Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. September 2004
Aktenzeichen: 5 W (pat) 13/03
(BPatG: Beschluss v. 14.09.2004, Az.: 5 W (pat) 13/03)
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts - Gebrauchsmusterstelle - vom 23. Juni 2003 aufgehoben. Dem Antrag der Antragsteller auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der ersten Verlängerungsgebühr nebst Zuschlag wird stattgegeben.
Gründe
I Für die Beschwerdeführer ist beim Deutschen Patent- und Markenamt das am 19. März 1998 angemeldete Gebrauchsmuster 298 04 938 betreffend ein "motorgetriebenes Fahrzeug mit variabler Länge" eingetragen.
Mit Bescheid vom 8. August 2001, der dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller zugestellt wurde, hat die Gebrauchsmusterstelle darauf hingewiesen, daß das Schutzrecht am 19. März 2001 abgelaufen und die gemäß § 23 Abs 2 Satz 3 GebrMG aF am 31. März 2001 fällig gewordene Verlängerungsgebühr nicht in der sich anschließenden zuschlagsfreien Frist von 2 Monaten gezahlt worden sei. Damit sei der tarifmäßige Zuschlag von 10% nach § 23 Abs 2 Satz 4 GebrMG aF fällig geworden. Sofern die Antragsteller die Verlängerung wünschten, wäre nunmehr innerhalb von 4 Monaten nach Ablauf des Monats, in dem der Bescheid vom 8. August 2001 den Antragstellern zugestellt worden sei, ein Betrag von 227,78 Euro zu zahlen.
Die Antragsteller haben die angemahnte Verlängerungsgebühr bis zum 30. Oktober 2002 nicht bezahlt.
Mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2002 haben die Antragsteller bei der Gebrauchsmusterstelle des Deutschen Patent- und Markenamts die Wiedereinsetzung in die Frist für die Zahlung für die erste Verlängerungsgebühr beantragt. Gleichzeitig haben sie die Verlängerungsgebühr zusammen mit dem tarifmäßigen Zuschlag in Höhe von insgesamt 227,78 Euro an das Deutsche Patent- und Markenamt gezahlt. Zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsantrages haben die Antragsteller wie folgt vorgetragen:
Ursprünglich habe der Antragsteller G... seinen Verfahrensbevollmächtigten, Patentanwalt M... dahin informiert, daß die Schutzdauer des Gebrauchsmusters nicht verlängert werden solle. Patentanwalt M... habe daher in seiner Akte "nicht verlängern" vermerkt und die Akte zurück in den Aktenschrank gehängt. Nach Fälligkeit der Verlängerungsgebühr habe Antragsteller G... einer Mitarbeiterin von Patentanwalt M..., Frau M1..., am 16. August 2001 telefonisch mitgeteilt, daß das Gebrauchsmuster doch aufrechterhalten werden solle. Frau M1... habe diese Telefonnotiz in die Akte dieses Mandanten gelegt, um sie später zu bearbeiten. Da sich Frau M1... an diesem Tag krank fühlte, habe sie das Büro gegen Mittag verlassen, ohne die Notiz bearbeitet zu haben. Am nächsten Tag habe Frau M1... die Akte wieder zur Hand genommen, auf der noch der Vermerk "nicht verlängern" stand. Aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigung und der daraus resultierenden mangelnden Konzentration am Vortage habe sich Frau M1... nicht mehr an den Anruf des Antragstellers G... vom Vortage und an die entsprechende Notiz in der Akte erinnert. Sie habe den Vorgang statt dessen für erledigt gehalten. Folglich sei die Akte zu den anderen erledigten Vorgängen im Keller gekommen.
Am 29. August 2002 sei es in diesem Keller zu einem Wassereinbruch gekommen. Zahlreiche Akten, die durch die Feuchtigkeit in Mitleidenschaft gezogen worden seien, hätten aus dem Keller zur Trocknung geholt werden müssen. Soweit notwendig, seien die Akten am darauf folgenden Wochenende auseinander genommen worden. Dabei habe sich die Telefonnotiz über den Anruf des Antragstellers G... wiedergefunden.
