Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Dezember 2002
Aktenzeichen: 17 W (pat) 23/01

(BPatG: Beschluss v. 05.12.2002, Az.: 17 W (pat) 23/01)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse G07D des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Februar 2001 aufgehoben und das Patent erteilt.

B e z e i c h n u n g : Vorrichtung zur Unterscheidung falscher von echten Münzen.

Der Erteilung liegen folgende in der mündlichen Verhandlung vom 5. Dezember 2002 überreichten Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 - 9, Beschreibung und 3 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 - 3.

Gründe

I.

Die vorliegende Patentanmeldung ist am 8. März 1999 unter der Bezeichnung

"Vorrichtung zur Münzerkennung"

beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden.

Sie wurde am 22. Februar 2001 durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G07D mangels erfinderischer Tätigkeit zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.

Sie verfolgt ihre Anmeldung auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung überreichten Ansprüche 1 bis 9 weiter.

Anspruch 1 und Nebenanspruch 9 lauten:

1. Vorrichtung zur Unterscheidung falscher von echten Münzen, mit einem Senderelement (1) für elektromagnetische Strahlung, mit einem Empfängerelement (2) für elektromagnetische Strahlung, mit welchem nach Maßgabe der darauf eingestrahlten Strahlung ein elektrisches Meßsignal erzeugbar ist, wobei die Anordnung des Senderelements (1) und des Empfängerelements (2) mit der Maßgabe getroffen ist, daß von dem Senderelement (1) abgestrahlte elektromagnetische Strahlung (3) auf eine in eine Prüfposition gebrachte Münze (4) einstrahltund daß zumindest ein Teil einer von der Münze (4) abgestrahlten Reflektionsstrahlung (5) aus der eingestrahlten elektromagnetischen Strahlung (3) auf das Empfängerelement (2) einstrahlt, und mit einer mit dem Empfängerelement (2) verbundenen elektronischen Auswerteeinheit (6), mittels welcher nach Maßgabe eines Vergleichs des vom Empfängerelement (2) erzeugten und zu einem Auswertesignal (12) verarbeiteten elektrischen Meßsignal mit einem vorgegebenen Vergleichssignal (7) alternativ ein "falsch"-Steuersignal oder ein "echt"-Steuersignal erzeugbar ist, dadurch gekennzeichnet, daß in dem System von Senderelement (1), Empfängerelement (2) und der Auswerteeinheit (6) nicht mehr als zwei wellenlängenselektive Meß- und Auswertesignale (12) erzeugbar sind , wobei ein Meßsignal ein Signalintensitätswert innerhalb eines Wellenlängenbereichs von Æ / < 0,1 ist, und daß mit der Auswerteeinheit (6) die Steuersignale nach Maßgabe eines Vergleichs des wellenlängenselektiven Auswertesignals (12) oder der beiden wellenlängenselektiven Auswertesignale (12) mit vorgegebenen wellenlängenselektiven Vergleichssignalbändern (7) erzeugbar sind.

9. Verfahren zur Unterscheidung falscher von echten Münzen (4), wobei mit einem Senderelement (1) elektromagnetische Strahlung (3) auf eine Münze eingestrahlt wird, wobei die eingestrahlte elektromagnetische Strahlung (3) von der Oberfläche der Münze (4) reflektiert wirdund wobei die reflektierte elektromagnetische Strahlung (5) mit einem Empfängerelement (2) aufgefangen und in ein elektrisches Meßsignal umgewandelt wird, wobei das Meßsignal einer Auswerteeinheit (6) zugeführt und mit einem vorgegebenen Vergleichssignal verglichen wird , und wobei nach Maßgabe des Ergebnisses des Vergleichs alternativ ein "falsch"-Steuersignal oder ein "echt"-Steuersignal erzeugt wird, dadurch gekennzeichnet, daß in der Auswerteeinheit (6) nicht mehr als zwei wellenlängenselektive Auswertesignale (12) erzeugt und mit wellenlängenselektiven Vergleichssignalbändern (7) verglichen werden, wobei ein Meßsignal ein Signalintensitätswert innerhalb eines Wellenlängenbereiches von Æ / < 0,1 ist.

