Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Juni 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 201/04
(BPatG: Beschluss v. 07.06.2005, Az.: 27 W (pat) 201/04)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Juni 2004 aufgehoben.
Gründe
I.
Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch den angefochtenen Beschluss die Anmeldung der Wort-/Bildmarkefür die Waren Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten. Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Photographien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten.
Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke.
Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen.
Teppiche, Fußmatten, Matten, Linoleum und andere Bodenbeläge;
Tapeten (ausgenommen aus textilem Material).
zurückgewiesen, weil dem angemeldeten Zeichen jede Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Die angemeldete Marke stelle ohne weiteres erkennbar einen Werbeslogan dar, der geeignet sei, den angesprochenen Verbrauchern einen Kaufanreiz zu vermitteln, und für den überwiegenden Teil des Publikums nur eine beschreibende Anpreisung einer besonders guten "Adresse" darstelle, ohne dass dies als Herkunftsangabe verstanden würde. Auch die grafische Gestaltung vermöge keine Schutzfähigkeit zu begründen, weil diese sich in einer üblichen Schreibschrift erschöpfe, an deren Verwendung der Verkehr gewöhnt sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses begehrt. Sie hält das von der Markenstelle angeführte absolute Schutzhindernis nicht für gegeben. Sie ist der Ansicht, die angemeldete Wortfolge "...da geh' ich hin" sei als beschreibende Angabe für eine wie auch immer geartete Eigenschaft der angemeldeten Waren nicht geeignet. Sie weise weder einen konstitutionellen noch einen funktionalen noch einen die Bestimmung der Waren betreffenden Anteil auf. Im Zusammenhang mit den Waren sei die Wortfolge in ihrer Alleinstellung weder als Anpreisung noch als Aufforderung zu verstehen. "...da geh' ich hin" sei vielmehr eine Feststellung, die durch einen subtilen, suggestiven Gehalt wirke, ohne dass eine auch nur entfernte Beziehung zu den betreffenden Waren oder ihrer Verwendung erkennbar sei.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet, denn der Eintragung der angemeldeten Marke in das Register steht kein absolutes Schutzhindernis im Sinne des § 8 Abs. 2 MarkenG entgegen; insbesondere fehlt ihr nicht die erforderliche Unterscheidungskraft.
Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG können Marken nicht eingetragen werden, denen für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solcher anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2004, 683, 684 - Farbige Arzneimittelkapsel, m.w.N.). Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden.
Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zu bejahen, wenn ihr für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie in Anspruch genommen wird, kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein Wort oder eine Wortkombination der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden. Enthalten dagegen die Wortbestandteile einer Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird, ist der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen, denn bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsachlichen Anhalt dafür, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051-City-Service; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rn. 70 m.w.N.). Bei Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, kann eine (geringe) Unterscheidungskraft nur verneint werden, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 1998, 465, 468 - BONUS; GRUR 2005, 417 - Berlin Card), denn nur dann ist die Annahme gerechtfertigt, dass der Verkehr ohne weiteres und ohne Unklarheiten den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren und Dienstleistungen sieht.
Davon ist auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen auszugehen, die als Werbeslogans verstanden werden, denn an die Unterscheidungskraft von Werbeslogans sind gegenüber anderen Wortmarken keine unterschiedlichen Anforderungen zu stellen. Vielmehr ist auch hier zu prüfen, ob die Wortfolge einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ihr über diesen hinaus eine, wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren zukommt. Von mangelnder Unterscheidungskraft ist deshalb bei Werbeslogans lediglich bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen oder Werbeaussagen allgemeiner Art auszugehen. Grundsätzlich nicht unterscheidungskräftig werden des weiteren in der Regel längere Wortfolgen sein. Indizien für die Eignung, die Waren eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden, können dagegen Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge sein; solche Umstände können eine Wortfolge zu einem eingängigen und aussagekräftigen Werbeslogan machen. Auch die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Werbeaussage können einen Anhalt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten. Dabei dürfen die Anforderungen an die Eigenart im Rahmen der Bewertung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen nicht überspannt werden. Auch einer für sich genommen eher einfachen Aussage kann nicht von vornherein die Eignung zur Produktidentifikation abgesprochen werden (vgl. BGH GRUR 2000, 321, 322 - Radio von hier; GRUR 2000, 323, 324 - Partner with the Best; GRUR 2000, 720, 721; vgl. auch Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 8 Rdn. 97a ff).
