Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Beschluss vom 10. Oktober 2005
Aktenzeichen: 20 W 244/05

(OLG Frankfurt am Main: Beschluss v. 10.10.2005, Az.: 20 W 244/05)

Tenor

Ziffer II. des angefochtenen Beschlusses wird bezüglich der Antragstellerin aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass der Antrag der Antragstellerin zulässig ist.

Die Antragsgegnerin hat die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Beschwerdewert: 200.000,-- Euro.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin ist Hauptaktionärin der X AG. Auf deren Hauptversammlung wurde am ... Mai 2004 ein Squeeze-out beschlossen, der am 23. Juli 2004 in das Handelsregister eingetragen und am 5. August 2004 als letztem Veröffentlichungsorgan im Bundesanzeiger bekannt gemacht wurde.

Neben vielen anderen hat die Antragstellerin am 6. September 2004 Antrag auf gerichtliche Entscheidung im Spruchverfahren gegen die Antragsgegnerin über die Angemessenheit der Barabfindung gestellt und eine Bescheinigung ihrer Depotbank vom 5. August 2004 über die Auszahlung der obligatorischen Barabfindung für Aktien der X AG beigefügt.

Die Antragsgegnerin hat in ihrer Antragserwiderung vom 15. Dezember 2004 insbesondere beanstandet, es fehle wie bei vielen anderen Antragstellern am innerhalb der Antragsfrist vorzulegenden Nachweis der Antragsberechtigung. Nach den vorgelegten Bankbescheinigungen könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Aktien, die dann nur noch den Abfindungsanspruch verbrieften, erst nach dem 23. Juli 2004 erworben worden seien.

Das Landgericht hat mit Verfügung vom 17. Dezember 2004 darauf hingewiesen, dass gegen die Zulässigkeit einer Vielzahl von Anträgen wegen der fehlenden Vorlage von Originalurkunden zum Nachweis der Aktionärsstellung Bedenken bestünden und unter Fristsetzung zum 17. Januar 2005 und Ankündigung einer sodann beabsichtigten Entscheidung zur Zulässigkeit der Anträge Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu und zu den Zulässigkeitsrügen der Antragsgegnerin eingeräumt.

Darauf hin hat die Antragsstellerin zunächst unter Vorlage einer Eintrittskarte für die Hauptversammlung der X AG vom ... Mai 2004, in welcher ihr Bevollmächtigter einen Widerspruch zu Protokoll des Notars erklärt habe, geltend gemacht, seitdem Aktionär geblieben zu sein und am 17. Januar 2005 eine Bestätigung ihrer Depotbank über die Aktionärseigenschaft am 23. Juli 2004 per Fax übersandt.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 28. Januar 2005 den Antrag der Antragstellerin und zehn weiterer Antragsteller als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Antragsteller hätten es versäumt, innerhalb der am 5. November 2004 abgelaufenen Antragsfrist ihre Stellung als Aktionäre zum maßgeblichen Zeitpunkt der Eintragung des Übertragungsbeschlusses im Handelsregister durch Urkunden nachzuweisen, obwohl dies entgegen der Auffassung des OLG Stuttgart (ZIP 2004, 1907) erforderlich sei. Jedenfalls seien die Anträge aber bereits deshalb unzulässig, weil nach Bestreiten der Antragsberechtigung durch die Antragsgegnerin die Antragsteller ihre Aktionärsstellung durch die später ausgestellten Bankbescheinigungen nicht bezogen auf den notwendigen Zeitpunkt der Handelsregistereintragung vom 23. Juli 2004 nachgewiesen hätten.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde, mit der sie ihren bisherigen Vortrag vertieft, nochmals auf die am 17. Januar 2004 per Fax übersandte Bescheinigung hinweist und insbesondere geltend macht, das Landgericht hätte einen vorherigen konkreten Hinweis erteilen müssen, wenn es die zunächst vorgelegte Bankbescheinigung nicht als ausreichend erachte und bereit sei, später vorgelegte Bescheinigungen zu akzeptieren.

II.

