Oberlandesgericht Karlsruhe:
Urteil vom 3. Juni 2014
Aktenzeichen: 12 U 24/14

(OLG Karlsruhe: Urteil v. 03.06.2014, Az.: 12 U 24/14)

Zu einem Löschungsbegehren gegen eine Auskunftei wegen missverständlicher Bonitätsauskunft bei nach Vollstreckungsbescheid ausgeglichener Forderung.

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 10. Dezember 2013 - 3 O 175/13 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten, einer Auskunftei, Richtigstellung Dritten gegenüber erteilter Bonitätsauskünfte sowie die Zahlung einer Geldentschädigung, hilfsweise von Schadensersatz.

Nach vorhergehenden Mahnungen der T. GmbH & Co. oHG im März und April 2011 erließ das Amtsgericht Coburg am 23. April 2012 gegen die Klägerin einen Vollstreckungsbescheid über eine Forderung in Höhe von EUR 382, die die Klägerin am 27. Mai 2012 bezahlte. Dieser Sachverhalt wurde der Beklagten, die eine Auskunftei betreibt, gemeldet und wird von dieser im Rahmen von Bonitätsauskünften weitergegeben.

Mitte des Jahres 2012 wollte die Klägerin einen Kredit in Höhe von EUR 5.000 aufnehmen, um den Führerschein und später ein gebrauchtes Kraftfahrzeug zu erwerben. Hierzu nahm sie Anfang Juni 2012 Kontakt mit der C-Bank auf. Diese führte am 21. Juni 2012 eine Bonitätsprüfung bei der Beklagten durch und verweigerte im Anschluss die Gewährung eines Kredits. Auch zwei weitere Darlehensanfragen bei der D-Bank und der von E-Bank führten nach Bonitätsabfragen nicht zu einer Kreditgewährung. Welchen Inhalt die den Banken von der Beklagten erteilten Bonitätsauskünfte im Hinblick auf die Forderung des Telekommunikationsunternehmens im Einzelnen hatten, ist zwischen den Parteien streitig. In einer der Klägerin am 12. April 2013 erteilten Selbstauskunft heißt es insoweit unter der Zwischenüberschrift €Forderung ausgeglichen€, dass der €Vertragspartner (€) mitgeteilt [habe], dass die Vertragsbeziehung inzwischen beendet wurde oder die Forderung inzwischen ausgeglichen wurde.€ Mit Schreiben vom 7. und 17. Mai 2013 verlangte die Klägerin von der Beklagten eine Löschung der Eintragung; es bestehe kein Bedürfnis, den Inhalt der erledigten Geschäftsbeziehung mit T. weiter zu speichern. Zudem sei die Eintragung unklar, weil sie nicht erkennen lasse, ob das Vertragsverhältnis beendet und/oder die Forderung bezahlt worden sei. Die Beklagte lehnte eine Löschung der Daten mit Schreiben vom 16. und 27. Mai 2013 ab.

Die Klägerin behauptet, dass die Beklagte den anfragenden Banken Auskünfte erteilt habe, die mit der Selbstauskunft übereingestimmt hätten; das sei der Grund für die Verweigerung des Kredits gewesen. Durch die falsche Auskunft der Beklagten werde das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Klägerin verletzt. Sie habe daher einen Anspruch auf Berichtigung der Angaben der Bonitätsauskunft, hilfsweise auf Löschung.

Darüber hinaus erwecke die Eintragung unzutreffend den Eindruck, die Klägerin sei finanziell nicht in der Lage gewesen, die minimale Forderung über EUR 382 zu zahlen, weshalb ihr ein Schmerzensgeldanspruch in Höhe von EUR 5.000 zustehe. Darüber hinaus begehrt sie Zahlung einer allgemeinen Unkostenpauschale von EUR 25.

Hilfsweise werde der Klageantrag zu 2 darauf gestützt, dass die Klägerin für die Finanzierung des Führerscheins und für den Kauf eines Fahrzeuges Mitte 2012 einen Kredit in Höhe von EUR 5.000 benötigt habe. Da ihr dieser infolge unzutreffender Bonitätsauskunft der Beklagten entgangen sei, habe sie erst Anfang Februar 2013 die Fahrerlaubnis erwerben können. Für die Zeit vom 1. August 2012 bis 31. Januar 2013 stehe ihr daher für 184 Tage eine Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von EUR 30 pro Tag, demnach in Höhe von EUR 5.520, gegen die Beklagte zu.

Die Klägerin hat im ersten Rechtszug beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, in ihrer Bonitätsauskunft für die Klägerin den bestehenden Eintrag im Abschnitt Telekommunikation für die Firma T. GmbH & Co. OHG unter der Rubrik "Forderung ausgeglichen":

"Der Vertragspartner hat uns mitgeteilt, dass die Vertragsbeziehung inzwischen beendet wurde oder die Forderung inzwischen ausgeglichen wurde. Wir speichern Angaben auch über erledigte Geschäftsverbindungen, da diese Informationen für eine neue Vertragsentscheidung von Bedeutung sein können.

