Landgericht Bielefeld:
Urteil vom 14. September 2010
Aktenzeichen: 4 O 524/10

(LG Bielefeld: Urteil v. 14.09.2010, Az.: 4 O 524/10)

Tenor

Der Antrag vom 30.08.2010 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites werden den Verfügungsklägerinnen auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Verfügungsklägerinnen dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Verfügungskläger zu 2) ist Inhaber des Geschmacksmusters mit der Registernummer xxx, das eine Bärenfigur darstellt und die Bezeichnung „Buddy Bär 2“ trägt. Wegen der Einzelheiten der Eintragung wird Bezug genommen auf die vorgelegte Kopie der Eintragungsurkunde vom 30.05.2001, Blatt 14 der Akte. Wegen der Einzelheiten der Gestaltung der Bärenfigur „Buddy Bär 2“ wird Bezug genommen auf die von den Verfügungsklägern zu der Akte gereichten bildlichen Darstellungen, Blatt 44 - 47 der Akten, sowie auf die vorgelegte Skulptur. Die Verfügungskläger behaupten, die Verfügungsklägerin zu 1) nutze das Geschmacksmuster gewerblich aufgrund einer Vereinbarung mit dem Verfügungskläger zu 2).

Dazu berufen sich die Verfügungskläger auf die eidesstattliche Versicherung des Verfügungsklägers zu 2) vom 26.08.2010, Blatt 18 der Akten.

Die Verfügungsklägerin zu 1) vertreibt die Figur „Buddy Bär 2“ in Größen von 1m und 2m, aber auch in Miniaturen des aufrecht stehenden Bären in Größen von 35cm, 22cm, 12cm und 6cm. Die Königlich Preußische Porzellanmanufaktur (KPM) in Berlin stellt in erheblichem Umfang Bären in Lizenz her und bietet diese zum Verkauf an.

Die Verfügungsbeklagte bewirbt und vertreibt eine „Teddy“ genannte Figur aus Quarz-Polystone. Die vorgenannte Figur, wegen derer Gestaltung auf die vorgelegten Lichtbilder, Blatt 23, 34 und 35 der Akten verwiesen wird, wurde auf einer Frankfurter Messe in der Zeit vom 27. - 31. August 2010 von der Verfügungsbeklagten beworben.

Die Verfügungskläger erhielten Kenntnis von der Existenz der Figur „Teddy“ und dem Umstand, dass diese durch die Verfügungsbeklagte vertrieben und beworben wird am 20.08.2010.

Mit Abmahnschreiben vom 26.08.2010 haben die Verfügungskläger von der Verfügungsbeklagten die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung im Hinblick auf die Ausstellung, das zum Kauf anbieten und/oder gewerbsmäßige Vertreiben der Skulptur „Teddy“ verlangt. Der Verfahrensbevollmächtigte der Verfügungsbeklagten hat noch am gleichen Tag die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung abgelehnt.

Nach Behauptung der Verfügungskläger handelt es sich bei der Skulptur „Teddy“ der Verfügungsbeklagten um eine 100%ige Nachbildung (Plagiat) der als Geschmacksmuster eingetragenen Figur „Buddy Bär“. Dies ergebe sich aus der Übereinstimmung im Gesamteindruck, der entscheidend sei. Abweichungen in der Gestaltung seien nicht festzustellen, jedenfalls so unerheblich, dass eine Änderung des Gesamteindruckes dadurch nicht bewirkt werde, da es sich jeweils nur um unerhebliche Einzelheiten der Gestaltung der Figur handele.

Das eingetragene Muster sei neu und weise auch die erforderliche Eigenart auf.

Wegen der Einzelheiten der Darlegungen der Verfügungskläger zur Eigenart des Musters wird Bezug genommen auf das Vorbringen aus dem Schriftsatz zum 10.09.2010, Blatt 49 ff. der Akten.

Die Verfügungskläger sind der Auffassung, bei der Figur „Buddy Bär 2“ handele es sich um ein Werk der bildenden Kunst.

Die Verfügungskläger machen Unterlassungsansprüche aus §§ 42 GeschmMG, 97 UrhG i. V. m. §§ 2 Abs. 1 Nr. 4, 16, 17, 18 UrhG sowie § 8 UWG geltend.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der Verfügungskläger vom 30.08.2010 ist zunächst am 01.09.2010 beim Landgericht Münster eingegangen. Nach telefonischer Rücksprache mit den Verfahrensbevollmächtigten der Verfügungskläger hat das unzuständige Landgericht Münster das Verfahren am 01.09.2010 an das Landgericht Bielefeld abgegeben. Dort sind die Akten am 03.09.2010 eingegangen.

Die Verfügungskläger beantragen,

im Wege einer einstweiligen Verfügung anzuordnen:

Der Verfügungsbeklagten wird bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft oder eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an der Geschäftsführung der Verfügungsbeklagten, untersagt,

im geschäftlichen Verkehr eine Skulptur „Teddy“ aus Quarz-Polystone, gekennzeichnet durch nachfolgende Darstellung

auf Messen zu bewerben, gewerblich zu vertreiben und/oder zum Kauf anzubieten.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Nach Auffassung der Verfügungsbeklagten besteht bereits kein Verfügungsgrund, da der Verfahrensbevollmächtigte der Verfügungskläger in der Antragsschrift vom 30.08.2010 auf Seite 12 darum gebeten habe, einen etwaigen Verhandlungstermin nicht für den 23. oder 24. September 2010 anzuberaumen.