Die sofortige Beschwerde, mit welcher sich die Antragstellerin gegen die Zurückweisung ihres Antrages auf Durchführung eines Spruchverfahrens wendet, ist gemäß § 12 Abs. 1 SpruchG zulässig. Sie wurde formgerecht nach § 12 Abs. 1 Satz 2 SpruchG durch Einreichung einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Beschwerdeschrift innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung der landgerichtlichen Entscheidung gemäß §§ 11 Abs. 3, 12 Abs. 1 Satz 1 SpruchG, 22 Abs. 1 Satz 1 FGG eingelegt. Unabhängig von der Frage der Antragsberechtigung im Ausgangsverfahren ist die Antragstellerin jedenfalls deshalb beschwerdebefugt, weil ihr Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom erstinstanzlichen Gericht als unzulässig zurückgewiesen wurde (vgl. BGH NJW 1989, 1860; Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 27 FGG Rn. 10 m. w. N.).

Die sofortige Beschwerde führt auch in der Sache zum Erfolg, da die Antragstellerin durch Urkunde nachgewiesen hat, dass sie zum Zeitpunkt des Eintrittes der Wirksamkeit des Übertragungsbeschlusses Aktionärin der X AG war und dieser Nachweis nicht innerhalb der Dreimonatsfrist des § 4 Abs. 1 und 2 SpruchG erfolgen musste.

Der Senat vertritt in Übereinstimmung mit dem OLG Stuttgart (Beschluss vom 13. September 2004 (ZIP 2004, 1907 = NZG 2004, 1161 = Konzern 2004, 108 = DB 2004, 2092 = BB 2004, 2151) und dem OLG Düsseldorf (Beschluss vom 09. Februar 2005 (ZIP 2005, 1369) die Auffassung, dass § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SpruchG für die fristgerechte Antragsbegründung entgegen einer im Schrifttum verbreiteten Auffassung (Klöcker/Frowein, SpruchG, § 4 Rn. 21; Fritzsche/Dreier/Verfürth, SpruchG, § 4 Rn. 16; Koppensteiner, Köln Komm. AktG, 3. Aufl., Anh. § 327 f. Rn. 17; Hüffer, AktG, 6. Aufl., § 3 SpruchG Rn. 7; Lutter/Krieger, UmwG, 3. Aufl., Anh. I § 3 SpruchG Rn. 8; Bungert/Mennicke, BB 2003, 2021/2026; Wasmann, WM 2004, 819/822) nicht den Nachweis der Antragsberechtigung, sondern lediglich deren Darlegung fordert (so auch Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 4. Aufl., § 3 SpruchG Rn. 14; Luttermann, EwiR 2005, 51).

Dies folgt vor allem aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SpruchG, welcher als Bestandteil der Antragsbegründung nur die Darlegung der Antragsberechtigung nach § 3 SpruchG fordert. Unter Darlegung ist nach üblichem juristischem Sprachgebrauch die Darstellung der Aktionärseigenschaft in dem für die Antragsberechtigung nach § 3 Satz 1 SpruchG im Einzelnen maßgebenden Zeitpunkt, zu verstehen, nicht jedoch deren Nachweis oder Beweis.

Eine Nachweispflicht innerhalb der Frist des § 4 Abs. 1 SpruchG ergibt sich auch nicht aus der Bezugnahme des § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SpruchG, der auf § 3 SpruchG Bezug nimmt. § 3 SpruchG regelt in Satz 1 und 2 zunächst den antragsberechtigten Personenkreis sowie den hierfür maßgeblichen Zeitpunkt und beschränkt in Satz 3 für die Fälle, in denen es für die Antragsberechtigung auf die Stellung als Aktionär ankommt, deren Nachweis ausschließlich auf Urkunden. Dem gegenüber bestimmt § 4 Abs. 2 SpruchG, welche Bestandteile die innerhalb der Antragsfrist des § 4 Abs. 1 SpruchG einzureichende Antragsbegründung enthalten muss. Da § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SpruchG ausdrücklich nur die Darlegung der Antragsberechtigung nach § 3 SpruchG verlangt, wird hiermit nicht der in § 3 Satz 3 SpruchG auf das Beweismittel der Urkunde beschränkte Nachweis der Aktionärsstellung zum obligatorischen Inhalt der Antragsbegründung erhoben.