Bezüglich des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 8 wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Die beanspruchte Vorrichtung bzw. das Verfahren zur Unterscheidung falscher von echten Münzen ist nach Ansicht der Anmelderin durch die im bisherigen Verfahren herangezogenen Druckschriften 1) DE 195 07 482 A1 2) GB 1 442 485 3) GB 2 078 368 A weder bekannt noch nahegelegt und demzufolge patentierbar.

Die Anmelderin stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit den in der mündlichen Verhandlung vom 5. Dezember 2002 überreichten Unterlagen, Patentansprüche 1 - 9, Beschreibung, 3 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 - 3, zu erteilen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet, da der Gegenstand des nachgesuchten Patents nach den §§ 1 bis 5 PatG patentfähig ist.

1. Der Erteilungsantrag ist zulässig. Die geltenden Ansprüche 1 und 9 gehen aus den Ansprüchen 1, 10 und 11 sowie aus der Beschreibung S.1, Z.25-30; S. 3, Z. 33 ff.; S.6, Z.30 bis S.7, Z.6., jeweils vom Anmeldtag, hervor. Die Unteransprüche 2 bis 8 sind durch die Ansprüche 2, 3, 5 bis 9 vom Anmeldetag ursprünglich offenbart.

2. Die eine Vorrichtung zur Unterscheidung falscher von echten Münzen betreffende Lehre des Anspruchs 1 läßt sich wie folgt gliedern:

Vorrichtung zur Unterscheidung falscher von echten Münzen, a) mit einem Senderelement (1) für elektromagnetische Strahlung, b) mit einem Empfängerelement (2) für elektromagnetische Strahlung, b1) mit welchem nach Maßgabe der darauf eingestrahlten Strahlung ein elektrisches Meßsignal erzeugbar ist, c) wobei die Anordnung des Senderelements (1) und des Empfängerelements (2) mit der Maßgabe getroffen ist, c1) daß von dem Senderelement (1) abgestrahlte elektromagnetische Strahlung (3) auf eine in eine Prüfposition gebrachte Münze (4) einstrahltc2) und daß zumindest ein Teil einer von der Münze (4) abgestrahlten Reflektionsstrahlung (5) aus der eingestrahlten elektromagnetischen Strahlung (3) auf das Empfängerelement (2) einstrahlt, d) und mit einer mit dem Empfängerelement (2) verbundenen elektronischen Auswerteeinheit (6), mittels welcher nach Maßgabe eines Vergleichs des vom Empfängerelement (2) erzeugten und zu einem Auswertesignal (12) verarbeiteten elektrischen Meßsignal mit einem vorgegebenen Vergleichssignal (7) alternativ ein "falsch"-Steuersignal oder ein "echt"-Steuersignal erzeugbar ist, dadurch gekennzeichnet, e) daß in dem System von Senderelement (1), Empfängerelement (2) und der Auswerteeinheit (6) nicht mehr als zwei wellenlängenselektive Meß- und Auswertesignale (12) erzeugbar sind, e1) wobei ein Meßsignal ein Signalintensitätswert innerhalb eines Wellenlängenbereichs von Æ / < 0,1 ist, f) und daß mit der Auswerteeinheit (6) die Steuersignale nach Maßgabe eines Vergleichs des wellenlängenselektiven Auswertesignals (12) oder der beiden wellenlängenselektiven Auswertesignale (12) mit vorgegebenen wellenlängenselektiven Vergleichssignalbändern (7) erzeugbar sind.

