Bundespatentgericht:
Urteil vom 25. Januar 2005
Aktenzeichen: 1 Ni 18/03
(BPatG: Urteil v. 25.01.2005, Az.: 1 Ni 18/03)
Tenor
1.
Das europäische Patent 0 628 015 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Patentansprüche 1, 2, 7 bis 10 sowie der Patentansprüche 5 und 6, soweit diese beiden Patentansprüche nicht auf einen der Ansprüche 3 und 4 zurückbezogen sind, für nichtig erklärt.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 11. Februar 1993 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 28. Februar 1992 angemeldeten und ua mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 628 015 (Streitpatent). Das in deutscher Verfahrenssprache veröffentlichte Streitpatent, das vom Deutschen Patentund Markenamt unter der Nummer 593 01 172 geführt wird, trägt die Bezeichnung "Betriebsstartverfahren und Betriebseinrichtung für eine gesteuert und/oder geregelt betriebene Schiebetür". Es umfasst 10 Patentansprüche. Mit der Klage werden die Ansprüche 1, 2, 7 bis 10 sowie 5 und 6, soweit diese beiden Ansprüche nicht auf einen der Ansprüche 3 und 4 zurückbezogen sind, angegriffen.
Die erteilten Patentansprüche lauten:
1.
Betriebsstartverfahren für eine gesteuert und/oder geregelt betriebene Schiebe-, insbesondere eine Aufzugstür, zum Betriebsstart nach der Montage oder einer Reparatur mit Betriebsdatenänderung und zum nachfolgenden Betrieb, wobei die Tür einen Antriebsmotor mit digitalem Impulsgeber sowie eine programmierbare elektronische Steuerungseinheit aufweist, dadurch gekennzeichnet, daß die elektronische Steuerungseinheit durch eine vorgegebene Testlaufroutine die Türparameter aus einer unbestimmten Öffnungsposition heraus selbst ermittelt und einem nichtflüchtigen Speicher, z.B. einem seriellen EE-PROM, als Parameter für die Türsteuerung und ggf. -regelung aufgibt.
2.
Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Tür zum Betriebsstart in einen vorherbestimmten Öffnungsbereich, vorzugsweise in eine weite Öffnungsposition gebracht wird, dort eingeschaltet wird und dann einen Schließrichtungs-Erkennungslauf durchführt.
3.
Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Schließrichtungs-Erkennung durch automatische Testläufe mit sich vorgegeben vergrößernder Amplitude erfolgt.
4.
Verfahren nach Anspruch 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Schließrichtungserkennung mit einer Bewegung der Tür über eine kleine vorgewählte Distanz, z.B. 10 cm beginnt, daß nach Durchlaufen der vorgewählten Distanz ohne Erreichen der Öffnungsendposition eine automatische Umsteuerung erfolgt und daß dann die Türbewegung, ggf. wiederholt vergrößert, z.B. verdoppelt wird, bis die Öffnungsposition erreicht ist und gespeichert wird.
5.
Verfahren nach Anspruch 1, 2, 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Tür anschließend an die Schließrichtungs-Erkennung einen Türgrößen-Erkennungslauf durchführt, wobei aus der Öffnungsposition durch einen Türschließvorgang mit langsamer Geschwindigkeit die Schließstellung der Tür ermittelt und in dem nichtflüchtigen Speicher abgelegt wird.
6.
Verfahren nach Anspruch 1, 2, 3, 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, daß mittels eines weiteren Testlaufs aus dem Motorstrom und dem erreichten Türgeschwindigkeitsverlauf über die Türmasse die kinetische Energie der Tür, insbesondere bei der Schließbewegung, ermittelt und ggf. begrenzt wird.
7.
Betriebseinrichtung nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche zur Durchführung des Betriebsstartund des Betriebsverfahrens für eine Schiebe-, insbesondere eine Aufzugstür, mit einem Antriebsmotor mit digitalem Impulsgeber und einer programmierbaren elektronischen Steuerungseinheit mit nichtflüchtigem Speicher, wobei dernichtflüchtige Speicher, z.B. ein EE-PROM, für eine Selbstparametrierung mit den Türparametern eingerichtet ist, dadurch gekennzeichnet, daß in ihm die, durch eine Testlaufroutine, die mit einer Schließrichtungs-Erkennung beginnt, ermittelten Türparameter abgelegt sind.
8.
Betriebseinrichtung nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß sie einen Prozessor zur Ermittlung der geometrischen und dynamischen Türparameter, wie Öffnungsweite, kinetische Energie etc. aufweist, der nach Anforderungsvorgaben eine, insbesondere geschwindigkeitsgeregelte, Fahrkurve selbsttätig einhält.
9.
Betriebseinrichtung für eine Schiebetür, insbesondere Aufzugstür, dadurch gekennzeichnet, daß sie einen Prozessor aufweist, der zur automatischen Ermittlung von Türparametern durch Testlaufroutinen, wiez.B. Öffnungsrichtung -, Schließrichtung, Öffnungsund Schließposition, Türgewicht, etc. verwendet wird.
10.
Betriebseinrichtung nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, daß sie einen Prozessor aufweist, der unter Verwendung der durch Testlaufroutinen ermittelten Türparameter die Tür gesteuert und/oder geregelt, insbesondere geschwindigkeitsgeregelt, öffnet und schließt.
