Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Mai 2004
Aktenzeichen: 26 W (pat) 219/03

(BPatG: Beschluss v. 05.05.2004, Az.: 26 W (pat) 219/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die ua für die Waren

"Zum Herstellen und/oder Behandeln von Lebensmitteln bestimmte chemische Zusatzstoffe; zum Herstellen und/oder Behandeln von Lebensmitteln bestimmte Präparate aus diesen chemischen und/oder natürlichen Zusatzstoffen;

Zubereitungen aus diesen Erzeugnissen mit oder ohne Gewürze(n) und/oder Salz für gewerbliche Zwecke; Gewürze und/oder Salz und daraus hergestellte Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke und/oder Nahrungsmittel; Enzyme sowie lebende Mikroorganismen und deren Fermente für gewerbliche Zwecke und/oder Lebensmittel;

Speiseöle und Speisefette; konservierte, getrocknete und gekochte Früchte und Kräuter; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Obst-, Frucht- und Gemüsepüree und -muse; Pickles; Marmeladen, Konfitüren und Gelees für Speisezwecke;

Zum Herstellen und/oder Behandeln von Lebensmitteln bestimmte natürliche Zusatzstoffe, zum Herstellen und/oder Behandeln von Lebensmitteln bestimmte Präparate aus diesen natürlichen und/oder chemischen Zusatzstoffen, Zubereitungen aus diesen Erzeugnissen mit oder ohne Gewürze(n) und/oder Salz; Gewürze und/oder Salz und daraus hergestellte Erzeugnisse für Nahrungsmittel; Senf, Essig, Saucen; Honig; Teigwaren; Back- und Konditorwaren, insbesondere Blätterteigerzeugnisse"

im Jahre 2000 unter der Nr 300 60 691 eingetragenen Wortmarke BATANIA ist Widerspruch erhoben worden aus der im Jahre 1927 eingetragenen Marke Batavia-Perledie für die Waren "Speisegewürze" geschützt ist.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Einrede der Nichtbenutzung erhoben, worauf die Widersprechende die eidesstattliche Versicherung vom 10. Dezember 2001 nebst weiteren Unterlagen zu den Akten gereicht hat.

Die Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit Beschluß vom 27. Mai 2003 wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Die von der Widersprechenden eingereichten Unterlagen belegten eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke in den beiden Benutzungszeiträumen des § 43 Absatz 1 MarkenG für "Speisegewürze", worunter die von ihr angebotenen Gewürzmischungen fielen. Die beiderseitigen Waren seien zwar teilweise identisch, so daß nur ein erheblicher Markenabstand eine Verwechslungsgefahr ausschließen könne, diesen halte die jüngere Marke jedoch ein. Aufgrund des - zusätzlichen - Zeichenbestandteils "-Perle" der Widerspruchsmarke könnte es nur dann zu (klanglichen) Verwechslungen kommen, wenn der Bestandteil "Batavia" den Gesamteindruck der Widerspruchsmarke prägen würde. Dies sei jedoch nicht der Fall. Für die angesprochenen Verkehrskreise bestehe keine Veranlassung, die Widerspruchsmarke auf das Wort "Batavia" zu verkürzen. Gegen diese Annahme spreche die Gestaltung der Marke mit einem Bindestrich, der eine enge Verbindung der beiden Wörter herbeiführe. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden werde der Zeichenbestandteil "Perle" auch nicht als eine Gütebezeichnung aufgefaßt werden. Die Markenstelle habe keinen Beleg dafür gefunden, daß im Bereich der Gewürze oder auf anderen Warengebieten der Begriff "Perle" als Angabe für eine besondere Qualität der Produkte verwendet werde. Das Wort "Perle" könne daher anderen Qualitätsangaben wie beispielsweise "Premium", "extra" oder "Superior" nicht gleichgestellt werden.

Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie hält die zu vergleichenden Marken hochgradig für verwechselbar. Aufgrund zum Teil bestehender Warenidentität und zum Teil hochgradiger Warengleichartigkeit müßten die Marken einen sehr großen Abstand zueinander einhalten, um Verwechslungen auszuschließen. Diesen Abstand halte die angegriffene Marke jedoch nicht ein. Entgegen der Ansicht der Markenstelle sei der Begriff "Perle" durchaus üblich für die Beschreibung von etwas Wertvollem. Er könne damit durchaus üblichen Qualitätsangaben gleichgestellt werden. Der angesprochene Verkehr werde auch ohne weiteres erkennen, daß der Markenbestandteil "Perle" dazu diene, die wertvollen Waren zu bezeichnen, die unter der Marke "Batavia-Perle" vertrieben würden. Auch wenn die beiden Markenbestandteile mit einem Bindestrich verbunden seien, werde der angesprochene Verkehr den Bestandteil "Perle" als eine Güteangabe auffassen und sich deshalb an dem kennzeichnungskräftigen Bestandteil "Batavia" orientieren, so daß sich hier die Worte "Batavia" und "BATANIA" gegenüberstünden, die in schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht hochgradig ähnlich seien.