Diese beanspruchte Lehre ist vom Fachmann, einem FH-Physikingenieur mit mehrjähriger einschlägiger Berufserfahrung, ausführbar. Er entnimmt dem Anspruch 1 eine Vorrichtung zur Unterscheidung falscher von echten Münzen, bei der die zu überprüfenden Münzen von einem Senderelement mit elektromagnetischer Strahlung beaufschlagt werden. Aus der von diesen Münzen reflektierten Strahlung werden nach Aufnahme durch ein Empfängerelement Meßsignale gebildet sowie aus diesen nach weiterer Verarbeitung durch eine Auswerteeinheit als Prüfkriterium dienende Auswertesignale erzeugt, die durch einen nachfolgenden Vergleichsvorgang die Bildung von "echt"- bzw. "falsch"-Steuersignalen erlauben. Hierbei werden in dem System von Senderelement, Empfängerelement und Auswerteeinheit nicht mehr als zwei wellenlängenselektive Meßsignale, deren Signalintensitätswert jeweils innerhalb eines Wellenlängenbereichs von Æ / < 0,1 liegt, gebildet.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist neu, da keine der zum Stand der Technik genannten Druckschriften eine Vorrichtung mit allen Merkmalen dieses Anspruchs zeigt. Die beanspruchte Vorrichtung beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit, da sie durch den genannten Stand der Technik nicht nahegelegt ist.

Ein Verfahren zum Sortieren von Münzen zwecks Aussortierung falscher oder fehlgeprägter Münzen (Zissalien) wird in der Druckschrift 1 (DE 195 07 482 A1) beschrieben.

Die zu überprüfenden Münzen werden auf einer Transporteinrichtung auf beiden Seiten und am Umfang mit einer kurzwelligen elektromagnetischen Strahlung, insbesondere mit sichtbarem Licht, beaufschlagt, wobei die jeweiligen Strahlungsreflexionen von optischen Linsensystemen erfasst und mit in einem Rechner 7 gespeicherten Reflexionsbildern verglichen werden. Als gefälscht oder als Fehlprägung erkannte Münzen werden dann mittels rechnergesteuerter Sortiereinrichtungen ausgemustert (Sp. 1, Z.3-12 u. 29-63; Anspruch 1). Außerdem lassen sich aufgrund der sich ergebenden Helligkeitsunterschiede bestimmte Legierungen, also beispielsweise Kupfer oder Silberlegierungen, voneinander unterscheiden (Sp. 1, Z.64 bis Sp. 2, Z. 2).

Es sind für jede Münze drei Prüfvorgänge - jeweils einer für die beiden Münzenseiten und ein weiterer für den Münzenrand - erforderlich.

Bei dem in Druckschrift 1 beschriebenen Ausführungsbeispiel einer Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach dieser Druckschrift sind neben dem für den Reflexionsbilder-Vergleich und die Erzeugung von "echt"/"falsch"- Signalen der Sortiereinrichtung vorgesehenen Rechner 7 noch drei jeweils aus einer elektromagnetischen Strahlenquelle und einem optischen Linsensystem gebildete Überwachungseinheiten vorhanden, von denen die Einheiten 6 und 12 für die Kontrolle jeweils einer Münzseite und die Einheit 15 für die Kontrolle des Münzenrandes eingesetzt werden (Figur mit Sp. 2, Z. 50 bis Sp. 3, Z. 14).

Bei der Vorrichtung nach Anspruch 1 der Beschwerdeanmeldung wird von der Erkenntnis Gebrauch gemacht, daß zur Unterscheidung falscher von echten Münzen - d.h. bei Verzicht auf die Erkennung von Zissalien - anstelle von breitbandiger Strahlung (beispielsweise sichtbarem Licht) nicht mehr als zwei wellenlängenselektive Meß- und Auswertesignale erforderlich sind, wobei sich das jeweilige Meßsignal als Signalintensitätswert innerhalb eines Wellenlängenbereiches von Æ / < 0,1 darstellt. Außerdem wird der Aufwand zur Münzenunterscheidung dadurch reduziert, daß anstelle der nach Druckschrift 1 erforderlichen Verwendung von Reflexionsbildern wellenlängenselektive Vergleichssignalbänder einsetzbar sind. Zu den zuletzt genannten Maßnahmen gibt Druckschrift 1 keine Anregung, da dort die Prägungsqualität der Münzen das entscheidende Überprüfungskriterium - verbunden mit dem Einsatz breitbandiger Strahlung und dem Vergleich von Reflexionsbildern - darstellt. Der Hinweis in Druckschrift 1, daß sich ergebende Helligkeitsunterschiede zur Legierungserkennung, bspw. zur Unterscheidung zwischen Kupfer und Silberlegierungen, nutzbar sind, ist lediglich ein Nebeneffekt der dortigen Vorrichtungs- bzw. Verfahrensgestaltung, der nicht mit den kennzeichnenden Merkmalen e), e1) und f) des geltenden Anspruchs 1 der Anmeldung vergleichbar ist und folglich diese auch nicht nahelegt.

