Bundespatentgericht:
Urteil vom 4. Mai 2004
Aktenzeichen: 3 Ni 45/02
(BPatG: Urteil v. 04.05.2004, Az.: 3 Ni 45/02)
Tenor
Das Patent 197 15 532 wird im Umfang der Patentansprüche 1 und 2, des Patentanspruchs 4, soweit dieser nicht auf Patentanspruch 3 zurückbezogen ist, sowie des Patentanspruchs 11, soweit dieser nicht auf einen der Patentansprüche 3 oder 5 bis 10 unmittelbar oder mittelbar zurückbezogen ist, für nichtig erklärt.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 14. April 1997 unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Gebrauchsmusteranmeldung 296 22 349 vom 23. Dezember 1996 angemeldeten Patents 197 15 532 (Streitpatent), das eine "Energiezuführungskette" betrifft und 19 Patentansprüche umfasst. Die Nichtigkeitsklage richtet sich gegen die Patentansprüche 1, 2, 4 und 11. Patentanspruch 1 in der mit Schriftsatz der Beklagten vom 21. April 2004 verteidigten Fassung lautet wie folgt :
"1. Energiezuführungskette zur Aufnahme von Kabeln, Schläuchen oder dergleichen, mit einer Anzahl gelenkig miteinander verbundener Kettenglieder, die durch zueinander parallele Laschen und diese verbindende untere und obere Querstege gebildet werden, wobei die Laschen seitliche, ketteneinwärts gerichtete Rastvorsprünge zur lösbar rastenden Aufnahme der Querstege aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass Bügel vorgesehen sind, die mit sich parallel zu den oberen und unteren Schmalseiten der Laschen (1) erstreckenden Befestigungsbereichen (6) versehen sind, mittels derer die Bügel an den Rastvorsprüngen der Laschen, die der lösbar rastenden Aufnahme der Querstege dienen, rastend befestigbar sind, und dass die Bügel zumindest einseitig der Kette eine Erweiterung deren Nutzquerschnitts bilden und beliebig gegen die Querstege (2, 3) austauschbar sind."
Wegen des Wortlauts der auf Patentanspruch 1 mittelbar oder unmittelbar zurückbezogenen Patentansprüche 2, 4 und 11 wird auf die Streitpatentschrift DE 197 15 532 C1 verwiesen.
Die Klägerin macht geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig, weil er nach den Patentansprüchen 1, 2 und 4 nicht neu sei und nach den Patentansprüchen 1, 2, 4 und 11 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gehe über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Patentanmeldung hinaus. Zur Begründung beruft sie sich auf folgende Unterlagen:
1. DE 35 31 066 A1 (D1)
2. US 3 779 003 (D2)
3. DE 39 09 797 C1 (D3), 4. WO 88/07637 A1 (D4), 5. DE 38 40 907 C1 (D5).
Sie macht ferner eine offenkundige Vorbenutzung durch eine Energieführungskette der Typenreihe K0900 der Kabelschlepp GmbH geltend gemäß einem 6. Kabelschlepp-Prospekt aus dem Jahre 1995 mit einer Modifizierung bzw. Sonderausführung gemäß einer 7. Zeichnung Nr. 722.40548A vom 9.8.96 der Kabelschlepp GmbH, die dem Angebot Nr. 286565 für die Firma Messer Griesheim Schweißtechnik GmbH & Co beigefügt gewesen sei. Zum Nachweis hat sie Auszüge aus dem Angebot, dem Kabelschlepp-Prospekt sowie eine Zeichnungskopie vorgelegt. Ferner hat sie Zeugenbeweis angeboten und zwara) für die Veröffentlichung der Prospektunterlagen durch Vernehmung von Frau R...-S..., b) für die Übermittlung des Angebots an Messer Griesheim ohne stillschweigende Geheimhaltungsverpflichtung durch Vernehmung von Herrn A...
Die Klägerin beantragt, das deutsche Patent 197 15 532 im Umfang der Patentansprüche 1 und 2, des Patentanspruchs 4, soweit dieser nicht auf Patentanspruch 3 zurückbezogen ist, sowie des Patentanspruchs 11, soweit dieser nicht auf einen der Patentansprüche 3 oder 5 bis 10 unmittelbar oder mittelbar zurückbezogen ist, für nichtig zu erklären.
