherheitsaspekte jedoch unberührt. Die Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG steht daher mit der Richtlinie 2005/29/EG im Einklang, soweit Marktverhaltensregelungen - wie hier - dem Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Verbrauchern dienen (BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - I ZR 141/06, GRUR 2009, 881 Rn. 16 = WRP 2009, 1089 - Überregionaler Krankentransport).

2. Der von der Klägerin aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 AMG, § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist nicht begründet.

a) Das von der Klägerin beanstandete Verhalten der Beklagten verstößt allerdings gegen die vorstehend genannten Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes und der Arzneimittelpreisverordnung.

aa) Nach § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3 AMG ist für die verschreibungspflichtigen (Fertig-)Arzneimittel und die zwar nicht verschreibungs-, aber apothekenpflichtigen (Fertig-)Arzneimittel, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden, ein einheitlicher Apothekenabgabepreis zu gewährleisten. Die Einzelheiten regelt die auf der Grundlage des § 78 Abs. 1 AMG ergangene Arzneimittelpreisverordnung. Diese legt für verschreibungspflichtige Arzneimittel in § 2 die Preisspannen des Großhandels bei der Abgabe im Wiederverkauf an Apotheken und in § 3 die Preisspannen der Apotheken bei der Abgabe im Wiederverkauf jeweils zwingend fest (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 4 AMPreisV). Die Bestimmung des § 78 Abs. 3 Satz 1 AMG stellt die Rechtslage insoweit zusammenfassend klar, als danach ein einheitlicher Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers für alle Arzneimittel zu gewährleisten ist, soweit für diese verbindliche Preise und Preisspannen durch die Arzneimittelpreisverordnung bestimmt sind. Erst hierdurch ergibt sich in Verbindung mit den Handelszuschlägen, die die Arzneimittelpreisverordnung festlegt, ein einheitlicher, bei der Abgabe an den Endverbraucher verbindlicher Apothekenabgabepreis. Diese Regelungen sollen insbesondere gewährleisten, dass die im öffentlichen Interesse gebotene flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt ist (vgl. Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes, BT-Drucks. 11/5373 Anl. 2 S. 27; BSGE 101, 161 Rn. 18 f.; BSG, Urteil vom 27. Oktober 2009 - B 1 KR 7/09 R, juris Rn. 13-15; Schmid in Festschrift Ullmann, 2006, S. 875, 876; Dettling, A&R 2008, 118, 120; zu weiteren mit der Regelung des § 78 AMG verfolgten Zwecken vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, 67. Erg.-Lief., § 78 AMG Anm. 1 und Münch-Komm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rn. 326).

bb) Ein Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung liegt nicht nur dann vor, wenn der Apotheker ein preisgebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem nach der Arzneimittelpreisverordnung zu berechnenden Preis abgibt. Die Bestimmungen der Arzneimittelpreisverordnung werden vielmehr auch dann verletzt, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittels Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen (OLG Frankfurt a.M., GRUR-RR 2006, 233; KG, GRUR-RR 2008, 450, 451; OVG Lüneburg, GRUR-RR 2008, 452, 453; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2009, 176, 177; OLG Köln, GRUR 2006, 88 = WRP 2006, 130; OLG Oldenburg, WRP 2006, 913, 916; Wille/Harney, A&R 2006, 34; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 4 Rn. 11.138; Gerstberger/Reinhart in Gröning, Heilmittelwerberecht, 3. Aktualisierungslieferung 2009, § 7 HWG Rn. 40; Riegger, Heilmittelwerberecht, Kap. 7 Rn. 29; a.A. OLG Rostock, GRUR-RR 2005, 391; Peter, GRUR 2006, 910, 912; Kappes, WRP 2009, 250, 253; im Hinblick auf § 7 HWG a.F. bejahend, im Hinblick auf § 78 AMG, § 3 AMPreisV dagegen verneinend OLG Naumburg, GRUR-RR 2006, 336, 338; GRUR-RR 2007, 159 = WRP 2006, 1393; vgl. ferner Mand in Prütting, Medizinrecht, § 7 HWG Rn. 48).

Insbesondere ein über einen bestimmten Geldbetrag lautender Gutschein stellt einen Vorteil im vorstehend genannten Sinn dar (OLG Köln, GRUR 2006, 88 = WRP 2006, 130; OLG Oldenburg, WRP 2006, 913, 916; Wille/Harney, A&R 2006, 34; differenzierend OLG Naumburg, GRUR-RR 2006, 336, 338; GRUR-RR 2007, 159 = WRP 2006, 1393). Abweichendes kann allenfalls dann gelten, wenn der Gutscheinseinlösung wesentliche Hindernisse entgegenstehen (OLG Oldenburg, WRP 2006, 913, 916) oder die Vorteile nicht allein für den Erwerb des preisgebunden Arzneimittels, sondern auch aus anderem Anlass gewährt werden, etwa weil der Kunde beim Erwerb Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen muss (OLG Hamburg, GRUR-RR 2007, 403, 404; Dembowski, jurisPR-WettbR 9/2007 Anm. 3). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier aber nicht vor.

