Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Mai 2004
Aktenzeichen: 33 W (pat) 101/02
(BPatG: Beschluss v. 04.05.2004, Az.: 33 W (pat) 101/02)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 25. Mai 1998 die Wortmarkeplug and workfür folgende Waren und Dienstleistungen zur Eintragung in das Register angemeldet worden:
Klasse 35:
Büroarbeiten, insbesondere im Rahmen des Geschäftsbetriebs von voll ausgestatteten und mit Servicepersonal besetzten Mietbüros (Businesscenter) und bei der Verwaltung und Organisation des Büro- und Sekretariatsbereichs, in Fremdfirmen erbrachte Unternehmensverwaltung, insbesondere die Verwaltung und Organisation des Büro- und Sekretariatsbereiches in / bei Fremdfirmen Klasse 36:
Immobilienwesen, insbesondere Vermietung von voll ausgestatteten und mit Servicepersonal besetzten Mietbüros (Businesscenter) und Vermittlung von Gewerbefläche Klasse 38:
Telekommunikation, insbesondere das Erbringen von Telefondienstleistungen wie z.B. Entgegennahme von Anrufen oder Telefonmarketing für Fremdfirmen (Call Center)
Klasse 42:
Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, insbesondere im Bereich Bürodienstleistungen Klasse 20:
Möbel, insbesondere Büromöbel.
Die Markenstelle für Klasse 36 hat die Anmeldung durch Beschluß vom 17. Januar 2002 gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, daß es sich um eine sprachüblich gebildete englische Wortkombination in der Bedeutung "einstecken und arbeiten" handle. In diesem Sinn werde die Wortfolge bereits als feststehender Ausdruck zahlreich verwendet, wie sich aus einer Internetrecherche ergebe. Ein beschreibender Bezug sei dabei zu sämtlichen Dienstleistungen und Waren herzustellen.
Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Sie beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuhebenund regt die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
Sie trägt vor, dass es sich bei "plug and work" um eine symbolhafte und damit hinreichend phantasievolle Beschreibung eines Büros handle, in dem man zugleich nach dem Einzug mit der Arbeit beginnen könne. Im wörtlichen Sinne angeschlossen bzw eingesteckt werden müsse gerade nichts, da alle elektrischen und elektronischen Geräte wie Telefon, Computer, Drucker und Kopierer schon vorhanden und vom Anmelder für den Kunden (Mieter) betriebsfertig angeschlossen worden seien. Die hervorgerufene Assoziation liege darin, daß die Vorbereitungshandlungen gleichsam so einfach seien wie das Einstecken eines Steckers in die Steckdose.
Die Anmelderin verweist auf mehrere Voreintragungen insbesondere auf eine gleichlautende Gemeinschaftsmarke (EU 187 29 051).
Es bestehe ein Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83 Abs 2 Nr 2 MarkenG. Denn der Senat habe Bedenken geäußert, daß die Marke die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft besitze, weil der Verkehr die Bezeichnung "plug and work" als beschreibende Angabe für ein "fullservice-Büro" auffasse. Diese Auffassung stehe erkennbar im Widerspruch zu der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bezüglich der Eintragungsfähigkeit von Mehrwertwortzeichen. Der Bundesgerichtshof stelle in ständiger Rechtsprechung allein auf den Gesamteindruck eines Mehrwortzeichens ab. Von dieser Rechtsprechung weiche das Bundespatentgericht mit seiner vorläufig geäußerten Rechtsmeinung ersichtlich ab.
Der Senat hat die Anmelderin mit der Terminsladung unter Übersendung von Ermittlungsunterlagen auf Bedenken hinsichtlich der Erfolgsaussichten der Beschwerde hingewiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II Die Beschwerde ist nicht begründet. Die angemeldete Marke ist von der Eintragung ausgeschlossen, weil es ihr im Hinblick auf die begehrten Waren und Dienstleistungen an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehlt (§§ 8 Abs 2 Nr 1, 37 Abs 1 MarkenG).
Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (stRspr vgl BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice (MarkenR 2002, 338 - Bar jede Vernunft)). Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht.