Die Beklagteverteidigt das Streitpatent in der Fassung des Patentanspruchs 1 nach dem mit Schriftsatz vom 21. April 2004 eingereichten Hauptantrag sowie der Patentansprüche 2, 4 und 11 in der erteilten Fassung, rückbezogen auf den neuen Patentanspruch 1, hilfsweise in der Fassung der Patentansprüche nach den mit Schriftsatz vom 21. April 2004 eingereichten Hilfsanträgen I bis IV in dieser Reihenfolge und beantragt insoweit Klageabweisung.
Wegen des Wortlauts der Patentansprüche in der jeweils hilfsweise verteidigten Fassung wird auf die mit Schriftsatz vom 21. April 2004 überreichten Hilfsanträge Bezug genommen.
Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Nichtigkeitsklägerin entgegen und hält das Streitpatent in der verteidigten Fassung für patentfähig.
Gründe
Die zulässige Klage erweist sich als begründet.
Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund führt zur Nichtigkeit des Streitpatents in dem im Tenor genannten Umfang (§ 22 Abs 1, § 21 Abs 1 Nr 1, Nr 3 PatG).
I.
1. Das Streitpatent betrifft eine Energiezuführungskette zur Aufnahme von Kabeln, Schläuchen oder dergleichen, mit einer Anzahl gelenkig miteinander verbundener Kettenglieder, die durch zueinander parallele Laschen und diese verbindende untere und obere Querstege gebildet werden, wobei die Laschen seitliche, ketteneinwärts gerichtete Rastvorsprünge zur lösbar rastenden Aufnahme der Querstege aufweisen. Nach den Angaben der Streitpatentschrift sind Energiezuführungsketten der eingangs genannten Art beispielsweise aus der DE 35 31 066 A1 und der DE 39 09 797 bekannt (Streitpatentschrift Spalte 1 Z 15 bis 48). Zur Erweiterung des nutzbaren Kettenquerschnitts würden in der DE 39 09 797 nachrüstbare längliche Aufsatzstücke vorgeschlagen, die in (durch Ansätze an den Laschen gebildete) T-förmigen Nuten jeweils paarweise an zwei auf gleicher Höhe gelegenen Laschen einschiebbar seien und die zwischen sich Querstege gleicher Ausbildung und mit gleichen Befestigungsmitteln wie die Kettenquerstege der Laschen aufnähmen. Diese Aufsatzstücke säßen mit einer Wand auf dem oberen oder unteren Rand der Laschen auf und bildeten somit eine Verlängerung der Mittellängsebene der Laschen. Folglich bedürfe es nur einer zweilaschigen Kette, an welcher mittels der Aufsatzstücke weitere, zu den Kabeln oder Leitungen dieser Kette zusätzliche Kabel aufnehmende Elemente anbringbar seien, so dass der Nutzquerschnitt und damit die Aufnahmemöglichkeit der Kette beachtlich erweitert werden könne, wobei stets gleich ausgebildete Querstege Anwendung finden könnten (Streitpatentschrift Spalte 1 Z 49 bis 64). Die in der DE 39 09 797 vorgeschlagene Lösung biete zwar den Vorzug, dass stets gleich ausgebildete Querstege Anwendung finden könnten, bringe jedoch den Nachteil mit sich, dass die Montage der den erweiterten Nutzquerschnitt der Kette bildenden Elemente recht aufwendig sei. Stets müssten auf jeder Lasche die Aufsatzstücke jeweils separat montiert werden. Das bedeute, dass erforderlichenfalls an jedem Kettenglied insgesamt vier Aufsatzstücke montiert werden müssten; zusätzlich müssten zwischen diesen ein oder mehrere Querstege montiert werden. Da die Querstege in sich in Kettenlängsrichtung erstreckende T-förmige Nuten eingeschoben würden, sei ein nachträgliches Öffnen der Energiezuführungskette zum Einlegen oder Herausnehmen von Kabeln aufwendig (Streitpatentschrift Spalte 1 Z 65 bis Spalte 2 Z 16). Darüber hinaus sei die Breite des Erweiterungsquerschnitts bei der zuvor beschriebenen Konstruktion durch den die Breite der Kette definierenden Abstand der Laschen zueinander fest vorgegeben. Hierdurch sei beispielsweise kein versetzter oder asymmetrischer Aufbau des Erweiterungsquerschnitts in Bezug auf