Des Weiteren haben bereits das OLG Stuttgart und das OLG Düsseldorf (jeweils a.a.O.) mit überzeugenden Begründungen, welchen sich der Senat anschließt, im Einzelnen ausgeführt, dass der Entstehungsgeschichte des SpruchG keine zwingenden Anhaltspunkte dafür zu entnehmen sind, dass der Nachweis der Antragsberechtigung bereits mit der Antragsbegründung oder jedenfalls innerhalb der Antragsfrist erbracht werden muss. Zwar ist in der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 3 SpruchG ausgeführt, dass der Aktionär in der Lage sei, in allen Fällen seine Aktionärsstellung durch Depotauszug seiner Bank oder Vorlage der effektiven Aktienstücke auf einfache Weise innerhalb der Antragsfrist nachzuweisen. Inhaltlich regelt § 3 Satz 3 SpruchG jedoch nur die Beschränkung dieses Nachweises auf das Beweismittel der Urkunde. Hierzu ist in der Regierungsbegründung lediglich ausgeführt, dass dies auf die Anregung der gerichtlichen Praxis zurück geht und hierdurch langwierige Beweisaufnahmen zur Aktionärsstellung etwa durch Zeugen vermieden werden sollen.

Anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Vorinstanz auch nicht aus den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG). Die dortige Anregung des Bundesrates, in § 4 Abs. 2 SpruchG eine ausdrückliche Regelung aufzunehmen, wonach der Nachweis der Antragsberechtigung gemäß § 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 SpruchG innerhalb einer vom Gericht zu bestimmenden Frist in der Form des § 3 Satz 3 SpruchG zu erbringen ist, wurde mit praktischen Schwierigkeiten in Bezug auf den Nachweis der Anteilsinhaberschaft zum Zeitpunkt der Antragstellung begründet. Dies mag zwar auf eine Interpretation des § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SpruchG durch den Bundesrat im Sinne einer fristgebundenen Nachweispflicht hindeuten. Die Bundesregierung hat einer diesbezüglichen Gesetzesänderung allein mit dem Hinweis darauf widersprochen, dass das Spruchverfahren erst im Jahre 2003 durch das SpruchG grundlegend novelliert worden sei und deshalb für eine erneute Änderung derzeit kein Bedürfnis bestehe (vgl. BT-Drucks. 15/3656 S. 7 und 10). Aus diesen Erwägungen, die im SEEG keinen Niederschlag gefunden haben, können keine zwingenden Rückschlüsse auf den Inhalt des ein Jahr zuvor in Kraft getretenen SpruchG gezogen werden.

