Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. August 2009
Aktenzeichen: 9 W (pat) 379/04
(BPatG: Beschluss v. 26.08.2009, Az.: 9 W (pat) 379/04)
Tenor
Das Patent wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:
-Patentanspruch 1, eingereicht mit Eingabe vom 17. Mai 2005, eingegangen im Bundespatentgericht am 30. Mai 2005, -Patentanspruch 2, Beschreibung und Zeichnung wie erteilt.
Gründe
I.
Die Einsprechenden haben gegen das am 28. Juli 1994 angemeldete Patent mit der Bezeichnung
"Vorrichtung zum Verbinden einer Druckmittelleitung mit einem Druckmittelanschluss eines Gehäuses"
Einspruch eingelegt. Sie verweisen zum Stand der Technik insgesamt auf folgende Druckschriften:
E1 DE8604217U1 E2 DE2954575C2 E3 DE3812249A1 E4 DE3327784A1 E5 DE8226644U1und E6 EP0234465A2.
Außerdem verweist die Einsprechende II auf eine Vorbenutzung von Bremsschlauchleitungen, die an die Firma M... AG geliefert worden seien, und legt hierzu eine Rechnung und drei Zeichnungen vor. Nach Auffassung der Einsprechenden lege dieser Stand der Technik dem zuständigen Fachmann die beanspruchte Vorrichtung zumindest nahe.
Die Einsprechenden beantragen, das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin beantragt, das Patent mit dem Patentanspruch 1 gemäß Eingabe von 17. Mai 2005 und im Übrigen mit den erteilten Unterlagen in beschränktem Umfang aufrecht zu erhalten.
Nach Auffassung der Patentinhaberin ist die Aufrechterhaltung des Streitpatents mit dem geltenden Patentanspruch 1 gerechtfertigt.
Mit ihren Eingaben vom 8. Juli 2009 und vom 3. Juni 2009 haben die Einsprechenden erklärt, dass sie an der vom Senat anberaumten mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werden und dass sie ihre Anträge auf mündliche Verhandlung zurückziehen. Nach dieser Erklärung der beiden Einsprechenden hat der Senat den Verhandlungstermin aufgehoben.
Der geltende Patentanspruch 1 lautet:
Vorrichtung zum Verbinden einer Druckmittelleitung (26) mit einem Druckmittelanschluss (3) eines Gehäuses (1), a) mit einem mit der Druckmittelleitung (26) verbindbaren Stecker (23) mit Durchgangsbohrung (24), b) mit einem den Stecker (23) im Gehäuse (1) lagernden Hülsenkörper (4), der axial sowie verdrehfest in einer Anschlussbohrung (2) des Gehäuses (1) festgelegt ist, c) mit einer Ausziehsicherung (7, 27) zwischen dem Stecker (23) und dem Hülsenkörper (4), sowied) mit Dichtelementen (6, 32, 33) zwischen dem Stecker (23) und dem Hülsenkörper (4) sowie dem Hülsenkörper (4) und dem Gehäuse (1), dadurch gekennzeichnet, dasse) formschlüssige Verdrehsicherungen (13, 14; 30, 31) sowohl zwischen dem Stecker (23) und dem Hülsenkörper (4) als auch zwischen dem Hülsenkörper (4) und dem Gehäuse (1) vorgesehen sind.
Dem Patentanspruch 1 schließt sich der erteilte Patentanspruch 2 an.
II.
Die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts ist durch PatG § 147 Abs. 3 Satz 1 a. F. begründet.
Die Einsprüche sind zulässig. In der Sache haben sie insoweit Erfolg, als sie zu einer Aufrechterhaltung des Patents in beschränktem Umfang führen.
1. Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung zum Verbinden einer Druckmittelleitung mit einem Druckmittelanschluss eines Gehäuses.
Nach der Beschreibungseinleitung des Streitpatents sei eine handelsübliche Vorrichtung bekannt, bei welcher der mit Außengewinde und einem Bund versehene Hülsenkörper bis zum Anschlag des Bundes am Gehäuse in die Bohrung des Druckmittelanschlusses mit einem das Lösen der Schraubverbindung ausschließenden Anziehmoment eingeschraubt werde. Der in den Hülsenkörper einführbare, an eine Druckmittelleitung angeschlossene Stecker sei als rotationssymmetrisches Teil ausgebildet und mit einer Ausziehsicherung axial festlegbar. Dichtelemente zwischen dem Stecker und dem Hülsenkörper sowie dem Gehäuse stellten die Druckdichtheit der Vorrichtung sicher.