den von den Laschen definierten, ursprünglichen Kettenquerschnitt möglich. Darüber hinaus erlaube die Vorhaltung nur zwei verschiedener Arten von Teilen, nämlich Aufsatzstücken und Querstegen, nur geringe Gestaltungsmöglichkeiten in Bezug auf den Aufbau und die Aufteilung des Erweiterungsquerschnitts (Streitpatentschrift Spalte 2 Z 17 bis 28). Der wohl schwerwiegendste Nachteil der bekannten Kette sei jedoch darin zu sehen, dass ein nachträgliches Öffnen der Kette zum Einlegen oder Herausnehmen von Kabeln erschwert sei (Streitpatentschrift Spalte 2 Z 17 bis 28). Aus der US-PS 3,779,003 sei eine rohrförmige, nahezu vollständig geschlossene Energiezuführungskette bekannt, deren Glieder aus einer U-förmigen Abdeckung zusammengesetzt seien. Die U-förmigen Abdeckungen seien mit Rastzungen versehen, die die Seitenteile der das jeweilige Kettenglied bildenden Basis übergriffen und dort in entsprechende Rastausnehmungen einschnappten. Die Abdeckungen bildeten eine geschlossene rohrförmige Energiezuführungskette derart, dass die Schwenkachsen der einzelnen Glieder der Ketten unterhalb der Mittellängsebene des Kabelträgers angeordnet seien, um dessen Durchhängen in gewissen Grenzen zu ermöglichen. Hieraus ergebe sich ein asymmetrischer Aufbau des einzelnen Kettengliedes bzw. des Kettenquerschnitts in Bezug auf die Schwenkachsen der Glieder. Dieser asymmetrische Aufbau könnte zwar grundsätzlich als Erweiterung des durch die Kettenlaschen begrenzten Kettenquerschnitts angesehen werden, jedoch sei der Querschnitt der bekannten Kette festgelegt. Das Verhältnis der Höhe der Seitenteile der Kettenglieder zur Höhe der Abdeckungen sei durch die gewollte Durchbiegung der Kette festgelegt und unveränderbar. Eine Erweiterung des Nutzquerschnitts im Sinne der DE 39 09 797 sei mit dieser Kette nicht möglich (Streitpatentschrift Spalte 2 Z 33 bis 55). Aus der DE 37 30 586 C1 sei eine Energiezuführungskette mit mehrteiligen Querstegen bekannt, wobei die Querstege einen Zentralabschnitt von einstellbarer Länge aufwiesen. Grundsätzlich biete auch diese Konstruktion keine hinreichende Variabilität in Bezug auf die horizontale und vertikale Ausdehnung des Kettennutzquerschnitts (Streitpatentschrift Spalte 2 Z 56 bis 64).
2. Vor diesem Hintergrund ist es Aufgabe des Streitpatents, eine Energiezuführungskette der eingangs genannten Art unter Beibehaltung der Konfiguration und Ausbildung der Laschen derart weiterzubilden, dass der Kettennutzquerschnitt sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Ausdehnung mit möglichst einfachen Mitteln variabel bzw erweiterbar ist, wobei auch der Vorzug des leichten Öffnens und Schließens der gattungsgemäßen Kette erhalten bleiben soll (Streitpatentschrift Spalte 2 Z 65 bis Spalte 3 Z 4).
3. Zur Lösung beschreibt Patentanspruch 1 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung eine 1. Energiezuführungskette zur Aufnahme von Kabeln, Schläuchen oder dergleichen, 2. mit einer Anzahl gelenkig miteinander verbundener Kettenglieder, die gebildet werden durcha. zueinander parallele Laschenb. und diese verbindende untere und obere Querstege;
3. die Laschen weisen seitliche Rastvorsprünge auf, a. die ketteneinwärts gerichtet sind, b. und die zur lösbar rastenden Aufnahme der Querstege dienen;
4. es sind Bügel vorgesehen, a. die mit sich parallel zu den oberen und unteren Schmalseiten der Laschen erstreckenden Befestigungsbereichen versehen sind, b. die mittels der Befestigungsbereiche an den Rastvorsprüngen der Laschen, die der lösbar rastenden Aufnahme der Querstege dienen, rastend befestigbar sind, c. die zumindest einseitig der Kette eine Erweiterung deren Nutzquerschnitts bilden, d. und die beliebig gegen die Querstege austauschbar sind.
