Oberlandesgericht Zweibrücken:
Urteil vom 14. Mai 2009
Aktenzeichen: 4 U 139/08
(OLG Zweibrücken: Urteil v. 14.05.2009, Az.: 4 U 139/08)
Tenor
I. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 8. Juli 2008 geändert und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
II. Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Die Verfügungsklägerin (im Weiteren: Klägerin) unterhält ein einzelkaufmännisches Unternehmen und betreibt u. a. die Escort-Agentur €A... E...€. Die Verfügungsbeklagte (im Weiteren: Beklagte) unterhält ein Internetforum, die sog. Community für Fotografierinteressierte. Interessierte haben die Möglichkeit, Fotografien auf dem Server der Beklagten ins Internet zu stellen. Die Fotografien werden dort gespeichert und Dritten öffentlich zugänglich gemacht. Die Fotos können kommentiert bzw. betitelt werden. Es gibt verschiedene Mitgliedschaften in der Community der Beklagten. Die Basismitgliedschaft, die nur das Hochladen weniger Bilder erlaubt, ist kostenfrei. Dann gibt es weitere zu einer Nutzung im größeren Umfang berechtigende Mitgliedschaften, die kostenpflichtig sind. 500.000 Mitglieder sind bei der Beklagten registriert und es werden täglich ca. 7.000 Fotografien in das Forum eingestellt. Die Nutzungsbedingungen der Beklagten lauten u. a., dass vom Nutzer durch das Hochladen keine Urheberrechte oder sonstige Rechte Dritter verletzt werden dürfen (Ziffer 5 der AGB). Unter Ziffer 7 der AGB muss der Nutzer nochmals erklären, dass er berechtigt ist, die entsprechenden Bilder in das Netzwerk der Beklagten einzustellen. Ebenfalls unter Ziffer 7 der AGB wird der Beklagten ein widerrufliches Recht zur weltweiten Nutzung i. S. einer Vervielfältigung, Verteilung, Übersendung, öffentlichen Wiedergabe, Veröffentlichung oder vergleichbarer Nutzungen €ausschließlich im Rahmen des Internetangebotes F...€ kostenfrei übertragen. Unter Ziffer 9 AGB heißt es, dass die eingestellten Werke urheberrechtlich geschützt sind und jede Nutzung der Inhalte, €insbesondere für kommerzielle Zwecke€ der vorherigen Genehmigung durch den Rechteinhaber bedarf; als solche kämen u. a. die Mitglieder der F... oder die Betreiber der F... in Betracht.
Weiterhin erscheint beim Hochladen eines Fotos ein Vordruck, auf dem der Nutzer bestimmen kann, ob er dem Betrachter eine sog. Creative Commons-Lizenz gewähren will. Dabei wird unterschieden zwischen einer kommerziellen und einer nichtkommerziellen Verwertung durch den Dritten bzw. es kann dem Dritten ein Bearbeitungsrecht eingeräumt werden oder nicht.
Die Klägerin ließ Ende 2007 eine Frau I... G... durch die Fotografin J... fotografieren. Anlass hierfür war, dass Frau G... für die Agentur der Klägerin arbeiten sollte. Die Rechte an der Fotografie ließ sich die Klägerin von der Fotografin übertragen. Der abgebildeten Frau G... wurde mitgeteilt, dass sie ohne eine ihr erteilte Lizenz durch die Klägerin die Bilder der Fotografin J... nicht nutzen dürfe.
Am 14. April 2008 entdeckte die Klägerin bei Recherchen, dass das gegenständliche Foto bei der F... gespeichert war und von jedermann eingesehen werden konnte. Auf Abmahnung der Klägerin hin wurde das Foto vor Einleitung des vorliegenden Verfahrens auf der Webseite der Beklagten gelöscht.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte verletze zumindest als Störerin die ihr, der Klägerin, zur Nutzung eingeräumten Urheberechte bzw. Leistungsschutzrechte. Es sei der Beklagten bei ca. 7.000 Fotografien täglich, für deren Hochladen in vielen Fällen ein Entgelt zu entrichten ist, zumutbar gewesen, die von Nutzern des Forums eingestellten Bilder auf mögliche Schutzrechtsverletzungen prüfen zu lassen.