Die Klägerin führt aus, dass die Gegenstände der angegriffenen Patentansprüche nicht neu seien, zumindest nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhten.
Sie verweist hierzu u.a. auf folgende Druckschriften: (K7) britische Patentanmeldung 2 189 906 (K8) britische Patentanmeldung 2 103 710 Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 0 628 015 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Patentansprüche 1, 2, 7 bis 10 sowie der Patentansprüche 5 und 6, soweit diese beiden Patentansprüche nicht auf einen der Ansprüche 3 und 4 zurückbezogen sind, für nichtig zu erklären.
Die Beklagte hat schriftsätzlich einen Hauptantrag und mehrere Hilfsanträge angekündigt, den ersten Hilfsantrag aber in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt. Sie beantragt, die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen die mit Schriftsatz vom 12. Mai 2004 eingereichte Fassung des Patents gemäß dortigem Hauptantrag, hilfsweise gemäß dortigem zweiten Hilfsantrag, weiter hilfsweise gemäß dortigem drittem Hilfsantrag, höchst hilfsweise, soweit sie sich gegen den in der mündlichen Verhandlung vom 25. Januar 2005 überreichten vierten Hilfsantrag richtet, wobei Patentanspruch 7 gemäß Hauptantrag und zweitem Hilfsantrag sowie Patentanspruch 6 gemäß drittem und viertem Hilfsantrag durch die erteilte Fassung des Patentanspruchs 7 ersetzt werden.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag stimmt mit dem erteilten Anspruch 1 wörtlich überein. Wegen des Wortlauts der Ansprüche 2 bis 12 des Hauptantrags wird auf die Akte verwiesen.
Der Patentanspruch 1 gemäß zweitem Hilfsantrag lautet:
1. Betriebsstartverfahren für eine gesteuert und/oder geregelt betriebene Schiebe-, insbesondere eine Aufzugstür, zum Betriebsstart nach der Montage oder einer Reparatur mit Betriebsdatenänderung und zum nachfolgenden Betrieb, wobei die Tür einen Antriebsmotor mit digitalem Impulsgeber sowie eine programmierbare elektronische Steuerungseinheit aufweist, dadurch gekennzeichnet,dass die elektronische Steuerungseinheit durch eine vorgegebene Testlaufroutine selbstätig mehrere Türparameter ermittelt, wobei die Testlaufroutine ausgehend von einer unbestimmten Öffnungsposition mit einem Schließrichtungs-Erkennungslauf startet und die ermittelten Türparameter einem nichtflüchtigen Speicher, z.B. einem seriellen EE-PROM, als Parameter für die Türsteuerung und ggf. -regelung aufgibt.
Wegen des Wortlauts der Ansprüche 2 bis 12 des zweiten Hilfsantrags wird auf die Akte verwiesen.
Der Patentanspruch 1 gemäß drittem Hilfsantrag lautet:
1. Betriebsstartverfahren für eine gesteuert und/oder geregelt betriebene Schiebe-, insbesondere eine Aufzugstür, zum Betriebsstart nach der Montage oder einer Reparatur mit Betriebsdatenänderung und zum nachfolgenden Betrieb, wobei die Tür einen Antriebsmotor mit digitalem Impulsgeber sowie eine programmierbare elektronische Steuerungseinheit aufweist, dadurch gekennzeichnet,dass die elektronische Steuerungseinheit durch eine vorgegebene Testlaufroutine selbstätig mehrere Türparameter ermittelt, wobei die Testlaufroutine ausgehend von einer unbestimmten Öffnungsposition mit einem Schließrichtungs-Erkennungslauf startet und die ermittelten Türparameter einem nichtflüchtigen Speicher, z.B. einem seriellen EE-PROM, als Parameter für die Türsteuerung und ggf. -regelung aufgibt, wobei die Tür zum Betriebsstart in einen vorherbestimmten Öffnungsbereich, vorzugsweise in eine weite Öffnungsposition gebracht wird, dort eingeschaltet wird und dann von der Testlaufroutine der Schließrichtungs-Erkennungslauf durchgeführt wird und die ermittelte Schließrichtung dem Speicher aufgegeben wird.
Wegen des Wortlauts der Ansprüche 2 bis 11 des dritten Hilfsantrags wird auf die Akte verwiesen.
Die Patentansprüche gemäß viertem Hilfsantrag lauten in der geänderten Fassung, in der dieser Antrag in der mündlichen Verhandlung gestellt worden ist:
1.
Betriebsstartverfahren für eine gesteuert und/oder geregelt betriebene Schiebe-, insbesondere eine Aufzugstür, zum Betriebsstart nach der Montage oder einer Reparatur mit Betriebsdatenänderung und zum nachfolgenden Betrieb, wobei die Tür einen Antriebsmotor mit digitalem Impulsgeber sowie eine programmierbare elektronische Steuerungseinheit aufweist, dadurch gekennzeichnet,dass die elektronische Steuerungseinheit durch eine vorgegebene Testlaufroutine selbstätig mehrere Türparameter ermittelt, wobei die Testlaufroutine ausgehend von einer unbestimmten Öffnungsposition mit einem Schließrichtungs-Erkennungslauf startet und die ermittelten Türparameter einem nichtflüchtigen Speicher, z.B. einem seriellen EE-PROM, als Parameter für die Türsteuerung und ggf. -regelung aufgibt, wobei die Tür zum Betriebsstart in einen vorherbestimmten Öffnungsbereich, vorzugsweise in eine weite Öffnungsposition gebracht wird, dort eingeschaltet wird und dann von der Testlaufroutine der Schließrichtungs-Erkennungslauf durchgeführt wird und die unabhängig von hardwaremäßigen Voreinstellungen ermittelte Schließrichtung dem Speicher aufgegeben wird.
