Landgericht Mannheim:
Urteil vom 7. April 2005
Aktenzeichen: 23 O 102/04
(LG Mannheim: Urteil v. 07.04.2005, Az.: 23 O 102/04)
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass die Beschlussfassung der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 22.06.2004 (TOP 6) über die Bestätigung des Beschlusses der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 23.06.2003 (TOP 5.) über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der ...tiengesellschaft auf den Hauptaktionär, die ... Sitz in Gewährung einer Barabfindung gem. § 327 a f. AktG insoweit nichtig ist, als der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 23.06.2003 (TOP 5.) insoweit bestätigt wird, als eventuelle im Beschluss vom 23.06.2003 vorhandene Verstöße gegen § 28 WpHG als geheilt gelten sollen.2. Die weitergehenden Anträge der Kläger werden zurückgewiesen.3. Die Nebeninterventionen der Nebenintervenienten Ziff 1 (...) und 3 (...) werden als unzulässig zurückgewiesen.4. Die Kosten des Rechtsstreites einschließlich des Nebenintervenienten Ziff 2 ( ... ... ) werden gegeneinander aufgehoben. Die Nebenintervenienten Ziff. 1 und ... 3 tragen ihre Kosten selbst.5. Der Streitwert wird auf 200.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten im wesentlichen über Wirksamkeit und Tragweite eines bestätigenden Hauptversammlungsbeschlusses der Beklagten im gem. § 244 AktG.
Die Kläger und Nebenintervenienten sind Kleinaktionäre der Beklagten. Diese ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft und Konzernobergesellschaft mit einem Grundkapital von 48 Mio. EUR, aufgeteilt in 60 Mio. Stückaktien. Seit 1998 ist die ... (kurz ... genannt) mit 99,16 % Hauptaktionär der Beklagten, wobei die Hauptaktionärin zu 100 % zur belgischen ... gehört. Die ... ist wiederum ein Konglomerat zum Teil zwischenzeitlich verschmolzener weiterer Firmen.
Anfang 1999 schloss die Beklagte mit der Hauptaktionären einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Diesbezüglich ist ein von Minderheitsaktionären angestrengtes Spruchverfahren beim Landgericht Mannheim anhängig (23 AktE 10/00), jedoch noch nicht abgeschlossen.
Im Rahmen einer ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 23.06.2003 wurden im Rahmen eines so genannten squeeze-out-Verfahrens die Minderheitsaktionäre (u.a. die Kläger und Nebenintervenienten im vorliegenden Verfahren) aus der Beklagtengesellschaft ausgeschlossen. Zur Frage der Wirksamkeit dieses und weiterer Beschlüsse der Hauptversammlung vom 23.06.2003 fand vor dem Landgericht Mannheim ein Anfechtungsrechtsstreit mit einem den vorliegenden Rechtsstreit zum Teil überschneidenden Streitgegenstand statt. Mit Urteil vom 29.01.2004 (23 O 83/03) wurden Anfechtungsklagen dortiger Kläger gegen die Beklagte zurückgewiesen. Auf Berufung der Kläger wurde dieses Urteil bisher nicht rechtskräftig. Es ist derzeit vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe anhängig. Im dortigen Verfahren geht und ging es u. a. um Fragen ordnungsgemäßer Einhaltung der Einberufungsfrist des § 123 AktG, der ordnungsgemäßen Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger, Verletzungen nach § 22 WpHG, der Frage der ordnungsgemäßen Vorlage eines Übertragungsberichtes der Hauptaktionärin, der Korrektheit des Prüfungsgerichtes, der Ordnungsgemäßheit der vorgelegten Bankgarantie gemäß § 327 c Abs. 3 AktG u.a. sowie etwa auch die Frage der Verfassungswidrigkeit von squeeze-out-Beschlüssen. Umgekehrten Betreff ist zusätzlich am LG Mannheim auf Antrag der hiesigen Beklagten ein Freigabeverfahren gem. § 327 e Abs 2, 319 Abs 6 AktG anhängig, das zeitgleich mit vorliegender Angelegenheit entschieden wird ( 23 AktE 10/03).
Mit Veröffentlichung im Bundesanzeiger vom 07.05.2004 lud die Beklagte ihre Aktionäre zur ordentlichen Hauptversammlung am 22.06.2004 in Mannheim ein (Anlage K 2).
TOP 6 sah folgendes vor:
Beschlussfassung über die Bestätigung des Beschlusses der ordentlichen Hauptversammlung vom 23. Juni 2003 (Top 5) über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der ... Aktiengesellschaft auf den Hauptaktionär, die ... GmbH mit Sitz in ..., gegen Gewährung einer Barabfindung gemäß §§ 327 a ff. AktG.
Der Nebenintervenient ... stellte zur Hauptversammlung den Antrag, den genannten Top 6 von der Tagesordnung zu entfernen, bzw. im Rahmen des Squeeze-outs eine höhere Barabfindung als bereits im Beschluss vom 23.06.2003 vorgesehen (20,64 EUR je Stückaktie) zu beschließen (Anlage K 3).