II.
In der erteilten, von der Beklagten nicht mehr verteidigten Fassung ist das Patent - soweit durch die Klage angegriffen - ohne weiteres für nichtig zu erklären.
Im übrigen stellt der Gegenstand des Streitpatents - soweit durch die Klage angegriffen - weder in der als zulässig zu erachteten Fassung der Patentansprüche nach Hauptantrag noch in der Fassung der Patentansprüche nach den Hilfsanträgen I bis IV eine patentfähige Erfindung im Sinne der §§ 1 bis 5 Patentgesetz dar, denn er beruht jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Als hier zuständiger Fachmann ist ein Fachhochschul-Ingenieur des Allgemeinen Maschinenbaus anzusehen, der langjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Gestaltung und Konstruktion von Energiezuführungsketten besitzt.
1. Eine Energiezuführungskette zur Aufnahme von Kabeln, Schläuchen oder dergleichen mit sämtlichen Merkmalen des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ist unstreitig aus der deutschen Offenlegungsschrift DE 35 31 066 A1 bekannt (Fig 1 und zugehörige Beschreibungsteile). Die einzelnen Kettenglieder dieser Kette bestehen aus zueinander parallelen Laschen (Seitenplatten 1a, 1b) mit jeweils seitlichen, ketteneinwärts gerichteten Rastvorsprüngen (Raststäbe 9) und die Laschen verbindenden oberen und unteren Querstegen (2), wobei die Querstege gerade ausgebildet sind und an beiden Enden Aufnahmen zur lösbar rastenden Verbindung mit den Rastvorsprüngen der Laschen aufweisen. Die Befestigungsbereiche der Querstege verlaufen dabei parallel zu den oberen und unteren Schmalseiten der Laschen.
Um hiervon ausgehend den Nutzraum der Energiezuführungskette zu erweitern, ist gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag im Kern vorgeschlagen, Bügel vorzusehen, die anstelle der geraden Kettenquerstege an den Rastvorsprüngen der Laschen rastend befestigbar und damit beliebig gegen diese austauschbar sind. Dass die Bügel zur Nutzraumvergrößerung nach außen - im weiteren als "kettenauswärts" bezeichnet - geformt sein müssen, liest der Fachmann mit.
Zur Lösung der streitpatentgemäßen Aufgabe, nämlich ohne grundsätzliche (konstruktive) Änderung der Energiezuführungskette eine Nutzraumerweiterung für eine weitere Anzahl von Kabeln oder Leitungen zu ermöglichen, lehrt bereits die DE 39 09 797 C1 den Einsatz von kettenauswärts geformten Bügeln, die beliebig gegen die Kettenquerstege austauschbar sind (Sp 1 Z 27-34, Anspruch 1 iVm Fig 8 u Sp 3 Z 21-67). Die Bügel bestehen aus zwei Schenkeln, sog. Aufsatzstücken 50, und Querstegen 7, welche den üblichen geraden Kettenquerstegen entsprechen. Zur Befestigung der Querstege bzw der Aufsatzstücke an den Kettenlaschen 60 sind an den Innenseiten derselben Vorsprünge 26, 27 unter Bildung von T-förmigen Nuten 34 angeordnet, in die die entsprechend T-förmig ausgebildeten Enden 7a der Querstege bzw der laschenseitigen Befestigungsabschnitte 54 der Aufsatzstücke einschiebbar sind. Im Falle der Querstege bilden die Vorsprünge bzw. Ansätze 26, 27 an den Laschen Rastvorsprünge, die mit (Rast-) Zungen 37 an den Querstegenden zusammenwirken, welche die Position der Querstege nach ihrem Einschieben in die T-Nut sichern (Fig 6). Auch die Aufsatzstücke 50 sind an den Laschen verrastet, jedoch nicht in gleicher Weise wie die Querstege. Die