2.
Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Schließrichtungs-Erkennung durch automatische Testläufe mit sich vorgegeben vergrößernder Amplitude erfolgt.
3.
Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Schließrichtungserkennung mit einer Bewegung der Tür über eine kleine vorgewählte Distanz, z.B. 10 cm beginnt, dass nach Durchlaufen der vorgewählten Distanz ohne Erreichen der Öffnungsendposition eine automatische Umsteuerung erfolgt und dass dann die Türbewegung, ggf. wiederholt vergrößert, z.B. verdoppelt wird, bis die Öffnungsposition erreicht ist und gespeichert wird.
4.
Verfahren nach Anspruch 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Tür anschließend an die Schließrichtungs-Erkennung einen Türgrößen-Erkennungslauf durchführt, wobei aus der Öffnungsposition durch einen Türschließvorgang mit langsamer Geschwindigkeit die Schließstellung der Tür ermittelt und in dem nichtflüchtigen Speicher abgelegt wird.
5.
Verfahren nach Anspruch 1, 2, 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, dass mittels eines weiteren Testlaufs aus dem Motorstrom und dem erreichten Türgeschwindigkeitsverlauf über die Türmasse die kinetische Energie der Tür, insbesondere bei der Schließbewegung, ermittelt und ggf. begrenzt wird.
6.
Betriebseinrichtung nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche zur Durchführung des Betriebsstartund des Betriebsverfahrens für eine Schiebe-, insbesondere eine Aufzugstür, mit einem Antriebsmotor mit digitalem Impulsgeber und einer programmierbaren elektronischen Steuerungseinheit mit nichtflüchtigem Speicher, wobei der nichtflüchtige Speicher, z.B. ein EE-PROM, für eine Selbstparametrierung mit den Türparametern eingerichtet ist, dadurch gekennzeichnet, daß in ihm die, durch eine Testlaufroutine, die mit einer Schließrichtungs-Erkennung beginnt, ermittelten Türparameter abgelegt sind.
7.
Betriebseinrichtung nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass sie einen Prozessor zur Ermittlung der geometrischen und dynamischen Türparameter, wie Öffnungsweite, kinetische Energie etc. aufweist, der nach Anforderungsvorgaben eine, insbesondere geschwindigkeitsgeregelte, Fahrkurve selbsttätig einhält.
8.
Betriebseinrichtung für eine Schiebetür, insbesondere Aufzugstür, dadurch gekennzeichnet, dass sie einen Prozessor aufweist, der zur automatischen Ermittlung von Türparametern durch Testlaufroutinen verwendet wird, wobei die Türparameter zumindest die Öffnungsrichtung - Schließrichtung umfassen.
9.
Betriebseinrichtung nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Türparameter ferner die Öffnungsund Schließposition umfassen.
10.
Betriebseinrichtung nach Anspruch 8 oder 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Türparameter ferner das Türgewicht umfassen.
11.
Betriebseinrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass sie einen Prozessor aufweist, der unter Verwendung der durch Testlaufroutinen ermittelten Türparameter die Tür gesteuert und/oder geregelt, insbesondere geschwindigkeitsgeregelt, öffnet und schließt.
Die Klägerin hält ihren Angriff wegen fehlender Patentfähigkeit auch gegen die verteidigten Fassungen aufrecht und äußert Bedenken gegen die Zulässigkeit der Ansprüche 1 und der jeweils darauf rückbezogenen Ansprüche gemäß den Hilfsanträgen.
Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Zu weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Gründe
Die in zulässiger Weise erhobene Klage, mit der der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit (Art II § 6 Abs 1 Nr 1, IntPatÜG, Art 138 Abs 1 lit a, Art 52 Abs 1, Art 54 Abs 1 und 3, Art 56 EPÜ) geltend gemacht wird, ist begründet.
I Das Streitpatent betrifft ein Betriebsstartverfahren und eine Betriebseinrichtung für eine gesteuert und/oder geregelt betriebene Schiebe-, insbesondere eine Aufzugstür. Nach der Streitpatentschrift ist es bekannt, dass zum Betriebsstart nach der Montage oder einer Reparatur einer Aufzugstür, die einen Antriebsmotor mit digitalem Impulsgeber sowie eine elektronische Steuerungseinheit aufweist, aus einer maximalen Öffnungsposition der Tür ein Parametrierungs-Schließvorgang durchgeführt wird, um einen Mikrokontroller mit den Türparametern zu versorgen (s Oberbegriff des erteilten Patentanspruchs 1 iVm Sp 1 Z 52 bis 57 der Streitpatentschrift).