Das Landgericht hat auf Antrag der Klägerin am 29. April 2008 gegen die Beklagte folgende Beschlussverfügung erlassen:
1. Die Antragsgegnerin hat es unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250 000,00 €
- ersatzweise Ordnungshaft - oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,
das nachstehend wiedergegebene Lichtbild:
(Hinweis openJur: Wurde vom OLG Zweibrücken nicht veröffentlicht)
zu kommerziellen Zwecken zu nutzen bzw. nutzen zu lassen, insbesondere dieses auf kommerziellen Webseiten zu veröffentlichen oder veröffentlichen zu lassen.
2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 3.000,00 € festgesetzt.
Nach Widerspruch der Beklagten hiergegen hat die Klägerin beantragt,
die einstweilige Verfügung aufrechtzuerhalten.
Die Beklagte hat beantragt,
die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, keine ihr obliegenden Prüf- und Kontrollpflichten verletzt zu haben. Bei ihr würden ständig Angestellte die Web-Seiten kontrollieren, um Rechtsverletzungen aufzuspüren. Gleichzeitig seien 45 sog. Administrationsbenutzer, die über Erfahrung verfügten, damit beauftragt, gleiches zu tun.
Die Beklagte vertritt den Standpunkt, dass sie eine Prüfungspflicht hinsichtlich etwaiger Rechtsverletzungen überhaupt erst dann treffe, wenn es zuvor eine Erstverletzung auf der Plattform gegeben habe. Erst bei einer zweiten Verletzung könne dann gegen Prüfungspflichten verstoßen werden. Zu einer die Rechte der Klägerin verletzenden Veröffentlichung von Fotos in dem Forum der Beklagten sei es jedoch - wie zwischen den Parteien unstreitig ist € weder vor dem Vorfall, der diesem Rechtsstreit zu Grunde liegt, noch danach gekommen.
Die umfangreiche Nutzungseinräumung sei notwendig, um den Geschäftsbetrieb überhaupt durchführen zu können; insbesondere seien die Daten auch zur Sicherheit auf anderen Servern zu speichern.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die einstweilige Verfügung bestätigt. Es erwägt eine Haftung der Beklagten als Täterin einer Urheberrechtsverletzung auf der Grundlage von § 7 Abs. 1 Telemediengesetz (TMG). Durch die von der Beklagten vorgegebene Systematisierung der veröffentlichten Fotos und wegen der kommerziellen Angebote, die über die kostenlose Basismitgliedschaft bei der Beklagten hinausgehen, könnte bereits ein zu Eigen machen i. S. des TMG vorliegen.
Das Landgericht lässt die Frage nach einer Täterhaftung der Beklagten indes letztlich offen und verurteilt auf der Grundlage der §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB i. V. m. den §§ 72 Abs. 1, 19 a UrhG.
Hierzu ist es der Ansicht, dass es für die Begründung dieser Störerhaftung auf eine Erstverletzung nicht ankomme und beruft sich dafür auf die gegenständliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH WRP 2004, 1287 € €Internetversteigerung I€; BGH GRUR 2007, 708 € €Internetversteigerung II€). Die Kontrollpflicht des Plattformbetreibers, zur Vermeidung der Störerhaftung, sei allein von der Zumutbarkeit der Überprüfung im Einzelfall abhängig. Die Beklagte betreibe die Internetplattform entgeltlich, sie lasse sich umfangreich Urheberrechte von den Mitgliedern einräumen und unterliege somit erhöhten Sorgfaltsanforderungen bei der Kontrolle der in das Internet gestellten Lichtbilder. Es sei außerdem mit nur geringem Aufwand möglich, Vorkehrungen gegen Urheberrechtsverletzungen zu treffen.
Gegen das Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung.
Die Beklagte verteidigt sich mit ihrem Vortrag aus der 1. Instanz und verweist auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs; danach müsse es erst zu einer Erstverletzung gekommen sein, bevor die Verpflichtung zur Prüfung entsteht. Unabhängig davon würde sie hinreichend prüfen.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und der ihm vorausgegangenen Beschlussverfügung den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und bezieht sich auf ihre Schriftsätze erster Instanz.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den Inhalt der in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst den dazu eingereichten Anlagen Bezug genommen.
II.
Das verfahrensrechtlich nicht zu beanstandende und somit zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Das Landgericht hat zu Unrecht dem Verfügungsantrag nach § 97 Abs. 1 UrhG stattgegeben.