Frau M1... sei langjährig im Anwaltsbereich tätig und seitdem u.a. mit der Überwachung von Fristen betraut. Sie werde regelmäßig für die Wahrnehmung dieser Aufgaben geschult. Regelmäßige Stichproben hätten bisher keinen Grund für die Annahme ergeben, daß Frau M1... ihre Aufgaben nicht gewissenhaft erfülle.
Mittel zur Glaubhaftmachung dieses Sachvortrages wollten die Antragsteller nachreichen. Mit Bescheid vom 17. Februar 2003 hat die Gebrauchsmusterstelle den Antragstellern für die angekündigte Nachreichung der Glaubhaftmachung eine Frist von 1 Monat gesetzt.
Mit Beschluß vom 23. Juni 2003 hat die Gebrauchsmusterstelle des Deutschen Patent- und Markenamts den Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der ersten Verlängerungsgebühr nebst Zuschlag zurückgewiesen, mit der Begründung, es fehle an der gem § 21 Abs 1 GebrMG iVm § 123 Abs 2 Satz 2 2. Halbsatz PatG erforderlichen Glaubhaftmachung.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Antragsteller. Zur Glaubhaftmachung ihres Sachvortrages haben sie im Beschwerdeverfahren das Original einer eidesstattlichen Versicherung von Frau Monika M1... vom 17. August 2004 eingereicht und beantragen (sinngemäß):
den Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Juni 2003 aufzuheben und dem Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der ersten Verlängerungsgebühr und des Tarifs für den Zuschlag stattzugeben.
II Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Die Antragsteller waren ohne Verschulden daran gehindert, die Frist zur Zahlung der ersten Verlängerungsgebühr nebst Zuschlag zu wahren (§ 21 Abs 1 GebrMG iVm § 123 PatG).
Bei Versäumung dieser Frist (§ 23 Abs 2 GebrMG aF) ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand statthaft. Die Antragsteller haben ihren Antrag gemäß § 21 Abs 1 GebrMG iVm § 123 Abs 2 Satz 2 2. Halbsatz PatG innerhalb von 2 Monaten nach Wegfall des Hindernisses für eine fristgerechte Wahrnehmung der Zahlungsfrist gestellt. Dieses Hindernis lag in der Unkenntnis der Antragsteller und ihres Patentanwaltes darüber, daß die Mitarbeiterin von Patentanwalt M..., Frau M1..., den Anruf des Antragstellers G... vom 16. August 2001 vergessen hatte und damit auch dessen Auftrag, die Verlängerungsgebühr für das Gebrauchsmuster zu bezahlen. Diese Unkenntnis wurde am Wochenende vom 31. August und vom 1. September 2001 beseitigt, als die entsprechende Aktennotiz wieder auftauchte. Zwei Monate später, nämlich am 31. Oktober 2001, ging der Wiedereinsetzungsantrag der Antragsteller und deren Zahlung auf die Verlängerungsgebühr und den Zuschlagstarif beim Deutschen Patent- und Markenamt ein. Diese Handlungen wurden rechtzeitig - vor Ablauf eines Jahres nach der versäumten Frist - vorgenommen (§ 21 Abs 1 GebrMG iVm § 123 Abs 2 Satz 4 PatG). Denn die mit Bescheid der Gebrauchsmusterstelle vom 6. August 2001 gesetzte Nachzahlungsfrist ist erst am 31. Dezember 2001 abgelaufen.
Der Sachvortrag der Antragsteller, wonach sie an der Wahrung der Nachzahlungsfrist ohne eigenes Verschulden gehindert waren, ist schlüssig. Zwar steht in den Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt das Verschulden eines Bevollmächtigten dem Verschulden des Verfahrensbeteiligten gleich. Vorliegend handelt es sich jedoch um ein typisches Mitarbeiterversehen in der Kanzlei des Verfahrensbevollmächtigten, wie es sich auch mit der erforderlichen Anleitung und Kontrolle nicht ganz ausschließen läßt. Der Sachvortrag ist - wie geboten - glaubhaft gemacht mit der eidesstattlichen Versicherung von Frau M1...
Goebel Hübner Werner Pr
BPatG:
Beschluss v. 14.09.2004
Az: 5 W (pat) 13/03
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