Oberlandesgericht Hamm:
Beschluss vom 25. Januar 1999
Aktenzeichen: 2 Ws 369/98
(OLG Hamm: Beschluss v. 25.01.1999, Az.: 2 Ws 369/98)
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird abgeändert.
Die dem Beschwerdeführer nach dem Urteil des Landgerichts Bochum vom 15. Dezember 1997 zu erstattenden notwendigen Auslagen werden anderweitig auf 3.738,54 DM (in Worten: dreitausendsiebenhundertachtunddreißig 54/100 Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen seit dem 2. März 1998 festgesetzt.
Das weitergehende Rechtsmittel wird verworfen.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert von 1.003,26 DM zu 1/3. Die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers im vorliegenden Beschwerdeverfahren trägt dieser zu 1/3 und die Staatskasse zu 2/3.
Gründe
Durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Bochum vom 15. Dezember 1997 ist der frühere Angeklagte von den Vorwürfen der Vergewaltigung, der versuchten Vergewaltigung, der sexuellen Nötigung sowie der Nötigung in vier weiteren Fällen aus tatsächlichen Gründen freigesprochen worden; seine notwendigen Auslagen wurden der Staatskasse auferlegt.
Mit Antrag seines Verteidigers Rechtsanwalt Dr. C2 vom 26. Februar 1998, der am 2. März 1998 beim Landgericht Bochum einging, hat er die Erstattung notwendiger Auslagen in Höhe von 3.550,70 DM nebst 532,60 DM Mehrwertsteuer, mithin 4.083,30 DM sowie Verzinsung dieses Betrages mit 4 % beantragt.
Dabei hat Rechtsanwalt Dr. C2 die Gebühr für den ersten Hauptverhandlungstag am 9. Dezember 1997 gemäß § 83 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO mit 1.520,- DM und die Gebühren für die beiden weiteren Hauptverhandlungstage am 12. und 15. Dezember 1997 gemäß § 83 Abs. 2 Nr. 2 BRAGO mit 760,- DM, also jeweils mit der Höchstgebühr, bestimmt.
Die Rechtspflegerin hat die erstattungsfähigen Gebühren hingegen insoweit auf 1.120,- und 2 x 440,- DM festgesetzt. Die angemeldeten Auslagen gemäß § 27 BRAGO für 119 Fotokopien in Höhe von 70,70 DM hat sie jedoch nur für 85 Kopien mit 60,50 DM anerkannt.
Da hinsichtlich der Fahrtkosten eine höhere Kilometerpauschale als vom Verteidiger zugrundegelegt anzusetzen war, sind die Fahrtkosten um 28,- DM höher als beantragt festgesetzt worden; die übrigen geltend gemachten Auslagen wurden antragsgemäß festgesetzt.
Aufgrund der vorgenommenen Abzüge wurden durch den angefochtenen Beschluß insgesamt 2.678,50 DM zuzüglich 401,78 DM Mehrwertsteuer, mithin 3.080,28 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 2. März 1998 als erstattungsfähig anerkannt und gegen die Staatskasse festgesetzt.
Der dagegen vom Beschwerdeführer durch seinen Verteidiger rechtzeitig eingelegten Erinnerung, mit der der ursprüngliche Antrag weiterverfolgt wird, haben die Rechtspflegerin und die Strafkammer nicht abgeholfen.
Zu der als sofortige Beschwerde geltenden Durchgriffserinnerung hat der Leiter des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des hiesigen Oberlandesgerichts als Vertreter der Staatskasse ausführlich Stellung genommen. Er hält das Rechtsmittel lediglich hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit von 8 weiteren Fotokopien, also lediglich in Höhe von 2,40 DM zuzüglich Mehrwertsteuer für begründet, im übrigen jedoch für unbegründet. Auf die dem Verteidiger bekanntgegebene Stellungnahme des Vertreters der Staatskasse vom 8. September 1998 wird ebenso wie auf die Antragsbegründung, die Begründung des angefochtenen Beschlusses, die Begründung der Durchgriffserinnerung und die Erwiderung des Verteidigers zur Stellungnahme vom 8. September 1998 Bezug genommen.
Entgegen der Auffassung des Vertreters der Staatskasse hält der Senat die vom Verteidiger bestimmten Gebühren für den ersten und zweiten Hauptverhandlungstag in Höhe von 1.520,- DM und 760,- DM für bindend.