Denn die Beklagte haftet weder auf der Grundlage von § 7 Abs. 1 TMG i. V. m. §§ 72 Abs. 1, 19 a UrhG noch als Störer i. S. der §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB auf Unterlassung.
Im Einzelnen gilt dazu Folgendes:
1. Der Umstand, dass die Beklagte als Betreiberin des Internetforums über die z. T. kostenpflichtigen Mitgliedschaften finanziell an dem Einstellen der Fotos profitiert, begründet noch kein zu Eigen machen der Fotos durch die Beklagte und damit verbunden das Anbieten eigener Informationen i. S. d. § 7 Abs. 1 TMG. Der Bundesgerichtshof hat auch in seinen hier einschlägigen Entscheidungen den Provisionsanspruch des Foren- bzw. Plattformbetreibers nicht als Grund für die Anwendung von § 7 Abs. 1 TMG bewertet (BGH WRP 2004, 1287 € €Internetversteigerung I€; BGH GRUR 2007, 708 € €Internetversteigerung II€). Es verhält sich nach den genannten höchstrichterlichen Entscheidungen vielmehr so, dass die Vergütungsverpflichtung bei Nutzung eines Forums bzw. einer Plattform im Hinblick auf die Anwendung von § 7 Abs. 1 TMG unerheblich ist. Der BGH hat hervorgehoben, dass eine etwa bestehende Prüfpflicht des Veranstalters nicht so weit gehen kann, dass das entsprechende und grundsätzlich zulässige Geschäftsmodell des Plattformbetreibers nicht mehr durchgeführt werden kann. In der Vergütungspflicht allein kann demnach noch kein zu Eigen machen liegen, weil anderenfalls jeder kommerziell tätige Betreiber nach § 7 TMG für jede auf seiner Plattform bereit gestellte Information nach § 7 Abs. 1 TMG verantwortlich wäre, unabhängig davon, wer diese Information einbringt. Damit wäre nahezu jedes auf das gegenständliche Medium bezogene Geschäftsmodell gefährdet. Der Senat schließt sich der Auffassung des Bundesgerichtshofs an.
2. Das Landgericht begründet ein zu Eigen machen der von den Benutzern in das Forum eingestellten Fotos durch die Beklagte weiterhin mit den umfangreichen Rechten, die die Beklagte sich einräumen lässt; insbesondere wird auf die der Beklagten eingeräumten Vervielfältigungsrechte hingewiesen. Das überzeugt den Senat nicht. Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, dass sie als Anbieter solcher Dienste diese Nutzungsrechte für eine geordnete Organisation benötige. Es müssten schon allein aus Gründen der Datensicherung Vervielfältigungen durchgeführt werden; es werde auf unterschiedlichen Datenbanken abgelegt und es seien auch Wartungsarbeiten an den anspruchsvollen Rechnern erforderlich und insofern müssten Daten auf einem anderen Server zwischengespeichert werden. Dies ist nachvollziehbar und erklärt schon aus informationstechnischer Sicht plausibel die Notwendigkeit der Einräumung von Vervielfältigungsrechten. Die Beklagte erklärt auch in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass die Nutzung ausschließlich im Rahmen des Internetangebots F... erfolgt. Eine weitere Verwertung durch die Beklagte wird demnach ausgeschlossen.
3. Die Beklagte selbst räumt Dritten auch keine Nutzungsrechte an den Fotos ein, weder entgeltlich noch unentgeltlich.
Bei den hier interessierenden Lizenzangeboten handelt es sich um die Einräumung von Nutzungsrechten durch die Benutzer des Forums selbst. Dies ergibt sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Ausdrucken der Lizenzangebote. Danach wird den Benutzern des Forums die Möglichkeit gegeben, Dritten Verwertungsrechte an den im Forum vorgezeigten Fotos auf der Grundlage von sog. Creative Commons-Lizenzen einzuräumen. Diese Lizenzen werden typischerweise unentgeltlich eingeräumt; auch hinsichtlich der Vermittlung solcher Lizenzen durch die Beklagte auf ihrer Plattform gibt es keine Hinweise auf kommerzielle Verwertung.