Die dem Wortlaut der Vorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 2 Ziffer 2 SpruchG entsprechende Auslegung steht auch im Einklang mit dem allgemeinen Ziel des SpruchG sowie dem Zweck gerade dieser Vorschrift. Der Gesetzgeber wollte durch die Schaffung einer besonderen Verfahrensordnung die in der Vergangenheit als übermäßig lang gerügte Dauer der Spruchverfahren durch verbesserte Verfahrensstrukturen erheblich verkürzen, insbesondere indem durch die Auferlegung von Verfahrensförderungspflichten an die Verfahrensbeteiligten der Amtsermittlungsgrundsatz beschränkt und die Verfahrensregeln des Streitverfahrens intensiviert werden (vgl. Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung BT-Drucks. 15/371 S. 1 und 11 ff.). Diesem Gesetzesziel würde eine unbedingte Nachweispflicht der Antragsberechtigung durch Urkunden eher widersprechen. Auch wenn die Zulässigkeitsvoraussetzungen von Amts wegen zu prüfen sind, begründet dies keine unbedingte Pflicht des Gerichtes, in jedem Fall bezüglich aller Zulässigkeitsvoraussetzungen einen konkreten Nachweis zu verlangen, auch wenn keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit bestehen und der Gegner diese ebenfalls nicht bestreitet. Dies kommt insbesondere für die Frage der Antragsberechtigung im Spruchverfahren in Betracht, da die dortige gerichtliche Entscheidung nur zu einer allerdings mit inter-omnes-Wirkung ausgestatteten Feststellung führt, aber selbst keinen vollstreckbaren Anspruch der Antragsteller begründet (§§ 13 und 16 SpruchG), so dass eine Antragstellung durch Nichtberechtigte wirtschaftlich nicht sinnvoll wäre. Eine Verfahrensbeschleunigung lässt sich hier eher dadurch erreichen, dass das Gericht in ihm geeignet erscheinenden Fällen einen Nachweis der vom Antragsteller dargelegten Antragsberechtigung nur dann verlangt, wenn es hieran ernstliche Zweifel hegt oder diese vom Antragsgegner ausdrücklich bestritten wird. Eine kurzfristige und endgültige Klärung der Antragsberechtigung kann das Gericht dann durch die Anwendung der §§ 10 Abs. 4 und 7 Abs. 4 Satz 2 SpruchG im Zusammenspiel mit der Beschränkung der Nachweismöglichkeit durch Urkunden in § 3 Satz 3 SpruchG erreichen. Auch der spezielle Regelungszweck des § 4 Abs. 2 SpruchG stützt die hier vertretene Gesetzesauslegung. Mit den geforderten Mindestangaben zur Antragsbegründung sollte verhindert werden, dass Antragsteller - wie in der Vergangenheit - praktisch mit einem Satz und ohne jede sachliche Erläuterung ein aufwändiges und kostenträchtiges Überprüfungsverfahren in Gang setzen können (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs BT-Drucks. 15/371 S. 13). Diesem Gesetzesziel dienen die Nr. 1 bis 3 der Vorschrift durch die dort geforderten konkreten Angaben über die Verfahrensbeteiligten und den Verfahrensgegenstand, ohne dass es hierzu einer konkreten Nachweispflicht bedarf. Ihre wichtigste Ausprägung findet die Verfahrensbeschleunigung jedoch in der Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SpruchG mit der Einführung des Erfordernisses konkreter Bewertungsrügen bezüglich der der Strukturmaßnahme zugrunde liegenden Unternehmensbewertung, die in der Vergangenheit insbesondere für die lange Verfahrensdauer verantwortliche €flächendeckende€ Überprüfung durch Einholung umfassender neuer Gutachten verhindern soll.

Im Übrigen haben bereits das OLG Stuttgart und das OLG Düsseldorf (jeweils a.a.O.) zutreffend auch darauf hingewiesen, dass eine Auslegung des § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SpruchG im Sinne eines jedenfalls notwendigen urkundlichen Nachweises der Antragsberechtigung innerhalb der Antragsfrist des § 4 Abs. 1 SpruchG für die Fälle, in welchen die Aktionärseigenschaft zum Zeitpunkt der Antragstellung gegeben sein muss, zu ganz erheblichen praktischen Schwierigkeiten führen würde, weil diesbezügliche taggenaue Bankbestätigungen einem Antrag nach Kenntnis des Eingangsdatums nur nachgereicht werden könnten und diese umständliche Verfahrensweise eine Ausschöpfung der Frist verhindert.

Aus diesen Gründen folgt der Senat mit den OLG Stuttgart und Düsseldorf der Auffassung, dass § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SpruchG in Übereinstimmung mit seinem ausdrücklichen Wortlaut innerhalb der Antragsfrist nur die Darlegung der Antragsberechtigung, nicht jedoch deren urkundlichen Nachweis erfordert.

Eine Vorlage an den BGH nach §§ 12 Abs. 2 Satz 2 SpruchG, 28 Abs. 2 FGG wegen der vom OLG Hamburg in seinem Beschluss vom 14. Juni 2004 (AG 2004, 622) geäußerten abweichenden Rechtsauffassung ist nicht geboten, da dessen Entscheidung nicht auf der Anwendung des § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SpruchG beruht, sondern ein Altverfahren betraf, auf welches das SpruchG hinsichtlich der Frage der Zulässigkeit des erstinstanzlichen Antrages nicht anwendbar ist.

