Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Oktober 2010
Aktenzeichen: 6 W (pat) 58/08
(BPatG: Beschluss v. 05.10.2010, Az.: 6 W (pat) 58/08)
Tenor
1.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2.
Der Antrag auf Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beschwerde des Anmelders ist gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 16 C vom 15. August 2008 gerichtet, mit dem die Patentanmeldung 101 64 978.9-51 zurückgewiesen worden ist. In dem Beschluss hat die Prüfungsstelle die Auffassung vertreten, der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 beruhe im Hinblick auf den Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Im Verfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt sind zum Stand der Technik u. a. folgende Druckschriften berücksichtigt worden:
(1)
DE2917217A1
(3)
DE 100 63 230 A1.
Gegen den vorgenannten Beschluss hat der Anmelder mit Schreiben vom 29. Oktober 2008, eingegangen am 7. November 2008, Beschwerde eingelegt und sinngemäß beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent auf der Basis der Unterlagen vom 8. August 2008, eingegangen am 12. August 2008 mit den Ansprüchen 1 bis 4 zu erteilten, sowie, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.
Der geltende Anspruch 1 lautet:
"Passives Magnetisches Axiallager, bestehend aus zwei konzentrischen, massiv ausgeführten, im Wesentlichen rotationssymmetrischen ferromagnetischen "Kernhälften", a) deren äußere Kernhälfte im zentralen Querschnitt auf der linken Seite der Symmetrieachse ungefähr C-förmig und dessen korrespondierende Kernhälfte an gleicher Stelle wie ein seitenverkehrtes C erscheint' so dass beide Kernhälften sich zum magnetischen Kreis ergänzen, b) die sich auf gleicher axialer Höhe (= Soll-Lage) mit radialem Abstand einander gegenüberstehen, also einen rotationssymmetrischen, achsenparallel verlaufenden Luftspalt begrenzen, der sich aus zwei axial versetzten TeiI-Luftspalten zusammensetzt, c) welche im Betriebszustand ein beiden gemeinsames zirkulares, homopolares magnetisches Feld führen, welches sich größtenteils über die Pole schließt, die sich an den Teil-Luftspalten gegenüberstehen, d) deren mechanische Einbindung in die Nutzanwendung mit unmagnetischen Materialien erfolgt (in Nachbarschaft zu den Spulen und Kernhälften), e) von denen mindestens eine Kernhälfte mindestens eine innerhalb der Kernhöhlung gelegene und mindestens eine außerhalb der Kernhöhlung gelegene im Wesentlichen rotationssymmetrische Erregerspule trägt, wobei die jeweils innere Spule gegensinnig zur korrespondierenden äußeren von Gleichstrom durchflossen wird. Die Stromstärken und Anzahl der Windungen können dabei zwischen innen und außen differieren."
Hinsichtlich der auf den Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche sowie wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die fristund formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
1. Der Anmeldungsgegenstand stellt keine patentfähige Erfindung i. S. d. PatG§ 1bis §5 dar.
a. Der geltende Anspruch 1 mag neu sein, er beruht aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die Überprüfung des angefochtenen Beschlusses im Rahmen des Beschwerdeverfahrens hat ergeben, dass die Prüfungsstelle die Patentanmeldung zu Recht zurück gewiesen hat. Denn die Prüfungsstelle hat in ihrem Zurückweisungsbeschluss unter Hinweis auf zwei Druckschriften detailliert nachgewiesen, dass und warum der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Dabei hat die Prüfungsstelle konkret angegeben, welche Merkmale im Einzelnen aus welcher Druckschrift hervorgehen und warum es für einen Fachmann nahe gelegen hat, die beiden genannten Druckschriften in der beanspruchten Art und Weise zu kombinieren. Der Senat macht sich daher die Begründung des Beschlusses, der unter ausführlicher Würdigung des Standes der Technik zutreffend zur Zurückweisung der Patentanmeldung gelangt, in vollem Umfang zu eigen.
Der Anmelder hat in seiner sehr umfangreichen Beschwerdebegründung auch keine konkreten Gründe angegeben, warum er den Beschluss für fehlerhaft hält. Es hat lediglich pauschal behauptet, die Zurückweisung sei überhastet, fehlerhaft begründet und ohne Berücksichtigung der Beschreibung, der Stammanmeldung und der Erwiderungen erfolgt (S. 2, Abs. 1).
b.
Im Übrigen kommt der Anmelder selbst zu der Erkenntnis (S. 2, Abs. 4 oder S.
9, Abs. 2), dass man unter Berücksichtigung des vom ihm genannten Standes der Technik zu einem anmeldungsgemäßen Axiallager gelange. Wenn dem so ist, dann hat die Prüfungsstelle die Anmeldung aber offenbar zu recht zurück gewiesen und sich lediglich auf einen anderen Stand der Technik gestützt.
c.
Auch der Hinweis des Anmelders auf eine Entscheidung des Europäischen Patentamtes, wonach ein Stand der Technik, der älter ist als 20 Jahre, nicht als Stand der Technik herangezogen werden dürfe, ist unbeachtlich, da das im vorliegenden Verfahren geltende deutsche Patentgesetz eine derartige Beschränkung nicht kennt und diese Entscheidung der Beschwerdekammer des EPA den ganz speziellen Fall einer völlig "vergessenen" Veröffentlichung betrifft, der nicht verallgemeinert werden kann und wenig Parallelen zum hier vorliegenden Sachverhalt aufweist.
d.