Datum der Erledigung: 27.05.2012Der Vertragspartner hat uns gemeldet, dass die genannte Vertragsbeziehung zu diesem Datum beendet wurde/ ausgeglichen wurde."

wie folgt zu ändern:

"Der Vertragspartner hat uns mitgeteilt, dass die Forderung inzwischen ausgeglichen wurde. Wir speichern Angaben auch über erledigte Geschäftsverbindungen, da diese Informationen für eine neue Vertragsentscheidung von Bedeutung sein können.

Datum der Erledigung: 27.05.2012Der Vertragspartner hat uns gemeldet, dass die genannte Vertragsbeziehung zu diesem Datum ausgeglichen wurde."

hilfsweise

die Beklagte zu verurteilen, ihren Eintrag in der Bonitätsauskunft der Klägerin betreffend das Abwicklungskonto der Firma T. zu löschen.

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 5.025, hilfsweise EUR 5.520, zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, die für die Klägerin erstellte Selbstauskunft stimme in ihren Formulierungen nicht mit den Bonitätsauskünften für Dritte überein. Die Anfrage der D-Bank vom 27.06.2012 sei wie auf Seite 5 der Klageerwiderung im Einzelnen exemplarisch dargestellt - und damit ohne den von der Klägerin als missverständlich beanstandeten Hinweistext -, erfolgt. Derzeit seien die aus der Anlage B 1 ersichtlichen Daten über die Klägerin gespeichert.

Das Landgericht, das die Klägerin zum Sachverhalt angehört hat, hat die Klage abgewiesen. Eine Berichtigung ihrer Daten könne die Klägerin nicht beanspruchen, weil sie trotz Hinweises nicht schlüssig dargetan habe, dass die Beklagte Dritten Auskünfte mit dem von ihr behaupteten Inhalt erteilt hat. Die Klägerin habe hierzu, wie sie eingeräumt habe, keine konkreten Kenntnisse, sondern trage aufgrund keineswegs zwingender Schlussfolgerungen vor. Auch der Hilfsantrag auf Datenlöschung sei nicht begründet. Die Speicherung der Daten sei rechtmäßig erfolgt, die Löschungsfrist nach § 35 Absatz 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG noch nicht abgelaufen. Ein Anspruch auf Geldentschädigung komme schon deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin die Weitergabe unzutreffender Informationen an Dritte nicht konkret behauptet habe; im Übrigen fehle es an einer schwerwiegenden Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Auch die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs seien nicht schlüssig dargetan.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts, die ihren Prozessbevollmächtigten am 13. Dezember 2013 zugestellt worden ist, richtet sich die am 10. Januar 2014 eingegangene und am 6. Februar 2014 begründete Berufung der Klägerin. Das Landgericht sei zu Unrecht ihrem Antrag, die Mitarbeiter der Banken als Zeugen zu dem Inhalt der ihnen erteilten Auskünfte zu befragen, nicht nachgekommen. Konkreteren Vortrag habe sie nicht halten müssen, weil sie keine weiteren Nachforschungsmöglichkeiten gehabt habe. Auch zur Ursächlichkeit der missverständlichen Angaben für die Nichtgewährung eines Kredits habe sie hinreichend vorgetragen und Beweis angeboten.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen, hilfsweise das angefochtene Urteil abzuändern und nach ihren erstinstanzlichen Anträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Berufung sei mangels einer hinreichenden Begründung unzulässig. Im Übrigen verteidigt sie die angefochtene Entscheidung. (€)

Gründe

II.

(€) In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg; die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Richtigstellung oder Löschung von bei der Beklagten gespeicherten Daten noch kann sie eine Geldentschädigung oder Schadensersatz wegen unvollständiger Auskünfte verlangen.

A.

1. Auf eine Richtigstellung von Auskünften hat die Klägerin keinen Anspruch.

a) Ihr Begehren zielt, wovon das Landgericht zu Recht ausgegangen ist, auf eine Berichtigung der von der Beklagten im Verkehr mit Dritten verwendeten Bonitätsauskunft. Ein Richtigstellungsanspruch (§§ 823 Absatz 1, 1004 BGB, § 35 Absatz 1 Satz 1 BDSG) besteht indes nicht, weil die von der Beklagten verwendete Auskunft nicht falsch ist. Dies gilt auch dann, wenn man - dem Vortrag der Klägerin entsprechend - unterstellt, dass die Beklagte im Verkehr mit Dritten Auskünfte versendet, deren Inhalt der von der Klägerin vorgelegten Selbstauskunft entspricht.

aa) Dass die in der Selbstauskunft und nach ihrem Vortrag auch in den Drittauskünften enthaltenen Angaben im Ausgangspunkt nicht zutreffend seien, also in Wirklichkeit kein Vollstreckungsbescheid eines Telekommunikationsunternehmen gegen sie erlassen worden sei, macht die Klägerin nicht geltend.