Die Kläger einschließlich des Nebeninterventienten ... waren in der Hauptversammlung vom 22.06.2004 vertreten, der Nebenintervenient ... nicht. Auch die Nebenintervenientin ... findet sich nicht in dem Anmeldeverzeichnis dieser Hauptversammlung (AS75 ff)
Die Beklagte versandte als Unterlagen gemäß § 327 c Abs. 4 AktG jedenfalls auch den Konzernabschluss 2003, die Jahresabschlüsse 2002 und 2001 sowie die Entwürfe für die Übertragungs- und Bestätigungsbeschluss. Der Klägerin Ziff. 2 (...) wurde der Jahresabschluss 2000 zur Durchführung der Hauptversammlung im Jahre 2004 nicht übersandt. Diesen Abschluss hatte sie jedoch zur Hauptversammlung 2003, auf Anforderung, von der Beklagten erhalten.
Mit Schreiben vom 30.4.2004 an die Beklagte hat die ... ihren Übertragungsbericht nach § 327 c Abs. 2 S.1 AktG vom 7.5.2003 (Bericht zur Hauptversammlung vom 23.6.2003) bestätigt (AS 115; vorsorglich wegen eventuell fehlender Berechtigung der GPS zur Hauptversammlung 2003 im Anschluß an § 28 WpHG)) und ebenso ihren Antrag auf Bestellung der Treuhandgesellschafter ..., ... (AS 116), mit (erneuten) Schreiben an das LG Mannheim, Sachverständigenbestellerin zur HV vom 23.6.2003.
Über die ordentliche Hauptversammlung vom 22.06.2004 wurde durch Notar ... ..., Mannheim ein Protokoll erstellt (Anlage K 1). Dort ist u. a. festgestellt, dass eine Garantieurkunde der C-bank, Mannheim vom 06.05.2003 gemäß § 327 b Abs. 3 AktG vorliegt (Anlage B 1 - AS 49 -).
Der Kläger Ziff. 1 (...) stellte auf der Hauptversammlung folgenden Antrag:
Bitte legen Sie die Tagesordnung der Aufsichtsratsitzung vom 29.04.2004 vor oder lesen Sie diese wahlweise vor.
Mit Hinweis auf die Vertraulichkeit der Beratung des Aufsichtsrates wurde dem Kläger Ziff. 1 die Beantwortung der Frage verweigert (Protokoll des Notars - Anlage K 1 - S. 4 untere Mitte).
Im weiteren Verlauf der Hauptversammlung wurde unter TOP 6. der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der F. AG (Beklagte) vom 23.06.2003 (dortiger TOP 5.) mit 15.966.818 Stimmen bei 24.660 Gegenstimmen und keinen Enthaltungen wie folgt bestätigt:
Sämtliche Aktien der Gesellschaft, die von anderen Aktionären als der ... ... (Hauptaktionärin) gehalten werden (Minderheitsaktionäre), werden gemäß §§ 327a ff. AktG gegen Gewährung einer Barabfindung in Höhe von 20,64 EUR je Stückaktie auf die ... übertragen. Die Barabfindung ist von der ... ... zu zahlen und von der Bekanntmachung der Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister an mit jährlich 2 vom Hundert über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen
Unmittelbar zuvor wurde der Gegenantrag des Nebenintervenienten ... auf Absetzung des genannten Tagesordnungspunktes mit gleicher Stimmenmehrheit abgewiesen und sein Antrag auf Erhöhung der Abfindung als unzulässig beschieden. Eine Frage des Aktionärs ... zur Kaufpreisfindung der innerhalb der letzten 3 Jahre vor dem Übertragungsbeschluss aus dem Jahre 2003 dem Konzern oder an externe Dritte veräußerten Gesellschaften nebst eventuell erstellten Gutachten wurde teilweise beantwortet, im übrigen, mit Zustimmung des Aktionärs ..., auf weiteren schriftlichen Beantwortungsweg verwiesen.
Alle Kläger einschließlich des Nebeninterventienten ... haben Widerspruch gegen alle Hauptversammlungsbeschlüsse zu Protokoll erklärt (§ 245 Nr. 1 AktG).
Alle Kläger haben unter Beachtung des § 246 AktG fristgemäß (binnen 1 Monats) Anfechtungsklage beim zuständigen Landgericht Mannheim erhoben. Die Anfechtungsprozesse wurden durch Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 19.08.2004 (AS 50) gemäß § 246 Abs. 3 S. 3 AktG zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Sämtliche Kläger verwenden sich gegen den Bestätigungsbeschluss TOP 6. der Hauptversammlung vom 22.06.2004 mit überwiegend überschneidender juristischer Argumentation. Es wird die Ansicht vertreten, die Beschlussfassung der Hauptversammlung sei für nichtig zu erklären, zumindest aber unwirksam.
Zur Begründung wird vorgetragen, der in der Hauptversammlung vom 22.06.2004 unter TOP 6 bestätigte Beschluss der Hauptversammlung vom 23.06.2003 (dortiger TOP 5) sei nichtig und nichtige Beschlüsse können gemäß § 244 AktG nicht geheilt werden.
Die insoweit vorgetragenen Einwendungen überschneiden sich weitgehend mit Einwendungen im vor dem Landgericht Mannheim entschiedenen Verfahren 23-0-83/03 (anhängig beim OLG Karlsruhe), so u.a. die §§ 327a ff. AktG seien wegen Verletzung des Eigentumsgrundrechtes nach Art. 14 GG verfassungswidrig, insbesondere auch die vorgelegte Höchstbetragsbürgschaft der ... unzureichend.
Ergänzend wird vorgetragen, die Bestätigung eines Squeeze-out-Beschlusses nach § 244 AktG sei nur bei neuer, erneuter stichtagsbezogener Bewertung möglich und bedürfe deshalb eines weiteren, neuen und eigenständigen Squeeze-out-Verfahrens unter Beachtung der gesetzlichen Notwendigkeiten der § 327 a ff. AktG. Auch sei der Jahresabschluss 2003 aufgrund Fristüberschreitung im Sinne des § 171 Abs. 3 S. 2, 3 AktG nicht gebilligt worden.