4. Die Beklagte ist auch nicht Störer i. S. d. §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haftet als Störer derjenige auf Unterlassung, der € ohne Täter oder Teilnehmer zu sein € in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt (BGH WRP 2007, 964 ff). Ein derart weit gefasster Tatbestand bedarf der Eingrenzung. Die Haftung eines Forumbetreibers als Störer setzt deshalb weiter voraus, dass er eigene Prüfpflichten verletzt hat. Das ist hier nicht der Fall.
Die Pflicht des Betreibers zur Überprüfung der eigenen Internetplattform darf nicht so weit gehen, dass der Diensteanbieter €pro-aktiv€, d.h. anlassunabhängig, nach Rechtsverletzungen jedweder Art zu suchen hat. Das besagt schon § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG, der eine entsprechende allgemeine Überwachungspflicht ausschließt. Dies folgt auch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der den Plattformbetreiber
- auch ohne ausdrückliche Bezugnahme auf § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG - nicht zu einer vorsorglichen Überprüfung sämtlicher Inhalte auf etwaige Rechtsverletzungen verpflichten will (vgl. BGH, WRP 2004, 1287, 1292). Soweit § 7 Abs. 2 Satz 2 TMG die Störerhaftung aus dem Privilegierungskatalog der §§ 8 bis 10 TMG ausnimmt und im Übrigen von den gesetzlichen Regelungen des TMG unberührt lässt, bedarf es einer richtlinienkonformen Interpretation. Art. 15 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr bestimmt, dass den Diensteanbietern - die Beklagte ist sog. Hostprovider im Sinne des Art. 14 der Richtlinie (§ 10 TMG) - keine allgemeinen Überwachungspflichten auferlegt werden dürfen. Dies darf bei richtlinienkonformer Rechtsanwendung auch nicht durch die Anwendung der Regeln für die Störerhaftung geschehen (so auch Spindler/Schuster/Hoffmann, § 7 TMG, Rn. 37). Die Pflicht allgemein, auch bereits vor Eintritt einer Rechtsverletzung bzw. der konkreten Gefahr einer Rechtsverletzung nach Schutzrechtsverletzungen zu suchen, gefährdet rechtlich zulässige Geschäftsmodelle, bei denen die Tätigkeit des Betreibers nur auf den technischen Vorgang des Speicherns und der Zugänglichmachung von Inhalten, die Dritten zur Verfügung gestellt werden, bezogen ist.
Eine einschränkungslose Prüfpflicht kommt lediglich in solchen Fällen in Betracht, in denen das konkrete Geschäftsmodell des Plattformbetreibers von der Rechtsordnung nicht mehr zu billigen ist (BGHZ 173, 188 € jugendgefährdende Medien bei ebay). Dies kann z.B. der Fall sein, wenn massenhaft eine völlig anonyme Nutzung der jeweiligen Internet-Plattform zu rechtswidrigen Zwecken vom Betreiber ermöglicht wird (vgl. OLG Hamburg, MMR 2008, 823). Vorliegend stellt die Beklagte lediglich das Forum zum Hochladen von Fotografien zur Verfügung.
4. Das Landgericht geht auf der Grundlage der Entscheidung €Internetversteigerung II€ des BGH davon aus, dass Entstehen und Umfang einer Prüfpflicht des Forenbetreibers € somit bereits die Begründung einer Störerhaftung - nicht von einer Erstverletzung abhängig ist, sondern allein von der Frage der Zumutbarkeit im Einzelfall abhängt. Dies ist nicht richtig.
