Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. Dezember 2008
Aktenzeichen: 29 W (pat) 49/07
(BPatG: Beschluss v. 03.12.2008, Az.: 29 W (pat) 49/07)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Das Zeichen Traunsteiner Anzeigen-Kuriersoll für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 16: Papier, Pappe (Karton und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten); Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papierund Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel, Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehrund Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Drucklettern; Druckstöcke;
Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten;
Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche undkulturelle Aktivitäten;
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patentund Markenamtes hat die Anmeldung des Zeichens mit Beschluss vom 14. September 2006 teilweise zurückgewiesen, und zwar für die Waren "Druckereierzeugnisse" und die Dienstleistungen "Werbung; Unterhaltung". Die dagegen eingelegte Erinnerung wurde durch Beschluss vom 20. Februar 2007 zurückgewiesen. Die Markenstelle vertritt die Auffassung, dass dem angemeldeten Zeichen im Umfang der Zurückweisung die Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle, da es sich um einen rein inhaltsbeschreibenden Titel handle. Der Verkehr sehe in dem Zeichen lediglich den Hinweis auf eine täglich oder wöchentlich erscheinende Zeitung mit Nachrichten, Neuigkeiten und einem Anzeigenteil aus und für Traunstein. Das Zeichen bestehe aus der Kombination einer schutzunfähigen geografischen Herkunftsangabe mit einem branchenkennzeichnenden Zusatz. Der Begriff "Anzeigen-Kurier" sei ein beschreibender Begriff für eine Anzeigenzeitung im Raum Traunstein. Eine Sachangabe sei die angemeldete Wortfolge auch für die Dienstleistungen "Werbung" und "Unterhaltung". Vergleichbare Bezeichnungen wie "Wiesbadener Kurier" oder "Nordkurier" seien üblich. Vereinzelte Eintragungen könnten aufgrund einer fantasievollen grafischen Gestaltung in das Markenregister gekommen sein. Jede Anmeldung sei individuell zu beurteilen. Im Übrigen gebe es vielfache Zurückweisungen.
Die Beschwerdeführerin hat dem widersprochen. Es handle sich um eine ungewöhnliche Kombination in der Begriffsbildung eines Zeitungstitels. Der Verkehr sei daran gewöhnt, Kennzeichnungen vorzufinden, die aus einer Kombination von Herkunftsangabe und Bestandteil mit beschreibendem Anklang bestünden.
Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt daher, die Beschlüsse der Markenstelle vom 14. September 2006 und 20. Februar 2007 aufzuheben.
Das Ergebnis der vom Senat durchgeführten Recherche zur beschreibenden Verwendung der Wortfolge "Traunsteiner Anzeigen-Kurier" sowie deren Bestandteile wurde der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung vom 5. November 2008 übergeben.
II.
Die gem. § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde ist unbegründet, denn der Beschluss der Markenstelle ist rechtmäßig. Der angemeldeten Wortfolge stehen für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen die Schutzhindernisse gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegen.
1. Nicht schutzfähig nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG sind solche Zeichen, denen die konkrete Eignung fehlt, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Die Hauptfunktion der Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; EuGH GRUR 2008, 608 ff. -Rn. 66 -EUROHYPO; EuGH GRUR 2006, 229 -Rn. 27 ff. -BioID; GRUR 2005, 763 ff. -Rn. 22 -Nestle/ Mars; GRUR 2004, 1027 -Rn. 42 ff. -DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; GRUR 2003, 604 -Rn. 62 -Libertel; BGH GRUR 2008, 710 ff. -Rn. 12 -VISAGE; GRUR 2006, 850 ff. -Rn. 18 -FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 257 -Bürogebäude; BGH GRUR 2003, 1050 -Cityservice; BGH GRUR 2001, 1153, 1154 -anti KALK). Enthält eine Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst werden kann, ist der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2005, 417, 418 -BerlinCard; GRUR 2001, 1151, 1152 -marktfrisch; GRUR 1999, 1089 -YES). Unterscheidungskraft fehlt aber auch dann, wenn das Zeichen aus Angaben besteht, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder Dienstleistung nicht unmittelbar betreffen, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen hergestellt wird und der Verkehr deshalb den beschreibenden Aussagegehalt auch ohne weiteres hinsichtlich dieser Waren oder Dienstleistungen erfasst (BGH GRUR 2006, 850 -Rn. 19 -FUSSBALL WM 2006; BPatG MarkenR 2007, 36, 37 -BuchPartner). Diese Grundsätze gelten für die Beurteilung der Schutzfähigkeit von Wortfolgen entsprechend (EuGH, a. a. O. -Rn. 33 -DAS PRINZIP DER BEQUEMLICH-KEIT; BGH GRUR 2002, 1070, 1071 -Bar jeder Vernunft).
