Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. März 2007
Aktenzeichen: 25 W (pat) 190/03
(BPatG: Beschluss v. 08.03.2007, Az.: 25 W (pat) 190/03)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenabteilung 3.3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Juni 2003 aufgehoben.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die WortmarkeproNaturist am 30. März 2000 u. a. für Klasse 04: Stromzur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung insgesamt wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) durch Beschluss vom 30. März 2001 zurückgewiesen. Das Bundespatentgericht hat diesen Beschluss auf die Beschwerde der Anmelderin mit Beschluss vom 16. Januar 2002 - 26 W (pat) 86/01 - aufgehoben und Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 und 2 MarkenG in Bezug auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen verneint.
Auf Antrag der Anmelderin vom 19. November 2002 wurde die Anmeldung nach § 40 MarkenG geteilt und für den hier relevanten Bereich "Strom, rechtliche Unterstützung der Verbraucher bei der Steuerung des Stromverbrauchs" als abgetrennte Anmeldung nach § 40 Abs. 2 MarkenG unter neuem Aktenzeichen weitergeführt.
Nach Beanstandung der Anmeldung in Bezug auf die Ware "Strom" mit Bescheid vom 24. Februar 2003 hat die Markenabteilung 3.3. des Deutschen Patent- und Markenamts durch den Beauftragten für Klassifikation und Dokumentation die Anmeldung für "Strom" durch Beschluss vom 24. Juni 2003 teilweise zurückgewiesen.
Eine Ware "Strom" im klassifikationstechnischen Sinne existiere nicht. Einer wirtschaftlichen Betätigung auf dem Stromsektor könne durch Eintragung einer Dienstleistungsmarke für "Erzeugung und Verteilung vom elektrischer Energie, Handel mit elektrischer Energie" Rechnung getragen werden. Dem stehe der Grundsatz der theoretischen Vollständigkeit der Klassifikation nicht entgegen. Denn dieser Grundsatz schließe nicht aus, ein konkret benanntes Produkt als Dienstleistung aufzufassen, auch wenn der Anmelder meine, es handele sich um eine Ware. So verhalte es sich auch hier. Denn während "Strom" für jede der 34 Warenklassen eine Systemsprengung bedeuten würde, könne die wirtschaftliche Betätigung auf dem Stromsektor mit den geltenden Dienstleistungsklassen ohne weiteres erfasst werden.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag, den Beschluss der Markenabteilung 3.3 des Deutschen Patentund Markenamts vom 24. Juni 2003 aufzuheben.
Sie ist unter Hinweis auf in- und ausländische Voreintragungen für "Strom" bzw. "elektrische Energie" in Warenklassen weiterhin der Auffassung, dass "Strom" als Ware anzuerkennen und zu klassifizieren sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle sowie auf die Schriftsätze der Anmelderin und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, weil die Anmeldung in Bezug auf das in ihrem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis mit dem Begriff "Strom" bezeichnete Produkt nicht mit der Begründung zurückgewiesen werden kann, die Anmeldung entspreche insoweit nicht den den Anmeldeerfordernissen nach §§ 32 Abs. 1 - 3, 65 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, §§ 3 Abs. 1 Nr. 3, 19, 20 MarkenV, weil es sich bei diesem Produkt nicht um eine Ware i. S. des Markengesetzes handeln könne.
Am 1. Januar 2007 ist die 9. Ausgabe der Klassifikation von Nizza in Kraft getreten (Anlageband zum BGBl. Teil I Nr. 54 vom 30.11.2006 bzw. BGBl. Teil II/2006, Nr. 30 vom 13.12.2006, S. 1235 ff.). Die Anlagen 1 bis 3 zu § 19 MarkenV sind entsprechend angepasst worden (vgl. Mitteilung Nr. 16/06 des Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts über die 9. Ausgabe der Internationalen Klassifikation von Nizza vom 8. November 2006). Die "Alphabetische Liste der Waren und Dienstleistungen" der nunmehr aktuellen 9. Ausgabe der Klassifikation von Nizza enthält unter der Serien-Nr. (DE) 0083 die Ware "elektrische Energie".
Damit ist aber unabhängig von der grundsätzlichen Frage, ob unter der Geltung des Markengesetzes der Begriff "Ware" nicht mehr nur auf bewegliche körperliche Sachen i. S. von § 90 BGB beschränkt werden kann - wie es noch unter der Geltung des WZG anerkannt war (vgl. BGHZ 62, 212, 213 - Concentra; weitergehend nunmehr Fezer, Markenrecht 3. Aufl., § 3 Rdnr. 111: "grundsätzlich für jedes Erzeugnis, das Gegenstand des Handelsverkehrs sein kann"; für Immobilien offen gelassen von BGH, GRUR 2001, 732 - BAUMEISTER-HAUS) - jedenfalls für den Bereich des Markenrechts geklärt, dass "elektrische Energie" als Ware anzuerkennen ist, für die Warenmarkenschutz beansprucht werden kann. Die "Alphabetische Liste der Waren und Dienstleistungen" der 9. Ausgabe der Klassifikation von Nizza nimmt insoweit eine Einordnung in die Warenklasse 04 vor.
Vor diesem Hintergrund kann aber die Eintragung einer mit "Strom" bezeichneten Ware in eine Warenklasse nicht mit der Begründung abgelehnt werden, eine solche Ware existiere im klassifikationstechnischen Sinne nicht; vielmehr sei der wirtschaftlichen Betätigung auf dem Stromsektor durch Eintragung einer Dienstleistungsmarke für "Erzeugung und Verteilung vom elektrischer Energie, Handel mit elektrischer Energie" Rechnung zu tragen.
Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Die Markenstelle wird nunmehr zu klären haben, ob die ursprünglich in der Anmeldung gewählte Bezeichnung "Strom" bzw. die in der Beschwerdebegründung vom 31. Oktober 2006 genannten Formulierungsvorschläge vor dem Hintergrund, dass nach § 20 Abs. 2 MarkenV nach Möglichkeit die Bezeichnungen der Klasseneinteilungen bzw. der in § 19 Abs. 2 MarkenV genannten alphabetischen Listen verwendet werden sollen, als Warenangabe geeignet sind. In Anbetracht der in der 9. Ausgabe der Klassifikation von Nizza genannten Bezeichnung "elektrische Energie" erscheint nach Auffassung des Senats noch die Angabe "Strom, nämlich elektrische Energie" sachgerecht. Von sich aus kann der Senat eine Formulierung nicht vornehmen, da dies allein Sache des Anmelders ist. Eine Klärung durch denSenat selbst ist ebenfalls nicht veranlasst, da Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur die Frage war, ob hier Markenschutz für eine Ware gewährleistet werden kann, was aber aus den vorliegend genannten Gründen der Fall ist.
BPatG:
Beschluss v. 08.03.2007
Az: 25 W (pat) 190/03
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