Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 18. August 1995
Aktenzeichen: 6 U 77/95

(OLG Köln: Urteil v. 18.08.1995, Az.: 6 U 77/95)

Oberlandesgericht Köln, 6. Zivilsenat, Urteil vom 18.08.1995 - 6 U 77/95 -. Das Urteil ist rechtskräftig. Vorweggenommener Schlußverkauf UWG § 7 Abs. 1 Die Hervorhebung von Preisangaben als solche und vereinzelte Preisgegenüberstellungen, verbunden mit im wesentlichen produkt- und qualitätsbezogenen Werbeslogans in einer Werbebeilage eines Kaufhauses, die 13 Tage vor Beginn eines Saisonschlußverkaufs verbreitet wird, ruft bei den angesprochenen Verkehrskreisen in der Regel (noch) nicht die Vorstellung hervor, der Schlußverkauf habe bereits begonnen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen

Erfolg.

Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist

unbegründet, weil die tatsächlichen Voraussetzungen einer

unzulässigen Sonderveranstaltung im Sinne des § 7 Abs.1 UWG, der

allein in Betracht kommenden Grundlage für einen

Verfügungsanspruch, nicht glaubhaft gemacht sind. Insbesondere ist

nicht dargetan, daß durch die angegriffene Werbebeilage bei den

angesprochenen Verbrauchern den Eindruch erweckt werde, als habe

der Schlußverkauf bereits begonnen, oder ziehe die Antragsgegnerin

diesen vor.

Für die Annahme einer unzulässigen Vorwegnahme eines

bevorstehenden Schlußverkaufes kommt es nach gefestiger

Rechtsprechung des BGH, von der abzuweichen kein Anlaß besteht und

von der auch die Antragstellerin selbst ausgeht, entscheidend

darauf an, ob die Werbung in den angesprochenen Verkehrskreisen

nach den gesamten Umständen den Eindruck erweckt, es handele sich

um eine aus dem Rahmen des regelmäßigen Geschäftsbetriebs

herausfallende, bereits dem Schlußverkauf zuzuordnende

Veranstaltung (vgl. BGH GRUR 82,241,242 ,Sonderangebote in der

Karenzzeit"; 83,184,185 ,Eine Fülle von Sonderangeboten";

83,448,449 ,Son- derangebote außerhalb der Karenzzeit", jew.

m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind durch die Werbebeilage der

Antragsgegnerin vom 17.1.1995 auch unter Berücksichtigung des

damals 13 Tage später bevorstehenden Beginns des

WinterSchlußverkaufes nicht glaubhaft gemacht. Die zeitliche Nähe

zum Beginn eines Saison-Schlußverkaufes läßt zwar regelmäßig leicht

den Gedanken an an eine Vorwegnahme oder Verlängerung des

Schlußverkaufes aufkommen, andererseits muß sie nicht zwangsläufig

den Eindruck einer Sonderveranstaltung erwecken, und kann daher

nicht schematisch in jedem Falle die Unzulässigkeit eines kurz vor

oder nach einem Schlußverkauf angekündigten Preisvorteils nach sich

ziehen. Unzulässig ist die Werbung in diesen Fällen vielmehr dann,

wenn die Ankündigung nicht deutlich erkennen läßt, daß es sich

entweder um Angebote des regelmäßigen Geschäftsverkehrs oder um

einzelne Sonderangebote handelt (vgl. BGH a.a.O. GRUR 82,241,242;

83,448,449). Hiervon geht auch die Antragstellerin selbst aus, ihre

Behauptung, die Beilage lasse nicht deutlich erkennen, daß es sich

um Angebote des regelmäßigem Geschäftsverkehrs oder Sonderangebote

handele, ist indes nicht glaubhaft gemacht.

Insbesondere läßt die Gestaltung der Preisauszeichnung entgegen

der Auffassung der Antragstellerin nicht den Gedanken an die

Werbung für einen Schlußverkauf aufkommen. Es ist zumindest für die

ganz überwiegende Zahl der Angebote, nämlich diejenigen, bei denen

sich die Preisangaben in roten Zahlen neben der Abbildung der

Produkte befinden, schon äußerst zweifelhaft, ob die Preise

überhaupt hervorgehoben dargestellt worden sind. Dies kann indes

auf sich beruhen. Denn die bloße Hervorhebung der Preise als solche

deutet nicht auf einen Schlußverkauf hin, sondern zeichnet als

Betonung der Aussage zu einem wesentlichen Punkt des betreffenden

Angebotes, nämlich seinem Preis, generell die Werbung aus. Die

Aufmachung der Preisangaben ist auch nicht dergestalt, daß der

Gedanke an eine radikale Herabsetzung der Preise aufkommen könnte,

wie sie für eine Schlußverkaufswerbung typisch ist. Die in ihrer

Gesamtheit zu beurteilende Werbung enthält auf dem überwiegenden

Teil ihrer Seiten schlichte Preisangaben in den erwähnten Zahlen in

roter Schrift, die sich weder durch Größe, noch durch Schreibweise

oder Farbgestaltung von einer üblichen Preiskennzeichnung, wie sie

schon zur Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen an die

Preisauszeichnung geboten ist, absetzt. Soweit die Preise zu

einzelnen Angeboten in weißer Schrift auf roten oder blauen

gezackten Sternen bzw. in brauner Schrift auf beigen gezackten

Sternen dargestellt sind, mag auf diese Weise ein besonderer

Preisvorteil gerade des betreffenden Produktes beworben werden.

