Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. November 2007
Aktenzeichen: 29 W (pat) 11/05
(BPatG: Beschluss v. 07.11.2007, Az.: 29 W (pat) 11/05)
Tenor
1. Der Beschluss der Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. November 2004 wird aufgehoben, soweit die Löschung der Marke für die Dienstleistungen "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Design von Computer-Software; Vermietung von Computer-Software" angeordnet wurde.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Wortmarke 397 21 567 Powerkidswurde am 29. März 1999 für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 41 und 42 in das Register eingetragen.
Mit Antrag vom 28. April 2004 hat die Beschwerdegegnerin die Löschung der Marke beantragt. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei dem Wort "Powerkids" um eine beschreibende Angabe für Kinder mit Power handele und die Eintragung daher entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfolgt sei.
Mit Beschluss vom 4. November 2004 hat die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts die teilweise Löschung der Marke angeordnet für die Waren und Dienstleistungen Druckereierzeugnisse jedweder Art, insbesondere Bücher, Skripten, Dokumentationen und Unterrichtsanleitungen, vorzugsweise für Computerunterricht, computergestützten Unterricht und computerbased Training;
Veranstaltung und Durchführung von Seminaren und Unterricht, insbesondere Nachhilfeunterricht, Computerunterricht, computergestützter Unterricht und computerbased Training für Personen aller Altersgruppen; Aus- und Fortbildungs- sowie Erziehungsberatung; Herausgabe von Texten, ausgenommen Werbetexte; Vermietung von Büchern und Ton- und Bildaufnahmen;
Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, Design von Computer-Software, Aktualisieren von Computer-Software, Vermietung von Computer-Softwareund den Löschungsantrag hinsichtlich der Dienstleistung "Vermietung von Datenverarbeitungsgeräten" zurückgewiesen. Die Eintragung der angegriffenen Marke sei entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG erfolgt. Diese absoluten Schutzhindernisse bestünden im Zeitpunkt der Entscheidung fort. Die Marke sei sprachüblich aus den gängigen englischen Begriffen "power" und "kids" zusammengesetzt. Auf Grund vergleichbar gebildeter Wortzusammensetzungen wie z. B. "Powerfrau" erfasse der Verkehr das Zeichen ohne Weiteres als Sachhinweis auf "energiegeladene Kinder" bzw. "Kinder mit Kraft und Stärke". Nach den von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen werde die Bezeichnung umfangreich in verschiedensten Zusammenhängen verwendet und müsse den Mitbewerbern daher zum ungehinderten Gebrauch frei gehalten werden.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass der Begriff "Powerkids" in unterschiedlichsten Zusammenhängen verwendet werde und keinen klaren und eindeutigen Aussagegehalt aufweise. Nach der von der Antragstellerin vorgelegten Recherche bezeichne der Begriff nicht nur energiegeladene Kinder, sondern auch hyperaktive Kinder, normale Kinder, die einer bestimmten Förderung bedürften, übergewichtige Kinder usw. Die angegriffene Marke werde zur Kennzeichnung eines Schulungsprogramms verwendet, dass sich vorrangig an Kinder im Alter von 8 bis 12 Jahren richte. Von diesen könne ein Verständnis englischsprachiger Ausdrücke nicht ohne Weiteres erwartet werden.
Die Markeninhaberin und Beschwerdeführerin beantragt, den Beschluss der Markenabteilung vom 4. November 2004 aufzuheben, soweit die Löschung der Marke angeordnet wurde.
Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie tritt der Beschwerde im Wesentlichen mit der Begründung entgegen, dass die Bezeichnung "Powerkids" für Waren und Dienstleistungen, die sich an aktive, energiegeladene Kinder richten bzw. sich thematisch mit solchen Kindern beschäftigen, als beschreibende Angabe nicht schutzfähig sei. Die beiden englischsprachigen Wortbestandteile "Power" und "Kids" hätten Eingang in die deutsche Sprache gefunden. In Bezug auf Menschen werde der Begriff "Power" für Personen verwendet, die besonders aktiv bzw. energiegeladen sind und viel "Power" haben. Dies komme in Begriffsbildungen wie "Powerfrau, Power-Paar" zum Ausdruck. Ausweislich der vorgelegten Internetrecherche werde die Bezeichnung "Powerkids" mit dieser Bedeutung auch im deutschen Sprachgebrauch verwendet.
Für die Schutzunfähigkeit spreche auch die bisherige Entscheidungspraxis des Amtes, das zahlreiche Marken mit den Bestandteilen "Power" bzw. "Kids" zurückgewiesen habe.
II.
Die nach § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Für die Waren und Dienstleistungen Druckereierzeugnisse jedweder Art, insbesondere Bücher, Skripten, Dokumentationen und Unterrichtsanleitungen, vorzugsweise für Computerunterricht, computergestützten Unterricht und computerbased Training;
Veranstaltung und Durchführung von Seminaren und Unterricht, insbesondere Nachhilfeunterricht, Computerunterricht, computergestützter Unterricht und computerbased Training für Personen aller Altersgruppen; Aus- und Fortbildungs- sowie Erziehungsberatung; Herausgabe von Texten, ausgenommen Werbetexte; Vermietung von Büchern und Ton- und Bildaufnahmen;
steht der Schutzfähigkeit der Marke sowohl bezogen auf den Zeitpunkt der Eintragung als auch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen (§ 50 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 S. 1 MarkenG).
1. Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Sie entspricht der Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren (vgl. EuGH GRUR 2006, 229, Rn. 27 f. - BioID; GRUR 2004, 674, Rn. 34 - POST-KANTOOR; BGH GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2006, 850, Tz. 18 - FUSSBALL WM 2006). Enthalten die Bestandteile einer Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt, den das angesprochene Publikum für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen ohne Weiteres erfasst, ist der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen (vgl. BGH GRUR 2001, 1153 - anti KALK; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Nach diesen Grundsätzen fehlte der angegriffene Marke für die vorgenannten Waren und Dienstleistungen im Zeitpunkt der Eintragung die erforderliche Unterscheidungskraft.
1.1. Die erkennbar aus den beiden gängigen englischsprachigen Begriffen "Power" und "Kids" zusammengesetzte Marke ist ohne Weiteres im Sinne von "Kinder mit Power" verständlich. Sowohl die einzelnen Bestandteile als auch der sprachüblich gebildete Gesamtbegriff sind für den deutschen Sprachgebrauch lexikalisch belegt (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]: "Power - Kraft, Stärke; Kid - Kind; Jugendliche(r)"; Die VDS-Anglizismenliste, Ausgabe 2004; Wörterbuch überflüssiger Anglizismen, 2007: "power kids - aufgeweckte Kinder"). Ein beschreibendes Verständnis wird außerdem durch die zahlreichen anderen mit dem Bestandteil "Power" gebildeten Begriffe nahegelegt, die in den deutschen Sprachgebrauch Eingang gefunden haben, wie z. B. "Powerdrink, Powerfrau, Powerplay, Power-Nap, Powerraum, Powerseller, Powershopper" (vgl. elexiko, Online-Informationssystem zum deutschen Wortschatz am Institut für Deutsche Sprache, http://hypermedia.ids.-mannheim.de/pls/elexiko/ p4_start.portal; Wortwarte - Wörter von heute und morgen, Seminar für Sprachwissenschaft der Universität Tübingen - http://www.sfs.unituebingen.de/~lothar/ nw/index.html). Auch Verbrauchern mit geringen Englischkenntnissen erschließt sich die beschreibende Bedeutung der Wortkombination daher ohne Weiteres.
1.2. Die Waren und Dienstleistungen "Druckereierzeugnisse jedweder Art, insbesondere Bücher, Skripten, Dokumentationen und Unterrichtsanleitungen, vorzugsweise für Computerunterricht, computergestützten Unterricht und computerbased Training; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren und Unterricht, insbesondere Nachhilfeunterricht, Computerunterricht, computergestützter Unterricht und computerbased Training für Personen aller Altersgruppen; Aus- und Fortbildungs- sowie Erziehungsberatung; Herausgabe von Texten, ausgenommen Werbetexte; Vermietung von Büchern und Ton- und Bildaufnahmen" können sich thematisch mit Powerkids befassen, etwa mit ihren Bedürfnissen, ihrer Erziehung usw. Das angesprochene Publikum erfasst die Marke insoweit als titelartig verkürzte Inhaltsangabe und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass sich der Angabe nicht präzise entnehmen lässt, um welche Art von Kinder es sich dabei konkret handelt. Denn der thematische Bereich energiegeladener Kinder ist durch den Begriff "Powerkids" hinreichend präzisiert (vgl. BGH GRUR 2001, 1042, 1043 - REICH UND SCHÖN; GRUR 1043, 1045 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt). Da es sich außerdem um Waren und Dienstleistungen handelt, die sich an Kinder mit Power als einen möglichen Abnehmerkreis richten können, kommt die Marke auch als ohne Weiteres verständliche Zielgruppenbeschreibung in Betracht (vgl. BGH GRUR 2007, 1071, Rn. 25 - Kinder II; GRUR 2003, 1040, 1043 - Kinder).
1.3. Das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft bestand auch bereits im Zeitpunkt der Eintragung der Marke im März 2003. Die beschreibende Verwendung des Begriffs "power kid" ist erstmalig für das Jahr 1991 belegt (vgl. Anglizismen-Wörterbuch, 2001, Band 3, S. 1096 - "power kid - FAZ 18.1.1991, 24). Der erste ermittelte Eintrag in einem Printmedium datiert aus dem Jahr 2004 (vgl. Die VDS-Anglizismenliste, Ausgabe 2004). Berücksichtigt man die Tatsache, dass regelmäßig nur Begriffe, die sich im Sprachgebrauch dokumentieren lassen, Eingang in sprachwissenschaftliche Untersuchungen finden und die Veröffentlichung eines Buches einen erheblichen zeitlichen Vorlauf erfordert, so ist davon auszugehen, dass das angesprochene Publikum den Begriff "Powerkids" auch schon im Jahr 2003 als reine Sachangabe erfasst hat.
2. Hingegen lässt sich dem Zeichen für die Dienstleistungen "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Design von Computer-Software; Vermietung von Computer-Software" kein im Vordergrund stehender Begriffinhalt zuordnen. Es handelt sich dabei um Dienstleistungen, die ihrer Art nach unabhängig von thematischen Inhalten erbracht und in der Regel nicht mit konkreten Themenangaben bezeichnet werden (vgl. BGH GRUR 2005, 578, 581 - LOKMAUS). Die Annahme, der Verkehr werde der angegriffenen Marke einen Hinweis auf den Inhalt bzw. die Zielgruppe diese Programmier- und Vermietungsdienstleistungen entnehmen, ist deshalb fernliegend. Bezüglich dieser Dienstleistungen war der Beschluss der Markenstelle daher aufzuheben.
3. Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
Grabrucker Fink Richter OLG Karcher ist abgeordnet und kann daher nicht unterzeichnen.
Grabrucker Ko
BPatG:
Beschluss v. 07.11.2007
Az: 29 W (pat) 11/05
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