Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. November 2004
Aktenzeichen: 30 W (pat) 170/03
(BPatG: Beschluss v. 08.11.2004, Az.: 30 W (pat) 170/03)
Tenor
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Zur Eintragung in das Markenregister als Wortmarke ist angemeldet SuperStitchfür die Ware
"Metalldrähte".
Die Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung wegen eines bestehenden Freihaltungsbedürfnisses zurückgewiesen. Die angemeldete Bezeichnung stelle eine Bestimmungsangabe dar in dem Sinne, dass die angesprochenen Abnehmer beim Stechen oder Heften mit den Metalldrähten der Anmelderin eine optimale Wirkung erreichten.
Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Bei den beanspruchten Metalldrähten handele es sich überwiegend um zur Weiterverarbeitung gedachte Halbzeuge. Die Tatsache, dass Metalldrähte als Halbzeuge nach ihrer bestimmungsgemäßen Weiterverarbeitung auch im Bereich des Nähens oder Heftens eingesetzt würden, berechtige nicht zur Feststellung, dass grundsätzlich in Verbindung mit Metalldrähten das Wort "SuperStitch" eine Bestimmungsangabe sei, die für den Warenverkehr mit Metalldrähten jeglicher Art freizuhalten sei. Insbesondere im Hinblick auf die vielfältigen Einsatzzwecke von Metalldrähten scheine das Wort "Super-Stitch" eine "lexikalische Erfindung" zu sein, die im englischen Raum unbekannt sei. Hierzu verweist sie auf die Eintragung der US-amerikanischen Marke "SUPERSTITCH".
Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß der Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 20. Mai 2003 aufzuheben.
Ergänzend wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache ohne Erfolg.
Die angemeldete Marke ist für die beanspruchten Waren nach den Vorschriften des Markengesetzes von der Eintragung ausgeschlossen, da sie eine beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG darstellt.
Nach § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können.
Auch Wortneubildungen kann der Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegenstehen, wenn sie sprachüblich gebildet sind und ihr beschreibender Aussagegehalt so deutlich und unmißverständlich ist, dass sie ihre Funktion als Sachbegriffe erfüllen können. Dies ist dann der Fall, wenn sich den angesprochenen Abnehmern eine konkret beschreibende Angabe ohne die Notwendigkeit besonderer Denkprozesse unmittelbar erschließt, wobei auch bei der Kombination fremdsprachiger Wörter die Verständnisfähigkeit des inländischen Publikums nicht zu gering veranschlagt werden darf (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 8 Rdn 380).
Insbesondere hat eine Marke, die sich aus einem Wort mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibt, selbst einen die genannten Merkmale beschreibenden Charakter im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, es sei denn, daß ein merklicher Unterschied zwischen dem Wort und der bloßen Summe seiner Bestandteile besteht. Dabei führt die bloße Aneinanderreihung solcher beschreibenden Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung, insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, nur zu einer Marke, die ausschließlich aus beschreibenden Zeichen oder Angaben besteht (EuGH GRUR Int 2004, 410, 413 - BIOMILD; EuGH GRUR Int 2004, 500, 507 - KPN-Postkantoor). Auf die Frage der Mehrdeutigkeit der Wortzusammensetzung kommt es bei § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG grundsätzlich nicht an. Es ist zudem nicht erforderlich, dass die Zeichen oder Angaben, aus denen die Marke besteht, zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen wie die in der Anmeldung aufgeführten oder für Merkmale dieser Waren oder Dienstleistungen verwendet werden. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG ergibt, dass die Zeichen oder Angaben zu diesem Zweck "dienen können". Ein Wortzeichen ist demnach von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet. Dabei spielt es keine Rolle, ob es Synonyme oder gebräuchlichere Zeichen oder Angaben zur Bezeichnung dieser Merkmale gibt, da es nicht erforderlich ist, dass diese Zeichen oder Angaben die ausschließliche Bezeichnungsweise der fraglichen Merkmale sind (vgl EuGH aaO S 410, 412 - BIOMILD; EuGH aaO S 500, 507 - Postkantoor).
Dabei ist zu berücksichtigen, dass dann, wenn die Markenanmeldung Oberbegriffe von Waren und Dienstleistungen enthält, § 8 Absatz 2 Nr 2 einer Eintragung für die Oberbegriffe auch dann entgegensteht, wenn zwar für einen Teil der darunterfallenden Waren und Dienstleistungen ein beschreibender Charakter der Marke zu verneinen ist, unter diese Oberbegriffe jedoch weitere Waren und Dienstleistungen zu subsumieren sind, für welche die Marke beschreibend ist (vgl BGH GRUR 2002, 261, 262 - AC).
Die angemeldete Marke setzt sich aus den beiden Bestandteilen "Super" und "Stitch" zusammen, die durch die Binnengroßschreibung des Bestandteils "Stitch" als solche deutlich erkennbar sind, so dass trotz des fehlenden Leerzeichens kein echtes Einwortzeichen vorliegt.
