Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. April 2006
Aktenzeichen: 19 W (pat) 29/04
(BPatG: Beschluss v. 25.04.2006, Az.: 19 W (pat) 29/04)
Tenor
Für die Beschwerde wird die Verfahrenskostenhilfe versagt.
Gründe
I.
Die am 16. Mai 1998 eingegangene Patentanmeldung wurde im Prüfungsverfahren, für welches dem Anmelder durch Beschluss der Patentabteilung 11 vom 17. November 1998 Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde, durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 05 B vom 2. Dezember 2003 zurückgewiesen mit der Begründung, dass weder der Patentanspruch 1 noch die nebengeordneten Patentansprüche 22 und 23 geeignet seien, ein eindeutiges Schutzbegehren zu begründen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders vom 13. Februar 2004.
Der Anmelder beantragt, 1. den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Erteilung eines Patents in Aussicht zu stellen, 2. die Beschwerdegebühr in die Verfahrenskostenhilfe einzubeziehen, 3. hilfsweise eine mündliche Verhandlung anzuberaumen Er beantragt mit Eingabe vom 27. Mai 2005 außerdem, auch die Jahresgebühr für das 8. Patentjahr und die folgenden Jahre in die Verfahrenskostenhilfe einzubeziehen.
Dem Beschwerdeschriftsatz beigefügt ist eine Präsentationsmappe mit Begleit-CD (Anlage 1) und ein Gutachten (Anlage 2).
Es gelten die ursprünglichen Patentansprüche 1 bis 23.
II Die statthafte Beschwerde des Anmelders ist form- und fristgerecht eingelegt worden und auch sonst zulässig.
Ungeachtet des Vorliegens der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen (PatG § 130 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. ZPO § 114 Satz 1) für die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe, bleibt jedoch dem Gesuch des Antragstellers um Verfahrenskostenhilfe im Beschwerdeverfahren der Erfolg versagt.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung, hier also die Beschwerde, muss hinreichende Aussicht auf Erfolg haben (ZPO § 114 Satz 1), es muss somit hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents bestehen (PatG § 130 Abs. 1 Satz 1). Hierzu ist im Hinblick auf den Charakter des Verfahrenskostenhilfeverfahrens als einem summarischen Verfahren eine vorläufige Würdigung der Erfolgsaussichten erforderlich, aber auch ausreichend.
Nach dieser Würdigung sind hinreichende Erfolgsaussichten jedoch zu verneinen, da sich der Senat der Beurteilung der Prüfungsstelle anschließt, dass der geltende Patentanspruch 1 sowie die geltenden nebengeordneten Patentansprüche 22 und 23 jeweils nicht geeignet sind, ein eindeutiges Schutzrecht zu begründen, und der Senat auch keine Möglichkeit sieht, im Rahmen weiterer ursprünglich offenbarter Merkmale Patentansprüche zu formulieren, in denen angegeben ist, was als patentfähig unter Schutz gestellt ist.
Die Prüfungsstelle für Klasse G 05 B hat bereits im Erstbescheid vom 16. April 1999 (Abschnitt 1.) zahlreiche Begriffe als unklar oder nicht eindeutig beanstandet.
Der Anmelder hat mit Eingabe vom 2. August 1999 zwar zu allen beanstandeten Begriffen Stellung genommen.
Der Senat kann aber nicht erkennen, dass die zur Zurückweisung führenden grundsätzlichen Bedenken der Prüfungsstelle ausgeräumt sind.
Auf drei für die gesamte Anmeldung wesentliche Begriffe stützt der Senat die Ablehnung der beantragten Verfahrenskostenhilfe.
Nach dem geltenden Patentanspruch 1 (Merkmale 1 und 2) soll ein Basisregiesystem ergänzt sein durch ein Rastermodul-Regiesystem. Beide Begriffe sind - wie die Prüfungsstelle zutreffend ausgeführt hat - unüblich und können auch unter Heranziehung der gesamten ursprünglichen Offenbarung nicht klargestellt werden.
Dies gilt - aus den im Zurückweisungsbeschluss (S. 4, letzte sechs Zeilen bis S. 5, Abs. 1) genannten Gründen - schon für den auch im Patentanspruch 22 verwendeten Begriff Basisregiesystem allein.