Nachteilig am Stand der Technik sei die noch immer erforderliche sorgfältige Voreinstellung der Tür von Hand, weshalb mit Inbetriebsetzungsfehlern gerechnet werden müsse. Die Aufgabe der Erfindung bestehe daher darin, eine kostengünstigere und vor allen Dingen sicherere Inbetriebnahme-Lösung anzugeben, die insbesondere für den späteren Betrieb von Aufzugstüren besonders vorteilhaft sei. Insbesondere bei Aufzugstüren komme es häufig zu Voreinstelloder Montagefehlern (s Sp 1 Z 28 bis 38 der Streitpatentschrift). Die Lösung dieser Aufgabe soll schließlich mit Betriebsstartverfahren und Betriebseinrichtungen nach den Ansprüchen des Streitpatents erfolgen.
Kern der Erfindung ist dabei die selbsttätige Ermittlung von Türparametern durch eine vorgegebene Testlaufroutine aus einer unbestimmten Öffnungsposition heraus und die Ablage der ermittelten Parameter in einem nichtflüchtigen Speicher. Durch das selbsttätige Ermitteln der Türparameter werden laut Streitpatentschrift alle Voreinstellfehler sowie die mit einer Voreinstellung verbundenen Kosten vermieden. Auch auftretende Parameterdriften sollen ausgeglichen werden können (s Sp 1 Z45 bis 51).
II 1. Zum Hauptantrag:
1.1. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist unstrittig gewerblich anwendbar. Er mag auch neu sein, er stellt jedoch nicht das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit dar, weil er sich für den Fachmann -einen Dipl.-Ing. der Fachrichtung Elektrotechnik/Elektronik mit Erfahrung in der Steuerung von automatisch betätigten Türen -am Prioritätstag des Streitpatents in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik ergab.
Die vorveröffentlichte britische Patentanmeldung 2 103 710 (Druckschrift K8) beschreibt bereits eine Vorrichtung und ein Verfahren zum automatischen Einlernen der Abfolge des Türöffnungsund -schließvorgangs nach einem Betriebsstart einer Schiebetür 10 ( s S 1 Z 3 bis 7 iVm Fig 1 in K8). Die bekannte Vorrichtung weist einen Antriebsmotor M mit digitalem Impulsgeber (encoder E) sowie eine programmierbare elektronische Steuerungseinheit (control unit 20) auf (s Fig 4 und zugehörige Beschreibung in K8). Das Ermitteln der Türparameter (hier: Türgewicht, Schließposition und Türöffnungsweite) geschieht mit einer vorgegebenen Testlaufroutine (learn control program), die mittels eines Schalters SS1 gestartet wird.
Die Beklagte sieht einen erfinderischen Unterschied des Gegenstands des Patentanspruchs 1 zum Gegenstand nach der K8 darin, dass die Testlaufroutine beim Streitpatent aus einer unbestimmten Türposition startet und die ermittelten Türparameter einem nichtflüchtigen Speicher aufgegeben werden. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Zum einen startet entgegen dem Vortrag der Beklagten das aus K8 bekannte learn control program nicht zwingend aus der geschlossenen Türposition. Dies ergibt sich aus Seite 3 Zeilen 45 bis 71 der K8. Die Tür kann nach dem Einbau zwar in die geschlossene Position gesetzt werden. Das Verfahren soll jedoch ausdrücklich auch dann anwendbar sein, wenn die Türposition aufgrund einer vorherigen Betriebsstörung nicht bestimmt ist. Folglich wird die Tür (aus dieser unbestimmten Position) nach dem Start des learn control program zuerst ein Stück weiter geöffnet, und zwar um mehrere Zentimeter weg von der Schließposition und mit vorgegeben niedriger Geschwindigkeit, und dann angehalten (s Fig 5 (i)). Nach Zeitablauf wird die Tür in Schließrichtung bewegt. Aus dem Verlauf der Geschwindigkeit (s curve a, b, c in Fig. 5 (ii)) bis zu einer vorgegebenen niedrigen Schließgeschwindigkeit wird das Türgewicht ermittelt. Dieses wird in einem Speicher 28 abgelegt (s S 3 Z 53 bis 66). Bei Erreichen der Schließposition wird die Tür angehalten und die ermittelte Schließposition in dem Speicher 28 abgelegt (s S 3 Z 66 bis 71). Würde, wie die Beklagte vorträgt, das learn control program aus der Schließposition gestartet, wäre diese Schließposition bereits bekannt und ihre Ermittlung mit dem learn control program gar nicht erforderlich.
Zum anderen ist der Speicher 28 der aus K8 bekannten Vorrichtung, dem die ermittelten Türparameter aufgegeben werden, zwar nicht näher spezifiziert. Insofern besteht ein Unterschied zu dem nichtflüchtigen Speicher des Streitpatents. Doch gerade weil die Lehre der K8 keinen speziellen Speicher vorschreibt, ist der Fachmann gehalten, aus den ihm mit allen Vorund Nachteilen bekannten Speichermedien dasjenige auszuwählen, das den gestellten Anforderungen genügt. Will der Fachmann bspw. das allgemein bekannte Problem des Datenverlustes bei Energieausfall vermeiden, so liegt die Wahl eines nichtflüchtigen Speichers im Bereich seines fachüblichen Handelns.