Weiterhin lägen im Rahmen der beanstandenden Hauptversammlung Verletzungen des Fragerechtes gemäß § 131 AktG vor (Frage nach Tagesordnung der Aufsichtsratsitzung; schriftliche Beantwortung von Teilfragen des Aktionärs ..., auch im Sinne einer Sonderbehandlung des Aktionärs). Es wird die fehlende Übersendung des Jahresabschlusses 2000 an die Klägerin Ziff. 2 gerügt, die Beklagte sei mithin ihren Informationspflichten nicht nachgekommen. Im Übrigen wird die fehlende Unterzeichnung des für den Übertragungsbeschluss erstellten Übertragungsberichtes durch alle Geschäftsführer der Hauptaktionärin (betreffend des zu bestätigenden Beschlusses) ebenso gerügt, wie fehlende ordnungsgemäße Prüferbestellung und Übertragungsprüfungen im Zusammenhang mit Top 5. der Hauptversammlung vom 23.06.2003.
Alle Kläger haben beantragt:
Die Beschlussfassung der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 22.06.2004 (Top 6.) über die Bestätigung des Beschlusses der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 23.06.2003 (dortiger Top 5.) über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionären der ... auf den Hauptaktionär, die ... ... ... mit Sitz in ... gegen Gewährung einer Barabfindung gemäß § 327 a f. AktG mit dem Inhalt:
Der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der ...x vom 23.06.2003 (Top 5.) wird bestätigt.
wird für nichtig erklärt.
Die Kläger Ziff. 1 und 4 haben darüber hinaus hilfsweise die Feststellung beantragt,
der angefochtene Beschluss (gemäß Hauptantrag) sei nichtig.
Der Kläger Ziff. 1 hat höchsthilfsweise beantragt,
dahin zu erkennen, die Beschlussfassung (gemäß Hauptantrag) sei unwirksam.
Mit Schriftsatz vom 18.08.2004, eingegangen beim Landgericht Mannheim einen Tag später, hat sich der Nebenintervenient ... auf Seiten der Kläger angeschlossen, ebenso der Nebenintervenient ... der zur Begründung im übrigen in vollem Umfange Bezug auf die Darlegungen aus der Klageschrift nimmt.
Die Beklagte ist den Klagen entgegengetreten und hält die Nebeninterventionen, insbesondere die des Nebenintervenienten ..., aus Gründen der Nichtbeteiligung an der streitgegenständlichen Hauptversammlung, für unzulässig, im übrigen für rechtsmissbräuchlich. Anträge zur Nebenintervenientin ... gingen im Hinblick auf den Anschlusszeitpunkt der Nebenintervenientin, vor Schluß der mündlichen Verhandlung, nicht ein
Die Beklagte ist der Auffassung die Beschlüsse der Hauptversammlung 2004 seien rechtmäßig.. Sie verweist auf die bereits ergangene erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Mannheim zur Hauptversammlung 2003 und im übrigen darauf, dass der Bestätigungsbeschluss gemäß § 244 AktG lediglich hilfsweise im Zusammenhang mit eventuell begangenen Fehlern, die die Beklagte jedoch nicht erkennen kann, durchgeführt wurde.
Nach ihrer Auffassung bedarf der Bestätigungsbeschluss gemäß § 244 AktG keiner Wiederholung des Verfahrens auf § 327a ff. AKtG und hält deren Bestimmungen, bis hin zur vorgelegten Bankbürgschaft, auch für verfassungsgemäß. Sie weist Verstöße gegen Informationspflichten zugunsten der Aktionäre sowohl im Vorfeld der Hauptversammlung als auch in der Hauptversammlung selbst zurück und verneint desweiteren Verstöße gegen das Wertpapierhandelsgesetz sowohl 2003 als auch 2004.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst aller Anlagen verwiesen.
Gründe
Die zulässigen Klagen sind im tenorierten Umfange begründet. Im Übrigen ist der angefochtene Hauptversammlungsbeschluss gemäß § 244 AktG rechtmäßig. Die Nebeninterventionen der Nebenintervenienten Ziff. 1 und 3 mußten als unzulässig zurückgewiesen werden.
I. 1. Alle Kläger waren in der Hauptversammlung der Beklagten vom 22.06.2004 als Aktionäre vertreten. Sie haben zu Protokoll des beurkundeten Notars gegen die gefassten Beschlüsse Widerspruch eingelegt. Die Klagen wurden innerhalb der Frist des § 246 Abs. 1 AktG erhoben.
