Oberlandesgericht München:
Urteil vom 8. Juli 2010
Aktenzeichen: 29 U 2252/10

(OLG München: Urteil v. 08.07.2010, Az.: 29 U 2252/10)

Tenor

I. Die Berufung des Antragstellers gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 13. Januar 2010 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Von einem Tatbestand wird gemäß § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Die einstweilige Verfügung vom 12. Oktober 2009 ist durch den Senat € wie im Verfügungsverfahren prozessual grundsätzlich vorgesehen € ohne Anhörung des Antragsgegners erlassen worden. Nachdem dieser im weiteren Verfahren substantiiert die Mitbewerbereigenschaft des Antragstellers bestritten hat, hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht die einstweilige Verfügung aufgehoben und den Antrag auf Erlass einer solchen zurückgewiesen.

1. Die vom Antragsteller beanstandeten Angebote des Antragsgegners (Anlage AS 5 und AS 6) enthalten unstreitig eine Preisangabe, bei welcher ein Endpreis nicht angegeben ist. Damit liegt objektiv ein Verstoß gegen die Preisangabenvorschriften des § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV vor. Ein Ausnahmetatbestand nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 PAngV kommt dem Antragsgegner nicht zugute. Die Angebote des Antragsgegners richten sich - zumindest auch € an Letztverbraucher im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV, weshalb er bei den beanstandeten Angeboten einen Endpreis hätte angeben müssen. Bei Internet-Angeboten, die für jedermann zugänglich sind, ist davon auszugehen, dass sie zumindest auch Privatkunden ansprechen, sofern nicht klar und eindeutig eine Beschränkung auf Wiederverkäufer/Händler/gewerbliche Kunden vorgenommen wird (Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Auflage 2010, PAngV § 1 Rn. 3; OLG Karlsruhe GRUR-RR 2009, 147 € Preis-Export). Eine solche klare Beschränkung lag nicht vor. Die Werbung des Antragsgegners verstößt damit gegen eine gesetzliche Marktverhaltensregelung zum Schutze der Verbraucher im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG. Der Verstoß gegen Regeln der Preisangabenverordnung ist gem. § 8 Abs. 1 UWG i. V. m. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1 S. 1, § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 PAngV unlauter (BGH GRUR 2004, 435, 436 € FrühlingsgeFlüge; Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Auflage 2010, § 4 UWG Rn. 11.142).

2. Dem Antragsteller fehlt es allerdings an der gem. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG erforderlichen Antragsbefugnis, da er im konkreten Fall nicht Mitbewerber des Antragsgegners im Sinn von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG ist. Die Glaubhaftmachung der Mitbewerbereigenschaft durch den Antragsteller, und zwar insbesondere dessen eidesstattliche Versicherung (vorgelegt als Anlage AS 1 zu Bl. 20/24 d. A.), hat der Antragsgegner im Termin vor dem Senat vom 8. Juli 2010 erschüttert.

6a) Die für die Annahme der Klagebefugnis im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG erforderliche Stellung als Mitbewerber im Sinn von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG liegt vor, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder gewerbliche Leistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und das Wettbewerbsverhalten des einen daher den anderen beeinträchtigen, d.h. im Absatz behindern oder stören kann (vgl. BGH GRUR 2007, 1079 € Tz. 18 € Bundesdruckerei; GRUR 2006, 1042 € Tz. 14 € Kontaktanzeigen; GRUR 2004, 877,878 - Werbeblocker m. w. N.). Voraussetzung ist dafür, dass sich die Beteiligten auf demselben sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markt betätigen oder betätigen wollen (BGH GRUR 2007, 1079 € Tz. 18 € Bundesdruckerei; GRUR 2001, 78 € Falsche Herstellerpreisempfehlung). Die Mitbewerbereigenschaft eines Unternehmers lässt sich nicht abstrakt feststellen, vielmehr ist an die jeweilige konkrete geschäftliche Handlung anzuknüpfen. Diese entscheidet darüber, ob sich der handelnde Unternehmer zu einem anderen Unternehmer in Wettbewerb stellt. Der Mitbewerberbegriff des UWG ist folglich handlungsbezogen (BGH GRUR 2001, 260 -Vielfachabmahner; Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 2 Rn. 96; Harte/Henning/Keller, UWG, 2. Auflage 2009, § 2 Rn. 122). Für eine Stellung als Mitbewerber ist allerdings nicht ausreichend, dass ein Unternehmer durch eine Wettbewerbshandlung nur potentiell mit einer nur geringen Wahrscheinlichkeit beeinträchtigt wird, es also an einer irgendwie konkret fassbaren Beeinträchtigung eigener wettbewerblicher Interessen fehlt. So verhält es sich allerdings hier.