Rastzungen 62 der Aufsatzstücke sind weiter entfernt von der Befestigungsstelle der Laschen befestigt und greifen in Rastnuten 63 an einer Schmalseite der Laschen ein, um ein Verschieben der Ansatzstücke in Kettenlängsrichtung während des Kettenbetriebes zu verhindern (Fig 8 u 10). Eine Abkehr von der Verrastung gemäß den Querstegen (Fig 6) wählt der Fachmann bei der gegebenen Aufgabenstellung offensichtlich nur dann, wenn die bewährte Lösung zugunsten anderer Vorteile nicht realisierbar ist. Das ist hier der Fall. Da die Schenkel der Bügel etwa den gleichen Abstand wie die einander gegenüberliegenden Laschen der Kette haben sollen, wird zwar eine maximale Nutzquerschnitterweiterung bei gleichzeitiger Verwendbarkeit der üblichen Kettenquerstege für die Bügel im Hinblick auf eine wirtschaftliche Lagerhaltung für die Kettenbauteile erreicht. Aufgrund der hier zweckmäßigen kurzen Kröpfung der Befestigungsenden der Ansatzstücke verbleibt jedoch keine ausreichende Bauteillänge, um eine Federzunge gemäß den Querstegen vorzusehen. Verzichtet der Fachmann aber auf die Ausschöpfung der genannten Vorteile und begnügt er sich mit einem Abstand der Aufsatzstücke bzw der Schenkel der Bügel, der aufgabengemäß eine Beibehaltung der Befestigungsabschnitte entsprechend den Querstegen zulässt, gebietet die angestrebte Einfachheit der Konstruktion, die Rastzungen der Aufsatzstücke gemäß denen der Querstege auszubilden. Durch Zusammenschau der Lehren der DE 35 31 066 A1 und DE 39 09 797 C1 und unter Einbeziehung seines routinemäßigen Könnens konnte der Fachmann daher am Prioritätstag des Streitpatents in naheliegender Weise die Lehre des Anspruchs 1 nach Hauptantrag auffinden.
2. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag I weist gegenüber dem nach Hauptantrag zusätzlich das Merkmal auf, dass die Befestigungsbereiche der Bügel zu den Rastvorsprüngen der Laschen korrespondierende Rastausnehmungen zur rastenden Verbindung mit diesen aufweisen.
Rastverbindungen mit Vorsprüngen an den Laschen und dazu korrespondierende Ausnehmungen an den Querstegen sind bereits aus der gattungsbildenden DE 35 31 066 A1 bekannt (Sp 4 Z 2 bis 26 iVm Fig 1, 4 u 5). Es liegt für den Fachmann nahe, derartige Rastverbindungen auch bei Austausch der Querstege gegen Bügel zu nutzen, wenn aus wirtschaftlichen Gründen konstruktive Änderungen an der Energiezuführungskette weitgehend vermieden werden sollen und damit in Kauf genommen wird, dass ggf. nicht der maximal mögliche Laschenabstand für die Nutzraumerweiterung der Energiezuführungskette genutzt werden kann. Für derartige Überlegungen und Maßnahmen bedurfte es keiner erfinderischen Tätigkeit.
3. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag II weist gegenüber dem nach Hauptantrag als weitere Merkmale auf, dass die Bügel als einen rechteckigen Erweiterungsquerschnitt bildende Elemente (Merkmal des erteilten und mit der Nichtigkeitsklage angefochtenen Patentanspruchs 2) mit jeweils zwei sich parallel zu den Laschen erstreckenden Abschnitten und mit einem diese verbindenden, sich parallel zu den oberen und unteren Laschenschmalseiten erstreckenden Abschnitt ausgebildet sind, und dass die sich parallel zu den Laschen erstreckenden Abschnitte ketteneinwärts gerichtet von den Laschen beabstandet sind.