Die Argumentation der Beklagten, dass der Fachmann am Prioritätstag des Streitpatents einen nichtflüchtigen Speicher deshalb nicht verwendet hätte, weil der Aufwand des Löschens der Daten eines EPROM als zu hoch angesehen wurde und der einfach, weil elektrisch löschbare EEPROM nach dem Vortrag der Beklagten erst seit kurzem auf dem Markt war, kann nicht überzeugen. Der Fachmann wird gerade die neueren Entwicklungen (hier: EEPROM) in seine engere Wahl einbeziehen, wenn diese Entwicklungen Vorteile gegenüber dem bisher Bekannten aufweisen. Darüber hinaus ist der Einsatz eines EEPROM als nichtflüchtiger Speicher im angegriffenen Patentanspruch 1 nur fakultativ angegeben.
1.2.
Die angegriffenen Unteransprüche in der hauptsächlich verteidigten Fassung bedürfen keiner weiteren Prüfung, weil die Beklagte für den Fall, dass der hauptsächlich verteidigte Anspruchssatz nicht gewährt werden kann, Patentschutz in Form ihres hilfsweise verteidigten Anspruchssatzes gemäß zweitem Hilfsantrag beantragt.
2.
Zum zweiten Hilfsantrag:
2.1. Patentanspruch 1 in der Fassung des zweiten Hilfsantrags stellt eine zulässige Beschränkung des erteilten Anspruchs 1 dar. Die ursprüngliche Offenbarung des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 des zweiten Hilfsantrags ist unstrittig. Auch eine Erweiterung des Schutzbereichs des Patents ist nicht gegeben.
Im kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs 1 des zweiten Hilfsantrags ist angegeben, "dass die elektronische Steuerungseinheit durch eine vorgegebene Testlaufroutine selbsttätig mehrere Türparameter ermittelt, wobei die Testlaufroutine ausgehend von einer unbestimmten Öffnungsposition ... startet und die ermittelten Türparameter einem nichtflüchtigen Speicher ... aufgibt". Im kennzeichnenden Teil des erteilten Patentanspruchs 1 heißt es, "dass die elektronische Steuerungseinheit durch eine vorgegebene Testlaufroutine die Türparameter aus einer unbestimmten Öffnungsposition heraus selbst ermittelt und einem nichtflüchtigen Speicher ... aufgibt". Diese Merkmale unterscheiden sich lediglich sprachlich voneinander, ein inhaltlicher Unterschied ist nicht gegeben. Beim Gegenstand des Patentanspruchs 1 des zweiten Hilfsantrags erfolgt die Ermittlung der Türparameter, wie beim Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1, durch die elektronische Steuerungseinheit und aus einer unbestimmten Öffnungsposition heraus, da die (vom Fachmann als ein Programm der programmierbaren elektronischen Steuerungseinheit verstandene) Testlaufroutine, durch die die Türparameter selbsttätig ermittelt werden, ausgehend von einer unbestimmten Öffnungsposition startet. Auch die Aufgabe der ermittelten Türparameter auf den nichtflüchtigen Speicher erfolgt sowohl beim Gegenstand des Patentanspruchs 1 des zweiten Hilfsantrags, als auch beim Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 durch die Testlaufroutine.
Der Patentanspruch 1 des zweiten Hilfsantrags unterscheidet sich daher vom erteilten Patentanspruch 1 und damit vom Patentanspruch 1 des Hauptantrags gegenständlich nur durch das aus dem erteilten Patentanspruch 2 stammende zusätzliche und den Schutz weiter beschränkende Merkmal, wonach die Testlaufroutine "mit einem Schließrichtungs-Erkennungslauf" startet.
2.2. Dem Patentanspruch 1 in der Fassung des zweiten Hilfsantrags fehlt jedoch die Patentfähigkeit. Das den Gegenstand dieses Anspruchs gegenüber dem nicht patentfähigen Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Hauptantrags unterscheidende Merkmal, wonach die Testlaufroutine "mit einem Schließrichtungs-Erkennungslauf" startet, vermag die erforderliche erfinderische Tätigkeit nicht zu begründen.
In der vom Senat in Übereinstimmung mit den Parteien als nächst kommender Stand der Technik angesehenen Druckschrift K8 ist beim Start des learn control program die Schließrichtung mittels eines Richtungs-Auswahl-Schalters (direction selection switch SS3) gesetzt. Die K8 lehrt den Fachmann also, vor dem automatischen Ermitteln weiterer Türparameter die Schließrichtung vorzugeben.
Die britische Patentanmeldung 2 189 906 (Druckschrift K7) beschreibt eine programmierbare elektronische Türsteuerung, die als ein besonderes Merkmal eine Funktion zum Einlernen der Türcharakteristik (door characteristic learning function) besitzt (s S 2 Z 50 bis 52), die entsprechend der Terminologie des Streitpatents als Testlaufroutine bezeichnet werden kann. Diese Lernfunktion dient u.a. der Lösung des Problems, auch aufgrund veränderter Bedingungen wie Alter der Tür und Führungsschienenbeschaffenheit oder klimatischer Veränderungen (entsprechend den Parameterdriften des Streitpatents) erforderliches aufwendiges Einstellen von Schaltern, Sensoren und LastÜberwachungseinrichtungen sowie fehlerhaftes Auslösen des Türmechanismus zu vermeiden (s S 1 Z 34 bis 45). Der Fachmann ist somit auch von der Aufgabe her zu einer Zusammenschau der K7 mit der K8 angeregt.
