Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Dezember 2005
Aktenzeichen: 24 W (pat) 343/03
(BPatG: Beschluss v. 20.12.2005, Az.: 24 W (pat) 343/03)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Wortmarke Happy Girlist für die Waren
"Parfümerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, ätherische Öle"
zur Eintragung in das Register angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen, weil der angemeldeten Marke die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehle und die Wortfolge außerdem zur Beschreibung der angemeldeten Waren dienen könne (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).
Zur Begründung führt die Markenstelle aus, die angemeldete Marke bestehe aus den beiden auch in Deutschland umgangssprachlich gebräuchlichen, aus der englischen Sprache stammenden Begriffen "Happy" (= glücklich) und "Girl" (= Mädchen). Das Wort "Girl" sei als Bezeichnung für ein Mädchen bzw. eine unkonventionelle, mädchenhafte junge Frau mit selbstbewusstem und manchmal frechen Auftreten auch in Deutschland geläufig und finde sich häufig in alltäglichen Sprachzusammenhängen sowie in der Werbung. Die angemeldete Kennzeichnung werde ohne weiteres als Hinweis aufgefasst, dass die Waren der Anmeldung auf die Bedürfnisse von Mädchen oder jüngeren Frauen abgestellt seien und diese "glücklich" machten. Ähnliche schlagwortartige rein sachbezogene Werbeausdrücke in englischer Sprache ohne scharf umrissenen Begriffsinhalt würden auf dem betreffenden Warengebiet oft verwendet. Die Wortfolge erschöpfe sich daher in der werbeüblichen Anpreisung und Beschreibung der Waren, enthalte jedoch keine darüber hinausgehende individualisierende Eigenart. Die angemeldete Marke sei ebenso zu beurteilen wie das Zeichen "happy baby", bei dem es sich nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts im Beschluss vom 17. September 2002 - 27 W (pat) 302/00 - lediglich um die Aussage handele, dass die Waren der Anmeldung zur Unterhaltung, Pflege oder zum Schutz eines Säuglings oder Kleinkindes geeignet und bestimmt seien und damit das Kind zufrieden und glücklich machten.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, die im wesentlichen damit begründet wird, die Wortfolge "Happy Girl" stelle ein kurzes, prägnantes Zweiwortzeichen dar, dem ein hinreichend klarer und enger Bezug zu den beanspruchten Waren fehle. Sie sage nicht aus, ob die angesprochenen Verkehrskreise durch den Erwerb der Waren glücklicher würden oder ob eine Kundin mit dem Erwerb des Produkts zu einer bestimmten Gemeinschaft glücklicher Frauen gehöre. Ferner bleibe unklar, ob auf Kundinnen hingewiesen werde, die schon glücklich seien oder auf solche, die noch glücklich werden müssten. Aus diesen Gründen fehle der angemeldeten Marke weder die erforderliche Unterscheidungskraft noch sei die Wortfolge zur Beschreibung der Waren des Warenverzeichnisses geeignet.
Der Anmelder beantragt (sinngemäß), die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere auf eine Recherche des Senats, die dem Anmelder übersandt worden ist, Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber in der Sache nicht begründet. Auch nach Auffassung des Senats steht der Eintragung der angemeldeten Marke jedenfalls das absolute Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.
1. Unterscheidungskraft im Sinn der genannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2002, 804, 806 - Nr. 35 - "Philips"; GRUR 2003, 514, 517 - Nr. 40 - "Linde u. a."; GRUR 2004, 428, 431 - Nr. 48 - "Henkel"; GRUR 2004, 1027, 1029 - Nr. 33, 42 - "DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT"). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. u. a. EuGH a. a. O. - Nr. 41 - "Linde u. a."; a. a. O. - Nr. 50 - "Henkel"). Ferner ist dieses Eintragungshindernis im Licht des Allgemeininteresses auszulegen, das ihm zugrunde liegt (vgl. u. a. EuGH GRUR a. a. O. - Nr. 77 - "Philips"; EuGH GRUR 2003, 604, 607 - Nr. 51 - "Libertel"; EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Nr. 68 - "Postkantoor"; EuGH GRUR 2004, 680, 681 - Nr. 34 - "BIOMILD"). Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH a. a. O. - Nr. 86 - "Postkantoor"). Allerdings ist der Anwendungsbereich der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht auf Bezeichnungen beschränkt, welche konkret die Art oder Merkmale der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen beschreiben. Vielmehr kann einer Bezeichnung die Unterscheidungskraft auch aus anderen Gründen fehlen (vgl. EuGH a. a. O. - Nr. 70 u. 86 - "Postkantoor"; EuGH a. a. O. - Nr. 19 - "BIOMILD"; EuGH a. a. O. - Nr. 44 - "DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT"). Bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit von werblichen Ausdrücken sind an die Unterscheidungskraft grundsätzlich dieselben Kriterien anzulegen wie bei anderen Markenkategorien. Jedoch kann sich im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Kriterien zeigen, dass nicht jede Markenform in gleicher Weise wahrgenommen wird, und es daher schwieriger sein kann, die Unterscheidungskraft der Marken bestimmter Kategorien nachzuweisen. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft der betreffenden Marke festgestellt wird, dass sie eine Werbefunktion ausübt, die z. B. darin besteht, die Qualität oder Eigenschaften der betreffenden Ware anzupreisen, und dass diese Funktion im Vergleich zu der behaupteten Herkunftsfunktion nicht offensichtlich von untergeordneter Bedeutung ist. Denn in einem solchen Fall muss bei der Entscheidung dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Durchschnittsverbraucher aus solchen Slogans gewöhnlich nicht auf die Herkunft der Waren schließen (vgl. EuGH a. a. O. - Nr. 34, 35, 36 - "DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT"). Dies ist hier der Fall.