2. Die Nebenintervention Ziff. 2 (...) ist zulässig, die weiteren jedoch nicht.
a) Die Nebeninterventienten haben zwar als Aktionäre, wie im übrigen alle verbliebenen Aktionäre der Beklagten, ein rechtliches Interesse am Ausgang des Prozesses (§ 66 ZPO), der in Entscheidung und Tragweite auch ihr Rechtsverhältnis/Aktionärsstellung zur Beklagten betrifft. Die eventuelle Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit des angefochtenen Hauptversammlungsbeschluss, in seinem Durchgriff auf den Beschluss vom 22.06.2003 (Squeeze-out-Beschluss), ist für die Frage zukünftiger oder abgeschlossener Aktionärseigenschaft von durchgreifender Bedeutung, so dass grundsätzlich auch streitgenössische Nebenintervention im Sinne des § 69 ZPO vorliegt. Die Nebenintervenienten Ziff. 1 und 2 sind ordnungsgemäß gemäß § 70 ZPO mit den notwendigen Erklärungen beigetreten.
b) Der Nebenintervenient Ziff 1 ...) ist entgegen den Erfordernissen des § 245 Nr. 1 AktG eines anfechtungsberechtigten Aktionärs weder in der streitgegenständlichen Hauptversammlung erschienen war, noch hat er gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung Widerspruch zur Protokoll erklärt. Bereits im Urteil vom 29.01.2004 hat die Kammer den Beitritt zum Rechtsstreit unter diesen Voraussetzungen für unzulässig erklärt. Der Weg zur Nebenintervention ist ihm wegen wirkungsähnlichem Verlust der Anfechtungsbefugnis als Aktionär und durch Durchgriff auf die Nebenintervention (Hüffer, AktG, 6. Aufl., § 245 Rdnr. 13) verloren (Hüffer, a.a.O., § 246 Rdnr. 6 m.w.N.).
Ausgangspunkt der Betrachtung der Zulässigkeit der Nebenintervention, auch für Aktionäre ohne Anfechtungsbefugnis im Sinne des § 245 AktG sind die §§ 66 ff. ZPO. Diese enthalten, im Zusammenwirken mit sonstigen (klägerischen) formalen Einschränkungen, keine weiteren Bestimmungen. Wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Parteien anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiege, kann dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten und dies bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung (§ 66 ZPO). Die Rechtstellung des Nebenintervenienten ist abhängig von der (unterstützten) Hauptpartei. Nimmt der Kläger eines aktienrechtlichen Anfechtungsverfahren die Klage zurück, kann ein streitgenössischer Nebenintervenient das Verfahren nicht selbständig fortführen (vgl. OLG Köln, AG 2003, 522 ff.).
Diese Umstände sprechen zwar zunächst für die Zulässigkeit der Nebenintervention. Jedoch kann der Nebenintervenient in einem Prozeßtermin alleine auftreten und etwa ein Versäumnisurteil gegen die nichterschienene unterstützte Partei verhindern (vgl. hierzu Münchner Kommentar/Schilken, ZPO, 2. Aufl., § 71 Rdnr. 11). Dies ist Auswirkung seiner unterstützenden vom Gesetz zugewiesenen Funktion. Sie endet u.a. mit rechtskräftiger Entscheidung bzw. auch Ausscheiden der unterstützten Partei aus dem Prozess. Damit stehen aber dem Streithelfer formale in den Prozeß eingreifende Rechte zu, die der Kläger gerade nicht wahrnimmt..
Dies rechtfertigt eine einschränkende Auslegung der §§ 66 ff ZPO.
Im übrigen sind außenstehende, einem Rechtsstreit beitretende Aktionäre dem Aktienrecht nicht fremd. So sieht das Spruchstellenverfahren generell einen Vertreter für die außenstehenden Aktionäre vor, auch für diejenigen Aktionäre, die kein Spruchverfahren eingeleitet haben und sogar für diejenigen, die generell keines einleiten wollten (sozusagen Zwangsbeitritt). Ist mithin im aktienrechtlichen Verfahren eine Ausweitung auf weitere Aktionäre dem Aktienrecht nicht fremd, spricht dies dafür, den Beitritt eines Aktionärs zum Verfahren gesetzeskonform und damit auch unter Beachtung des § 245 AktG vorzunehmen.
Weiterhin ist zu beachten, daß mit Erlass des neuen Spruchverfahrensgesetz (seit 01.03.2003) von Gesetzeswegen die Möglichkeit entfallen ist, dass nach Einleitung eines Spruchverfahrens sich weitere außenstehende Aktionäre unmittelbar persönlich dem Verfahren anschließen konnten (§ 306 Abs. 3 S. 2 i.d.F. bis 31.08.2003).
Einer solchen Regelung hätte es weniger bedurft, wenn generell jedem Aktionär der Weg über § 66 ZPO offengestanden hätte bzw stünde. Der Gesetzgeber sah jedoch eine (frühere) Notwendigkeit gesetzlicher Ausgestaltung, was den Umkehrschluß zulässt, daß es dem Willen des Gesetzgebers entspricht, § 66 ZPO einschränkend auszulegen.
Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Neuregelung des Spruchverfahrensrecht (SpruchVerf.G v. 12.06.2003, BGBl. I S. 138) § 306 AktG gestrichen, aber gerade keine weiteren Möglichkeiten zum Beitritt eines laufenden Spruchverfahrens geschaffen, bei Kenntnis einschränkender Gesetzesauslegung durch die Gerichte (so u.a. Schleswig-Holsteinisches OLG, BD 99, 2000). Hätte der Gesetzgeber, auch für Anfechtungsklagen der vorliegenden Art, erweiternde Rechte außenstehender Aktionäre gewollt, hätte eine Ergänzung des Gesetzes angestanden.
c) Rechtsmissbräuchliches Verhalten, jedenfalls im Rahmen vorliegenden Rechtstreites der Nebeninterventienten, vermag die Kammer nicht zu erkennen. Zur Begründung hat die Beklagte einen Artikel der W. vom 16.05.2004 (Anlage B 5) vorgelegt mit Hinweis, der Nebenintervenient ...habe im Rahmen eines Rechtsstreites, in dem auch der Nebenintervenient ... beteiligt war, in dortigen Prozessvorfällen von einer Aktiengesellschaft 2 Mio. EUR begehrt, worauf dessen Anfechtungsklage abgewiesen worden sei. Auch wird der Nebenintervenient ... negativ im Rahmen eines Verfahrens vor dem Landgericht Hamburg, dort zum Teil vertreten vom Nebenintervenienten ..., erwähnt.