Wird die aus K7 bekannte Türsteuerung in der "door characteristic learning function" betrieben, so wird u.a. über mindestens zwei optoelektronische Sensoren die Bewegungsrichtung der Tür erfasst (s S 2 Z 60 bis S 3 Z 4). Die K7 lehrt den Fachmann daher, auch die Richtungserfassung der Türbewegung automatisch durch das Lernprogramm durchführen zu lassen. Die nahe liegende Anwendung dieser Lehre der K7 bei dem Gegenstand nach der K8 führt dazu, mit der zur automatischen Ermittlung der Türparameter dienenden Testlaufroutine auch den Schließrichtungs-Erkennungslauf durchzuführen, und zwar entsprechend der Lehre der K8 vor der Ermittlung weiterer Türparameter, d.h. die Testlaufroutine mit einem Schließrichtungs-Erkennungslauf zu starten.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des zweiten Hilfsantrags ist aus diesen Erwägungen nahe gelegt.
2.3. Die angegriffenen Unteransprüche in der hilfsweise verteidigten Fassung des zweiten Hilfsantrags bedürfen wiederum keiner weiteren Prüfung, weil die Beklagte für den Fall, dass dieser verteidigte Anspruchssatz nicht gewährt werden kann, Patentschutz in Form ihres weiter hilfsweise verteidigten Anspruchssatzes gemäß drittem Hilfsantrag beantragt.
3. Zum dritten Hilfsantrag:
3.1. Der Patentanspruch 1 des dritten Hilfsantrags stellt ebenfalls eine zulässige Beschränkung des erteilten Anspruchs 1 dar. Er ist gebildet aus den Merkmalen der unstrittig ursprünglich offenbarten erteilten Patentansprüche 1 und 2 mit gegenständlich unbedeutenden sprachlichen Änderungen und einer Ergänzung durch das einschränkende Merkmal, dass "die ermittelte Schließrichtung dem Speicher aufgegeben wird". Dieses Merkmal ist unstrittig sowohl in der Streitpatentschrift (s Sp 2 Z 28 bis 39) als auch in den ursprünglichen Unterlagen offenbart.
3.2. Auch bei diesem Anspruch fehlt jedoch die Patentfähigkeit. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des dritten Hilfsantrags ist gegenüber dem nicht patentfähigen Gegenstand des Patentanspruchs 1 des zweiten Hilfsantrags weiter beschränkt durch die zusätzlichen Merkmale: "wobei die Tür zum Betriebsstart in einen vorherbestimmten Öffnungsbereich, vorzugsweise in eine weite Öffnungsposition gebracht wird, dort eingeschaltet wird und dann von der Testlaufroutine der Schließrichtungs-Erkennungslauf durchgeführt wird und die ermittelte Schließrichtung dem Speicher aufgegeben wird." Dieser Gegenstand mag neu und gewerblich anwendbar sein, er beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Nach der Lehre der K8 kann sich die Tür nach einem Energieausfall in einer unbestimmten und damit auch in einer weiten Öffnungsposition befinden. Die Lernroutine wird dann aus dieser weiten Öffnungsposition gestartet (s S 3 Z 45 bis 50). Darüber hinaus muss auch beim Gegenstand nach der K8 die mittels Richtungs-Auswahlschalter SS3 gesetzte Schließrichtung für die weiteren Funktionsabläufe der Türsteuerung zur Verfügung stehen und folglich, für den Fachmann platt selbstverständlich, einem Speicher aufgegeben sein. Die für den Fachmann naheliegende Zusammenschau der K8 mit der K7 (s Ziffer 2.2.) führt dann wieder ohne weiteres zu einem Gegenstand mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 des dritten Hilfsantrags.
3.3.
Die angegriffenen Unteransprüche in der verteidigten Fassung des dritten Hilfsantrags bedürfen wiederum keiner weiteren Prüfung, weil die Beklagte für den Fall, dass dieser verteidigte Anspruchssatz nicht gewährt werden kann, Patentschutz in Form ihres höchst hilfsweise verteidigten Anspruchssatzes gemäß viertem Hilfsantrag beantragt.
4.
Zum vierten Hilfsantrag:
4.1. Zur Zulässigkeit der Ansprüche des vierten Hilfsantrags:
Der Patentanspruch 1 des vierten Hilfsantrags ist gebildet aus den Merkmalen des Patentanspruchs 1 des dritten Hilfsantrags, dessen Gegenstand mit einer Ergänzung dem des erteilten Patentanspruchs 2 entspricht (s Ziffer 3.1.), und dem zusätzlichen Merkmal einer unabhängig von hardwaremäßigen Voreinstellungen ermittelten Schließrichtung. In der Aufnahme dieser Merkmale liegt keine zulässige Beschränkung.
Unter "hardware" werden allgemein Metallwaren oder Beschläge und im Computerbereich die Geräte oder Computerteile verstanden. Daher ist nicht eindeutig, was unter hardwaremäßigen Voreinstellungen in Zusammenhang mit der Ermittlung der Schließrichtung einer Schiebetür zu verstehen ist, weshalb zur Auslegung des Patentanspruchs die Beschreibung heranzuziehen ist.
