Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 17. Mai 1993
Aktenzeichen: 17 W 184/92
(OLG Köln: Beschluss v. 17.05.1993, Az.: 17 W 184/92)
Die Kosten eines Beweissicherungsverfahrens, das der Schuldner zur Mängelfeststellung gegen die Zedentin der Werklohnforderung nach Rechtshängigkeit der gegen ihn gerichteten Forderungsklage der Zessionarin eingeleitet hat, sind nicht als Kosten dieses Rechtsstreits gegen die Zessionarin festsetzbar.
Gründe
Das zulässige Rechtsmittel der Klägerin hat in vollem Umfang
Erfolg. Die von den Beklagten angemeldeten gerichtlichen und
außergerichtlichen Kosten, die ihnen im Beweissicherungsverfahren
114 H 22/89 AG Köln entstanden sind, sind entgegen der von der
Rechtspflegerin im angefochtenen Beschluß vertretenen Auffassung
nicht als Kosten des zwischen den Parteien anhängig gewesenen
Rechtsstreits festsetzbar.
Der Senat vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung
und hält daran fest, daß die Kosten eines
Beweissicherungsverfahrens der Kostenentscheidung bzw.
Kostenregelung des Hauptverfahrens als Kosten des Rechtsstreits (§
91 ZPO) in dem Umfang folgen, in welchem das
Beweissicherungsverfahren der Durchsetzung von materiellen Rechten
im Hauptsacheverfahren gedient hat und diese Rechte im
Hauptsacheverfahren endgültig erledigt worden sind. Demgemäß sind
die Kosten eines Beweissicherungsverfahrens grundsätzlich nur
insoweit den Kosten des Rechtsstreits zuzuordnen, als Parteien und
Gegenstand des Beweissicherungsverfahrens mit denen der Hauptsache
identisch sind (Senat JurBüro 1978, 1820 und JurBüro 1987, 433;
allg.M.; vgl. z.B. KG JurBüro 1981, 1392; OLG Frankfurt JurBüro
1984, 768; Zöller, ZPO, 17. Aufl., § 91 Rn. 13 Stichwort
"selbständiges Beweisverfahren"; Thomas-Putzo, ZPO, 17. Aufl.,
Vorbem. § 485 Anm. 2; jeweils mit w. Rspr.nw.).
An der Parteienidentität fehlt es hier deshalb, weil die
Beklagten das Beweissicherungsverfahren nicht gegen die Klägerin,
sondern gegen die Zedentin der Werklohnforderung geführt haben, die
von der Klägerin im Rechtsstreit gegen die Beklagten aus
abgetretenem Recht geltend gemacht worden ist. Allerdings gilt das
Erfordernis der Parteienidentität nicht uneingeschränkt. So ist
allgemein anerkannt, daß die Kosten eines unter Beteiligung des
ursprünglichen Gläubigers vor der späteren Abtretung geführten
Beweissicherungsverfahrens von der Kostenentscheidung des
nachfolgenden, vom neuen Gläubiger gegen den Schuldner über
denselben Gegenstand geführten Rechtsstreits erfaßt werden (OLG
Celle NJW 1963, 54; KG a.a.O.; OLG Frankfurt a.a.O.; OLG Düsseldorf
JurBüro 1985, 1863; Senat, Beschluß vom 4. August 1992 - 17 W
268/92 -, unveröffentlicht). Dies wird mit dem den
Schuldnerschutzbestimmungen der §§ 404 ff. BGB entnommenen
allgemeinen Grundsatz begründet, daß der Schuldner durch eine
Abtretung der Forderung nicht schlechter gestellt werden dürfe (OLG
Celle a.a.O.), beziehungsweise aus dem Grundgedanken der §§ 265
Abs. 2, 325 Abs. 1 ZPO hergeleitet, wonach Verfügungen des
Gläubigers über den streitbefangenen Gegenstand nach
Rechtshängigkeit auf den Prozeß keinen Einfluß haben und ein in
diesem Prozeß ergangenes rechtskräftiges Urteil auch für und gegen
den Rechtsnachfolger wirkt (KG a.a.O.; OLG Düsseldorf a.a.O.). In
entsprechender Anwendung dieser Grundsätze sind die
uneingeschränkte Verwendbarkeit des im Beweissicherungsverfahren
erstatteten Gutachtens im nachfolgenden Prozeß gemäß § 493 ZPO a.F.
und damit auch die Festsetzbarkeit der Kosten des
Beweissicherungsverfahrens auf der Grundlage der im Prozeß
ergangenen Kostenentscheidung bejaht worden. Dies ist auch bei
gewillkürter Prozeßstandschaft kraft Ermächtigung des am
Beweissicherungsverfahren beteiligten Rechtsinhabers angenommen
worden (OLG Karlsruhe JurBüro 1986, 1087). Gesichtspunkte der
Prozeßökonomie und des Schuldnerschutzes sind auch für die
Festsetzung der Beweissicherungskosten in Fällen maßgeblich
gewesen, in denen in dem nach Durchführung des
Beweissicherungsverfahrens anhängig gemachten Prozeß statt des
ursprünglichen Eigentümers ein neuer Eigentümer oder ein
Zwangsverwalter beteiligt war (OLG Frankfurt a.a.O.); OLG Hamburg
JurBüro 1983, 1258; LG Berlin JurBüro 1985, 286). Schließlich hat
der Senat entschieden, daß der Konkursverwalter im Prozeß das
Beweisergebnis eines vorher gegen den Gemeinschuldner
durchgeführten Beweissicherungsverfahrens gemäß § 493 ZPO a.F.
gegen sich gelten lassen müsse und daß die Kosten dieses Verfahrens
den Kosten der Hauptsache zuzurechnen seien (JurBüro 1987,
434).