Ein solches Verhalten bildet ein Indiz für die Richtigkeit des Vorbringens der Beklagten, die Nebenintervention der Nebenintervenienten im vorliegenden Verfahren sei rechtsmissbräuchlich (vgl. hierzu OLG Karlsruhe, AG 1992, 31 ff.). Die so begründeten Bedenken gegen die Redlichkeit der Absichten der Nebenintervenienten begründen jedoch für ein laufendes Verfahren nur dann die Feststellung unzulässigen Strebens nach Sondervorteilen, wenn hierfür Hinweise im laufenden Prozess vorhanden sind. Derartige Hinweise gab es im vorliegenden Verfahren nicht und die Unterstützung zulässigen Klagebegehrens allein, rechtfertigt nicht die Zurückweisung zulässigen nebenintervenientischen Verhaltens. Dies um so mehr, als im vorliegenden Fall die Nebeninterventienten nicht selbst Kläger sind, sondern in ihrer Stellung vom Verhalten der Kläger abhängig sind.
d. Die Nebenintervenientin ... hat zu einem weit fortgeschrittenen Prozeßzeitpunkt ihren Beitrittsantrag gestellt. Dieser Antrag konnte zwar grundsätzlich gem. § 66 Abs. 2 ZPO (noch) erfolgen, er muß den Prozeß jedoch in der Lage aufnehmen, in der er sich befindet bzw befand, vorliegend im Stadium des schriftlichen Verfahrens gem. § 128 Abs. 2 ZPO, kurz vor Schluß der mündlichen Verhandlung. Relevante gerichtliche Maßnahmen, etwa zur Stellungnahme der Beklagten waren nicht mehr möglich.
Die Überprüfung der Zulässigkeit dieser Nebenintervention von Amts wegen ergab, daß eine Aktionärin dieses Namens nicht auf der von der Beklagten vorgelegten und unbestrittenen Anwesenheitsliste zur Hauptversammlung 2004 erscheint und des weiteren im notariellen Protokoll zur Hauptversammlung nicht mit Widerspruch gegen dortige Beschlüsse erscheint.
Sie teilt deshalb das rechtliche Schicksal des Nebenintervenienten P..
II. Das Begehren der Kläger, den angefochtenen Hauptversammlungsbeschluss der Beklagten für nichtig zu erklären, hat insoweit Erfolg, als eine angestrebte Heilung des Hauptversammlungsbeschlusses vom 23.06.2003 (Top 5) insoweit nicht erfolgen kann, sollte im dortigen Hauptversammlungsbeschluss ein Verstoß gegen §§ 28, 21 WpHG verursacht worden sein.
1. Die Kammer hat bereits in der beim Oberlandesgericht in der Berufung anhängigen Entscheidung vom 29.01.2004 (23 O 83/03; allen hiesigen Beteiligten als auch dortige Beteiligte bekannt) einen Verstoß der Hauptaktionärin nach § 28 WpHG in der Hauptversammlung vom 23.6.2003 verneint (S. 12 des dortigen Urteils).
Die Kammer hat festgestellt, dass die ... als Mehrheitsaktionärin bei allen Beschlüssen stimmberechtigt war ihre Meldepflicht nach §§ 21 f., 41 WpHG erfüllt hat, so dass ein Rechtsverlust nach § 28 WpHG nicht eingetreten ist.
Mit Schreiben vom 11.06.2002 (vgl. AS 130) wurden der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und der Beklagten nicht nur die Beteiligung der Hauptaktionärin an der Beklagten gemeldet, sondern auch die den anderen Konzernunternehmen ..., ... ..., ..., ... und ... nach § 22 WpHG zugerechnete Anteile. An Letzterem hielt die ... direkt oder indirekt 86,3 % der Anteile und war ebenfalls meldepflichtig nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG. Diese Meldung war bis zum Zeitpunkt des Beschlusses vom 23.06.2003 unterblieben, allerdings war zu diesem Zeitpunkt die Konzernmutter (Aliaxis S.A.) noch nicht in Verzug ihrer Meldepflicht, weshalb die Kammer auch insoweit einen Verstoß gegen die Pflichten des Wertpapierhandelsgesetzes verneint hat.
Nachdem die dortige Entscheidung angefochten wurde, wird hierüber das Oberlandesgericht Karlsruhe zu entscheiden haben.
Neuerlicher substantiierter Vortrag über Fehlverhalten der Beklagten im Zusammenhang mit neuerlichen und weiteren Meldepflichten erfolgten seitens der Kläger nicht. Die Kammer hat keine Veranlassung, die begründete Entscheidung abzuändern.
2. Sollte die Entscheidung des Landgerichts Mannheim über fehlenden Verstoß auf Seiten der Beklagten im Zusammenhang mit dem Wertpapierhandelsgesetz keinen Bestand haben, sollte mithin am 23.6.2003 ein Rechtsverlust der ... gemäß § 28 WpHG vorgelegen haben, wäre der Beschluss vom 23.06.2003 insoweit zwar nicht nichtig, jedoch nach Anfechtung als nichtig zu erklären (h.M; vgl. u.a. Aßmann/Schneider, WpHG, 3. Aufl., § 28 Rdnr. 28 n.w.N.).