Für die unternehmerische Strukturmaßnahme des Squeeze-out ist zur Darlegung der Antragsberechtigung nach § 3 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 1 Nr. 3 SpruchG die Angabe notwendig, im Zeitpunkt des Wirksamwerdens dieser Strukturmaßnahme Aktionär der Gesellschaft gewesen zu sein. Denn in einem Spruchverfahren nach einem Squeeze-out sind nur diejenigen Minderheitsaktionäre antragsberechtigt, welche im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Übertragungsbeschlusses Aktionäre der Gesellschaft waren. Nach § 327 e Abs. 3 Satz 1 AktG gehen mit der Eintragung des Übertragungsbeschlusses im Handelsregister sämtliche Aktien der Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär über. Mithin ist dieser Zeitpunkt für die Antragsberechtigung im Spruchverfahren maßgeblich. Dies entsprach bereits vor Schaffung des SpruchG der herrschenden Auffassung und hat durch die Verwendung des Begriffes des €ausgeschiedenen Aktionärs€ in § 3 Satz 1 Nr. 2 SpruchG nunmehr auch ausdrücklichen gesetzlichen Niederschlag gefunden (vgl. Klöcker/Frowein, a.a.O., § 3 Rn. 13; Emmerich/Habersack, a.a.O., § 3 SpruchG Rn. 333; Hüffer, a.a.O., Anh. § 305 § 3 SpruchG Rn. 3; Münch Komm./Grunewald, AktG, § 320 b Rn. 17; Münch Hdb AG/Krieger, § 73 Rn. 42; KölnKomm. AktG/Koppensteiner, 3. Aufl., Anh. § 327 f. Rn. 9; OLG Hamburg AG 2004, 622; OLG Düsseldorf ZIP 2005, 1369; Bungert/Mennicke BB 2003, 2021/2025; Wasmann WM 2004, 819/822; Büchel NZG 2003, 795). Ebenso wie die Vorinstanz vermag der Senat sich nicht der teilweise noch vertretenen Gegenauffassung anzuschließen, wonach auch der Einzelrechtsnachfolger des bereits ausgeschiedenen Aktionärs im Spruchverfahren antragsberechtigt sein soll, da sich aus § 327 e Abs. 3 Satz 2 AktG ausdrücklich ergibt, dass nach diesem Zeitpunkt die Aktienurkunden nur noch den Anspruch auf Barabfindung verbriefen, so dass deren Übertragung nach Eintragung des Squeeze-out-Beschlusses nur noch diesen Abfindungsanspruch, nicht jedoch die für die Antragsberechtigung nach dem Gesetzeswortlaut erforderliche Aktionärsstellung vermitteln kann (vgl. Fritzsche/Dreier/Verfürth, a.a.O., § 3 Rn. 23; MünchKomm./Volhard, AktG, 2. Aufl., § 3 SpruchG Rn. 9; LG Dortmund AG 2005, 310).

Im vorliegenden Falle hat die Antragstellerin in ihrer Antragsschrift lediglich angegeben, Aktionärin der X AG gewesen zu sein, ohne dies - wie für eine korrekte Darlegung der Antragsberechtigung eigentlich erforderlich - konkret auf den Zeitpunkt der Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister am 23. Juli 2004 zu beziehen. Die bloße Angabe, Aktionär der von dem Squeeze-out-Beschluss betroffenen Gesellschaft gewesen zu sein, reicht zur Darlegung der Antragsberechtigung nach § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SpruchG allein nicht aus (ebenso OLG Düsseldorf a.a.O.). Vorliegend hat die Antragstellerin jedoch zusätzlich mit dem Antrag die Abrechnung ihrer Depotbank vom 5. August 2004 über die Auszahlung des Barabfindungsbetrages für X-Aktien vorgelegt. Bei isolierter Betrachtung ergibt sich aus dieser Bankbescheinigung noch nicht die Darlegung, dass die Antragstellerin am 23. Juli 2004 Aktionärin der X AG war. Denn wegen der - wenn auch kurzen - zeitlichen Differenz besteht die theoretische Möglichkeit eines Aktienerwerbes erst nach Eintritt der Wirksamkeit des Squeeze-out-Beschlusses durch die Handelsregistereintragung am 23. Juli 2004. Wie bereits ausgeführt könnte sich ein derartiger nachträglicher Erwerb jedoch nur auf den Anspruch auf Barabfindung, nicht jedoch auch auf die Rechtsstellung als Aktionär beziehen. Das Vorliegen eines derartigen nachträglichen Erwerbes des bloßen Barabfindungsanspruches hat die Antragstellerin jedoch konkludent durch den Vortrag, Aktionärin der X AG gewesen zu sein, ausgeschlossen. Jedenfalls für den hier innerhalb des ersten Jahres der Anwendbarkeit des neuen SpruchG gestellten Antrag erachtet der Senat dies zur Darlegung der Antragsberechtigung als ausreichend, da sich zu diesem Zeitpunkt zu den maßgeblichen Rechtsfragen, die in der Literatur unterschiedlich beurteilt wurden, eine gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung noch nicht herausgebildet hatte. Die nach § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SpruchG allein notwendige Darlegung der Antragsberechtigung innerhalb der Antragsfrist ist somit gegeben.