Es gilt ferner auch für die als erfindungswesentlich in den gesamten Unterlagen offenbarte Ergänzung durch ein Rastermodul-Regiesystem. Denn ein Basis-Regiesystem kann als Software nur ergänzt werden durch eine (weitere) Software. Software kann zwar - wie aus dem Fachwissen des Fachmanns bekannt ist - modulartig aufgebaut sein.
Es ist dem Fachmann aber im Zusammenhang mit Software nicht bekannt, dass ein(e) Software(modul)
- mehrere Eingänge und Ausgänge aufweisen kann (Merkmal 2) oder - extern oder intern ansteuerbar ist (Merkmal 2.1).
Solches ist üblich bei entsprechenden Hardware-Komponenten; jedoch ist in den gesamten Anmeldeunterlagen nicht offenbart, wie die genannten Ein-/Ausgänge bzw. die beanspruchte Ansteuerbarkeit allein innerhalb eines Programms verwirklicht werden.
Zu den Ausführungen in der Präsentationsmappe mit Begleit-CD wäre an vielen Stellen anzugeben gewesen, wo diese in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen offenbart sind bzw. was sie bedeuten. Beispielhaft verwiesen sei auf folgende Angaben auf den ausgedruckten Textblättern - Das Kernstück der Erfindung enthält pro Schritt einen Objectcode aller heute bekannten Programmiersprachen (erstes Blatt LALA/DADDY, letzte Zeile),
- ..dreidimensionale Datenverarbeitende Steuerungsgruppe., (zweites Blatt LALA/DADDY, Z. 9 bis 10)
- sabotagegestützter Datenpool (zweites Blatt LALA/DADDY, Z. 25)
- Die Funktion besteht aus dem reinen Software-Objektcode und den Steuerungen des datenverarbeitenden Systems (Seite 2 von 19)
- Die Ausdehnung des Gitterwürfels ist dynamisch bis zur physikalischen Grenze des eingerichteten Mediums (Blatt "POWERPOINT" Überschrift Seite 2.., erster Absatz von DADDY, letzter Satz).
Das vorgelegte Gutachten basiert auf einer nur in Kurzform wiedergegebenen Besprechung mit im Wesentlichem unbekanntem Inhalt und einer dem Gutachten nicht beigefügten Kurzbeschreibung der Erfindung. Es ist schon deshalb nicht geeignet zur Klärung der offenen Fragen und zur Heilung von Mängeln der Anmeldeunterlagen.
Auch der Begriff "Einzel-Echtdaten" im Patentanspruch 23 ist dem Fachmann nicht geläufig und - entgegen der im Beschwerdeschriftsatz Seite 2, Absätze 1 und 3 geäußerten Ansicht des Anmelders - auch nicht in den Anmeldeunterlagen dargelegt.
Die in der Erwiderung vom 2. August 1999 (S. 3 Abs. 6) gegebene Deutung des Begriffs Echtdaten findet sich in den ursprünglichen Unterlagen nicht. Sie würde im Übrigen auch der Angabe des Anmelders widersprechen, dass unklare Begriffe neu wären oder einen erweiterten Sinn hätten; denn die genannten Beispiele sind in datenverarbeitenden Anlagen schon bisher als "Daten" bezeichnet worden.
Es ist nach alledem nicht ersichtlich, dass im Rahmen des ursprünglich Offenbarten ein Patentanspruch formulierbar ist, der diese Begriffe nicht mehr enthält, oder in dem sie klargestellt sind.
Der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war deshalb mangels Erfolgsaussicht zurückzuweisen.
Ein Eingehen auf den Stand der Technik erübrigt sich hier mangels Vorliegen eines klaren Patentbegehrens.
Mit der Versagung der Verfahrenskostenhilfe ist auch kein Raum für die beantragte Einbeziehung der 8. Jahresgebühr.
Die Entscheidung konnte - insbesondere im Hinblick auf die ausführliche Erwiderung des Anmelders im Verfahren vor der Prüfungsstelle und dem ausführlichen schriftlichen Vortrag im Beschwerdeverfahren - ohne mündliche Verhandlung ergehen.
Die durch den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe zunächst gehemmte restliche Zahlungsfrist zur Entrichtung der Beschwerdegebühr beginnt mit der Frist des § 134 PatG wieder zu laufen.
BPatG:
Beschluss v. 25.04.2006
Az: 19 W (pat) 29/04
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