Im Übrigen kann für die Entscheidung im vorliegenden Fall dahinstehen, ob gegenteilige Meinungen insoweit, als bei solchem Verstoß eine Nichtigkeit per se gemäß § 241 Nr. 3 AktG vorliegen könnte, dahinstehen.
Auch bei nach Anfechtung erklärter Nichtigkeit ist eine Heilung eines solchen Beschlusses über § 244 AktG nicht möglich. Bei Rechtsverlust gemäß § 28 WpHG liegt ein Rechtsausschluss des (vorliegenden) Hauptaktionärs vor, der nicht nachträglich von der Gesellschaft sanktioniert werden kann. Es liegt kein Verstoß gegen formale Vorschriften vor, deren Heilung Inhalt und Regelungszweck des § 244 AktG ist (vgl. Hüffer, a.a.O., § 244 Rdnr. 2 m.w.N.). Die (frühere) unzulässige Einbringung und Entscheidung durch den ausgeschlossenen Aktionär bleibt bestehen, kann insoweit ohne Verletzung des Stichtagsprinzips nur mit Wirkung ex nunc und Durchführung des gesamten Verfahrensganges gemäß § 327a ff. AktG geheilt werden. Was im Rahmen des früheren Beschlusses nicht als eingebracht gilt, kann auch nicht bestätigt werden. Ein zum Zeitpunkt der Einbringung rechtloser Aktionär ist nicht in der Lage, gemäß § 327a AktG vorzugehen. Mithin hätte, im Falle des Ausschlusses der GPS gem. § 28 WpHG, zum damaligen Zeitpunkt eine rechtmäßige Entscheidung über ein Squeeze-out der Minderheitsaktionäre nicht ergehen können. Ein juristisches Nullum kann nicht bestätigt werden. Es bleibt bei dem Nullum. Ein solcher absoluter Mangel ist im Wege des § 244 AktG nicht heilbar. Die Bestätigung früherer Einbringung ist wegen fehlender Berücksichtigung der §§ 327 a ff AktG (notwendige Neuvornahme) rechtswidrig und damit für nichtig zu erklären.
III. Im Übrigen hält der Hauptversammlungsbeschluss vom 22.06.2004 rechtlicher Überprüfung stand. Die weitergehenden klägerischen Anträge zur Nichtigkeit, festzustellende Nichtigkeit und Unwirksamkeit sind unbegründet (zu Einzelfragen instruktiv OLG Dresden DB 2001, 1661 ff).
1. Die Einberufung zur Hauptversammlung vom 22.06.2004 nebst Bekanntmachung und Angabe der Tagesordnung erfolgte ordnungsgemäß und ohne Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften.
Soweit die Klägerin Ziff. 2 die fehlende Übersendung des Jahresabschlusses 2000 rügt, ist dies unbeachtlich.
Gemäß § 327c Abs. 4 AktG haben Unterlagen nach Abs. 3 (u.a. Jahresabschlüsse der letzten 3 Geschäftsjahre) in den Geschäftsräumen der Gesellschaft zur Einsicht der Aktionäre auszuliegen. Dass dies nicht der Fall war, hat die Klägerin Ziff. 2 nicht geltend gemacht. Gemäß Abs. 4 kann jeder Aktionär verlangen, dass ihm Unterlagen zugesandt werden. Die Klägerin Ziff. 2 hat nicht behauptet, dass sie im Vorfeld der beanstandeten Hauptversammlung überhaupt diese Unterlage anforderte und eine Weigerung der Beklagten vorgelegen hätte, ihr diese zuzusenden. Vielmehr hat die Beklagte sogar unbestritten vorgetragen, dass der Klägerin Ziff. 2 ein Jahr zuvor, der entsprechende Wunsch erfüllt wurde, sie mithin in Kenntnis der beanstandeten Unterlage war. Soweit die Klägerin Ziff. 2 ein Verstoß gemäß § 327c Abs. 4 (versehentlich wohl d) genannt) für begründet erachtet, ist darauf hinzuweisen, dass das Gesetz keine obligatorische Versendung der Unterlagen vorsieht, sondern lediglich eine Zusendung auf Anfrage.
Im Rahmen des Bestätigungsbeschlusses ist die Frage rechtmäßiger Feststellung des Jahresabschlusses 2003 ohne Belang, da dies nur bei einer Neuvornahme des Sqeeze-out Beschlusses gem. § 327 c Abs 3 Nr. 3 AktG von Bedeutung wäre.
Maßgeblich ist deshalb im Gesamtzusammenhang die Notwendigkeit zur Hautversammlung 2003, mithin die Bilanz 2002, die vorliegend nicht Streitgegenstand ist.
2. Innerhalb der Hauptversammlung vom 22.06.2004 erfolgten keine Verstöße gegen Informationsrechte der Aktionäre.
a) Zu Recht konnte dem Nebenintervenienten ... die Auskunft zur Tagesordnung der Aufsichtsratsitzung verweigert werden.
