Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. Oktober 2001
Aktenzeichen: 30 W (pat) 14/01

(BPatG: Beschluss v. 01.10.2001, Az.: 30 W (pat) 14/01)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Bezeichnung VIRILAN DUO ist am 7. März 1997 in das Register eingetragen worden. Das Warenverzeichnis lautet nach Teillöschung: "Arzneimittel zur Behandlung der erektilen Dysfunktion".

Nach Veröffentlichung der Eintragung am 30. April 1997 hat ua Widerspruch erhoben die Inhaberin der am 24. November 1993 für "Pharmazeutische Erzeugnisse, nämlich Antinfektiva, antivirale Mittel und/oder Chemotherapeutika" eingetragenen Marke V I R A N.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen.

Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt. Sie meint, wegen recht ähnlicher Waren und des rein beschreibenden Bestandteils DUO der angegriffenen Marke bestehe Verwechslungsgefahr.

Die Widersprechende beantragt (sinngemäß), die Beschlüsse der Markenstelle vom 18. Juni 1999 und vom 12. Oktober 2000 aufzuheben.

Die Anmelderin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält mit näheren Ausführungen Verwechslungsgefahr nicht für gegeben. Sie hat im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 30. August 2001 die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten.

Die Widersprechende meint, die Nichtbenutzungseinrede sei verspätet erhoben. Zudem befinde sich die Widerspruchsmarke wegen einer Änderungsanzeige vom 5. Oktober 1998 beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte noch bis Oktober 2003 in der Benutzungsschonfrist.

Wegen der Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache keinen Erfolg. Es besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG. Die Entscheidung der Frage, ob berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen, kann unter diesen Umständen dahinstehen.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr erfolgt durch Gewichtung von in Wechselbeziehung zueinander stehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (stRspr, zB EuGH MarkenR 1999, 22 -CANON; MarkenR 1999, 297 - HONKA).

Bei den sich nach der Registerlage gegenüberstehenden Waren wirken sich die deutlichen Indikationsunterschiede und fehlende Überschneidungen in der Anwendung verwechslungsmindernd aus.

Weiter kollisionsmindernd kommt hinzu, daß die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eher geringer einzustufen und damit ihr Schutzumfang vermindert ist. Dies beruht darauf, daß "-AN" im Bereich der Waren der Klasse 5 eine häufig vorkommende Endung ist und der weitere Bestandteil "VIR-" In Verbindung mit den hier maßgeblichen antiviralen Mitteln und Antiinfektiva einen deutlich beschreibenden Anklang an "Viren/virale Infektionen" hat.

Allerdings sind mangels Rezeptpflicht auf beiden Seiten allgemeine Verkehrskreise uneingeschränkt zu berücksichtigen. Auch insoweit ist allerdings davon auszugehen, daß grundsätzlich nicht auf einen sich nur flüchtig mit der Ware befassenden, sondern durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der Ware oder Dienstleistung unterschiedlich hoch sein kann (vgl BGH MarkenR 2000, 140, 144 ATTACHÉ / TISSERAND; BGH GRUR 1998, 942, 943 li Spalte - ALKA-SELTZER; EuGH MarkenR 1999, 236, 239 unter 24. - Lloyd / Loints) und der insbesondere allem, was mit der Gesundheit zusammenhängt, eine gesteigerte Aufmerksamkeit beizumessen pflegt (vgl BGH GRUR 1995, 50, 53 - Indorektal/Indohexal).

Der danach erforderliche Abstand zur älteren Widerspruchsmarke wird von der jüngeren Marke gewahrt. Vor allem sorgt der in der angegriffenen Marke enthaltene Zusatz "DUO", der in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung hat, für die Unterscheidbarkeit der Marken. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden ist dieser Zusatz beim Markenvergleich zu berücksichtigen. Davon, daß der Wortbestandteil VIRILAN die angemeldete Marke allein kollisionsbegründend prägt und der Wortbestandteil "DUO" vom Verkehr nur als beschreibender Zusatz verstanden wird, kann nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen nicht ausgegangen werden.