bb) Sie hält es für missverständlich, dass im erläuternden Text der Auskunft mitgeteilt wird, dass die €Vertragsbeziehung inzwischen beendet wurde oder die Forderung inzwischen ausgeglichen€ wurde. Der Klägerin ist zuzugeben, dass die gewählte Formulierung für sich genommen - also ohne Betrachtung des Kontexts - sowohl die Möglichkeit eines Ausgleichs der Forderung als auch eine Beendigung der Vertragsbeziehung ohne Forderungsausgleich offen lassen würde. Im Gesamtzusammenhang ist aber aus der Auskunft hinreichend erkennbar, dass die Forderung von der Klägerin ausgeglichen wurde. Die Angaben zu der Geschäftsbeziehung zwischen der Klägerin und dem Telekommunikationsunternehmen stehen unter der Gesamtüberschrift €Abwicklungskonto€. Diesen sind graphisch erkennbar untergeordnet die Abschnitte €Saldo Fälligstellung€, €Saldo tituliert€ und €Forderung ausgeglichen€. Schon aus der Überschrift €Forderung ausgeglichen€ und dem in der Selbstauskunft enthaltenen weiteren Hinweis, dass auch €erledigte Geschäftsverbindungen€ gespeichert würden, ist erkennbar, dass Forderungen von dem meldenden Unternehmen nicht mehr geltend gemacht werden, sondern dieses von einer abgeschlossenen Geschäftsverbindung ausgeht.

cc) Entgegen der vom Klägervertreter in der Berufungsverhandlung vertretenen Auffassung lässt sich eine andere Beurteilung auch nicht mit dem für allgemeine Geschäftsbedingungen normierten Grundsatz rechtfertigen (§ 305c Absatz 2 BGB), wonach Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders - hier also der Beklagten - gehen. Die Auskünfte der Beklagten sind keine €für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen€ (§ 305 Absatz 1 Satz 1 BGB); durch sie sollte weder ein Vertrag mit der Klägerin begründet noch der mit den Auskunftsempfängern bestehende Vertrag gestaltet werden. Eine entsprechende Anwendung des § 305c Absatz 2 BGB kommt mangels einer vergleichbaren Interessenlage nicht in Betracht.

b) Auf die Frage, ob die Dritten erteilten Auskünfte mit der Selbstauskunft übereingestimmt haben oder den von der Beklagten konkret behaupteten, abweichenden Inhalt hatten, kommt es vor diesem Hintergrund nicht entscheidend an; es muss daher auch nicht entschieden werden, ob das Landgericht den in diesem Zusammenhang gehaltenen Beweisantritten der Klägerin zu Recht nicht nachgegangen ist.

2. Auch der mit der Berufung weiterverfolgte Hilfsantrag, die Beklagte zur Löschung ihres Eintrags in der Bonitätsauskunft betreffend das Abwicklungskonto der T. GmbH & Co. oHG zu löschen, bleibt ohne Erfolg. Die Beklagte war, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, zur Speicherung der Daten berechtigt. Die Löschungsfrist des § 35 Absatz 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG ist, da es sich um einen Sachverhalt aus dem Jahre 2012 handelt, noch nicht abgelaufen. Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, es bestehe ein Löschungsanspruch bereits vor Ablauf der Speicherfrist, weil die Datenspeicherung nicht mehr erforderlich und es unverhältnismäßig sei, die Angaben weiter zu speichern, weil zwischen der €Fälligstellung der Forderung durch die Firma T. und der Zahlung lediglich zwei Monate€ gelegen hätten, folgt dem der Senat nicht. Das Bundesdatenschutzgesetz verpflichtet bei - wie hier - zutreffenden Angaben zu einer Löschung vor Ablauf der vorgesehenen Speicherfristen nicht. Die Datenspeicherung kann auch nicht als €nicht mehr erforderlich€ angesehen werden, weil der Umstand, dass die Klägerin wegen einer Forderung einen Vollstreckungsbescheid gegen sich hat ergehen lassen, für die Beurteilung ihrer Bonität von Bedeutung sein kann.

B.

Die Klägerin kann auch weder eine Geldentschädigung wegen Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht noch Schadensersatz wegen eines ihr verweigerten Kredits verlangen. Ein solcher Anspruch kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Beklagte denjenigen Banken, an die sich die Klägerin gewandt hat, nach den vorstehenden Auskünften keine fehlerhaften oder unzutreffenden Informationen erteilt hat. Das Landgericht hat im Übrigen zu Recht darauf hingewiesen, dass die Zuerkennung einer Geldentschädigung auch daran scheitern dürfte, dass der erforderliche schwerwiegende Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht vorliegt (€).






OLG Karlsruhe:
Urteil v. 03.06.2014
Az: 12 U 24/14


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