Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Oktober 2005
Aktenzeichen: 29 W (pat) 196/03

(BPatG: Beschluss v. 19.10.2005, Az.: 29 W (pat) 196/03)

Tenor

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. Juni 2003 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Dienstleistung "Immobilienwesen" zurückgewiesen worden ist.

Gründe

I.

Die Wortmarke 301 11 216 Autorecht24 soll für die Dienstleistungen der Klasse 35: Werbung, vor allem im Internet; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten;

Klasse 36: Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen;

Klasse 38: Telekommunikation, Betreiben und Bereitstellen von Portalen im Internet und anderen Onlinemedienservices, Dienstleistungen eines Onlineanbieters, Programme für Datenverarbeitung und Telekommunikation, Bereitstellen eines computergestützten Datenbanksystems, insbesondere eines Marktes für Kfz, sowie Informationen über Angebote und Nachfrage von gebrauchten und neuen Kfz, Bereitstellen von computergestützten Service-Datenbanken für Dienstleister und Hersteller aller Art;

in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung des Zeichens mit Schreiben vom 20.2.2002 beanstandet und mit Beschluss vom 16. Juni 2003 zurückgewiesen. Die Markenstelle vertritt die Auffassung, das angemeldete Zeichen sei von der Eintragung ausgeschlossen, weil es in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen nicht unterscheidungskräftig sei. Der Begriff "Autorecht" beschreibe nur die inhaltliche Befassung mit dem Verkehrsrecht und einer entsprechenden Rechtsberatung. Die Zahl 24 stehe lediglich für eine Verfügbarkeit "rund um die Uhr". Die betreffenden Verkehrskreise würden deshalb nur den Sachhinweis auf eine 24-stündige Beratung auf dem Gebiet des Autorechts in dem Zeichen sehen.

Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde vom 17.7.2003 trägt der Anmelder vor, dass der durchschnittliche Verbraucher den Begriff als Hinweis auf einen Geschäftsbetrieb auffasse, da die angemeldeten Dienstleistungen dadurch nicht unmittelbar beschrieben würden. Gerade die Wort-/Zahlkombination sei ungewöhnlich und nicht ohne weiteres verständlich.

Der Anmelder beantragt daher, den Beschluss der Markenstelle vom 16.6.2003 aufzuheben.

Mit Schriftsatz vom 27.9.2005 (Bl 17 dA) hat der Anmelder das Verzeichnis auf die Dienstleistung "Immobilienwesen" eingeschränkt.

II.

Die zulässige Beschwerde ist, soweit sie noch aufrecht erhalten wurde, gemäss § 66 Abs 1, 2 MarkenG begründet, da der Eintragung im Umfang der nunmehr noch angemeldeten Dienstleistung "Immobilienwesen" weder ein Freihaltebedürfnis gemäss § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegensteht noch die erforderliche Unterscheidungskraft gemäss § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG fehlt.

1. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (stRspr; EuGH GRUR 2004, 1027 - Rn 42 ff - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2005, 257 - Bürogebäude; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; BGH GRUR 2001, 1153/1154 - antiKALK). Kann einem Zeichen für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden, oder handelt es sich auch sonst um eine verständliche Wortfolge der deutschen oder einer geläufigen Fremdsprache, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so fehlt ihm die Unterscheidungskraft (BGH GRUR 2001, 1153, 1154 - antiKALK; BGH WRP 2001, 1082, 1083 - marktfrisch; BGH GRUR 2001, 1043 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2001, 1042 - REICH UND SCHOEN; BGH BlfPMZ 2001, 398 - LOOK, BGH WRP 2002, 1073, 1074, 1075 - BONUS II). Die Unterscheidungskraft ist dabei zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH MarkenR 2003, 187, 190 Rn 41 - Linde ua; MarkenR 2004, 116, 120 Rn 50 - Waschmittelflasche).

Nach diesen Grundsätzen verfügt das Zeichen hinsichtlich der Dienstleistung "Immobilienwesen" über die erforderliche Unterscheidungskraft.

