Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. April 2008
Aktenzeichen: 29 W (pat) 114/06
(BPatG: Beschluss v. 16.04.2008, Az.: 29 W (pat) 114/06)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Wortmarke Nr. 306 32 426.1 Überall-Internetsoll für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 9: Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Datenverarbeitungsgeräte und Computer;
Klasse 38: Telekommunikation;
Klasse 42: Entwurf und Entwicklung von Computerhard- und Software;
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung mit Beschluss vom 1. August 2006 wegen mangelnder Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Das angemeldete Zeichen "Überall-Internet" sei lediglich ein unmittelbar verständlicher Hinweis darauf, dass die Internetnutzung an jedem Ort, also unabhängig von Kabel und Anschlüssen, erfolgen könne. Einige Netzbetreiber böten einen derartigen ortsungebundenen Internetzugang bereits an. In den Medien werde der Trend zum drahtlosen Internet vielfach thematisiert. Selbst wenn es sich um eine schlagwortartige Verkürzung handele, erwarte der Verkehr für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nur, dass diese eine derartige ortsunabhängige Internetnutzung ermöglichten oder beförderten.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde vom 29. August 2006 trägt die Beschwerdeführerin vor, dass die Markenstelle die angemeldete Zeichenfolge zu Unrecht in ihre Wortbestandteile zergliedere, obwohl gerade die von ihr gewählte Kombination zur Unterscheidungskraft führe. Diese sei nicht allgemein gebräuchlich und in der beanspruchten Schreibweise auch nicht nachgewiesen. Ein ortsungebundener Internetzugang sei demgegenüber bereits seit 2004 über UMTS möglich. Dennoch habe sich die angemeldete Wortfolge nicht eingebürgert. Dies lege nahe, dass das beschreibende Element nicht dominiere.
Die Anmelderin beantragt daher sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle vom 1. August 2006 aufzuheben.
Das Ergebnis der vom Senat durchgeführten Recherche zur beschreibenden Verwendung der Wortfolge "Überall-Internet" sowie deren beider Bestandteile wurde der Anmelderin übersandt.
II.
Die gem. § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde ist unbegründet, denn der Beschluss der Markenstelle ist rechtmäßig. Der angemeldeten Wortfolge fehlt für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen die Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
1. Nicht schutzfähig nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG sind solche Zeichen, denen die konkrete Eignung fehlt, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Die Hauptfunktion der Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; EuGH GRUR 2006, 229 - Rn. 27 ff. - BioID; GRUR 2005, 763 ff. - Rn. 22 - Nestle/ Mars; GRUR 2004, 1027 - Rn. 42 ff. - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; GRUR 2003, 604 - Rn. 62 - Libertel; BGH GRUR 2006, 850 ff. - Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 257 - Bürogebäude; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; BGH GRUR 2001, 1153, 1154 - anti KALK). Die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt einer Wortmarke dann, wenn das Zeichenwort einen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen klaren und ohne Weiteres verständlichen beschreibenden Begriffsinhalt aufweist, da bei solchen Bezeichnungen kein Anhaltspunkt besteht, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel erfasst (vgl. BGH GRUR 2005, 417, 419 - BerlinCard; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 1999, 1089 - YES). Eine Zusammensetzung von beschreibenden Begriffen ist nur dann in der Summe nicht beschreibend, wenn die Neuschöpfung einen eigenen - über die Kombination hinausgehenden - Bedeutungsgehalt erkennen lässt (EuGH, GRUR 2004, 680 - Rn. 39). Nach den vorgenannten Grundsätzen kommt der angemeldeten Wortfolge keine Unterscheidungskraft zu.
2. Das Zeichen "Überall-Internet" erschöpft sich in der Aussage, dass an jedem beliebigen Ort der Zugang zum Internet möglich sein soll. Der Verkehr sieht darin deshalb lediglich den Hinweis, dass er dank der fortgeschrittenen technischen Gegebenheiten "überall", nämlich zu Hause, im Büro, auf Reisen, an Flughäfen, im Hotel etc. einen Zugang zum Internet hat und entsprechend auf Informationen aus dem World Wide Web zugreifen kann. Die Recherche des Senats hat ergeben, dass sich in der "funkschau" (Ausgabe 11/2005) ein Artikel mit dem Thema "Breitband - Internet überall" beschäftigt. Das digitale Verbraucherjournal "www.koelnerbucht.de/dwmultimedialemobilitaet.php" titelte: "Das 'Überall-Internet' - Die neue multimediale Mobilität". Ebenso findet sich unter http://werweisswas.de/theme21/ article3477371.html eine Anfrage zum Thema: "Notebook-Kauf: möglichst überall Internet/ W-LAN". Im Artikel "IDF: Das Internet immer und überall" (www.golem.de/0508/40023.html) erhält der Leser eine Zusammenfassung der Geschäftspolitik der Firma Intel unter dem Schlagwort "Mobility Ubiquity".
3. Bei den beanspruchten Waren "Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Datenverarbeitungsgeräte und Computer" handelt es sich um solche, die entweder erforderlich sind, um einen ortsungebundenen Internetempfang zu gewährleisten, oder über die der Zugang zum Internet erst möglich ist. Die Dienstleistungen "Telekommunikation; Entwurf und Entwicklung von Computerhard- und Software" können auf entsprechend neue Techniken zur kabellosen, ubiquitären Kommunikationsmöglichkeit im bzw. über das Internet ausgerichtet sein. Für das angesprochene Publikum steht die Wortfolge "Überall-Internet" deshalb für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nur als leicht verständliche Sachangabe im Vordergrund, weist aber nicht auf einen bestimmten Hersteller oder Dienstleister hin. Ihrer Eintragung als Marke stehen daher absolute Schutzhindernisse entgegen.
Grabrucker Fink Dr. Mittenberger-Huber Ko
BPatG:
Beschluss v. 16.04.2008
Az: 29 W (pat) 114/06
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