1. 1. Gem. § 5 Abs. 3 MarkenG sind die Bezeichnungen von Druckschriften grundsätzlich als Werktitel schutzfähig. Zusätzlich sind sie -was auch für Zeitungstitel gilt -dem Markenschutz zugänglich (BGH GRUR 2000, 882 f. -Bücher für eine bessere Welt; GRUR 2001, 1042 f. -REICH UND SCHOEN). Die Zielrichtung von Titelund Markenschutz ist dabei unterschiedlich. Während der Titel im Allgemeinen inhaltsbezogen ist, ist es die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Ob ein Titel im Einzelfall einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb oder nur auf den Inhalt enthält, ist eine Einzelfallfrage, die im Rahmen der Unterscheidungskraft zu klären ist. Da sich die Bezeichnung "Traunsteiner Anzeigen-Kurier" in der beschreibenden, ohne weiteres verständlichen Aussage erschöpft, dass es sich um eine täglich oder wöchentlich erscheinende Zeitung mit Informationen und Anzeigen aus dem Raum Traunstein handelt, erfasst das Publikum das angemeldete Zeichen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nur als Sachangabe und nicht als Hinweis auf die Herkunft aus einem Unternehmen (EuGH GRUR 2004, 1027 Rn. 42 ff. -DAS PRINZIP DER BE-QUEMLICHKEIT). Dem Zeichen fehlt damit jegliche Unterscheidungskraft.
1. 2. Die angemeldete Wortfolge besteht aus den Begriffen "Traunsteiner" und "Anzeigen-Kurier". Traunstein ist eine Große Kreisstadt und Sitz des gleichnamigen Landkreises im Regierungsbezirk Oberbayern. Sie liegt am Fluss Traun im Chiemgau, der wiederum die Gebiete des Landkreises Traunstein und des Landkreises Rosenheim umfasst. Dem weiteren Bestandteil "Anzeige(n)" liegt die Bedeutung "in einer Zeitung, Zeitschrift o. Ä. veröffentlichte private, geschäftliche oder amtliche Mitteilung; Inserat; Annonce" zugrunde (Duden -Duden -Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]). Das weitere Substantiv "Kurier" bezeichnet eine Person, die im Dienst eines Staates oder beim Militär vertrauliche Nachrichten überbringt, also einen Boten (a. a. O.). Insgesamt erschöpft sich die Aussage des angemeldeten Zeichens daher nur in der Bedeutung eines Anzeigenblatts für den Raum Traunstein. Es gibt zahlreiche andere Zeitungen, die ebenfalls den Begriff "Anzeiger" oder "Kurier" im Titel führen, wie z. B. "Kölner Stadtanzeiger", "Nordkurier", "General-Anzeiger", "Weser Kurier", "Donaukurier" etc. (PressePortal 2005: Regionale Tageszeitungen). Das angemeldete Zeichen ist daher zwar als Titel geeignet, überschreitet aber die Schwelle zur Marke nicht. Dem Verkehr erschließt sich aus dem Gesamtzeichen aufgrund der ihm bekannten Marktsituation im entsprechenden Zeitschriftensegment nur eine im Vordergrund stehende Sachangabe.
1. 3. Für die beanspruchten Waren "Druckereierzeugnisse" fehlt dem angemeldeten Zeichen aus den vorgenannten Gründen jegliche Unterscheidungskraft.
1.