Die übrigen Ansprüche fallen notwendigerweise mit dem Anspruch 1 (vgl. BGH GRUR 1989, 103 -Verschlussvorrichtung für Gießpfannen i. V. m. BGH GRUR 1980, 716 -Schlackenbad).
2. Da die Sache nunmehr entscheidungsreif war, nachdem der Patentanmelder im Beschwerdeverfahren nochmals ausreichend Gelegenheit zur Äußerung hatte, was er auch getan hat, entsprach es der Verfahrensökonomie, in der Sache zu entscheiden und von einer Zurückverweisung wegen eines eventuellen Verfahrensfehlers abzusehen (§ 79 Abs. 3 PatG), zumal die Entscheidung des Senats sich auf den selben Stand der Technik stützt wie der angefochtene Beschluss (vgl. dazu Schulte, Patentgesetz, 8. Aufl., § 79 Rn. 18; BGH BlPMZ 1997, 359 -Top Selection; BGH BlPMZ 1998, 150 -Active Line; BGH BlPMZ 1992, 496 -Entsorgungsverfahren).
Im vorliegenden Fall kann der Senat im Übrigen auch keinen Verfahrensfehler der Prüfungsstelle erkennen.
Nachdem die Prüfungsstelle in zwei Bescheiden vom 18. Oktober 2007 und vom 2. April 2008 unter Würdigung der Ausführungen des Anmelders zu dem Patentbegehren Stellung genommen und auf die mangelnden Erfolgsaussichten des ursprünglichen Anspruchs 1 hingewiesen hat, hat der Anmelder seinen ursprünglichen Anspruch 1 unbeirrt und unverändert weiter verfolgt. Folglich blieb der Prüfungsstelle keine andere Wahl, als die Patentanmeldung zurück zu weisen.
Eine fehlerhafte Begründung -wie von dem Anmelder unterstellt -ist für den Senat ebenfalls nicht erkennbar. Dass der Anmelder weiteren Stand der Technik in das Verfahren einbringt, den die Prüfungsstelle nicht genannt und folglich auch nicht berücksichtigt hat, vermag den Vorwurf einer fehlerhaften Prüfung nicht zu rechtfertigen, da es letztendlich der Prüfungsstelle überlassen ist, auf welchen patentrechtlich relevanten Stand der Technik sie ihre Entscheidung aufbaut.
Da der Anmelder in den seit seiner Ankündigung von weiteren Argumenten vom 3. Dezember 2008 verstrichenen nahezu zwei Jahren auch ausreichend Zeit hatte, seine weitere Auffassung zur Sachund Rechtslage darzulegen, bestand für den Senat kein Anlass, seine für das Jahr 2010 angekündigte Entscheidung noch länger aufzuschieben (vgl. dazu BGH GRUR 1997, 223, 224 -Ceco). Insbesondere war der Senat nicht gehalten, die in Aussicht gestellte, aber nicht eingereichte Begründung anzumahnen oder den beabsichtigten Termin zur Beschlussfassung vorher bekanntzugeben (vgl. BGH GRUR 1997, 223, 224 -Ceco; BGH GRUR 2000, 597, 598 f. -Kupfer-Nickel-Legierung).
3. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr führt ebenfalls nicht zum Erfolg.
Im vorliegenden Fall ist -wie oben ausgeführt -kein Verfahrensfehler ersichtlich. Jedenfalls aber hat der Anmelder in der Beschwerdeinstanz ausreichend Gelegenheit erhalten, zur Sachund Rechtslage Stellung zu nehmen, so dass ein solcher Verfahrensfehler geheilt wäre.
Im Übrigen ist die Rückzahlung der Beschwerdegebühr auch schon deshalb nicht gerechtfertigt, da es bei einer trotz des gerügten Verfahrensfehlers in der Sache erfolglos gebliebenen Beschwerde nicht der Billigkeit entspricht, gemäß § 80 Abs. 3 PatG den Anmelder von einer Gebühr freizustellen, die auch bei fehlerfreier Sachbehandlung angefallen wäre.
Denn wenn die Prüfungsstelle den ihr unterstellten Fehler von sich aus oder auf Rüge des Anmelders noch vor Erlass des Zurückweisungsbeschlusses erkannt hätte, hätte sie nicht etwa das nachgesuchte Patent erteilt, sondern wäre im Ergebnis -ebenso wie der Senat -zum gleichen Resultat, nämlich zur Zurückweisung der Anmeldung, gekommen.
In einem solchen Fall würde die Rückzahlung der an sich verfallenen Beschwerdegebühr den Anmelder kostenrechtlich besser stellen, als er bei einer verfahrensfehlerfrei ergangenen Entscheidung gleichen Inhalts gestanden hätte. Ein solches Ergebnis ist jedoch nicht zu billigen und steht auch mit dem Grundgedanken des Gerichtskostenrechts, dass nur die Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben werden (vgl. z. B. § 8 Abs. 1 Satz 1, GKG), nicht im Einklang (BPatGE 30, 207, 210).
Lischke Guth Schneider Hildebrandt Cl
BPatG:
Beschluss v. 05.10.2010
Az: 6 W (pat) 58/08
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