Die vorstehend beschriebenen Merkmale eines Verstoßes gegen diese arzneimittelpreisrechtlichen Bestimmungen liegen im Streitfall vor. Die von den Beklagten nach den getroffenen Feststellungen zumindest gelegentlich auch beim Erwerb verschreibungspflichtiger und damit preisgebundener Arzneimittel an ihre Kunden ausgegebenen Bonus-Taler lauteten zwar nicht auf einen bestimmten Geldbetrag. Sie ließen sich jedoch in den Apotheken der Beklagten wie auch in bestimmten anderen Geschäften in Waren des täglichen Bedarfs umtauschen, die jeder Verbraucher im Alltag gebrauchen kann (vgl. OLG Köln, GRUR-RR 2006, 88 = WRP 2006, 130).

b) Die Bestimmungen der § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 AMG, § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV sind neben § 7 HWG anwendbar. Die beiden Regelungsbereiche weisen unterschiedliche Zielsetzungen auf (OLG Frankfurt a.M., GRUR-RR 2008, 306 = WRP 2008, 969; KG, GRUR-RR 2008, 450, 452; OVG Lüneburg, GRUR-RR 2008, 452, 453; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2009, 176; OLG Hamburg, Urteil vom 25. März 2010 - 3 U 126/09, juris Rn. 101; Gerstberger/Reinhart in Gröning aaO § 7 HWG Rn. 45; Dembowski, jurisPR-WettbR 9/2007 Anm. 3; a.A. Kappes, WRP 2009, 250, 253). Der Zweck der in § 7 HWG enthaltenen Regelung besteht vor allem darin, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, nicht durch die Aussicht auf Zugaben und Werbegaben unsachlich beeinflusst werden sollen (BGH, Urteil vom 6. Juli 2006 - I ZR 145/03, GRUR 2006, 949 Rn. 24 = WRP 2006, 1370 - Kunden werben Kunden; BGH, Urteil vom 26. März 2009 - I ZR 99/07, GRUR 2009, 1082 Rn. 16 = WRP 2009, 1385 - DeguSmiles & more; Gerstberger/Reinhart in Gröning aaO § 7 HWG Rn. 11 f.). Er unterscheidet sich daher erheblich von den Zwecken, die mit der arzneimittelpreisrechtlichen Regelung verfolgt werden (vgl. oben unter II 2 a aa).

c) Die Bestimmungen der § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 AMG, § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV sind nach ihrem Zweck dazu bestimmt, den (Preis-)Wettbewerb unter den Apotheken zu regeln (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. September 2002 - 1 BvR 1385/01, NJW 2002, 3693, 3695). Sie stellen daher Marktverhaltensregeln i.S. des § 4 Nr. 11 UWG dar (KG, GRUR-RR 2008, 450, 452; OLG München, GRUR-RR 2010, 53, 55; OLG Hamburg, Urteil vom 25. März 2010 - 3 U 126/09, juris Rn. 97; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 11.138; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rn. 326; Link in Ullmann, jurisPK-UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rn. 198; Harte/Henning/v. Jagow, UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rn. 63; Ebert-Weidenfeller in Götting/Nordemann, UWG, § 4 Rn. 11.66; Fezer/Götting, UWG, 2. Aufl., § 4-11 Rn. 147, jeweils m.w.N.).

d) Das beanstandete Verhalten der Beklagten ist jedoch nicht geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und sonstigen Marktteilnehmer i.S. des § 3 UWG 2004 nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen sowie die Interessen von Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern i.S. des § 3 Abs. 1 UWG 2008 spürbar zu beeinträchtigen.