Diese bekannte Ausführungsform sei für Verbindungen geeignet, bei denen keine oder nur geringe Drehbewegungen zwischen dem Stecker und dem Hülsenkörper aufträten. Auf Fahrzeugen eingesetzte derartige Vorrichtungen würden jedoch stark auf Verdrehung beansprucht, was einen unzulässigen Verschleiß der Dichtelemente zur Folge habe.
Nach dem geltenden Patentanspruch 1, dessen Merkmale im Tatbestand wiedergegeben sind, ist der Stecker 23 axial gegen Ausziehen gesichert und verdrehfest im Hülsenkörper 4 gelagert und der Hülsenkörper 4 wiederum ist axial gegen Ausziehen gesichert und verdrehfest im Gehäuse 1 gelagert (vgl. die hier wiedergegebene Figur des Streitpatents).
Nach dem kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs 1 wird die Verdrehsicherheit sowohl zwischen Stecker 23 und Hülsenkörper 4 als auch zwischen Hülsenkörper 4 und Gehäuse 1 durch formschlüssige Verdrehsicherungen erzeugt. Damit können der Stecker 23 in den Hülsenkörper 4 und unabhängig davon der Hülsenkörper 4 in das Gehäuse 1 eingesteckt werden. Durch die formschlüssigen Verdrehsicherungen werden Relativbewegungen zwischen dem Stecker 23 und dem Hülsenkörper 4 sowie zwischen dem Hülsenkörper 4 und dem Gehäuse 1 verhindert, so dass ein vorzeitiger Verschleiß der Dichtelemente 32, 33; 6 vermieden wird.
2.
Der geltende Patentanspruch 1 ist zulässig.
Der geltende Patentanspruch 1 enthält alle Merkmale des erteilten Patentanspruchs 1, der dem ursprünglich eingereichten Patentanspruch 1 entspricht. Die von der Patentinhaberin zur Beschränkung in den erteilten Patentanspruch 1 aufgenommenen Merkmale sind unmittelbar der Figur mit den entsprechenden Beschreibungsteilen sowohl des Streitpatents als auch den insoweit damit übereinstimmenden ursprünglichen Unterlagen zu entnehmen. In der Figur ist nämlich eindeutig dargestellt, dass der Hülsenkörper 4 den Stecker 23 im Gehäuse 1 lagert. Denn der gesamte Stecker 23 wird allein vom Hülsenkörper 4 gehalten und ist ausschließlich gegenüber diesem abgedichtet. Ein direkter Kontakt zwischen Stecker 23 und Gehäuse 1 besteht nach der Figur nicht. Außerdem ist der Hülsenkörper nicht nur axial sowie verdrehfest in einer Anschlussbohrung des Gehäuses festlegbar, sondern -im in der Figur dargestellten montierten Zustand -festgelegt.
3.
Die mit dem geltenden Patentanspruch 1 beanspruchte Vorrichtung ist neu. Hier tätiger Fachmann ist ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit Erfahrung auf dem Gebiet der Rohrleitungstechnik und insbesondere der Entwicklung und Konstruktion von Druckmittelanschlüssen.
Aus der DE 38 12 249 A1 (E3) ist eine Vorrichtung zum Verbinden einer Druckmittelleitung mit einem Druckmittelanschluss eines Gehäuses 8 (Spalte 1, Zeilen 3 bis 8 und Spalte 2, Zeilen 4, 5 mit Figur 1 der E3) mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1 bekannt.
Diese bekannte Vorrichtung weist einen mit der Druckmittelleitung verbindbaren Stecker (Anschlussteil 1) mit Durchgangsbohrung auf. Der Stecker 1 ist in einem Hülsenkörper (Einschraubkörper 3) gelagert, der in das Gehäuse 8 eingeschraubt ist (Spalte 1, Zeile 67 bis Spalte 3, Zeile 16 mit Figur 1 der E3). Durch die Schraubverbindung ist der Hülsenkörper 3 axial sowie verdrehfest in der Anschlussbohrung des Gehäuses 8 festgelegt. Am Hülsenkörper 3 ist ein Bördelabschnitt 12 vorgesehen, der in eine Ringnut 13 des Steckers 1 eingreift. Beide zusammen bilden eine axiale Ausziehsicherung zwischen dem Stecker 1 und dem Hülsenkörper 3.