Die Verfügungsbeklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass den Verfügungsklägern Rechte an dem Geschmacksmuster zustehen oder diese übertragen wurden. Ein Urheberrecht stehe den Verfügungsklägern auf jeden Fall nicht zu.

Nach Auffassung der Verfügungsbeklagten ermangelt es dem in Anspruch genommenen Muster an jeglicher Eigenart. Die Darstellung stehender Bären sei seit Jahrhunderten vorbekannt.

Nach Behauptung der Verfügungsbeklagten weist die Figur „Teddy“ keines des zu berücksichtigen Merkmale des in Anspruch genommenen Musters auf. Die Figur „Teddy“ sei soweit vom Geschmacksmuster entfernt, dass sie selbst eine Eigenart aufweise, wie sie kein Künstler zuvor geschaffen habe. Dem informierten Betrachter dränge sich geradezu auf, dass ein großer Abstand zur Figur des Geschmacksmusters bestehe.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Verfügungsbeklagten zu den bestehenden Abweichungen wird Bezug genommen auf Seite 4 der Schutzschrift vom 27.08.2010.

Die Kammer hat die streitgegenständlichen Figuren im Termin in Augenschein genommen.

Gründe

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat in der Sache keinen Erfolg. Es kann dabei dahinstehen, ob ein Verfügungsgrund vorliegt.

Jedenfalls fehlt es an einem Verfügungsanspruch.

Den Verfügungsklägern stehen die geltend gemachten Ansprüche aus §§ 42 GeschMG, 97 UrhG und § 8 UWG nicht zu, ohne das zu entscheiden war, ob die als Muster eingetragene Figur „Buddy Bär 2“ die erforderliche Eigenart aufweist. Die von der Verfügungsbeklagten beworbene und vertriebene Figur „Teddy“ ist in ihrem Gesamteindruck, auf den entscheidend abzustellen ist, soweit von dem geltend gemachten Muster entfernt, dass sie selbst eine Eigenart aufweist. Der von der Figur „Teddy“ gewahrte Abstand zu der Figur „Buddy Bär 2“ ist so groß, dass die Annahme einer verbotenen Nachbildung (Plagiat) ausscheidet.

Die Kammer hat die streitgegenständlichen Figuren/Skulpturen in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen. Dabei hat sich als Gesamteindruck im Hinblick auf das geschützte Muster „Buddy Bär 2“ ergeben, dass es sich um eine statuenähnliche Bärenfigur in der Pose mit erhobenen Tatzen handelt, die aus weißem Porzellan in einer optischer Weise edel erscheinenden Ausführung besteht. Demgegenüber handelt es sich nach dem Gesamteindruck bei der Figur „Teddy“, der Verfügungsbeklagten, um eine spielzeugähnliche Comic-/Tierfigur, die Züge eines Bären, eines Hundes, eines Schweines aufweist, wobei und die Figur aus Plastik hergestellt ist.

Zwar ist einzuräumen, dass beide Figuren Tiere in derselben Pose darstellen. Jedoch weisen die Figuren dem interessierten Betrachter sofort ins Auge springende Unterschiede auf, die den Gesamteindruck deutlich prägen.

Im Einzelnen ergibt sich der Abstand zwischen den streitgegenständlichen Skulpturen/Figuren aus folgenden Umständen:

Die Skulptur „Buddy Bär 2“ ist im Kopfbereich dadurch gekennzeichnet, dass unzweifelhaft ein Bär dargestellt wird mit einer dazu passenden Nase und entsprechenden Ohren. Demgegenüber ist die Figur „Teddy“ im Kopfbereich dadurch gestaltet, dass die Nase sich schweinsähnlich darstellt, und die Mundpartie Züge einer Hundeschnauze aufweist. Der Blick des „Buddy Bär 2“ ist stur geradeaus, während der Blick des „Teddy“ nach oben gerichtet ist. Die Augenbrauen sind bei dem „Buddy Bär 2“ der Darstellung eines Bären entsprechend ausgebildet, während sie bei dem „Teddy“ gut sichtbar sind. Die Ohren des „Teddy“ sind spielzeugähnlich rund gestaltet, während sie bei dem „Buddy Bär 2“ eckigere Formen haben. Insbesondere die Darstellung der Arme ist derartig unterschiedlich, dass sie ins Auge springt. Während der „Buddy Bär 2“ statuenähnliche nach oben glatt geformte Hände aufweist, hat der „Teddy“ nach vorne gerichtete spielzeugähnlich ausgestaltete Handflächen. Die Gestaltung der Arme und Hände bei dem „Buddy Bär 2“ ist jeweils deutlich statuenähnlich ausgestaltet. Dazu passt auch die Gestaltung der Füße, die bei dem „Buddy Bär 2“ eckig ausgestaltet sind, während diese bei dem „Teddy“ abgerundet sind. Auf der Rückseite weist „Buddy Bär 2“ - der Gestaltung eines Bären entsprechend - zumindest ein Schwanzrudiment auf, das bei dem „Teddy“ vollständig fehlt. Zudem ist die Gestaltung des jeweiligen Gesäßes deutlich unterschiedlich. Letztendlich - wenn dies auch untergeordnete Bedeutung hat - ist die Bauchgestaltung, die bei „Teddy“ hängebauchartig ausgestaltet ist, in der Weise gewählt, dass sie den Abstand zwischen den streitgegenständlichen Skulpturen/Figuren herausstellt.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 6, 711 ZPO.






LG Bielefeld:
Urteil v. 14.09.2010
Az: 4 O 524/10


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