Selbständig kollisionsbegründend ist einer von mehreren Markenbestandteilen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur dann, wenn er den Gesamteindruck der mehrgliedrigen Marke prägt; davon ist auszugehen, wenn die übrigen Markenteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, daß sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (BGH MarkenR 2000, 20 - RAUSCH/ELFI RAUCH). Für die Prägung des Gesamteindrucks kommen kennzeichnungsschwache bzw schutzunfähige Bestandteile nicht in Betracht; ebensowenig kann von einer Prägung des Gesamteindrucks durch einen Markenbestandteil ausgegangen werden, wenn sich dieser nur als gleichwertig mit anderen Markenbestandteilen darstellt (vgl Althammer/Ströbele MarkenG 6. Aufl § 9 Rdn 160, 180 mwN).

"Duo" ist zwar das lateinische Wort für "zwei" und kommt auf dem pharmazeutischen Warengebiet in Marken vor; was aber "duo" in Bezug auf die konkret beanspruchten "Arzneimittel zur Behandlung der erektilen Dysfunktion" beschreiben soll, ist nicht ersichtlich; daß "duo" abstrakt betrachtet auf zwei Anwendungsweisen, zwei Indikationen oder zwei Darreichungsformen hinweisen kann, macht "duo" hier noch nicht zu einer eindeutig beschreibenden, schutzunfähigen Angabe (vgl BGH MarkenR 2001, 209, 211 - Test it; GRUR 1997, 627 - à la Carte). Der Verkehr hat deshalb keinen Anlaß, hierin neben dem Wort "VIRILAN" (nur) eine solche vermeintliche Sachangabe zu sehen und sich in markenrechtlich relevanter Weise allein an diesem Wort zu orientieren (vgl BPatG MarkenR 2000, 103,106 -Netto 62), zumal das Wort "VIRILAN" - gebildet aus "viril" (= "männlich, den Mann betreffend") und der Endung "-AN" im Zusammenhang mit den vorliegenden Arzneimitteln kennzeichnungsschwach ist. Die im Gesamteindruck durch beide Bestandteile geprägte, angegriffene Marke "VIRILAN DUO" weist gegenüber der Widerspruchsmarke "VIRAN" die Verwechslungsgefahr ausschließende Abweichungen auf. Zwar enthält sie auch die Lautfolgen "VIR-" und "-AN"; diese treten aber schon so nicht hervor; denn hier ist in tatsächlicher Hinsicht zu berücksichtigen, daß die natürliche und sich aufdrängende Silbengliederung der Marken in "VI-RI-LAN" bzw "VI-RAN" die Lautfolgen "VIR-" und "-AN" in beiden Marken auf zwei Sprechsilben verteilt und als solche somit nicht eigenständig hervortreten. Die insbesondere durch das in der angegriffenen Marke enthaltene Wort "DUO" bedingten Abweichungen in der Wortlänge, Silbenzahl, Vokalfolge sowie im Sprech- und Betonungsrhythmus führen auch unter angemessener Berücksichtigung der Gemeinsamkeiten zu einem zur Verneinung der Verwechslungsgefahr ausreichenden Abstand der Marken.

Schließlich tragen auch die verständlichen - oben bereits genannten - abweichenden Sinngehalte in den Anfangsbestandteilen zur Unterscheidbarkeit der Marken bei. Diese verhindern auch, die Lautfolge il als unbedeutende Zwischensilbe zu vernachlässigen.

Im schriftbildlichen Vergleich ist ein Auseinanderhalten der Marken unter den genannten Umständen in allen üblichen Wiedergabeformen aufgrund der auffallend verschiedenen Wortlängen auch unter Berücksichtigung der vorhandenen Übereinstimmungen ebenfalls gewährleistet. Hierbei ist noch zu berücksichtigen, daß das Schriftbild der Marken erfahrungsgemäß sehr viel besser eine ruhige oder auch wiederholte Wahrnehmung der Bezeichnung gestattet als das schnell verklingende gesprochene Wort.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlaß, § 71 Abs 1 MarkenG.

Dr. Buchetmann Winter Voit Hu






BPatG:
Beschluss v. 01.10.2001
Az: 30 W (pat) 14/01


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