Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 17. August 2011
Aktenzeichen: I ZR 18/09
(BGH: Beschluss v. 17.08.2011, Az.: I ZR 18/09)
Tenor
Die Anhörungsrüge gegen das Senatsurteil vom 28. Oktober 2010 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Gründe
Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge ist nicht begründet.
1. Der Kläger rügt ohne Erfolg, der Senat habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil er ihm im Blick auf die in Randnummer 61 des Senatsurteils (I ZR 18/09, GRUR 2011, 714 = WRP 2011, 913 - Der Frosch mit der Maske) gestellten Anforderungen an die Schlüssigkeit seines Sachvortrags nicht durch eine Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht die Gelegenheit zum ergänzenden Sachvortrag gegeben habe.
Der Senat hat in Randnummer 61 seines Urteils ausgeführt, der Kläger hätte zur schlüssigen Darlegung einer Alleinurheberschaft seines Vaters hinsichtlich der in Rede stehenden Filmwerke konkret dartun müssen, inwieweit sein Vater den einzelnen als Miturheber in Betracht kommenden Personen genaue Vorgaben gerade für die Ausübung ihrer Tätigkeit gemacht habe, wie etwa dem Kameramann Vorgaben zu der Linsen- und Blendenauswahl, dem Standort der Kamera, dem Rhythmus und der Bewegung der Kameraführung, 1 der Wahl zwischen Groß- und Detailaufnahme und der szenischen Ausleuchtung.
Entgegen der Ansicht des Klägers sind die vom Senat gestellten Anforderungen an die Schlüssigkeit seines Sachvortrags nicht überraschend. Die Parteien haben im vorliegenden Rechtsstreit von Anfang an darüber gestritten, ob der Kläger die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass neben seinem Vater als Filmregisseur keine anderen an der Herstellung des Filmwerks beteiligten Personen schöpferische Beiträge zu dem Filmwerk geleistet haben oder ob die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass neben dem Vater des Klägers andere Personen solche Beiträge erbracht haben. Der Kläger musste daher auch ohne einen entsprechenden gerichtlichen Hinweis damit rechnen, dass der Senat ihn insoweit als darlegungs- und beweisbelastet ansieht.
Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe mit so weitgehenden Anforderungen an die Schlüssigkeit seines Sachvortrags nicht gerechnet. Er ist selbst - zutreffend - davon ausgegangen, vortragen zu müssen, dass im Hinblick auf die szenisch detaillierten Vorgaben seines Vaters bei der Regieführung für andere Beteiligte kein Freiraum mehr für eigene schöpferische Beiträge bestand (vgl. Senatsurteil Rn. 61). Der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör ist nicht dadurch verletzt, dass der Senat angenommen hat, das Vorbringen des Klägers lasse nach diesen Maßstäben nicht auf eine Alleinurheberschaft seines Vaters schließen.
Entgegen der Ansicht des Klägers war unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Senats eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht geboten. Zwar bestimmen Art. 2 Abs. 2 Satz 1 der Richtline 2006/115/EG zum Vermiet- und Verleihrecht, Art. 1 Abs. 5 Satz 1 der Richtline 4 93/83/EWG betreffend den Satellitenrundfunk und die Kabelweiterverbreitung und Art. 2 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2006/116/EG über die Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte, dass für die Zwecke der jeweiligen Richtline der Hauptregisseur eines Filmwerks als sein Urheber oder als einer seiner Urheber gilt. Daraus folgt entgegen der Ansicht des Klägers aber nicht, dass die Darlegungs- und Beweislast für eine Miturheberschaft am Filmwerk diejenigen Dritten trifft, die behaupten, Miturheber des Filmwerks geworden zu sein. Das ist derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt und eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht erforderlich ist (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81, Slg. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257 Rn. 16 - CILFIT).
2. Der Kläger macht vergeblich geltend, der Senat habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil er in Randnummer 64 des Senatsurteils die Feststellung eines Schadenersatzanspruchs zugunsten eines Miturhebers mit der Begründung abgelehnt habe, dass sich die angemessene Lizenzgebühr nicht nach der schöpferischen Leistung jedes einzelnen Urhebers, sondern nach dem Wert der Nutzung des gesamten Werkes richte, ohne ihm hierzu zuvor Gelegenheit zum Vortrag zu geben.