b) Der Antragsgegner hat bestritten, dass der Antragsteller mit ihm um dieselben Kunden konkurriert, da dieser zwar ebenfalls Diensteanbieter im Internet sei, sich jedoch auf völlig andere Gebiete spezialisiert habe. Soweit es € wie im konkreten Fall € um das Angebot der Domainregistrierung für Kunden geht, hat der Antragsgegner dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die vom Antragsteller für sein Unternehmen behaupteten Domainregistrierungen entweder bereits vor vielen Jahren oder für den Antragsteller persönlich erfolgt sind, oder € sofern sie für Dritte erfolgt sind € für Firmenkunden stattgefunden haben, und insoweit ein Verstoß gegen die Preisangabenvorschriften wegen der Privilegierung in § 9 Abs. 1 Nr. 1 PAngV, und damit ein unlauterer Wettbewerb zwischen den Parteien auf dem hier relevanten Privatkundenmarkt nicht in Betracht kommt. Der Antragsteller hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 8. Juli 2010 selbst eingeräumt, dass er hauptsächlich auf dem Gebiet der Suchmaschinenoptimierung bzw. des Guerilla-Marketing tätig sei; mithin sind zwei Bereiche betroffen, die mit dem streitgegenständlichen Verhalten des Antragsgegners auf dem Geschäftsfeld von dessen Internet-Angeboten nichts zu tun haben. Der Antragsteller hat zwar behauptet, dass er € sofern es gewünscht sei € auch Domainregistrierungen vornehme. Insoweit war zwischen den Parteien in der mündlichen Verhandlung auch unstreitig, dass der Antragsteller mindestens 170 Domain auf seinen eigenen Namen registriert hat. Soweit sich der Antragsteller allerdings auf eine Domainregistrierung für Dritte, nämlich die Firma i...s bezogen hat, hat der Antragsgegner eine für diese Firma gegebene schriftliche Auskunft von Frau S. vom 6. Juli 2010 vorgelegt, in der diese angibt, dass die Geschäftsbeziehung zum Antragsteller bereits im November 2005 geendet hat und insbesondere im Hinblick auf Webhosting keinerlei geschäftliche Verbindung mehr bestünde (Schreiben vom 6. Juli 2010, Anlage zum Protokoll vom 8. Juli 2010). Der Antragsteller hat im Termin mittels seines Laptops die streitgegenständliche Seite der iS s aufgerufen; daraus geht hervor, dass die Seite seit Februar 2004 nicht mehr verändert wurde, was die Angaben von Frau S. bestätigt. Soweit der Antragsteller die Domainregistrierung für die Firma E zur Glaubhaftmachung angeführt hat, hat die Antragsgegnerseite ihrerseits glaubhaft gemacht, dass eine derartige Firma unter der vom Antragsteller genannten Anschrift nicht ermittelbar ist (Schriftsatz vom 19. Mai 2010, S. 5 = Bl. 109 d. A.). Bezüglich der weiter angeblich vom Antragsteller durchgeführten Domainregistrierung für das H Hotel R., hat der Antragsgegner eine Mitteilung der Firma X... GmbH, Matthias M., vom 29. März 2010 (Anlage AG 8) vorgelegt, wonach die unter "h -hotel.de" präsentierte Seite im Auftrag des Hotelinhabers von der Firma X... GmbH gestaltet und registriert worden ist. Als weiteren Firmenkunden für eine Domainregistrierung hat der Antragsteller daraufhin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Firma M... GmbH angegeben, von der er zuletzt im März 2009 eine Mail erhalten hat, aus der sich allerdings nur ergab, dass die erhaltenen Mails umgeleitet werden sollten. Unwidersprochen hat der Antragsgegner insoweit vorgetragen, dass die Homepage m... bei der zuständigen Registrierungsstelle für die .eu-Domains mit einer Mailanschrift des Antragstellers registriert ist.

Eine ernsthafte, auf Dauer angelegte Tätigkeit gerade im Bereich der angegriffenen Dienstleistung konnte der Antragsteller zur Überzeugung des Senats nicht darlegen und glaubhaft machen. Vielmehr erschien seine Betätigung auf dem Gebiet der Domainregistrierung von Privatkunden, und nur dort kann aufgrund des objektiv begangenen Verstoßes ein unlauterer Wettbewerb zwischen den Parteien bestehen, aktuell nicht vorhanden, bzw. so vereinzelt und kasuistisch zu sein, dass nicht ernsthaft von einem Wettbewerbsverhältnis ausgegangen werden kann.

3. Da die Berufung bereits angesichts des Fehlens der Mitbewerbereigenschaft zurückzuweisen war, kommt es auf die Frage der rechtsmissbräuchlichen Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs durch den Antragsteller nicht mehr an.

III.

1. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

2. Für die Zulassung der Revision ist im Streitfall, dem ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zugrunde liegt, kein Raum (§ 542 Abs. 2 S. 1 ZPO).






OLG München:
Urteil v. 08.07.2010
Az: 29 U 2252/10


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