In der vom Landgericht herangezogenen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof nur klargestellt, dass im Rahmen der Störerhaftung auch im Wege des vorbeugenden Unterlassungsanspruches vorgegangen werden kann. Danach brauche bei einer bereits drohenden Gefährdung nicht erst abgewartet zu werden, bis der erste Eingriff in ein Rechtsgut erfolgt ist (BGH WRP 2007, 964 € €Internetversteigerung II€). Soweit das Landgericht daraus schließt, dass eine Störerhaftung bereits unabhängig von einer drohenden, unmittelbar bevorstehenden Gefahr in Betracht kommt, wenn die Ausübung der Prüfpflicht zumutbar erscheint, verkennt es die dieser BGH-Entscheidung zur Grunde liegende besondere Konstellation im gesetzlichen Gesamtgefüge. Der Diensteanbieter ist nach § 7 Abs. 2 Satz 2 TMG nicht zur €pro-aktiven€, allgemeinen Prüfung verpflichtet. Deshalb bedarf es besonderer Erwägungen in Bezug auf die Qualität einer bevorstehenden Erstbegehungsgefahr. Diese hat der Bundesgerichtshof in der vom Landgericht herangezogenen Entscheidung €Internetversteigerung II€ angestellt. Im dortigen Fall betrieb die Beklagte eine Internetplattform zur Durchführung von Fremdauktionen. Anbieter hatten in einer Vielzahl von Fällen Produktfälschungen zum Kauf bzw. zur Ersteigerung bereitgestellt, mit denen die nationalen und auch international registrierten Marken der Klägerin verletzt wurden. Darüber hinaus beantragte die Klägerin aber auch die Verurteilung zur Verhinderung des Einstellens und des öffentlichen Zugänglichmachens von Angeboten, die auch die Gemeinschaftsmarke der Klägerin verletzten. Diese Gemeinschaftsmarke war zwar inhaltlich identisch mit den bereits bestehenden Wort-Bild-Marken, wurde jedoch erst im Laufe des Rechtsstreites eingetragen und veröffentlicht. Da die Gemeinschaftsmarke mit der nationalen und der international registrierten Marke der Klägerin übereinstimmte und der Verletzungstatbestand des Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. a, Abs. 2 lit. b GMV mit dem nationalen Verletzungstatbestand identisch ist, unterstellte der BGH ohne weiteres die Vermutung, dass die Klagemarke künftig in gleicher Weise wie die nationalen Marken der Klägerin verletzt werden würden (vgl. BGH, I ZR 35/04, Gründe C. III. 1b.). Der Bundesgerichtshof verlangt hinsichtlich des vorbeugenden Unterlassungsanspruchs demnach eine bereits konkret drohende Gefahr einer Rechtsverletzung. Dieser Ansicht schließt sich der Senat an.
Erst wenn eine derart konkrete Gefahr einer Rechtsverletzung besteht, entsteht die Pflicht im Rahmen des Zumutbaren das Internetforum nach Informationen zu durchsuchen, die Schutzrechte Dritter verletzen. Die Frage nach der Zumutbarkeit von Überprüfungsmaßnahmen ist sonach von der Frage nach dem Eintritt der Prüfpflicht zu trennen.
Im hier gegenständlichen Fall ist die Veröffentlichung des Lichtbildes von Frau G... im Internet, durch welche die Klägerin in ihren Rechten objektiv verletzt wurde, auf entsprechende Initiative der Klägerin hin alsbald von der Beklagten rückgängig gemacht worden. Damit war die Beeinträchtigung der Klägerin in ihren Rechten beseitigt. In der Folgezeit ist es unstreitig zu keiner weiteren Rechtsverletzung zum Nachteil der Klägerin mehr gekommen. Eine konkrete Gefahrensituation hinsichtlich künftiger Rechtsverletzungen, die einer Erstverletzung nahezu gleich kommt, hat die Klägerin sonach nicht glaubhaft gemacht.
Es ist weder behauptet noch sonst ersichtlich, dass das Forum der Beklagten regelmäßig oder auch nur häufig Anlass für die Rüge von Schutzrechtsverletzungen bietet. Ein Anspruch gegen den Forenbetreiber, von vornherein durch entsprechende technische Vorkehrungen die Möglichkeit zu unterbinden, Bilder in das Forum einzustellen, durch deren Veröffentlichung die Rechte von Dritten verletzt werden, oder dies nach einer einmaligen Rechtsverletzung durch einen Nutzer zu tun, ist nicht anzuerkennen (vgl. in diesem Zusammenhang auch OLG Hamburg, Urteil vom 04.02.2009 - 5 U 180/07 - Long Island Ice Tea, veröffentlicht in juris sowie in OLGR Hamburg 2009, 315, MD 2009, 451 und ZUM 2009, 417).
5. Die Entscheidung über die Verpflichtung zur Tragung der Kosten des Verfahrens beruht auf § 91 ZPO. Sonstige Nebenentscheidungen erübrigen sich (§ 542 Abs. 2 ZPO).
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird entsprechend der Wertfestsetzung in erster Instanz auf 3 000,00 € festgesetzt.
OLG Zweibrücken:
Urteil v. 14.05.2009
Az: 4 U 139/08
Link zum Urteil:
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