Zwischen dem Stecker 1 und dem Hülsenkörper 3 sowie zwischen dem Hülsenkörper 3 und dem Gehäuse 8 sind Dichtelemente (O-Ringdichtungen 19, 20; 23) angeordnet.
Demgegenüber unterscheidet sich die beanspruchte Vorrichtung dadurch, dass formschlüssige Verdrehsicherungen sowohl zwischen dem Stecker und dem Hülsenkörper als auch zwischen dem Hülsenkörper und dem Gehäuse vorgesehen sind.
Aus der von der Einsprechenden II zur Neuheit angeführten EP 0 234 465 A2 (E6) ist eine Vorrichtung zum Verbinden einer Druckmittelleitung mit einem Druckmittelanschluss (Anschlussbohrung 2) eines Gehäuses 1 bekannt (Spalte 1, Zeilen 1 bis 11 und Spalte 2, Zeilen 32 bis 39 mit Figuren 1, 10 der E6). Die Vorrichtung weist einen mit der Druckmittelleitung verbindbaren Stecker 5 mit einer Durchgangsbohrung 12 auf. Der Stecker ist unmittelbar in einem Aufnahmeabschnitt 3 des Gehäuses 1 gelagert und gegenüber diesem mit einer Dichtung 10 abgedichtet (Spalte 2, Zeile 32 bis Spalte 3, Zeile 4 mit Figuren 1, 10 der E6). Somit unterscheidet sich die beanspruchte Vorrichtung demgegenüber bereits durch das Merkmal, dass der Stecker im Hülsenkörper und der wiederum im Gehäuse gelagert ist.
Die übrigen im Einspruchsverfahren zur Neuheit nicht aufgegriffenen Entgegenhaltungen zeigen ebenfalls keine Vorrichtung mit allen Merkmalen des geltenden Patentanspruchs 1.
4. Die Vorrichtung nach dem geltenden Patentanspruch 1 ist das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.
Wie bereits zur Neuheit ausgeführt wurde, weist die Vorrichtung nach der DE 38 12 249 A1 (E3) alle Merkmale des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1 auf. Bei der Montage dieser Vorrichtung wird zunächst der Hülsenkörper 3 mit dem Stecker 1 gegen Ausziehen gesichert, aber verdrehbar verbunden. Dann wird der Hülsenkörper 3, der ein Außengewinde aufweist, unter Zwischenlage einer Dichtung so weit in das Gehäuse 8 eingeschraubt, bis der Hülsenkörper 3 mit einer Außenkante am Gehäuse 8 anliegt (Spalte 2, Zeile 26 bis Spalte 3, Zeile 1 mit den Figuren 1 bis 7 der E3). Die Ausziehsicherung erfolgt nach Figur 1 der E3 über einen Bördelabschnitt 12, der in eine Ringnut 13 eingreift, oder in den weiteren Ausführungsbeispielen durch vergleichbare Maßnahmen. Allen in den Figuren 1 bis 7 dargestellten Varianten ist gemeinsam, dass sich der Hülsenkörper 3 und der Stecker 1 frei gegeneinander verdrehen können (Spalte 1, Zeilen 35 bis 39 der E3). Somit weisen die Vorrichtungen nach dieser Druckschrift sowohl bezüglich der freien Drehbarkeit innerhalb der Verbindung zwischen dem Stecker und dem Hülsenkörper als auch mit der Schraubverbindung zwischen dem Hülsenkörper und dem Gehäuse Verbindungen auf, die von der mit dem Streitpatent beanspruchten Lösung wegführen.