Allen diesen Fällen ist gemeinsam, daß das
Beweissicherungsverfahren dem Prozeß vorangegangen ist und der
Schuldner nicht dadurch Nachteile erleiden soll, daß sich in der
Person des auf der Gegenseite Beteiligten infolge von Verfügungen
des Gläubigers über den streitbefangenen Gegenstand oder infolge
des Verlustes bzw. der Óbertragung der Prozeßführungsbefugnis ein
Wechsel ergibt. In der hier betreffenden Kostenfestsetzungssache
kommt dieser Schuldnerschutzgedanke ebensowenig zum Tragen wie der
Gesichtspunkt der Prozeßökonomie. Die Beklagten haben das
Beweissicherungsverfahren 114 H 22/89 AG Köln mit Schriftsatz vom
20. September 1989 zur Mängelfeststellung gegen die ursprüngliche
Gläubigerin der Werklohnforderung eingeleitet, nachdem ihnen in dem
von der Klägerin als Zessionarin gegen sie wegen eines Teilbetrages
der Forderung geführten Rechtsstreits die Anspruchsbegründung
zugestellt und ihnen unter Hinweis auf eine in Ablichtung
beigefügte schriftliche Abtretungserklärung von dem Óbergang der
gesamten Werklohnforderung auf die Klägerin Kenntnis gegeben worden
war. Haben die Beklagten das Beweissicherungsverfahren somit gegen
die Altgläubigerin eingeleitet, als von der Neugläubigerin bereits
Klage gegen sie erhoben und ihnen die Abtretung bekanntgegeben
worden war, besteht kein rechtliches Bedürfnis, die Kosten des
Beweissicherungsverfahrens den Kosten dieses Rechtsstreits
zuzuordnen. Wenn die Beklagten die beweismäßigen Feststellungen des
Beweissicherungsverfahrens über die Mangelhaftigkeit der Leistungen
der Zedentin bzw. deren Subunternehmer in dem von der Klägerin
gegen sie geführten Rechtsstreit zur Abwehr der Klageforderung
gemäß § 493 ZPO benutzen und die Kosten des
Beweissicherungsverfahrens als Kosten des Rechtsstreits im Sinne
von § 91 ZPO der Kostenentscheidung oder einer vergleichsweisen
Kostenregelung des Prozeßverfahrens unterwerfen wollten, hätten sie
die Klägerin als Antragsgegnerin am Beweissicherungsverfahren
beteiligen können und müssen. Daß die Beklagten bei Beantragung der
Beweissicherung noch nicht wußten, ob und in welchem Umfang ihnen
gegenüber der Altgläubigerin zustehende Gewährleistungsansprüche
durch Aufrechnung gemäß § 406 BGB im Prozeß der Neugläubigerin
verbraucht würden, rechtfertigt es nicht, den Grundsatz zu
durchbrechen, daß die Zuordnung von Kosten eines
Beweissicherungsverfahrens zu den Kosten eines Hauptverfahrens
Parteienidentität in beiden Verfahren voraussetzt. Das
kostenrechtliche Risiko, das sich aus dieser Ungewißheit ergibt,
haben die Beklagten selbst zu tragen.
Die Kosten des Beweissicherungsverfahrens sind somit nicht
aufgrund der in diesem Rechtsstreit ergangenen Kostenentscheidung
festsetzbar. Daran ändert nichts, daß die Beklagten im
Berufungsrechtszug drei im Beweissicherungsverfahren erstattete
Gutachten vorgelegt haben und diese Gutachten vom Berufungsgericht
bei der Tatsachenwürdigung verwertet wurden. Die Verwertung der
Ergebnisse eines Beweissicherungsverfahrens in einem Prozeß
begründet allein nicht die Festsetzbarkeit der
Beweissicherungskosten als Prozeßkosten, auch nicht als
Prozeßvorbereitungskosten (KG JurBüro 1976, 1384; OLG Stuttgart
JurBüro 1989, 1571). Da eine Beiziehung oder Verwertung der Akten
des Beweissicherungsverfahrens zu Beweiszwecken im ersten Rechtszug
nicht erfolgt ist, ist die von den Beklagten zur Kostenausgleichung
angemeldete Beweisgebühr ihrer erstinstanzlichen
Prozeßbevollmächtigten nicht gemäß § 34 Abs. 2 BRAGO entstanden und
bei der Kostenfestsetzung zu berücksichtigen.
Der angefochtene Beschluß ist in vollem Umfang aufzuheben. Dies
gilt auch insoweit, als darin der Zedentin im
Beweissicherungsverfahren entstandene außergerichtliche Kosten auf
Antrag der Klägerin ausgeglichen worden sind. Da die Klägerin der
Festsetzung der von den Beklagten geltend gemachten
Beweissicherungskosten stets unter Hinweis auf die mangelnde
Parteienidentität widersprochen und die Beweissicherungskosten der
Zedentin erst angemeldet hat, nachdem ihr dies von der
Rechtspflegerin anheimgestellt worden war, geht der Senat davon
aus, daß sie diese Kosten nur für den Fall in die Ausgleichung
einbezogen wissen will, daß die Beweissicherungskosten der
Beklagten bei der Kostenfestsetzung berücksichtigt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Streitwert für das Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens:
1.788,23 DM.
OLG Köln:
Beschluss v. 17.05.1993
Az: 17 W 184/92
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