4. Wegen des engen beschreibenden Zusammenhangs zwischen den Dienstleistungen "Werbung; Unterhaltung" und den in einer Zeitschrift angebotenen Informationen, die auch der Unterhaltung oder der Werbung dienen können, erfasst der Verkehr das angemeldete Zeichen lediglich als Hinweis auf das Medium. Thematisch umfasst die Berichterstattung von Zeitungen diverse Themen, dabei kann es sich auch um Unterhaltung in und um Traunstein handeln. Sinn einer Tagesoder Wochenzeitung ist es nämlich Hinweise zu bringen, und zwar auf kulturelle und sportliche Veranstaltungen, Kinofilme, Ausstellungen und sonstige Unterhaltungsveranstaltungen, damit der Leser sich ein umfassendes Bild über die Angebote seiner Region machen kann. Zudem ist dem Verbraucher bekannt, dass Zeitungen häufig als Sponsoren von Unterhaltungsveranstaltungen auftreten. Somit wird er einen Zusammenhang vermuten. In Verbindung mit der Dienstleistung "Werbung" wird der Verkehr ferner annehmen, dass die "Traunsteiner Nachrichten" als Medium für Werbung, d. h. Kleinanzeigen, Annoncen, Werbehinweise etc. dienen. Printmedien sind neben Funk, Fernsehen und Internet die klassischen Werbeträger. Das Publikum weiß daher, dass Zeitungen typischerweise Werbemedien sind.
2.
Das angemeldete Zeichen unterliegt auch dem Eintragungshindernis gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Danach ist die Eintragung solcher Marken ausgeschlossen, die nur aus Angaben bestehen, die zur Bezeichnung der Art, Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen oder dienen können, wobei ausreichend ist, dass das Zeichen zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (EuGH GRUR 2004, 680 -BIOMILD). Bei Bezeichnungen für Druckschriften hängt das Freihaltebedürfnis davon ab, ob das angemeldete Zeichen als beschreibende Inhaltsangabe in Betracht kommt. Dies wird in der Regel dann angenommen, wenn der Titel den Inhalt "treffend" beschreibt (Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rn. 212; vgl. BPatG 29 W (pat) 316/00 -Hofer Anzeiger; 29 W (pat) 107/01 -Der Neckarbote; 29 W (pat) 251/02 -Isar Anzeiger). Im Übrigen steht der Annahme eines Freihaltebedürfnisses auch nicht entgegen, dass es andere Möglichkeiten zur Benennung von Zeitungen und Zeitschriften für die Mitbewerber der Beschwerdeführerin gibt, denn das absolute Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG trägt den berechtigen Interessen des Wirtschaftsverkehrs Rechnung, Ausschließlichkeitsrechte an beschreibenden Angaben zu verhindern und zu gewährleisten, dass beschreibende Angaben von allen Mitbewerbern frei verwendet werden können (Berlit, Das neue Markenrecht, 5. Aufl. 2003, Rn. 66; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 8 Rn. 118; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 8 Rn. 240 f.; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. 2003, § 8 Rn. 176). Damit ist das Zeichen freihaltebedürftig, um eine Monopolisierung einer für Wettbewerber erforderlichen Bezeichnung zu vermeiden.
3.
Anders als in den Parallelverfahren hat die Beschwerdeführerin keine anderen Voreintragungen geltend gemacht. Dennoch ist beim Vorliegen von Voreintragungen grundsätzlich zu differenzieren: Zwar kann eine uneinheitliche Entscheidungspraxis des Deutschen Patentund Markenamts, die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG darstellen (vgl. die Vorabentscheidungsersuchen zum Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften BPatG GRUR 2007, 329 -SCHWABENPOST; Mitt. 2008, 179 -Volks-Handy). Dies setzt aber voraus, dass sich die bisherige Amtspraxis als willkürlich darstellt und nicht erkennen lässt, welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche unrechtmäßig waren. Das Deutsche Patentund Markenamt hat sich bei Zeichen, die aus einem geografischen Herkunftshinweis und einem Begriff, der üblicherweise Zeitungen beschreibt, wie "Anzeiger", "Nachrichten", "Bote" etc. an der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts orientiert und derartig gebildete Zeichen zurückgewiesen. Selbst wenn andere Zeitungen ähnlich gebildete Titel führen, verfügen diesenur über Titel-, nicht jedoch Markenschutz, sofern sie nicht im Wege der Verkehrsdurchsetzung eingetragen wurden.
4.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, da der markenrechtliche Schutz von Zeitungstiteln ausweislich der oben genannten einheitlichen Rechtsprechung keiner abschließenden Klärung durch den Bundesgerichtshof zugeführt werden muss.
Grabrucker Dr. Mittenberger-Huber Dr. Kortbein Hu
BPatG:
Beschluss v. 03.12.2008
Az: 29 W (pat) 49/07
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