Landgericht Bielefeld:
Beschluss vom 9. August 2006
Aktenzeichen: 17 O 86/06

(LG Bielefeld: Beschluss v. 09.08.2006, Az.: 17 O 86/06)

Tenor

1. Der Antragsgegnerin wird verboten, im geschäftlichen Verkehr als Unternehmer im Rahmen des Fernabsatzes

a) gegenüber Verbrauchern eine Widerrufsbelehrung zu verwenden,

die entgegen den gesetzlichen Anforderungen des § 355 BGB

die folgende pauschale Einschränkung beinhaltet: „Ein Wider-

rufsrecht besteht nicht bei Produkten, die vom Besteller ent-

siegelt wurden oder bei denen durch einen speziellen Vermerk

auf den Produktseiten von www.eva.de darauf hingewiesen

wurde“;

b) eine Anbieterkennzeichnung zu führen, die entgegen den An-

forderungen des § 6 TDG nicht aufzeigt, wer vertretungsberech-

tigter Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Antrags-

gegnerin ist;

c) gegenüber Verbrauchern eine Gerichtsstandsvereinbarung zu

verwenden.

2. Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung Ordnungsgeld und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht, wobei das einzelne Ordnungsgeld den Betrag von 250.000,00 €, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf und letztere an dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Antragsgegnerin zu vollziehen ist.

3. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

4. Der Streitwert wird auf 10.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Zur Begründung dieser einstweiligen Verfügung wird auf die Abschrift der Antragsschrift vom 07.08.2006 nebst Anlagen, die der Ausfertigung dieses Beschlusses beigeheftet wird, Bezug genommen. Der darin geschilderte Sachverhalt ist durch die überreichten Unterlagen, nämlich den Ausdruck aus dem Internetauftritt der Antragsgegnerin unter der Domain www.eva.de (Anlagen 1 bis 3 zur Antragsschrift) glaubhaft gemacht worden.

Die Widerrufsbelehrung der Antragsgegnerin gibt das ihren Vertragspartnern, soweit diese Verbraucher sind, zustehende Widerrufsrecht nach §§ 312 b ff. BGB nicht zutreffend wieder. Ein Widerrufsrecht besteht nach § 312 d Abs. 4 BGB nur unter den dort aufgeführten Voraussetzungen nicht. Dass beliebige Waren vom Verkäufer versiegelt worden sind oder dass dieser auf einen Ausschluß des Widerrufsrechts beliebig hinweist, lässt ein Widerrufsrecht nicht entfallen. Die Formulierung der Widerrufsbelehrung der Antragsgegnerin läßt nicht erkennen, dass der Ausschluß des Widerrufsrechtes sich auf die in § 312 d Abs. 4 BGB genannten Fälle beschränken soll.

Die Anbieterkennzeichnung der Antragsgegnerin im Impressum ist unvollständig, insofern als dort der Vertretungsberechtigte des persönlich haftenden Gesellschafters nicht angegeben ist. Die fehlende Angabe ist nach § 6 Nr. 1 Teledienstgesetz geboten; der Vertretungsberechtigte einer juristischen Person ist bei sachgemäßer Auslegung der Vorschrift auch dann anzugeben, wenn die juristische Person ihrerseits persönlich haftende Gesellschafterin einer GmbH & Co.KG ist. Die Angabe des gesetzlichen Vertreters ist auch nach § 312 c Abs. 1 S. 1 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 1 BGB InfoVO geboten; die Angabe des gesetzlichen Vertreters gehört zur Identität des Unternehmers.

Die Gerichtsstandsvereinbarung in Ziffer 13.2 der AGB der Antragsgegnerin erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 ZPO, da sie sich nicht nur an Kaufleute, sondern auch an Verbraucher richtet; sie ist insoweit unwirksam.

Alle genannten Vorschriften, die verletzt sind, haben verbraucherschützenden Charakter und sind dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer, zu denen auch Verbraucher gehören, das Marktverhalten zu regeln (§ 4 Nr. 11 UWG). Die Vornahme der oben aufgeführten Handlungen ist daher unlauter im Sinne des § 3 UWG. Sie sind geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und der Verbraucher nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen, da sie die Ausübung des Widerrufsrechtes und eine etwaige gerichtliche Geltendmachung von Rechten erschweren; Mitbewerber, die korrekt belehren, können dadurch Nachteile im Verhältnis zur Antragsgegnerin erleiden.

Gemäß § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG steht der Antragstellerin ein Unterlassungsanspruch zu; auch wenn die Antragsgegnerin ihren Internetauftritt inzwischen geändert hat, besteht Wiederholungsgefahr, weil sie ihr früheres Verhalten teilweise als rechtmäßig verteidigt und sich jedenfalls nicht strafbewehrt unterworfen hat.

Der Unterlassungsanspruch ist gem. § 12 Abs. 2 UWG durch einstweilige Verfügung zu sichern.

Die in Ziffer 2. angedrohte Sanktion beruht auf § 890 ZPO.

Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts folgt aus § 14 Abs. 2 S. 1 UWG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO






LG Bielefeld:
Beschluss v. 09.08.2006
Az: 17 O 86/06


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