Die Beklagte leitet die Offenbarung des strittigen Merkmals gemäß ihrem Vortrag in der mündlichen Verhandlung aus Sp 1 Z 23 und 24 der Streitpatentschrift her. Diese unstrittig auch ursprünglich offenbarte Textstelle gehört zu einem Absatz, in dem beschrieben ist, was bisher bei elektronischen Türsteuerungen allgemein üblich gewesen sei. In diesem Absatz wird die hardwaremäßige Voreinstellung der Türparameter durch das Montagepersonal, z.B. über Potentiometer, von der Montage der Endschalter entsprechend den betrieblichen Anforderungen unterschieden. Bei der Endschaltermontage komme es weniger häufig zu Fehlern als bei der hardwaremäßigen Voreinstellung. Hieraus lässt sich ableiten, dass eine Endschaltermontage keine hardwaremäßige Voreinstellung iSd Streitpatents darstellt und dass unter "unabhängig von hardwaremäßigen Voreinstellungen" iSd Streitpatents auch eine Endschaltermontage fällt.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass Anspruch 1 in der Fassung des vierten Hilfsantrags -in Übereinstimmung mit dem erteilten Anspruch 2 -ausdrücklich voraussetzt, dass "die Tür zum Betriebsstart in einen vorherbestimmten Öffnungsbereich, vorzugsweise in eine weite Öffnungsposition gebracht wird". Damit wird -entgegen der Zielsetzung des Streitpatents, alle Voreinstellfehler zu vermeiden (Sp 1 Z 45 bis 48) -doch wieder eine Voreinstellung eines mechanischen Bauteils verlangt. Nach Auffassung der Beklagten soll offenbar auch diese Voreinstellung der Tür keine "hardwaremäßige Voreinstellung" sein.
Aus welchen Gründen dieser Begriff weder eine Endschaltermontage noch die Voreinstellung einer Tür erfassen soll und wie überhaupt die Abgrenzung zwischen einer "hardwaremäßigen Voreinstellung" und anderen Artern von mechanischer Voreinstellung verlaufen soll, ist nicht erkennbar. Für den Fachmann war aus den ursprünglichen Unterlagen ein klarer Inhalt dieses Begriffs nicht zu entnehmen. Die beschränkte Verteidigung eines Anspruchs ist aber nur zulässig, wenn die Formulierung des verteidigten Anspruchs deutlich und klar ist (Schulte, PatG, 7. Aufl, § 81, Rdn 129). Aus diesem Grund kann mit den Worten "unabhängig von einer hardwaremäßigen Voreinstellung" keine zulässige Beschränkung des erteilten Anspruchs 1 des Streitpatents vorgenommen werden.
Da die Unzulässigkeit der Beschränkung auf der Aufnahme eines Merkmals in den Patentanspruch 1 beruht, das ursprünglich und in der Streitpatentschrift nicht mit einem klaren Inhalt offenbart war, sind auch alle auf diesen Patentanspruch 1 zurückbezogenen Ansprüche 2 bis 5 unzulässig, da ihre Gegenstände gleichfalls das strittige Merkmal aufweisen. Ob die Ansprüche 2 und 3 des vierten Hilfsantrags auch deshalb unzulässig sind, weil sie -von der Bezugnahme auf andere Ansprüche abgesehen -inhaltlich mit den nicht angegriffenen Ansprüchen 3 und 4 des Streitpatents übereinstimmen und damit als beschränkte Verteidigung nicht angegriffener Ansprüche angesehen werden können, kann dahinstehen.
Die Zulässigkeit der Patentansprüche 6 bis 11 des vierten Hilfsantrags, mit denen Vorrichtungen beansprucht werden, ist nicht bestritten. Die Merkmale der Patentansprüche 6 und 7 entsprechen denen der erteilten Patentansprüche 7 und 8. Allerdings sind die neuen Ansprüche 6 und 7 rückbezogen auf das Verfahren nach den erteilten Ansprüchen 1 bis 5, die ihrerseits in unzulässiger Weise beschränkt sind. Das Verfahren, das mit einer Vorrichtung betrieben werden soll, hat jedoch nicht zwangsläufig Einfluss auf die gegenständlichen Merkmale der Vorrichtung. Der Patentanspruch 8 unterscheidet sich von dem erteilten Patentanspruch 9 durch seine Nummerierung und die Umwandlung von fakultativen Merkmalen ("wie z.B. Öffnungsrichtung -Schließrichtung") in zwingende Merkmale ("zumindest die Öffnungsrichtung -Schließrichtung") und die Streichung weiterer fakultativer Merkmale ("wie z.B. ..., Öffnungsund Schließposition, Türgewicht, etc."), welche in neuen, auf den Patentanspruch 8 zurückbezogenen Patentansprüchen 9 und 10 als zwingende Merkmale beansprucht werden. Derartige Änderungen des Patents stellen regelmäßig keine Erweiterung des Schutzbereichs dar (s Schulte aaO, § 22, Rdn 21). Der Patentanspruch 11 entspricht inhaltlich dem erteilten Patentanspruch 10, allerdings rückbezogen auf die neuen Ansprüche 8 bis 10.