Zunächst ist der Kammer nicht nachvollziehbar, ob und inwieweit der Nebenintervenient zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstandes der Tagesordnung vom 22.06.2004 die Tagesordnung einer vorhergehenden Aufsichtsratsitzung der Beklagten benötigte (§ 131 Abs. 1 Satz 1 AktG).
b) Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 20.09.1999 (NJW 2000, 349 ff.) darauf hingewiesen, dass der Aufsichtsrat nach § 131 Abs. 1 AktG nicht auskunftsverpflichtet ist, worauf der Grundsatz der Vertraulichkeit innerhalb des Aufsichtsrates gebiete. Zwar begehrte der Nebenintervenient lediglich die Tagesordnung zu sehen. Die Vertraulichkeit für eine effektive Aufgabenwahrnehmung der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder erstreckt sich nicht lediglich auf ihre inhaltlichen Auffassungen, Überlegungen und Motive (vgl. BVerfG a.a.O.) sondern auch darauf, welche Probleme der Gesellschaft überhaupt angesprochen werden sollen. Insoweit liegt eine Verbindung zwischen Tagesordnung des Aufsichtsrates und inneren Erörterungen vor, die letztlich nur im Sinne einheitlicher Betrachtungsweise gelöst werden kann, jedenfalls dann, wenn wie vorliegend, keine besonderen Umstände genannt werden, hiervon ausnahmsweise abzusehen.
c) Die schriftliche Teilbeantwortung der Fragen des Aktionärs ... ist nicht zu beanstanden, stellt weder eine Sonderbehandlung im Sinne des § 53a AktG dar, noch ein Verstoß gegen § 131 Abs. 4 AktG.
§ 131 Abs. 4 AktG sieht vor, dass bei Vorliegen von Auskünften an einen Aktionär außerhalb der Hauptversammlung jedem anderen Aktionär auf dessen Verlangen in der Hauptversammlung ebenfalls Auskunft zu geben ist.
Das Aktiengesetz sieht mithin die Möglichkeit vor, Aktionäre außerhalb einer Hauptversammlung mit Auskünften zu bedenken. Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aller Aktionäre (§ 53a AktG) bzw. § 131 AktG liegen deshalb allenfalls dann vor, wenn Verlangen von Aktionären unterschiedlich behandelt werden.
Kein Kläger hat vorgetragen, dass er im Zusammenhang mit dem Begehren des Aktionärs Dr. R. ebenfalls Fragen oder Verlangen in der Hauptversammlung an den Vorstand herangetragen hätte.
IV. 1. Im Rahmen des Bestätigungsbeschlusses gemäß § 244 AktG bedurfte es nicht der Beachtung der weiteren Voraussetzungen für den Ausgangsbeschluss (Squeeze-out-Verfahren) vom 23.06.2003. Wie der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 15.12.2003 zu Recht darauf hingewiesen hat, handelt es sich bei einem Bestätigungsbeschluss um keine Neuvornahme des seinerseits gefassten Beschlusses, sondern nimmt den Erstbeschluss als gültige Regelung an und beseitigt lediglich Mängel, die dem Erstbeschluss anhafteten bzw. anhaften könnten (vgl. BGH, DB 2004, 426 ff.). Eine gleiche Auslegung erfolgte bereits durch das OLG Karlsruhe mit Entscheidung vom 13.11.1998, AG 1999, 470 f.
Im Gegensatz zu allen klägerischen Auffassungen war mithin die Beklagte bzw. deren Hauptaktionär nicht gehalten, die Übertragung von Aktien gegen Barabfindung neu in die Hauptversammlung einzubringen, Barabfindung festzulegen, neuerlichen Prüfungsbericht vorzulegen bzw. die Hauptversammlung zu diesem Zweck überhaupt einzuberufen (§ 327a, b, c AktG).
2. Der Bestätigungsbeschluss ist nicht deshalb rechtswidrig, weil er lediglich hilfsweise erging.
Zunächst entspricht es Sinn und Zweck des § 244 AktG ihn auch dann anzuwenden, wenn Zweifel vor rechtskräftiger Entscheidung über die Anfechtungsklagen vorliegen. Demzufolge wurde § 244 AktG gerade dafür geschaffen, höchst fürsorglich eine Wiederholung möglicherweise anfechtbarer bzw. bereits angefochtener Beschlüsse herbeizuführen (vgl. Hüffer a.a.O., § 244 Rdnr. 1). Dem würde nicht nur eine Neuvornahme widersprechen, sondern auch der Hinweis darauf, nur bei tatsächlichen Mängeln käme § 244 AktG zum Zuge. Er käme meist erst bei rechtskräftiger Feststellung der Nichtigkeit und liefe in diesen Fällen, da dann Neuvornahme notwendig wäre, leer. Zu Recht hat es auch das Oberlandesgericht Stuttgart mit Beschluss vom 06. Mai 2004 (vgl. AG 2004, 457 ff.) bei zweifachen Rechtsstreit (gegen früheren Beschluss und dessen Bestätigungsbeschluss) die Anwendung des § 244 AktG für rechtmäßig erachtet.
3. Verfassungsrechtliche Bedenken liegen nicht vor.
Zwar haben die Kläger zu Recht darauf hingewiesen, dass eine Heilung des ersten Beschlusses nach herrschender Meinung mit Wirkung ex nunc erfolge (vgl. BGH, NJW 1972, 1320; OLG Düsseldorf NZG 2003, 975 ff.). Eine verfassungswidrige Schlechterstellung der verbannten Aktionäre liegt schon deshalb nicht vor, weil ihnen die Forderung weitergehenden Schadensersatzes gegen die Beklagte gem. § 327 b Abs 2 2. Halbsatz offen steht.
V. 1. Im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Bestätigungsbeschlusses ist auch eine erneute Überprüfung des bestätigten Beschlusses auf dessen Rechtmäßigkeit jedenfalls unter dem Gesichtspunkt (absoluter) Nichtigkeit (§ 241 AktG) zu überprüfen. Es entspricht allgemeiner Meinung, dass nichtige Beschlüsse nicht geheilt werden können (vgl. Münchner Kommentar, AktG, § 244 Rdnr. 6 m.w.N.).