aa) Die Bestimmung des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG lässt in dem durch § 1 HWG bestimmten Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes und damit insbesondere bei produktbezogener Werbung für Arzneimittel (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 HWG) Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) unter den dort in den Nummern 1 bis 5 im Einzelnen bezeichneten Voraussetzungen zu. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 HWG, der den durch § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 HWG für Rabatte eröffneten Bereich einschränkt, sind Zuwendungen oder Werbegaben, die in einem bestimmten oder auf bestimmte Weise zu berechnenden Geldbetrag bestehen (Barrabatte), unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten. Eine entsprechende Beschränkung, die der Abstimmung des Heilmittelwerberechts mit dem Arzneimittelpreisrecht dient, ist für die anderen Fälle des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG nicht vorgesehen, in denen das grundsätzliche Verbot der Wertreklame im Heilmittelwerberecht nicht gilt. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass Zuwendungen und sonstige Werbegaben, die den in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 3, 4 und 5 HWG für zulässige Wertreklame vorgegebenen Rahmen nicht überschreiten, auch dann heilmittelwerberechtlich zulässig sind, wenn sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten. Arzneimittelrechtlich liegt dann zumindest in den Fällen, in denen es sich bei den Zuwendungen oder Werbegaben um geringwertige Kleinigkeiten im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 HWG handelt (vgl. dazu nachstehend unter II 2 d bb), lediglich ein Verstoß vor, der nicht geeignet ist, den Wettbewerb bzw. die Interessen von Marktteilnehmern in relevanter Weise zu beeinträchtigen. Dies hat auch dann zu gelten, wenn die Werbung nicht produktbezogen erfolgt, das heißt nicht auf ein bestimmtes Mittel oder eine Mehr- oder auch Vielzahl bestimmter Mittel von Arzneimitteln bezogen ist (vgl. dazu BGH, GRUR 2009, 1082 Rn. 15 f. - DeguSmiles & more; BGH, Urteil vom 26. März 2009 - I ZR 213/06, BGHZ 180, 355 Rn. 12 ff. - Festbetragsfestsetzung). Denn eine - wie im Streitfall - auf sämtliche verschreibungspflichtige Arzneimittel bezogene Imagewerbung eines Apothekers stellt sich im Blick auf die Zwecke, die mit der Preisbindung für die in § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3 AMG genannten Arzneimittel verfolgt werden (vgl. oben unter II 2 a aa), nicht als bedenklicher dar als eine entsprechende Werbung, die auf ein bestimmtes Mittel oder eine Mehr- oder Vielzahl bestimmter Mittel bezogen ist. Ebenso wenig kommt im Hinblick auf diese Zwecke dem Umstand Bedeutung zu, dass eine Publikumswerbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel heilmittelwerberechtlich gemäß § 10 Abs. 1 HWG stets unzulässig ist.

bb) Die im Streitfall in Rede stehende Werbung der Beklagten wäre im Falle ihrer Produktbezogenheit nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 HWG zulässig. Bei den D. -Talern der Beklagten, deren Wert sich nach der im Berufungsverfahren nicht beanstandeten Schätzung des Landgerichts auf etwa 0,50 € beläuft, handelt es sich um geringwertige Kleinigkeiten im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 HWG. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung fallen unter diesen Begriff Gegenstände von so geringem Wert, dass eine relevante unsachliche Beeinflussung der Werbeadressaten als ausgeschlossen erscheint (vgl. OLG Oldenburg, WRP 2006, 913, 915; Gerstberger/Reinhart in Gröning aaO § 7 HWG Rn. 32; Mand in Prütting aaO § 7 HWG Rn. 42). Als geringwertige Kleinigkeiten sind daher kleinere Zugaben anzusehen, die sich als Ausdruck allgemeiner Kundenfreundlichkeit darstellen (vgl. Gerstberger/Reinhart in Gröning aaO § 7 HWG Rn. 32; Mand in Prütting aaO § 7 HWG Rn. 43). Auch wenn bei einer Publikumswerbung im Hinblick auf die leichtere Beeinflussbarkeit der Werbeadressaten von einer eher niedrigen Wertgrenze auszugehen ist, überschreitet in diesem Bereich eine Werbegabe im Wert von 0,50 € die Wertgrenze nicht (BGH, Urteil vom 9. September 2010 - I ZR 98/08 Rn. 22 - Bonuspunkte; vgl. ferner Gerstberger/Reinhart in Gröning aaO § 7 HWG Rn. 32; Mand in Prütting aaO § 7 HWG Rn. 43).

III. Nach alledem ist auf die Revision der Beklagten die Klage unter Aufhebung des Berufungsurteils und teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts auch in dem Umfang abzuweisen, in dem die Vorinstanzen sie für begründet erachtet haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Bornkamm Büscher Schaffert Bergmann Kirchhoff Vorinstanzen:

LG Offenburg, Entscheidung vom 12.09.2007 - 5 O 107/06 KfH -

OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 12.02.2009 - 4 U 160/07 -






BGH:
Urteil v. 09.09.2010
Az: I ZR 26/09


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