Ein Bügel mit im wesentlichen rechteckigem Erweiterungsquerschnitt und zu den Laschen und den Laschenschmalseiten parallelen Abschnitten ist schon bei der Energiezuführungskette nach der bereits ausführlich gewürdigten DE 39 09 797 C1 verwendet (vgl Fig 8). Die Abschnitte bzw Aufsatzstücke, die sich parallel zu den Laschen erstrecken, verlaufen dort etwa in der Ebene der Laschen. Sie demgegenüber weiter ketteneinwärts und parallel zu den Laschen anzuordnen, liegt im Griffbereich des Fachmannes. Wie zum Hauptantrag schon ausgeführt, drängt sich diese Maßnahme auf, wenn es auf eine wirtschaftliche Lagerhaltung durch Verwendung einheitlicher Querstege bzw. eine maximale Nutzquerschnitterweiterung nicht ankommt, vielmehr die einfache Austauschbarkeit von Querstegen und Bügeln unter Beibehaltung der Rastverbindung zwischen Laschen und Querstegen bekannter Energiezuführungsketten im Vordergrund steht.
4. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag III weist gegenüber dem nach Hilfsantrag II auch noch die Merkmale des erteilten und mit der Nichtigkeitsklage angefochtenen Patentanspruchs 11 auf, wonach die Bügel mit Stützbeinen versehen sind, die sich jeweils auf dem dem Bügel gegenüberliegenden Quersteg abstützen.
Der Stand der Technik kennt Trennstege zwischen Querstegen von Energiezuführungsketten zum Zwecke der Separierung von Leitungen innerhalb des Ketteninnenraumes (Kabelschlepp-Katalog, Ausgabe 03.1995, S. 4 079; WO 88/07637 Fig 1, Pos 19, 29). Der Fachmann erkennt im Rahmen seines Wissens und Könnens ohne weiteres, dass Trennstege auch eine die Kettenkonstruktion versteifende bzw. eine die Querstege stützende Funktion erfüllen. Er wird von derartigen Stegen deshalb bedarfsweise auch dann Gebrauch machen, wenn es vorrangig um die Abstützung von möglicherweise einer Überlastung ausgesetzten Bauteilen der Konstruktion wie den Querstegen oder den an ihrer Stelle eingesetzten Bügeln der Energieführungskette geht. Auch die zusätzlichen Merkmale vermögen daher eine erfinderische Lehre des angefochtenen Patentanspruches nicht zu begründen.
5. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag IV weist gegenüber dem nach Hilfsantrag III als weitere Merkmale auf, dass die Bügel derart angeordnet sind, dass die Energiezuführungskette mit ihrem durch die Bügel gebildeten Erweiterungsquerschnitt in einer Führungsrinne auf- und abrollbar ist.
Das weitere Merkmal zielt auf eine Verwendung der beanspruchten Energiezuführungskette mit einer Führungsrinne. Die Energiezuführungskette selbst wird nicht weiter ausgebildet. Es gelten insoweit die Ausführungen zum Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag III. Soweit die Beklagte das zusätzliche Merkmal dahingehend auslegt, dass es in gegenständlicher Weise die Anordnung der Bügel an der Unterseite des Untertrums bzw der Kette beschreibe (Schriftsatz vom 21. April 2004, Seite 16), so wäre das jedenfalls nichts Neues gegenüber der bekannten Energiezuführungskette nach DE 39 09 797 C1 (Fig 8). Auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag IV ist somit nicht patentfähig.
6. Die angefochtenen, den Hauptansprüchen jeweils nachgeordneten Patentansprüche enthalten ebenfalls keine Merkmale von erfinderischer Bedeutung. Die Merkmale der erteilten Patentansprüche 2 und 11 sind in den Hauptansprüchen nach den Hilfsanträgen II und III enthalten und - wie oben ausgeführt - als nicht patentbegründend beurteilt worden. Das Merkmal des erteilten Patentanspruchs 4 (Hauptantrag und Hilfsantrag I) bzw. des Patentanspruchs 3 nach den Hilfsanträgen II bis IV, wonach die Bügel mehrteilig ausgebildet sind, kann angesichts der DE 39 09 797 C1, die mehrteilige Bügel zur Erweiterung des Nutzquerschnittes der Energiezuführungskette zeigt (ua Fig 8), keinen Beitrag zur Stützung erfinderischer Tätigkeit leisten.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs 2 PatG iVm § 91 Abs 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs 1 PatG iVm § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
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BPatG:
Urteil v. 04.05.2004
Az: 3 Ni 45/02
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