Eine Anregung in Richtung des beanspruchten Gegenstand kann auch von der EP 0 234 465 A2 (E6) und der damit inhaltlich übereinstimmenden Familienschrift DE 86 04 217 U1 (E1) nicht ausgehen. Denn diese Druckschriften lehren, den Stecker 5 mit seinem Steckerschaft 6 nicht in einem Hülsenkörper, sondern abgedichtet in einer Bohrung direkt im Gehäuse 1 zu lagern. Eine Übertragung dieser Lehre auf die Vorrichtung der DE 38 12 249 A1 (E3) würde von der beanspruchten Vorrichtung weg führen, da der Fachmann entsprechend der Lehre der E1/E6 die bei der DE 38 12 249 A1 (E3) gezeigte doppelte Lagerung und Abdichtung einerseits des Steckers im Hülsenkörper und andererseits des Hülsenkörpers im Gehäuse aufgeben und den Stecker unmittelbar im Gehäuse lagern und abdichten würde. Die sich durch diese Übertragung ergebende Vorrichtung würde somit nicht die Merkmale b) und e) der beanspruchten Vorrichtung aufweisen.
Die von der Einsprechenden II zum Stand der Technik angeführte Vorrichtung, die nach ihren Angaben durch Verkauf der Öffentlichkeit zugänglich gewesen sein soll, geht unter Zugrundelegung der vorgelegten Zeichnungen über den druckschriftlichen Stand der Technik nach der DE 38 12 249 A1 (E3) und der EP 0 234 465 A2 (E6) nicht hinaus. In den Zeichnungen sind zwei Ausführungsformen einer Steckverbindung dargestellt. Denn der Stecker nach der in der Zeichnung 5/820.235.1 dargestellten Steckverbindung ist geometrisch vollkommen anders gestaltet als der Stecker nach der Zeichnung 5/820.237. Beispielsweise wird auf die bei letzterem Stecker vorhandene Nut für eine Verdrehsicherung hingewiesen, die bei ersterem Stecker fehlt.
Bei der Steckverbindung nach der Zeichnung Nr. 5/820 235.1 (1. Ausführungsform) ist der Stecker verdrehbar und durch einen am hinteren Ende des Steckers in einer Nut angeordneten Ring gegen Ausziehen gesichert in einem Hülsenkörper gelagert. Der Hülsenkörper wiederum ist in das Gehäuse eingeschraubt. Diese Ausführungsform entspricht somit in den hier wesentlichen Merkmalen der nach der DE 38 12 249 A1 (E3). In der zweiten Ausführungsform, die in der Zeichnung mit der Nr. 5/820 237 und in der Zeichnung "Verdrehsicherung" mit der Art.-Nr. 0 0 62 71 90 00 dargestellt ist, wird der Stecker unmittelbar im Gehäuse gelagert und durch eine Verdrehsicherung gegen Verdrehen gesichert. Somit entspricht diese Ausführungsform der bereits aus der EP 0 234 465 A2 (E6) bekannten Vorrichtung. Diese Lehren können den Fachmann aus den bereits zum druckschriftlichen Stand der Technik angeführten Gründen, auf die verwiesen wird, nicht zur beanspruchten Vorrichtung führen. Bei diesem Ergebnis kann dahin stehen, ob die angeführten vorbenutzten Vorrichtungen tatsächlich als vor dem Anmeldetag veröffentlichter Stand der Technik anzusehen sind.
Die weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften (DE 29 54 575 C2 (E2), DE 33 27 784 A1 (E4) und DE 82 26 644 U1 (E5)), die von den Einsprechenden zum geltenden Patentanspruch 1 nicht angeführt wurden, gehen über den bereits abgehandelten Stand der Technik nicht hinaus. Denn ähnlich der Vorrichtung nach der DE 38 12 249 A1 (E3) ist bei diesen Vorrichtungen jeweils der Stecker im Hülsenkörper frei drehbar gelagert und der Hülsenkörper über ein Schraubgewinde (Umfangsnut 28 und Haltering 7 sowie Gewinde in Figur 1 der E4 und Ringnut 9 mit Haltering 10 sowie Gewinde in Figur 1 der E5) oder durch eine Pressverbindung (Umfangsnut 259 und Haltering 213 sowie Presssitz nach Patentanspruch 1 der E2) mit dem Gehäuse verbunden, so dass auf die vorstehenden Ausführungen zur DE 38 12 249 A1 verwiesen wird.
4. Mit der Vorrichtung nach dem geltenden Patentanspruch 1 ist auch die Vorrichtung nach Patentanspruch 2 patentfähig, da Patentanspruch 2 auf Patentanspruch 1 rückbezogen ist.
Pontzen Bülskämper Friehe Reinhardt Pü
BPatG:
Beschluss v. 26.08.2009
Az: 9 W (pat) 379/04
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