Im vorliegenden Fall sind die für eine Verneinung der Unterscheidungskraft nach den genannten Maßstäben erforderlichen engen Bezüge zu den angemeldeten Waren nicht ersichtlich. "...da geh' ich hin" ist, wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, ohne weiteres verständlich als der Hinweis auf einen Ort, zu dem nicht näher bezeichnete Personen hingehen, wobei die Aussage es nahe legt, dass der betreffende Ort deshalb aufgesucht wird oder werden sollte, weil es sich um eine besonders gute "Adresse" handelt. Die durchaus kurze und prägnante Aussage "...da geh' ich hin" wird dementsprechend, wie eine vom Senat angestellte Internet-Recherche ergeben hat, vielfach von Anbietern der unterschiedlichsten Waren und Dienstleistungen verwendet, um auf den Ort des Vertriebs der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen hinzuweisen und damit implizit die angesprochenen Verkehrskreise aufzufordern, sich zum Zwecke des Erwerbs der betreffenden Produkte an jenen Ort zu begeben. Im Hinblick auf die vorliegend beanspruchten Waren wird der Slogan "...da geh' ich hin" indes völlig losgelöst von irgendeinem Ort des Angebots oder Erwerbs verwendet. Es handelt sich im Zusammenhang mit der hier in Rede stehenden Anmeldung ausnahmslos um Waren, die nicht einen Ort bezeichnen, zu dem man hingehen könnte. Auch soweit Gegenstände und Artikel betroffen sind, die mit Reisen oder mit - zu betretenden - Bodenbelägen zu tun haben, kann doch die angemeldete Wortfolge, die eindeutig das Ziel einer Fortbewegung zum Inhalt hat, nicht als Angabe in Bezug auf diese Produkte angesehen werden. Man geht nicht zu einem Koffer, zu einem Bodenbelag, sondern nimmt den Koffer mit oder bewegt sich auf dem Teppich, ohne dass diese Gegenstände als Ziele verstanden werden könnten, zu denen zu gehen es sich lohnte, was der angemeldete Slogan allenfalls nahe legt. Die angemeldete Wortfolge kann daher nicht als eine in irgendeiner Weise verständliche Beschreibung des möglichen Inhalts, Zwecks oder Einsatzbereichs angesehen werden. Folglich hat der Verkehr keine Veranlassung, in ihr eine im Vordergrund stehende Sachaussage zu sehen, sondern wird mangels anderer Anhaltspunkte von einer von den genannten Waren und Dienstleistungen losgelösten Kennzeichnung ausgehen, die sich nicht in einer bloßen Anpreisung erschöpft (vgl. BGH WRP 2001, 692, 694 - Test it; GRUR 2001, 1042, 1043 -REICH UND SCHOEN).
Da die angemeldete Marke sich allenfalls auf Umstände und Bedeutungsgehalte beziehen lässt, die nicht hinreichend eng mit den angemeldeten Waren selbst in Bezug stehen, kommt auch die Annahme eines Freihaltebedürfnisses im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht in Betracht (BGH GRUR 1998, 465, 467 - BONUS; GRUR 1998, 813, 814 - CHANGE; GRUR 2005, 417 - Berlin Card).
Schwarz Prietzel-Funk Dr. van Raden Na
BPatG:
Beschluss v. 07.06.2005
Az: 27 W (pat) 201/04
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