Schon angesichts der Tatsache, daß sich derartige Preisangaben auf

den einzelnen Seiten nur vereinzelt und teilweise sogar gar nicht

finden, wird aber deutlich, daß es sich allenfalls um einzelne

Sonderangebote handelt, keineswegs aber eine Preissenkung des

ganzen Sortiments oder einzelner Teile daraus angekündigt wird.

Dasselbe gilt in Bezug darauf, daß in einigen Fällen dem verlangten

Preis ein durchgestrichener höherer gegenübergestelt worden ist.

Die - inzwischen nicht mehr von vorneherein wettbewerbswidrige -

Preisgegenüberstellung wird auch außerhalb von Schlußverkäufen in

der Werbung eingesetzt und wirkt nach der Auffassung des Senats,

dessen Mitglieder als Verbraucher ebenfalls zu den angesprochenen

Verkehrskreisen zählen, nicht wie die Ankündigung eines

Saison-Schlußverkaufes. Auch insoweit ist von Bedeutung, daß diese

Gestaltung der Preisauszeichnung - die sich fast ausschließlich,

dort allerdings ganz überwiegend, auf den Seiten 8 und 9 der

immerhin 16-seitigen Beilage findet - keineswegs die Aufmachung der

Werbung prägt. Die bloße Tatsache, daß auf die beschriebene Weise

mehrfach auf Sonderangebote hingewiesen werden mag, macht die

Voraussetzungen des Anspruches ebenfalls nicht glaubhaft.

Sonderangebote sind, worauf auch der BGH bereits hingewiesen hat

(a.a.O., GRUR 83,184,185) heutzutage eine alltägliche Erscheinung,

die auch bei einer gewissen Häufung nicht ohne weiteres den

Eindruck erweckt, als werde eine aus dem normalen Geschäftsverkehr

herausfallende Veranstaltung angeboten. Dies muß gerade angesichts

des unstreitig breiten Sortiments der Antragsgegnerin als

Betreiberin einer Warenhauskette gelten, weil bei dem umfassenden

Sortiment eines Warenhauses Sonderangebote von dem Verbraucher eher

und bezüglich einer größeren Anzahl von Produkten erwartet werden,

als dies bei einem nicht so breit sortierten Anbieter der Fall sein

mag.

Geben mithin schon die Preise keinen Anhaltspunkt für die

Annahme, es könnte der Winterschlußverkauf vorgezogen werden, so

gilt dasselbe bezüglich der zusätzlich von der Antragstellerin

angeführten vereinzelt in der Beilage vorkommenden Slogans. Diesen

fehlt zunächst wiederum jeglich reißerische und damit durch die

äußere Form an die Werbung für Schlußverkäufe erinnernde

Aufmachung. Vor allem läßt aber auch ihr Inhalt keineswegs den

Gedanken an eine Schlußverkaufswerbung aufkommen. Die drei Slogans

,Alles was ich will!", ,Echt fitte Angebote im Anzug!" und ,Die

machen wirklich alles mit!" haben erkennbar ausschließlich den

Umfang des Sortiments und die Qualität der beworbenen Produkte,

nicht aber einen irgendwie gearteten, gar besonderen Preisvorteil

zum Gegenstand, wie er typisch für die Schlußverkaufswerbung ist.

Dies bedarf angesichts des Wortlauts der Slogans keiner näheren

Begründung. Der verbleibende Slogan ,Wir bringen Preisvorteile ins

Rollen" erwähnt zwar mit dem Wort ,Preisvorteil" einen auch bei der

Werbung für Saison-Schlußverkäufe nicht selten verwendeten Begriff,

hierdurch allein bekommt die in ihrer Gesamtheit zu beurteilende

Beilage indes nicht den Charakter einer Schlußverkaufswerbung. Mag

auch nicht jeder Leser erkennen, daß mit dem Slogan auf die Rollen

an den auf derselben Seite beworbenen ,Rollenkoffern" angespielt

werden mag, so ist doch nicht glaubhaft gemacht, daß dieser eine

Slogan der gesamten Beilage das Gepräge einer Werbung für den

bevorstehenden Winterschlußverkauf geben könnte. Immerhin findet

sich der Slogan auf den 16 Seiten der Beilage nur einmal, zudem

erst auf der letzten Seite. Außerdem wird auf dieser letzten Seite

auch ausschließlich ein Produkt, nämlich eben die ,Rollenkoffer",

beworben, während die Beilage ansonsten ganz unterschiedliche

Produkte aus verschiedenen Sortimentsbereichen der Antragsgegnerin,

und zwar vorwiegend Textilien, zum Gegenstand der Werbung

macht.

Nach alledem kann nicht davon die Rede sein, daß die Beilage

nicht deutlich erkennen lasse, daß es sich um Angebote des

regelmäßigen Geschäftsverkehrs oder Sonderangebote handele. Damit

ist nicht glaubhaft gemacht, daß durch die angegriffene

Werbebeilage bei den angesprochenen Verbrauchern den Eindruck

erweckt werde, als habe der Schlußverkauf bereits begonnen, oder

ziehe die Antragsgegnerin diesen vor. Aus denselben Erwägungen

scheidet auch die - von der Antragstellerin selbst auch nicht

angeführte - Annahme aus, die Werbung könnte unabhängig von dem

Eindruck eines schon stattfindenden Winterschlußverkaufes die

Voraussetzungen einer unzulässigen Sonderveranstaltung im Sinne des

§ 7 Abs.1 UWG erfüllen.

Die Berufung der Antragstellerin ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.

Das Urteil ist gemäß § 545 Abs.2 ZPO mit seiner Verkündung

rechtskräftig.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 30.000 DM

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OLG Köln:
Urteil v. 18.08.1995
Az: 6 U 77/95


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