Des weiteren wurde auch der urkundliche Nachweis der Antragsberechtigung nach § 3 Satz 3 SpruchG zum maßgeblichen Zeitpunkt des Eintrittes der Wirksamkeit des Übertragungsbeschlusses durch Eintragung im Handelsregister am 23. Juli 2004 erbracht. Zwar reicht hierzu die von der Antragstellerin zunächst vorgelegte Abrechnung ihrer Depotbank vom 5. August 2004 über die Auszahlung des Barabfindungsbetrages nicht aus, da sie sich nicht auf den maßgeblichen Zeitpunkt des 23. Juli 2004 bezieht und angesichts der vom Landgericht festgestellten Tatsache, dass der Handel mit Aktien der X AG an der Börse erst am 02. August 2004 eingestellt wurde, nicht völlig ausgeschlossen werden kann, dass der Anspruch auf die bescheinigte Auszahlung der Barabfindung trotz des engen zeitlichen Zusammenhanges erst nach der Handelsregistereintragung erworben wurde.

Jedoch hat die Antragstellerin durch die am 17. Januar 2005 per Fax übersandte Bankbescheinigung ihre Aktionärsstellung konkret bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des 23. Juli 2004 nachgewiesen. Auch wenn es sich hierbei nicht um die Originalurkunde dieses Schreibens handelt, erachtet dies Senat im vorliegenden Falle als ausreichend, da Anhaltspunkte für eine fehlende Übereinstimmung mit dem Original weder ersichtlich sind noch von der Antragsgegnerin geltend gemacht wurden. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin hier unter Vorlage der Eintrittskarte ausdrücklich darauf hingewiesen hat, als Aktionärin bereits bei der Hauptversammlung vom ... Mai 2004 durch Erklärung eines Widerspruchs deutlich in Erscheinung getreten zu sein. Im Übrigen ist dem Senat aus anderen Verfahren bekannt, dass das Landgericht selbst zwischenzeitlich nicht mehr zwingend an der Notwendigkeit der Vorlage der Originalbankbescheinigung festhält, sondern diese nur noch bei konkreten Zweifeln oder ausdrücklichem Verlangen des Antragsgegners fordert.

Des weiteren sind auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 4 Abs. 2 SpruchG erfüllt. Insbesondere hat die Antragstellerin in ihrer Antragsschrift die nach § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und 3 SpruchG erforderlichen Angaben zur Bezeichnung des Antragsgegners und der Art der Strukturmaßnahme sowie der vom Gericht zu bestimmenden Kompensation gemacht und auch konkrete Einwendungen im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SpruchG gegen den als Grundlage für die Kompensation ermittelten Unternehmenswert erhoben. Deshalb war unter Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung die Feststellung über die Zulässigkeit des Antrages auf gerichtliche Entscheidung im Spruchverfahren zu treffen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 15 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 SpruchG. Eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten entspricht auch unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens im Hinblick auf die umstrittenen und bisher obergerichtlich noch nicht abschließend geklärten maßgeblichen Rechtsprobleme nicht der Billigkeit.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG, da der dort angegebene Mindestwert von 200.000,-- Euro auch für Verfahren maßgeblich ist, die die Zulässigkeit eines Antrages betreffen.






OLG Frankfurt am Main:
Beschluss v. 10.10.2005
Az: 20 W 244/05


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