Der Senat hat in Randnummer 64 seines Urteils ausgeführt, die Gefahr, dass bei einer Feststellung der Schadensersatzpflicht allein zugunsten eines Miturhebers in einem möglicherweise folgenden Betragsverfahren der eine Miturheber den gesamten Schadensersatz zum Nachteil der anderen Miturheber für sich vereinnahme, bestehe auch dann, wenn der Schaden im Betragsverfahren nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnet werde, da sich die angemessene Lizenzgebühr nicht nach der schöpferischen Leistung jedes ein-7 zelnen Urhebers, sondern nach dem Wert der Nutzung des gesamten Werkes richte.
Die Rechtsfrage, ob ein Miturheber bei Verletzungen des gemeinsamen Urheberrechts nach § 8 Abs. 2 Satz 2 UrhG berechtigt ist, die Feststellung der Schadensersatzpflicht nur zugunsten aller Miturheber oder auch allein zu seinen Gunsten zu verlangen, ist entgegen der Behauptung des Klägers während des gesamten Verfahrens problematisiert worden. Der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör ist daher durch die Entscheidung des Senats nicht verletzt, dass ein Miturheber die Feststellung der Schadensersatzpflicht bei Verletzungen des gemeinsamen Urheberrechts nur zugunsten aller Miturheber beanspruchen kann.
Der Kläger rügt ohne Erfolg, für die vom Senat für seine Entscheidung gegebene Begründung, dass sich die angemessene Lizenzgebühr nicht nach der schöpferischen Leistung jedes einzelnen Urhebers, sondern nach dem Wert der Nutzung des gesamten Werkes richte, gebe es keine tatsächliche Grundlage. Der Senat habe auf eine solche Annahme auch nicht hingewiesen. Entgegen der Ansicht des Klägers bedurfte die Begründung des Senats keiner tatrichterlichen Feststellungen. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob - wie der Kläger geltend macht - in der Praxis jeder einzelne Filmschaffende die Konditionen seiner Mitwirkung am Filmwerk mit dem Filmhersteller aushandelt und vom Filmhersteller im Falle einer Rechtsverletzung eine angemessene Lizenzgebühr verlangt, die seinem schöpferischen Beitrag zum Filmwerk entspricht.
Die Begründung des Senats beruht auf der rechtlichen Überlegung, dass sich die Höhe der vom unbefugten Nutzer eines Filmwerks als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr nach dem Wert der Nutzung des gesamten Filmwerks bemisst. Nimmt ein einzelner Filmurheber den Verletzer auf Schadenser-9 satz in Form einer Lizenzgebühr in Anspruch, entspricht die Höhe des Schadensersatzes daher nicht dem Wert der Nutzung der schöpferischen Leistung dieses einzelnen Filmurhebers. Die Höhe des Schadensersatzes richtet sich vielmehr nach dem Umfang seiner Mitwirkung an der Schöpfung des Werkes (vgl. § 8 Abs. 3 UrhG), der sich aus dem Verhältnis des Umfangs der schöpferischen Leistung dieses einen Filmurhebers zum Umfang der schöpferischen Leistung sämtlicher anderer Filmurheber ergibt. Auch wenn der Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnet wird, besteht daher die Gefahr, dass ein Miturheber zum Nachteil der anderen Miturheber mehr erhält als ihm zusteht, wenn nicht sämtliche Miturheber in das Betragsverfahren einbezogen werden. Um dieser Gefahr zu begegnen, kann ein Miturheber bei Verletzungen des gemeinsamen Urheberrechts die Feststellung der Schadensersatzpflicht deshalb nur zugunsten aller Miturheber beanspruchen.
Bornkamm Pokrant Büscher Kirchhoff Koch Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 19.03.2008 - 28 O 297/07 -
OLG Köln, Entscheidung vom 09.01.2009 - 6 U 86/08 -
BGH:
Beschluss v. 17.08.2011
Az: I ZR 18/09
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