Der englische Begriff "Stitch" bedeutet als Substantiv "Knoten, Masche, Schlag, Stich" und als Verb "absteppen, nähen, sticken, heften" (vgl Leo - Online-Lexikon Englisch-Deutsch der TU München). "Stitch" wird dabei in zahlreichen Zusammensetzungen für Sticharten verwendet, wie "chain stitch, cross stitch, fancy stitch" für "Kettenstich, Kreuzstich und Zierstich". Daneben wird der Begriff nicht nur im Bereich der Heftung mit Textilmaterial verwendet, sondern auch in der Zusammensetzung "saddle stitch" im Bereich der Buchbinderei für die "Rückendrahtheftung" (vgl Leo-Online -Lexikon, aaO).
Der Begriff "Super" bedeutet im Englischen wie auch im Deutschen "hervorragend, prima" und wird dabei als Adjektiv wie auch als Präfix verwendet, um insbesondere in der Werbesprache in Zusammensetzungen auf eine besonders herausragende Eigenschaft hinzuweisen.
Die angemeldete Bezeichnung bedeutet daher in wörtlicher Übersetzung "Superstich, Superheftung, Supermasche, Superknoten".
Da Metalldrähte, wie die Anmelderin selbst ausgeführt hat, zur Verarbeitung bestimmt sind, werden die hier angesprochenen Fachverkehrskreise in der angemeldeten Marke die Bezeichnung eines verkehrswesentlichen Merkmals, nämlich deren hervorragende Eignung zum Heften, Nähen, Verknüpfen und Verdrahten sehen. Metalldrähte können je nach Stärke und Materialzusammensetzung zu unterschiedlichen Zwecken Einsatz finden, so in feiner Ausführung als Nähmaterial zum Nähen oder Heften besonders reißfester und zugstarker Verbindungen verwendet werden, in stärkerer Ausführung auch zum Verknüpfen oder Verknoten bzw Verdrahten eingesetzt werden, zB bei der Herstellung von Maschendrahtzäunen. Hierfür ist wichtig, dass der Metalldraht sich aufgrund seiner speziellen Beschaffenheit zB seiner ausreichenden Elastizität auch tatsächlich für die jeweilige beabsichtigte Verwendungsart des Heftens, Nähens oder Verknüpfens eignet und ein hervorragendes Verarbeitungsergebnis bringen kann.
Beide Einzelbegriffe der angemeldeten Marke werden dabei entsprechend ihrem Sinngehalt verwendet und bilden auch in der Gesamtheit keinen neuen über die bloße Kombination hinausgehenden Begriff.
Für den Verkehr liegt es daher nahe, in bezug auf die beanspruchten Waren die angemeldete Marke als zur Beschreibung geeignete Sachangabe zu verstehen, dass es sich nach Art, Beschaffenheit und Bestimmung um eine Ware handelt, die bei ihrer Verwendung ein herausragendes Ergebnis erzielt.
Dabei ist es unerheblich, ob für die beanspruchten Metalldrähte neben den bereits genannten Verwendungszwecken weitere Verarbeitungsmöglichkeiten bestehen, für die die angemeldete Marke "SuperStitch" nicht beschreibend wäre. Da die Markenanmeldung einen weitgefaßten Warenbegriff beansprucht, können darunter verschiedene Arten von Metalldraht fallen, neben den zur Weiterverarbeitung mittels Nähen und Heften bzw Verknüpfen auch solche, für die diese Weiterverarbeitung nicht vorgesehen oder möglich wäre, so dass "SuperStitch" insoweit nicht beschreibend wäre. Es soll aber nicht möglich sein, daß die angemeldete Marke "SuperStitch" das bestehende Eintragungshindernis für heft-, näh-, oder verknüpfbaren Draht durch diesen weitgefaßten Warenbegriff umgeht, so dass es genügt, wenn die angemeldete Marke nur für einen bestimmten Bereich von Metalldrähten beschreibend ist (vgl BGH GRUR 2002, 261, 262-AC).
Soweit sich die Anmelderin auf die Voreintragung einer US-Marke in "SUPER-STITCH" beruft, vermag dies nicht zu einer Bindungswirkung zu führen. Da sich aus einer inländischen Voreintragung für sich oder in Verbindung mit dem Gleichheitssatz schon keine anspruchsbegründende Selbstbindung für das Deutsche Patent- und Markenamt ergeben kann, da die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke keine Ermessens-, sondern eine reine Rechtsfrage darstellt, kann dies auch nicht für die Entscheidung einer ausländischen Behörde, die nach Maßgabe der dortigen Gesetze getroffen wurde, gelten (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG 7. Aufl § 8 Rdn 264). Anhaltspunkte für eine tatsächliche Indizwirkung einer ausländischen Voreintragung haben sich nicht ergeben (vgl Ströbele/Hacker aaO § 8 Rdn 268), zumal sich die US-Marke nur auf Waren der Klasse 10 bezieht.
Dr. Buchetmann Schramm Hartlieb Hu
BPatG:
Beschluss v. 08.11.2004
Az: 30 W (pat) 170/03
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