1.1. Bei der Prüfung des Zeichens seinem Gesamteindruck nach ergibt sich folgendes: "Autorecht" ist aus den gebräuchlichen Begriffen "Auto" und "Recht" zusammengesetzt, was in der Kombination nichts anderes bedeutet als "rechtliche Fragen rund um das Auto". Die Zahl 24 ist wegen der häufigen Verwendung in der Werbung und im Internet mittlerweile zu einem Synonym für "24 Stunden" bzw "rund um die Uhr" geworden und bezeichnet lediglich eine 24-stündige Verfügbarkeit des angebotenen Produkts oder der angebotenen Dienstleistung.

Die Bezeichnung erschöpft sich daher in der Gesamtaussage, dass es sich bei den gekennzeichneten Dienstleistungen um solche handelt, die in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht mit Autos zu tun haben und 24 Stunden täglich erbracht werden (vgl auch PAVIS PROMA 24 W (pat) 162/03 - unfallrecht24; 33 W (pat) 173/02 - ANTIQUES 24; 25 W (pat) 280/01 - Alarm 24; 29 W (pat) 262/02 - auskunft 24; 25 W (pat) 207/01 - beauty24; 29 W (pat) 137/02 - cam24; 29 W (pat) 155/04 - design24; HABM R-619/01-2 - MALL 24).

Die Kombination der Zeichenbestandteile "Auto", "Recht" und "24" hat daher als Gesamtbegriff keinen neuen, eigenen Bedeutungsgehalt. Nach der Rechtsprechung des EuGH (MarkenR 2004, 111 ff = GRUR 2004, 680 ff - BIOMILD) ist eine sprachliche Neuschöpfung mit mehreren Bestandteilen, von denen jeder beschreibend ist, auch dann in der Gesamtheit beschreibend, und damit nicht schutzfähig, sofern nicht ein merklicher Unterschied zwischen der Neuschöpfung und der Summe der Bestandteile besteht.

1.2. In Bezug auf die noch angemeldete Dienstleistung in Klasse 36 besteht Schutzfähigkeit, da der gut informierte Durchschnittsverbraucher keine im Vordergrund stehende Sachangabe für "Immobilienwesen" in dieser Wortfolge sieht. Autos sind gem. § 90 BGB Mobilien, dh bewegliche Sachen, und fallen per definitionem nicht unter den Begriff "Immobilienwesen" "Immobilien" sind unbewegliche Sachen und werden grundsätzlich nicht mit dem Begriff "Auto" bezeichnet.

2. Ein Freihaltebedürfnis für das Immobilienwesen besteht aus dem og Grund ebenfalls nicht, da eine beschreibende Verwendung für die noch beanspruchte Dienstleistung ausgeschlossen ist.

3. Das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 4 MarkenG steht der Schutzfähigkeit ebenfalls nicht entgegen. Eine in diesem Sinne relevante Täuschungsgefahr muss von der Marke selbst ausgehen und in Bezug auf die beanspruchte Dienstleistung irreführend sein. Die Täuschungsgefahr im Sinn von § 8 Abs 2 Nr 4 MarkenG setzt allerdings nicht nur eine Unrichtigkeit des Zeichens voraus. Das Zeichen muss vielmehr auch geeignet sein, die beteiligten Verkehrskreise in ihren wirtschaftlichen Entschlüssen (positiv) zu beeinflussen (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 8 Rn 558). Diese Eignung fehlt dem angemeldeten Zeichen, das in Bezug auf "Immobilienwesen" unpassend ist und zu anderen Assoziationen des Verkehrs führen wird. Letztlich wird der Verbraucher eine unter diesem Zeichen angebotene Dienstleistung für Immobilien bestenfalls nicht in Anspruch nehmen, da sie nichtssagend ist und ihm keine, nicht einmal eine falsche, Vorstellung vermittelt.

Grabrucker Fink Dr. Mittenberger-Huber Cl






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Beschluss v. 19.10.2005
Az: 29 W (pat) 196/03


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