Der bestätigte Beschluss gemäß Hauptversammlung vom 23.06.2003 ist nicht nichtig.
Insoweit verweist die Kammer zunächst vollinhaltlich auf seine Entscheidung vom 29.01.2004 (23 O 83/03).
a) Soweit seitens der Kläger vorgetragen wird, im Rahmen der Vorlage des Squeeze-out-Beschlusses, des Berichtes des Hauptaktionärs und des Sachverständigenprüfungsberichtes (§ 327c AktG) habe eine unzulässige Parallelprüfung des Sachverständigen Pulvers vorgelegen, mag dies richtig sein.
Es entspricht heute herrschender Meinung, dass Parallelprüfungen sachgerecht und zulässig sind und keinen Gesetzesverstoß darstellen (vgl. OLG Stuttgart, DB 2004, 60 f.; OLG Düsseldorf, DB 2004, 590 f.).
b) Soweit die Kläger bemängeln, der frühere Vorlagebericht sei nicht von allen Geschäftsführern bzw. Vorständen unterzeichnet, ist dies ebenfalls nicht durchgreifend. Ausreichend sind Unterschriften vertretungsberechtigter Vorstände, d. h., die Anzahl zumindest notwendiger Unterschriften zur Einbringung des Beschlusses (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O.).
2. Soweit die Kläger Einwendungen im Zusammenhang mit dem Bestätigungsbeschluss einerseits bzw. dem früheren bestätigten Beschluss andererseits vorbringen, die sich zur Höhe der Abfindung einlassen, ist darauf hinzuweisen, dass dies der Sache nach zum Spruchverfahren gehört und nicht zum Anfechtungsverfahren (§ 327 f. AktG). Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Entscheidungen darauf hingewiesen, dass Bewertungsstreitigkeiten im Rahmen von Anfechtungsprozessen unmaßgeblich sind (vgl. u.a. BGH BB 2004, 346 ff.). Billigung oder Nichtbilligung des Jahresabschlusses 2003 ist deshalb ebenfalls ohne Bedeutung.
3. Die Kammer teilt auch nicht die weiteren verfassungsrechtlichen Bedenken der Kläger. Die Vermögensinteressen der Minderheitsaktionäre sind über die §§ 327a ff. AktG nebst Ausgestaltung im Rahmen des Spruchverfahrensgesetz hinreichend geschützt und haben angemessene Barabfindungen zu erhalten (instruktiv OLG Hamburg, Urteil vom 11.04.2003, DB 2003, 1499 ff.).
Dabei hat die Kammer die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt (NZG 2004, 672 ff) betreffend der Höchstbetragsbürgschaft und deren Probleme im Rahmen des Gesamtverfahrens (eventuell nicht ausreichend) nicht übersehen.
Die verfassungsrechtlich gebotene Behandlung für Kleinaktionäre gemäß Motometer-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfGE 100, 289 ff) trifft gleichermaßen auf die Behandlung von Minderheitsaktionären bei Squeeze-out-Fällen gemäß § 327a ff. AktG zu. Die Interessen der Kleinaktionäre werden gewahrt, die Vermögenskomponente ihrer Beteiligung berücksichtigt auch und gerade gegen mögliche Beeinträchtigungen durch den übernehmenden Großaktionär.
Insbesondere sind die Einwendungen der Kläger gegen die Zinsregelung gemäß § 327b Abs. 2 AktG verfassungsrechtlich nicht durchgreifend. Der Anspruch auf Zahlung der Barabfindung wird frühestens mit Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister fällig, weil erst zu diesem Zeitpunkt alle Aktien der Minderheitsaktionäre gemäß § 327e Abs. 3 AktG übergehen. Bis zu diesem Zeitpunkt besitzt der Aktionär weiterhin Anspruch auf Zahlung einer Dividende. Im Übrigen kann der Aktionär gemäß § 327b Abs. 2 letzter Halbsatz AktG eventuell weiteren Schaden geltend machen. So auch insgesamt Kammergericht, Beschluss vom 19.08.2004 (2 U 44/03).
VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO. Im Hinblick auf die Bedeutung des Bestätigungsbeschlusses für die Beklagte in Ansehung des bestätigten Beschlusses aus 2003, unter Berücksichtigung der vorherigen Entscheidung des Landgerichts Mannheim sowie dem Unterliegen der Kläger ist der gesetzliche Regelfall einer gegenseitigen Aufhebung der Kosten dahingehend, dass jede Partei ihre außergerichtlichen Auslagen selbst zu tragen hat und die Gerichtskosten hälftig geteilt werden, sachgerecht. Dem folgt die Entscheidung betreffend den Kosten der Nebenintervenienten (§ 100 f. ZPO) einerseits und dem Umstand der Unzulässigkeit der Nebeninterventionen ... und ...
Der Streitwert folgt aus §§ 3 ZPO, 247 AktG. Das Kapital der Gesellschaft beträgt 48 Mio Euro und der Hauptaktionär besitzt hiervon 99,16%. Mithin liegt das von dem Hauptaktionär zu übernehmende Kapital bei 408.200,- EUR. In Relation zu den geringeren Aktienanteilen der Kläger entspricht der gerundete hälftige Betrag dem geschätzten Gesamtinteresse.
LG Mannheim:
Urteil v. 07.04.2005
Az: 23 O 102/04
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