Letztlich kann die Zulässigkeit der Ansprüche 6 bis 11 des vierten Hilfsantrags jedoch dahin stehen, da es jedenfalls an der Patentfähigkeit fehlt 4.2. Zur Patentfähigkeit der Ansprüche des vierten Hilfsantrags:
Die Patentfähigkeit der Gegenstände der unzulässigen Patentansprüche 1 bis 5 des vierten Hilfsantrags kann dahinstehen. Das Patent kann im Umfang dieser Ansprüche schon wegen der unzulässigen Erweiterung nicht verteidigt werden.
Die Gegenstände der Patentansprüche 6 bis 11 mögen neu und gewerblich anwendbar sein, sie sind jedoch nicht das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.
Der Patentanspruch 6 ist als Vorrichtungsanspruch formuliert. Die beanspruchte Betriebseinrichtung dient entsprechend der unstrittigen Auslegung des Oberbegriffs des Patentanspruchs 6 zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Verfahrensansprüche 1 bis 5. Da mit diesem Patentanspruch 6 eine Sache, aber nicht deren Betriebsweise unter Schutz steht, ist das Kennzeichen des Anspruchs so zu verstehen, dass in dem Speicher die ermittelten Türparameter ablegbar sind.
Wie unter Ziffer 1.1. ausführlich dargelegt, beschreibt die Druckschrift K8 bereits eine Betriebseinrichtung für eine Schiebetür, mit einem Antriebsmotor mit digitalem Impulsgeber und einer programmierbaren elektronischen Steuerungseinheit mit einem Speicher. Da die bekannte Betriebseinrichtung der Selbstparametrierung von Türparametern dient und diese Türparameter in dem Speicher abgelegt werden, ist dieser Speicher für eine Selbstparametrierung mit den Türparametern eingerichtet und die ermittelten Türparameter sind in dem Speicher ablegbar. Damit unterscheidet sich der Gegenstand des angegriffenen Patentanspruchs 6 von der bekannten Vorrichtung nach der K8 noch dadurch, dass der Speicher als ein nichtflüchtiger Speicher ausgebildet ist. In der Speicherwahl liegt jedoch, wie unter Ziffer 1.1. ebenfalls bereits ausführlich dargelegt, keine erfinderische Tätigkeit des hier zuständigen Fachmanns.
Die Steuerungseinheit 20 der aus K8 bekannten Betriebseinrichtung kann, wie auf S 4 Z 41 bis 47 der K8 beschrieben, als Mikrocomputer ausgebildet sein. Ein solcher weist entsprechend dem angegriffenen Patentanspruch 7 einen Prozessor (als platt selbstverständlich vorhandene zentrale Funktionseinheit eines jeden Mikrocomputers) auf. Dieser bekannte Prozessor dient wie der beanspruchte zur Ermittlung von geometrischen und dynamischen Türparametern, z.B. Schließposition, Öffnungsweite, Beschleunigungswerte zur Errechnung des Türgewichts und Bremspunkt in Abhängigkeit vom Türgewicht (s S 3 Z 53 bis 101). Nach entsprechenden Anforderungsvorgaben bspw durch den Benutzer durch Betätigung des Schalters S0 wird auch eine Fahrkurve selbsttätig eingehalten (s S 1 Z 10 bis 12 sowie S 3 Z 129 bis S4 Z 5).
Der nebengeordnete Patentanspruch 8 ist wiederum als Vorrichtungsanspruch formuliert, weshalb der Anspruch so zu verstehen ist, dass der Prozessor der Betriebseinrichtung zur automatischen Ermittlung von Türparametern durch Testlaufroutinen verwendbar ist. Ein solcher Gegenstand ist durch die K8 hinlänglich bekannt. Die dort beschriebene Betriebseinrichtung für eine Schiebetür weist, wie vorstehend ausgeführt, einen Prozessor auf, der als zentrale Funktionseinheit des die Steuerungseinheit 20 bildenden Mikrocomputers zur Durchführung sämtlicher Funktionen der Steuerungseinheit und damit auch zur automatischen Ermittlung von Türparametern durch Testlaufroutinen verwendbar ist. Das Einbeziehen der Ermittlung der Öffnungsrichtung - Schließrichtung in die automatische Ermittlung der Türparameter durch eine Testlaufroutine stellt, wie unter 2.2. dargelegt, wegen der aus der Druckschrift K7 bekannten Lehre keine erfinderische Tätigkeit dar.
Die kennzeichnenden Merkmale der Patentansprüche 9 und 10, wonach die Türparameter die Öffnungsund Schließposition bzw das Türgewicht umfassen, sind wie die des Patentanspruchs 11, wonach der Prozessor unter Verwendung der ermittelten Türparameter die Tür gesteuert und/oder geregelt, insbesondere geschwindigkeitsgeregelt, öffnet und schließt, wieder durch die K8 vorweggenommen (s S 3 Z 65, 70 und 78 bzw S 3 Z 129 bis S 4 Z 5 iVm Fig 3), weshalb diese Merkmale wiederum keinen Beitrag zu einer erfinderischen Tätigkeit leisten.
Die Patentansprüche 6 bis 11 des vierten Hilfsantrags sind aus diesen Erwägungen nicht patentfähig.
III Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs 2 PatG in Verbindung mit § 91 Abs 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs 1 PatG in Verbindung mit § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
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BPatG:
Urteil v. 25.01.2005
Az: 1 Ni 18/03
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