Es dürfen dabei keine unterschiedlichen Anforderungen an die Unterscheidungskraft von Werbeslogans gegenüber anderen Wortmarken gestellt werden (BGH MarkenR 2000, 48 - Radio von hier; MarkenR 2000, 50 - Partner with the Best; BGH GRUR 2000, 720 - Unter uns). Dem Werbeslogan wird der Verkehr zwar häufig eine beschreibende Werbeaussage entnehmen. Dies schließt aber eine Identifizierungsfunktion nicht von vornherein aus. Deshalb ist in jedem Fall zu prüfen, ob der Werbeslogan einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ob er zumindest noch eine gewisse Unterscheidungskraft aufweist. Während bei Werbeslogans, die lediglich beschreibende Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art enthalten, von mangelnder Unterscheidungskraft auszugehen ist, können dagegen Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge sowie eine Mehrdeutigkeit oder Interpretationsbedürftigkeit der Werbeaussage Indizien für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten.
Die von der Anmelderin beanspruchte sprachüblich gebildete Wortfolge ist aus Begriffen des englischen Grundwortschatzes zusammengesetzt und ist mit "einstekken und arbeiten" zu übersetzen. Ob diese Wortkombination, wie von der Anmelderin behauptet, ihrer Wortbedeutung nach als eine symbolhafte und assoziative Beschreibung eines Büros verstanden werden kann, in dem man sogleich nach dem Einzug mit der Arbeit beginnt, kann letztlich dahingestellt bleiben. Denn aus den Internetrecherchen der Markenstelle und des Senats ergibt sich, daß die begehrte Wortfolge mittlerweile vom inländischen Verkehr ohne weiteres im Sinne eines "mobilen, komplett ausgestatteten Büros" verstanden wird. So wirbt beispielsweise das "Fraunhofer Office Innovation Center" (www.oic.fhg.de) für kurzfristig zu mietende Arbeitsräume mit der Überschrift "plug and work", unter www.kommunaldirekt.de werden mobile Solitärlösungen zur Einrichtung eines Arbeitsplatzes mit "plug and work" angeboten. Ein "Venture Planet BusinessCenter" bewirbt voll ausgestattete Arbeitsplätze mit flexiblen Mietzeiten mit "plug and work". Unter www.focus.msn.de wird die moderne Arbeitswelt beschrieben wie folgt: "Auf die Frage nach Telearbeitern verweisen denn auch die meisten Unternehmen hierzulande auf ihre mobilen Vertriebsleute, die sowieso nach dem "Plugandwork-Prinzip" arbeiten - beim Kunden, im Flugzeug oder Hotel".
Ein beschreibender Bezug besteht dabei zu sämtlichen angemeldeten Waren und Dienstleistungen. Die Möbel der Klasse 20 können zur Einrichtung eines mobilen Büros dienen. Hinsichtlich der angemeldeten Dienstleistungen hat die Anmelderin selbst in ihrem Dienstleistungsverzeichnis ausgeführt, daß diese insbesondere im Rahmen des Geschäftsbetriebs von voll ausgestatteten und mit Servicepersonal besetzten Mietbüros erbracht werden sollen.
Insgesamt werden die angesprochenen Verkehrskreise, hier im wesentlichen fachlich orientierte Abnehmer, somit den beschreibenden Sinngehalt der beanspruchten Wortfolge ohne weiteres erkennen. Eine Mehrdeutigkeit oder Interpretationsbedürftigkeit ist nicht ersichtlich.
Schließlich kann sich die Anmelderin zur Frage der Schutzfähigkeit nicht auf eingetragene Drittzeichen berufen. Den Voreintragungen kommt lediglich eine Indizwirkung zu, eine Bindungswirkung kann daraus jedoch nicht abgeleitet werden (vgl EuGH MarkenR 2002, 391 - Companyline).
Der Senat sieht keine Veranlassung, die Rechtsbeschwerde insbesondere gemäß § 83 Abs 2 Nr 2 MarkenG zuzulassen. Wie bereits ausgeführt, ist die begehrte Wortfolge in ihrer Gesamtheit als feststehender Begriff nachgewiesen worden. Die vom Senat festgestellte fehlende Unterscheidungskraft des Gesamtzeichens beruht somit nicht auf einer isolierten Betrachtung der einzelnen Markenbestandteile und weicht daher auch nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab.
Winkler Pagenberg Dr. Hock Cl/Pü
BPatG:
Beschluss v. 04.05.2004
Az: 33 W (pat) 101/02
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