Zwar können die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Werbeaussage einen Anhalt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten (vgl. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 f. "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten"; BGH GRUR 2002, 1070, 1071 "Bar jeder Vernunft"). Die zu beurteilende angemeldete Kennzeichnung "Happy Girl" ist jedoch sprach- und werbeüblich gebildet und beschränkt sich auf eine eindeutige und rein sachbezogene Angabe dahingehend, dass durch die betreffenden Produkte Mädchen und Frauen glücklich würden. Da es sich bei "happy" und "Girl" um Wörter des englischen Grundwortschatzes handelt, die auch in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen sind (vgl. Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 5. Auflage, Stichwörter "Girl" und "happy"), ist davon auszugehen, dass - wie die Markenstelle zu Recht angenommen hat - deren Bedeutung auch von den hier angesprochenen breiten Verkehrskreisen ohne weiteres verstanden wird. Auch ist die englische Sprache auf dem Gebiet der Parfümerien und Kosmetika in der Werbung sehr häufig und wird generell bevorzugt in der Reklame verwendet, die sich an die jüngere Abnehmer richtet. Wie bereits die Markenstelle ausgeführt und auch die vertiefende Recherche des Senats ergeben hat, wird auf praktisch allen Waren- und Dienstleistungsgebieten einerseits mit Hinweisen auf die bestimmungsgemäße Zielgruppe - hier Mädchen bzw. junge Frauen - und andererseits damit geworben, dass die betreffenden Waren und Dienstleistungen in irgendeiner Weise glücklich machen oder einen Glückszustand erhalten. So finden sich in der Online-Datenbank "Slogans.de" Werbeaussagen wie "For girls only.", "Trust the girls!", "Bilder, die glücklich machen.", "Wo die Glücklichen Urlaub machen.", "Wir machen Menschen glücklicher.", "Mövenpick macht glücklich!", "Macht Familien glücklicher.", "Endlich glücklich mit meinem Haar.", "Günstig macht glücklich.", "Sonderwunschlos glücklich." usw. Bei solchen Anpreisungen ist für die Werbewirkung üblich und erwünscht, dass es sich um eher vage, in erster Linie das Gefühl ansprechende, einen positiven Kaufentschluss fördernde Aussagen handelt, die allgemein einsetzbar sind (vgl. dazu etwa BGH GRUR 1976, 587 "Happy"; BPatG BlPMZ 2001, 155 "HAPPINESS"). Gerade auf dem hier einschlägigen Gebiet der Klasse 3, in dem für den Kaufentschluss sehr viele subjektive Elemente eine Rolle spielen und den Produkten starke Auswirkungen auf das körperliche und psychische Wohlbefinden der Abnehmer und Abnehmerinnen zugeschrieben werden, bietet sich eine derartige Werbung an, die zwar die Waren und deren Eigenschaften nicht mit größter sprachlicher Exaktheit beschreibt, aber doch erkennbar eine bloße Anpreisung und keinen Hinweis auf die Herkunft der Produkte aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb darstellt (vgl. hierzu auch BGH GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"; BGH GRUR 2003, 1050 f. "Cityservice"; BGH GRUR 2004, 2004, 778, 779 "URLAUB DIREKT"). Aus diesen Gründen wird der Verkehr auch in der angemeldeten Wortfolge nur eine werbliche Anpreisung der Ware ohne betriebskennzeichnenden Charakter sehen.
2. Ob der angemeldeten Marke für die o. g. Waren auch gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG die Eintragung zu versagen ist, kann dahinstehen, weil die Anmeldung bereits gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückzuweisen ist.
Dr. Ströbele Kirschneck Guth Bb
BPatG:
Beschluss v. 20.12.2005
Az: 24 W (pat) 343/03
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