Demgemäß beantragt sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

Sie bestreitet weiterhin eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke mit der Begründung, diese sei nur für "Speisegewürze", aber nicht für "Gewürzzubereitungen", für die Benutzungsunterlagen eingereicht worden seien, eingetragen. Voraussetzung für eine rechtserhaltende Benutzung wäre, daß "Gewürzzubereitungen" unter den Begriff "Speisegewürze" subsummiert werden könnten; dies sei aber nicht möglich. Im übrigen bestehe zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen keine Verwechslungsgefahr, denn die Widerspruchsmarke werde nicht durch den Bestandteil "Batavia" geprägt. Der weitere Bestandteil "Perle" könne nicht als Qualitätsangabe gewertet werden.

II.

Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als unbegründet, weil zwischen den Vergleichszeichen jedenfalls keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Absatz 1 Nr 2 MarkenG besteht.

Die Gefahr markenrechtlich erheblicher Verwechslungen ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (EuGH GRUR 1998, 922 - Canon).

Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit ist im vorliegenden Fall von Warenidentität auszugehen, denn beide Kennzeichnungen sind ua für "Gewürze" bestimmt. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke "Batavia-Perle" wird als durchschnittlich angenommen. Selbst wenn danach an den Abstand der sich gegenüberstehenden Marken erhebliche Anforderungen zu stellen sind, ist dieser gewahrt.

Bei der Prüfung der Ähnlichkeit der Vergleichszeichen ist grundsätzlich auf den Gesamteindruck abzustellen, den sie hervorrufen (EuGH aaO - Sabèl-Puma; BGH GRUR 2000, 506 - ATTACHÉ/TISSERAND mwNachw). Insoweit weichen die beiden Kennzeichnungen offensichtlich in jeder Richtung so deutlich voneinander ab, daß Verwechslungen ausgeschlossen sind.

Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Übereinstimmung prägender Markenbestandteile besteht ebenfalls nicht. Zwar kann ausnahmsweise einem einzelnen Markenbestandteil eine besondere, das Gesamtzeichen prägende Kennzeichnungskraft zugemessen werden, wenn diesem Bestandteil in der Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommt und er deshalb geeignet ist, die Erinnerung an das Gesamtzeichen wachzurufen, während die weiteren Elemente der Marke nur eine untergeordnete Bedeutung haben. Die Feststellung der Prägung des Gesamteindrucks eines mehrteiligen Zeichens durch einen Bestandteil setzt jedoch voraus, daß die weiteren Bestandteile so in den Hintergrund treten, daß sie für den Verkehr an Bedeutung verlieren und zum Gesamteindruck des Zeichens nicht beitragen (BGH WRP 2000, 173 - RAUSCH/ELFI RAUCH). Bei dieser Beurteilung ist auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren abzustellen (BGH aaO - ATTACHÉ/TISSERAND).

Entgegen der von der Widersprechenden vertretenen Auffassung kann nicht davon ausgegangen werden, daß dem Zeichenteil "Batavia" in der älteren Marke ausnahmsweise eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommt. Gegen eine derartige Annahme spricht vielmehr, daß auf dem hier einschlägigen Warengebiet der "Speisegewürze" eine Verwendung des weiteren Markenteils "Perle" als unmittelbar beschreibende Angabe nicht nachweisbar ist. Ebenso wenig liegen Anhaltspunkte dafür vor, daß dieser Markenbestandteil für den angesprochenen Verkehr nicht wesentlich zur Einprägsamkeit der gesamten Widerspruchsmarke beiträgt (BGH GRUR 1999, 52 - EKKO BLEIFREI).

Soweit die Widersprechende meint, das Markenwort "Perle" sei durchaus üblich zur Beschreibung von etwas Wertvollem und könne deshalb geläufigen Qualitätsangaben gleichgestellt werden, vermag ihr der Senat nicht zu folgen. Zwar wird das Wort "Perle" auch im Sinne von "tüchtig" (Haushaltshilfe"), "treu" (Freundin, Tochter), "schön" (Insel-Perle des Mittelmeers) verwendet, dies rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, daß der Verkehr einen überwiegend im übertragenen Sinn verwendeten Begriff als beschreibende Angabe für die besondere Qualität von Gewürzmischungen und damit als gängige Produktbeschreibung wertet. Schließlich spricht auch der Bindestrich zwischen den zwei selbständigen Wörtern "Batavia" und "Perle" eher für die Annahme eines Gesamtbegriffs (vgl BGH GRUR 2002, 342 - ASTRA/ESTRA-PUREN). Verkehrskreise, denen "Batavia" noch als früherer Name der Hauptstadt Indonesiens (bis 1949) bekannt ist, haben zusätzlich keine Veranlassung, diese Herkunftsangabe als (allein)prägenden Zeichenbestandteil anzusehen.

Die von der Widersprechenden auf die zulässige Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaberin eingereichte eidesstattliche Versicherung vom 10. Dezember 2001 ist im übrigen nicht von dem dort benannten Marketingleiter, sondern von einer unbekannten Person "iV..." unleserlich unterschrieben, was gegen eine hinreichende Glaubhaftmachung spricht.

Die Beschwerde konnte auch deshalb keinen Erfolg haben.

Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen (71 Abs 1 MarkenG) bestand kein Anlaß.

Vorsitzender Richter Albert ist infolge Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert.

Kraft Eder Kraftbr/Bb






BPatG:
Beschluss v. 05.05.2004
Az: 26 W (pat) 219/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/28c45f6c887d/BPatG_Beschluss_vom_5-Mai-2004_Az_26-W-pat-219-03




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share