Auch die Druckschriften 2 (GB 1 442 485) und 3 (GB 2 078 368 A) vermögen die beanspruchte Lehre nicht nahezulegen.

Die Vorrichtung nach Druckschrift 2 dient zur Überprüfung von Banknoten oder sonstigen Wertpapieren (S. 1, Z. 11-15), wobei als Basis für diese Art der Überprüfung die farbigen Oberfläche dieser Objekte dienen (S. 1, Z. 26-32). Hierbei werden die zu prüfende Banknote 5 und eine Standardbanknote 6 nacheinander mit breitbandigem Licht bestrahlt. Das jeweils rückgestrahlte Licht wird durch ein Filter 8 spektral aufgeteilt. Die jeweils gewonnenen Prüf- und Standardmeßwerte in den einzelnen Spektralbereichen werden miteinander verglichen, wobei nach dem Ausführungsbeispiel mittels Vor/Rückwärtszähler 19 bei der Prüflingsmessung hoch und bei der Standardmessung zurück gezählt wird. Im Idealfall stehen nach Durchführung bei der Messungen die Zähler 19 für alle Spektralbereiche wieder auf Null. Für die Praxis reicht es beispielsweise für eine "Gut"-Bewertung aus, wenn maximal zwei Zählerstände von Null abweichen (S. 3, Z. 14-45).

Die Vorrichtung nach Druckschrift 3 ist vergleichbar mit jener von Druckschrift 2, wobei jedoch anstelle der jeweils neu gemessenen Werte des Standardobjektes gespeicherte Standardmeßwerte treten (Zusammenfassung). Basis für die Messung ist wiederum die Farbe der zu prüfenden Objekte. Als solche werden konkret Banknoten und farbige Stoffe genannt (S. 2, Z. 3).

Auch die Druckschriften 2 und 3 vermögen somit keine Anregung hinsichtlich der Vorrichtung zur Unterscheidung falscher von echten Münzen mit den Merkmalen gemäß Anspruch 1 der Anmeldung zu vermitteln. Der Gegenstand dieses Anspruchs beruht somit bezüglich der Druckschriften 1 bis 3 auf erfinderischer Tätigkeit. Anspruch 1 ist demzufolge gewährbar.

Die Unteransprüche 2 bis 8 zeigen zweckmäßige, nicht selbstverständliche Weiterbildungen der Erfindung auf und sind demnach in Verbindung mit Anspruch 1 ebenfalls gewährbar.

3. Das Verfahren nach dem nebengeordneten Anspruch 9 vermittelt eine dem Anspruch 1 vergleichbare technische Lehre, wobei lediglich die Herstellung der Wellenselektivität auf die Auswerteeinheit beschränkt ist. Dieses Verfahren ist somit analog zu den bereits zum Anspruch 1 genannten Gründen ebenfalls neu und beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit. Da der Anmelderin auch ein Rechtsschutzinteresse für den Verfahrensanspruch 9 zuzuerkennen ist (vgl hierzu BPatGE 40, 219 und BGH GRUR 1998, 130 "Handhabungsgerät"), ist dieser Anspruch ebenfalls gewährbar.

Grimm Dr. Schmitt Dr. Greis Schuster Bb






BPatG:
Beschluss v. 05.12.2002
Az: 17 W (pat) 23/01


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