Wenn auch die im Rahmen des § 12 Abs. 1 BRAGO zu berücksichtigenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers weit unterdurchschnittlich sind, was auch bei Zugrundelegung der Angaben in der Begründung der Erinnerung außer Zweifel steht, und die Bestimmung der Rahmenhöchstgebühr deshalb übersetzt erscheint, tritt andererseits der Gesichtspunkt der Vermögensverhältnisse hinter der Bedeutung des Verfahrens für den Angeklagten hier weitgehend zurück. Unter weiterer Berücksichtigung des Umstands, daß mit der Gebühr des § 83 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO nicht nur die Tätigkeit des Verteidigers an dem länger als sechs Stunden dauernden ersten Hauptverhandlungstag abgegolten wird, sondern auch die gesamte Vorbereitung auf die Hauptverhandlung sowie hier zusätzlich auch die Teilnahme an dem rund zweieinhalb Stunden dauernden Haftprüfungstermin in C am 22. Mai 1997 erachtet der Senat die Höchstgebühr von 1.520,- DM zwar gleichwohl noch für zu hoch, jedoch noch nicht für so unbillig i.S.d. § 12 Abs. 1 BRAGO, daß die Bestimmung durch den Verteidiger nicht verbindlich wäre.
Gleiches gilt auch für die Bestimmung der Gebühr für den zweiten Hauptverhandlungstag am 12. Dezember 1997, der rund viereinhalb Stunden gedauert hat und bei dessen Nachbereitung auch die Fertigung eines mehrseitigen Beweisantrages zu berücksichtigen ist, der am letzten Tag der Hauptverhandlung dem Gericht überreicht wurde.
Hingegen ist die Bestimmung der Höchstgebühr von 760,- DM für den dritten Hauptverhandlungstag am 15. Dezember 1997, der weniger als eineinhalb Stunden gedauert hat, unter Berücksichtigung der vorstehenden sowie der insoweit zutreffenden Ausführungen in der Stellungnahme des Vertreters der Staatskasse unbillig und daher nicht verbindlich. Angemessen erscheint insoweit auch dem Senat die bereits von der Rechtspflegerin festgesetzte Mittelgebühr von 440,- DM.
Auch hinsichtlich der Anzahl der erstattungsfähigen Fotokopien teilt der Senat die in dessen Stellungnahme geäußerte Auffassung des Vertreters der Staatskasse und nimmt auf diese Bezug. Es handelt sich nämlich nicht um notwendige Auslagen des freigesprochenen Angeklagten, wenn sein Verteidiger u.a. die Anklage, die ihm bereits anläßlich des Haftprüfungstermins übergeben worden war, während der nachfolgenden Akteneinsicht nochmals kopiert. Dies gilt auch für die von dem Verteidiger selbst gefertigten und zu den Akten gereichten Schriftsätze. Erstattungsfähig waren daher insoweit die vom Vertreter der Staatskasse genannten 93 Kopien, so daß gegenüber dem Antrag 7,80 DM abzusetzen waren.
Nach allem setzt sich der Erstattungsanspruch des Beschwerdeführers aus folgenden Rechnungspositionen zusammen:
1.
Gebühr gem. § 83 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO 1.520,00 DM
2.
Gebühren gem. § 83 Abs. 2 S.1 Nr. 2 BRAGO
(760,- DM + 440,- DM) 1.200,00 DM
3.
Fahrtkosten 208,00 DM
4.
Tage- und Abwesenheitsgeld 230,00 DM
5.
Schreibauslagen 62,90 DM
6.
Auslagenpauschale 30,00 DM
7.
Mehrwertsteuer (15 % von 3.250,90 DM) 487,64 DM
___________
Summe 3.738,54 DM.
Dieser Betrag ist gemäß § 464 b S.2 StPO seit der Anbringung des Festsetzungsantrags am 2. März 1998 mit 4 % zu verzinsen.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung für das vorliegende Beschwerdeverfahren folgt aus § 473 Abs. 4 StPO.
Der Beschwerdewert ergibt sich aus der Differenz zwischen dem im angefochtenen Beschluß festgesetzten und dem vom Beschwerdeführer erstrebten Betrag.
OLG Hamm:
Beschluss v. 25.01.1999
Az: 2 Ws 369/98
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